Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.Der Ring im Westen Würden daher in gleicher Weise wie die der französischen Häfen behandelt werden. Unlängst ist allerdings durch den Ausfall des Referendums in Luxemburg Diese Politik läßt sich auch in der unverhehlt hollandfeindlichen Stellung Der Ring im Westen Würden daher in gleicher Weise wie die der französischen Häfen behandelt werden. Unlängst ist allerdings durch den Ausfall des Referendums in Luxemburg Diese Politik läßt sich auch in der unverhehlt hollandfeindlichen Stellung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0095" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336385"/> <fw type="header" place="top"> Der Ring im Westen</fw><lb/> <p xml:id="ID_315" prev="#ID_314"> Würden daher in gleicher Weise wie die der französischen Häfen behandelt werden.<lb/> Auch der französische Botschafter de Margerie hat beim Stapellauf des ersten in<lb/> Belgien gebauten Petroleumschiffes erklärt, Frankreich werde aktiv ander Wieder¬<lb/> herstellung des Antwerpener Hafenverkehrs arbeiten. Den ersten Anstoß dazu<lb/> biete die Gründung einer französisch-belgischen Schiffahrtsgesellschaft. Außerdem<lb/> werde die LompsZnie zzönerale trmiss,tlanti^ne eine ständige Dampferlinie zwischen<lb/> Antwerpen und Marokko einrichten. Auch Ruhrkohle ist Belgien versprochen<lb/> worden und, die surwxe cZ'entrepüt ist, soweit es irgend mit französischen<lb/> Sonderinteressen vereinbar war, herabgesetzt worden. Es kann aber als aus¬<lb/> gemacht gelten, daß man in den maßgebenden Kreisen beider Länder bemüht sein<lb/> wird, der wirtschaftlichen und kulturellen Annäherung auch ein Militärabkommen<lb/> folgen zu lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_316"> Unlängst ist allerdings durch den Ausfall des Referendums in Luxemburg<lb/> ein Schatten aus diese Freundschaft gefallen. Daß Luxemburg sich für eine<lb/> Wirtschaftsunion mit Frankreich entscheiden würde, konnte nach der schon im<lb/> Dezember erfolgten Kündigung der seit 1842 bestehende.,: Zugehörigkeit zum deutschen<lb/> Zollverein, und dem am 2. Januar abgegebenen einstimmigen Votum der luxem¬<lb/> burgischen Wirtschaftskommission nicht mehr zweifelhaft sein. Die Landwirtschaft<lb/> Luxemburgs, die vom Anschluß an Belgien den Verlust ihrer lothringischen Märkte<lb/> und die Konkurrenz der billigeren belgischen Erzeugung fürchtete, und die Hütten¬<lb/> industrie, der Belgien keine Erze liefern kann, da es selbst mehr verbraucht als<lb/> erzeugt, die aber wegen der drohenden, Erschöpfung der eigenen Gruben auf<lb/> fremde Erze angewiesen ist, waren für den Anschluß an Frankreich, .und der<lb/> Weinbau, die Brau- und Handschuhindustrie, die für Belgien waren, vermochten<lb/> dagegen nicht auszukommen, besonders da auch die Arbeiter wegen der höheren<lb/> französischen Löhne und, seitdem in Deutschland der Lehrstuhl für den in<lb/> Luxemburg noch immer geltenden Loäe Napoleon aufgegeben worden ist, auch<lb/> ein großer Teil der Intellektuellen für Frankreich waren. In Frankreich hat man<lb/> diese Lage von Anfang an richtig einzuschätzen gewußt und sich mit Rücksicht auf<lb/> Belgien aller offenen Propaganda für den Anschluß an Frankreich enthalten.<lb/> Während Belgien in Luxemburg eine Gesandtschaft einrichtete, begnügte man sich<lb/> französischerseits mit einem Geschäftsträger und beschränkte sich darauf, die Monarchie<lb/> gegen revolutionäre Unruhen zu schützen. Ob hinter den kurz vor der Abstimmung<lb/> erfolgten Enthüllungen des „NessaZer as Kruxelles". der die annexionistischen<lb/> Absichten des belgischen Ministers Hymnus an die Öffentlichkeit brachte, franzö¬<lb/> sischer Einfluß rege war, kann nicht mit Bestimmtheit entschieden werden, sicher<lb/> ist, daß auch diese Auslassungen der belgischen Sache nicht eben förderlich gewesen<lb/> find. Jetzt fleht die französische Presse, nachdem sie die bevorstehende Angliederung<lb/> des luxemburgischen an das französische Eisenbahnnetz kommentiert hat, die Belgier<lb/> an, das Ergebnis der luxemburgischen Volksabstimmung um Gottes willen nicht<lb/> übel nehmen zu wollen und das „Cello cZe Paris" betonte die Notwendigkeit<lb/> eines belgisch-luxemburgisch-französischen Bündnisses. „Wir wissen", hieß es dort,<lb/> „daß unsere Regierung bereit ist, einer Verständigung zuliebe Opfer zu bringen,<lb/> sogar die Verwaltung der Eisenbahnen würden sie im Einverständnis mit Brüssel<lb/> und den interessierten Gegenden bestimmen wollen" (natürlich! es wäre vortrefflich,<lb/> wenn man ein möglichst einheitliches lothringisch-ostfranzösisch-luxemburgisch-süd¬<lb/> belgisches Eisenbahnsystem zusammenbrächte). „Die letzten Monate haben Frank¬<lb/> reich bewiesen, daß es, will es seinen Rang als Großmacht behalten, dem Bündnis<lb/> mit England und Amerika unbedingt feste (I) Kontinentalbündnifse hinzufügen<lb/> muß: mit Belgien. Italien, den kleinen Staaten Zentral- und Osteuropas schon<lb/> jetzt, mit Nußland morgen. In diesem System steht Belgien an erster Stelle,<lb/> sowohl in Anbetracht des Beistandes, den es uns zu leisten vermag wie der Ge¬<lb/> fühle, die in jedem Franzosenherz für es schlagen. Wir werden das durch Taten<lb/> zu beweisen w'sser."</p><lb/> <p xml:id="ID_317" next="#ID_318"> Diese Politik läßt sich auch in der unverhehlt hollandfeindlichen Stellung<lb/> wahrnehmen, die man in Frankreich dem holländisch-belgischen Konflikt gegenüber</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0095]
Der Ring im Westen
Würden daher in gleicher Weise wie die der französischen Häfen behandelt werden.
Auch der französische Botschafter de Margerie hat beim Stapellauf des ersten in
Belgien gebauten Petroleumschiffes erklärt, Frankreich werde aktiv ander Wieder¬
herstellung des Antwerpener Hafenverkehrs arbeiten. Den ersten Anstoß dazu
biete die Gründung einer französisch-belgischen Schiffahrtsgesellschaft. Außerdem
werde die LompsZnie zzönerale trmiss,tlanti^ne eine ständige Dampferlinie zwischen
Antwerpen und Marokko einrichten. Auch Ruhrkohle ist Belgien versprochen
worden und, die surwxe cZ'entrepüt ist, soweit es irgend mit französischen
Sonderinteressen vereinbar war, herabgesetzt worden. Es kann aber als aus¬
gemacht gelten, daß man in den maßgebenden Kreisen beider Länder bemüht sein
wird, der wirtschaftlichen und kulturellen Annäherung auch ein Militärabkommen
folgen zu lassen.
Unlängst ist allerdings durch den Ausfall des Referendums in Luxemburg
ein Schatten aus diese Freundschaft gefallen. Daß Luxemburg sich für eine
Wirtschaftsunion mit Frankreich entscheiden würde, konnte nach der schon im
Dezember erfolgten Kündigung der seit 1842 bestehende.,: Zugehörigkeit zum deutschen
Zollverein, und dem am 2. Januar abgegebenen einstimmigen Votum der luxem¬
burgischen Wirtschaftskommission nicht mehr zweifelhaft sein. Die Landwirtschaft
Luxemburgs, die vom Anschluß an Belgien den Verlust ihrer lothringischen Märkte
und die Konkurrenz der billigeren belgischen Erzeugung fürchtete, und die Hütten¬
industrie, der Belgien keine Erze liefern kann, da es selbst mehr verbraucht als
erzeugt, die aber wegen der drohenden, Erschöpfung der eigenen Gruben auf
fremde Erze angewiesen ist, waren für den Anschluß an Frankreich, .und der
Weinbau, die Brau- und Handschuhindustrie, die für Belgien waren, vermochten
dagegen nicht auszukommen, besonders da auch die Arbeiter wegen der höheren
französischen Löhne und, seitdem in Deutschland der Lehrstuhl für den in
Luxemburg noch immer geltenden Loäe Napoleon aufgegeben worden ist, auch
ein großer Teil der Intellektuellen für Frankreich waren. In Frankreich hat man
diese Lage von Anfang an richtig einzuschätzen gewußt und sich mit Rücksicht auf
Belgien aller offenen Propaganda für den Anschluß an Frankreich enthalten.
Während Belgien in Luxemburg eine Gesandtschaft einrichtete, begnügte man sich
französischerseits mit einem Geschäftsträger und beschränkte sich darauf, die Monarchie
gegen revolutionäre Unruhen zu schützen. Ob hinter den kurz vor der Abstimmung
erfolgten Enthüllungen des „NessaZer as Kruxelles". der die annexionistischen
Absichten des belgischen Ministers Hymnus an die Öffentlichkeit brachte, franzö¬
sischer Einfluß rege war, kann nicht mit Bestimmtheit entschieden werden, sicher
ist, daß auch diese Auslassungen der belgischen Sache nicht eben förderlich gewesen
find. Jetzt fleht die französische Presse, nachdem sie die bevorstehende Angliederung
des luxemburgischen an das französische Eisenbahnnetz kommentiert hat, die Belgier
an, das Ergebnis der luxemburgischen Volksabstimmung um Gottes willen nicht
übel nehmen zu wollen und das „Cello cZe Paris" betonte die Notwendigkeit
eines belgisch-luxemburgisch-französischen Bündnisses. „Wir wissen", hieß es dort,
„daß unsere Regierung bereit ist, einer Verständigung zuliebe Opfer zu bringen,
sogar die Verwaltung der Eisenbahnen würden sie im Einverständnis mit Brüssel
und den interessierten Gegenden bestimmen wollen" (natürlich! es wäre vortrefflich,
wenn man ein möglichst einheitliches lothringisch-ostfranzösisch-luxemburgisch-süd¬
belgisches Eisenbahnsystem zusammenbrächte). „Die letzten Monate haben Frank¬
reich bewiesen, daß es, will es seinen Rang als Großmacht behalten, dem Bündnis
mit England und Amerika unbedingt feste (I) Kontinentalbündnifse hinzufügen
muß: mit Belgien. Italien, den kleinen Staaten Zentral- und Osteuropas schon
jetzt, mit Nußland morgen. In diesem System steht Belgien an erster Stelle,
sowohl in Anbetracht des Beistandes, den es uns zu leisten vermag wie der Ge¬
fühle, die in jedem Franzosenherz für es schlagen. Wir werden das durch Taten
zu beweisen w'sser."
Diese Politik läßt sich auch in der unverhehlt hollandfeindlichen Stellung
wahrnehmen, die man in Frankreich dem holländisch-belgischen Konflikt gegenüber
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