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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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trachten. Dazu wollen wir uns die Bestrebungen der Polen im preußischen Staat
zum Vergleich heranziehen. Die waren ja in ähnlicher Lage wie wir es künftig
sein werden. Die Polen haben den Gedanken der Wiederaufrichtung des polnischen
Staates nie aufgegeben. Sie haben es zuerst mit begeisterten Versammlungen.
Treuschmüren, Aufstünden, polnischen Verschwörungen und geheimen und öffent¬
lichen Diplomatengeschichten versucht. Aber ohne Erfolg Da haben sie in der
letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts einen andern Weg beschriften, den der
praktischen, aufbauenden Arbeit. DaS Genossenschaftswesen blühte auf: Kredit¬
genossenschaften, Ein- und Verkaufsgenossenschaften (Nolniks), Parzellierungsbanken,
Befestigung des Großgrundbesitzes, Volksbank (Baut ludowy). Daneben Bauern¬
vereine, Zentralverein der Großgrundbesitzer, Verband polnischer Arbeiter. Weiter
Turnvereine (Sokol Falke) und Straz- (--- Wacht-) Vereine. Dazu kommt der
Mareinkowski-Verein zur Unterstützung der lernenden Jugend und Museen und
Bildnngsvereinigungen zur Pflege polnischer Kultur. Diese zähe, zielbewußte
polnische Kleinarbeit hat einen polnischen Mittelstand geschaffen, der vorher in
Posen fehlte und den es in Kongreßpolen auch jetzt noch nicht gibt, hat die Polen
wirtschaftlich gekräftigt, zum Wettbewerb mit den Deutschen geschult und zur be¬
wußten Hochhaltung polnischer Kultur gegenüber allen Germanisierungsbestrebungcn
gestählt. Damit kam die polnische Einigung von selber zustande und hatte auch
Erfolg.

Also auch die Heranziehung der polnischen Einheitsbestrebungen führt uns
auf denselben Weg. Politische Bestrebungen sind nötig und dürfen niemals unter¬
lassen werden. Aber man darf von ihnen nicht zu viel erwarten. Auf sie darf
die beste Kraft zuerst nicht angewandt werden. Praktische, aufbauende Arbeit
muß in aller Stille, mit aller Zähigkeit und Zielbewnßtheit getan werden, Pflege
der deutschen Kultur und Zusammenfassung der einzelnen Berufs- und Interessen¬
gruppen, und nicht zu vergessen Zusammenziehung des deutschen Wirtschaftslebens.
Also deutscher Schutverein, Verein für Volksbildung; deutsche Berufsvereine der
Landwirte, Kaufleute, Arbeiter, Lehrer, Geistlichen, Privatbeamten, Handwerker,
Frauen usw. Deutsche Jugend-, Turm, Gesangvereine usw. Endlich Vereinigung
aller deutschen Genossenschaften/ Neiffeisenvereine, landwirtschaftlicher Genossen¬
schaften, Vollsbanken. Besonders auf den wirtschaftlichen Zusammenschluß ist
großes Gewicht zu legen. Das ist das Gerüst der deutschen Einigung. Man
sage nicht, dadurch werde der Weg des deutschen Idealismus, des reinen
Geistesschwunges, verlassen, daß man mehr von Geld und Wirtschaft rede, als
von den deutschen Gedanken. Der Mensch besteht nicht bloß aus Geist, sondern
aus Geist und Leib, und wenn der Leib nicht richtig ernährt ist, wird der Geist
nicht lange seinen hehren Flug tun können. Und andererseits gehört zur Durch¬
führung der wirtschaftlichen Einigung ein hohes Maß von Idealismus, nämlich
der Idealismus der Tat.

Den äußeren Rahmen haben wir. die "Vereinigung des deutschen Volks-
tums in Polen". Davon wollen wir nicht mehr abgehen. Einige wenige wollen
wir reden und streiten lassen über die Formen der Einigung mit den arideren
Deutschen, die nicht der "Deutschen Partei" Seitreten wollen. Wir aber wollen
unsere Orts- und Kreisvereinigungen stärken und festigen und praktische, auf¬
bauende Arbeit in der Pflege der Schul- und Volksbildung, der wirtschaftlichen
und berufsstäudischen Kräftigung leisten. Und in alles den deutschen Gedanken
hineinbringen. Dann müssen, wenn wir diesen deutschen Aufbau fertig haben,
die anderen ganz von selber kommen, wenn sie sich nicht außerhalb des deutschen
Volkstums stellen wollen.

Aber wir wollen uns nicht verhehlen, daß diese Einigung nicht so schnell
und in geradem Ausstiege gelingen wird. Wir dürfen nicht müde worden und
uns erbittern und verbittern lassen. Es gehört auch ein hohes Maß von Glauben
und Hoffnung dazu. Die Königin Luise hat im Jahre 1807 sich und die ihrigen
mit dem Spruche getröstet: "Meine Hoffnung ruht auf der Verbindung alles
dessen, was den deutschen Namen trägt."


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trachten. Dazu wollen wir uns die Bestrebungen der Polen im preußischen Staat
zum Vergleich heranziehen. Die waren ja in ähnlicher Lage wie wir es künftig
sein werden. Die Polen haben den Gedanken der Wiederaufrichtung des polnischen
Staates nie aufgegeben. Sie haben es zuerst mit begeisterten Versammlungen.
Treuschmüren, Aufstünden, polnischen Verschwörungen und geheimen und öffent¬
lichen Diplomatengeschichten versucht. Aber ohne Erfolg Da haben sie in der
letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts einen andern Weg beschriften, den der
praktischen, aufbauenden Arbeit. DaS Genossenschaftswesen blühte auf: Kredit¬
genossenschaften, Ein- und Verkaufsgenossenschaften (Nolniks), Parzellierungsbanken,
Befestigung des Großgrundbesitzes, Volksbank (Baut ludowy). Daneben Bauern¬
vereine, Zentralverein der Großgrundbesitzer, Verband polnischer Arbeiter. Weiter
Turnvereine (Sokol Falke) und Straz- (--- Wacht-) Vereine. Dazu kommt der
Mareinkowski-Verein zur Unterstützung der lernenden Jugend und Museen und
Bildnngsvereinigungen zur Pflege polnischer Kultur. Diese zähe, zielbewußte
polnische Kleinarbeit hat einen polnischen Mittelstand geschaffen, der vorher in
Posen fehlte und den es in Kongreßpolen auch jetzt noch nicht gibt, hat die Polen
wirtschaftlich gekräftigt, zum Wettbewerb mit den Deutschen geschult und zur be¬
wußten Hochhaltung polnischer Kultur gegenüber allen Germanisierungsbestrebungcn
gestählt. Damit kam die polnische Einigung von selber zustande und hatte auch
Erfolg.

Also auch die Heranziehung der polnischen Einheitsbestrebungen führt uns
auf denselben Weg. Politische Bestrebungen sind nötig und dürfen niemals unter¬
lassen werden. Aber man darf von ihnen nicht zu viel erwarten. Auf sie darf
die beste Kraft zuerst nicht angewandt werden. Praktische, aufbauende Arbeit
muß in aller Stille, mit aller Zähigkeit und Zielbewnßtheit getan werden, Pflege
der deutschen Kultur und Zusammenfassung der einzelnen Berufs- und Interessen¬
gruppen, und nicht zu vergessen Zusammenziehung des deutschen Wirtschaftslebens.
Also deutscher Schutverein, Verein für Volksbildung; deutsche Berufsvereine der
Landwirte, Kaufleute, Arbeiter, Lehrer, Geistlichen, Privatbeamten, Handwerker,
Frauen usw. Deutsche Jugend-, Turm, Gesangvereine usw. Endlich Vereinigung
aller deutschen Genossenschaften/ Neiffeisenvereine, landwirtschaftlicher Genossen¬
schaften, Vollsbanken. Besonders auf den wirtschaftlichen Zusammenschluß ist
großes Gewicht zu legen. Das ist das Gerüst der deutschen Einigung. Man
sage nicht, dadurch werde der Weg des deutschen Idealismus, des reinen
Geistesschwunges, verlassen, daß man mehr von Geld und Wirtschaft rede, als
von den deutschen Gedanken. Der Mensch besteht nicht bloß aus Geist, sondern
aus Geist und Leib, und wenn der Leib nicht richtig ernährt ist, wird der Geist
nicht lange seinen hehren Flug tun können. Und andererseits gehört zur Durch¬
führung der wirtschaftlichen Einigung ein hohes Maß von Idealismus, nämlich
der Idealismus der Tat.

Den äußeren Rahmen haben wir. die „Vereinigung des deutschen Volks-
tums in Polen". Davon wollen wir nicht mehr abgehen. Einige wenige wollen
wir reden und streiten lassen über die Formen der Einigung mit den arideren
Deutschen, die nicht der „Deutschen Partei" Seitreten wollen. Wir aber wollen
unsere Orts- und Kreisvereinigungen stärken und festigen und praktische, auf¬
bauende Arbeit in der Pflege der Schul- und Volksbildung, der wirtschaftlichen
und berufsstäudischen Kräftigung leisten. Und in alles den deutschen Gedanken
hineinbringen. Dann müssen, wenn wir diesen deutschen Aufbau fertig haben,
die anderen ganz von selber kommen, wenn sie sich nicht außerhalb des deutschen
Volkstums stellen wollen.

Aber wir wollen uns nicht verhehlen, daß diese Einigung nicht so schnell
und in geradem Ausstiege gelingen wird. Wir dürfen nicht müde worden und
uns erbittern und verbittern lassen. Es gehört auch ein hohes Maß von Glauben
und Hoffnung dazu. Die Königin Luise hat im Jahre 1807 sich und die ihrigen
mit dem Spruche getröstet: „Meine Hoffnung ruht auf der Verbindung alles
dessen, was den deutschen Namen trägt."


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[0495] Materialien zur ostdeutschen Frage trachten. Dazu wollen wir uns die Bestrebungen der Polen im preußischen Staat zum Vergleich heranziehen. Die waren ja in ähnlicher Lage wie wir es künftig sein werden. Die Polen haben den Gedanken der Wiederaufrichtung des polnischen Staates nie aufgegeben. Sie haben es zuerst mit begeisterten Versammlungen. Treuschmüren, Aufstünden, polnischen Verschwörungen und geheimen und öffent¬ lichen Diplomatengeschichten versucht. Aber ohne Erfolg Da haben sie in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts einen andern Weg beschriften, den der praktischen, aufbauenden Arbeit. DaS Genossenschaftswesen blühte auf: Kredit¬ genossenschaften, Ein- und Verkaufsgenossenschaften (Nolniks), Parzellierungsbanken, Befestigung des Großgrundbesitzes, Volksbank (Baut ludowy). Daneben Bauern¬ vereine, Zentralverein der Großgrundbesitzer, Verband polnischer Arbeiter. Weiter Turnvereine (Sokol Falke) und Straz- (--- Wacht-) Vereine. Dazu kommt der Mareinkowski-Verein zur Unterstützung der lernenden Jugend und Museen und Bildnngsvereinigungen zur Pflege polnischer Kultur. Diese zähe, zielbewußte polnische Kleinarbeit hat einen polnischen Mittelstand geschaffen, der vorher in Posen fehlte und den es in Kongreßpolen auch jetzt noch nicht gibt, hat die Polen wirtschaftlich gekräftigt, zum Wettbewerb mit den Deutschen geschult und zur be¬ wußten Hochhaltung polnischer Kultur gegenüber allen Germanisierungsbestrebungcn gestählt. Damit kam die polnische Einigung von selber zustande und hatte auch Erfolg. Also auch die Heranziehung der polnischen Einheitsbestrebungen führt uns auf denselben Weg. Politische Bestrebungen sind nötig und dürfen niemals unter¬ lassen werden. Aber man darf von ihnen nicht zu viel erwarten. Auf sie darf die beste Kraft zuerst nicht angewandt werden. Praktische, aufbauende Arbeit muß in aller Stille, mit aller Zähigkeit und Zielbewnßtheit getan werden, Pflege der deutschen Kultur und Zusammenfassung der einzelnen Berufs- und Interessen¬ gruppen, und nicht zu vergessen Zusammenziehung des deutschen Wirtschaftslebens. Also deutscher Schutverein, Verein für Volksbildung; deutsche Berufsvereine der Landwirte, Kaufleute, Arbeiter, Lehrer, Geistlichen, Privatbeamten, Handwerker, Frauen usw. Deutsche Jugend-, Turm, Gesangvereine usw. Endlich Vereinigung aller deutschen Genossenschaften/ Neiffeisenvereine, landwirtschaftlicher Genossen¬ schaften, Vollsbanken. Besonders auf den wirtschaftlichen Zusammenschluß ist großes Gewicht zu legen. Das ist das Gerüst der deutschen Einigung. Man sage nicht, dadurch werde der Weg des deutschen Idealismus, des reinen Geistesschwunges, verlassen, daß man mehr von Geld und Wirtschaft rede, als von den deutschen Gedanken. Der Mensch besteht nicht bloß aus Geist, sondern aus Geist und Leib, und wenn der Leib nicht richtig ernährt ist, wird der Geist nicht lange seinen hehren Flug tun können. Und andererseits gehört zur Durch¬ führung der wirtschaftlichen Einigung ein hohes Maß von Idealismus, nämlich der Idealismus der Tat. Den äußeren Rahmen haben wir. die „Vereinigung des deutschen Volks- tums in Polen". Davon wollen wir nicht mehr abgehen. Einige wenige wollen wir reden und streiten lassen über die Formen der Einigung mit den arideren Deutschen, die nicht der „Deutschen Partei" Seitreten wollen. Wir aber wollen unsere Orts- und Kreisvereinigungen stärken und festigen und praktische, auf¬ bauende Arbeit in der Pflege der Schul- und Volksbildung, der wirtschaftlichen und berufsstäudischen Kräftigung leisten. Und in alles den deutschen Gedanken hineinbringen. Dann müssen, wenn wir diesen deutschen Aufbau fertig haben, die anderen ganz von selber kommen, wenn sie sich nicht außerhalb des deutschen Volkstums stellen wollen. Aber wir wollen uns nicht verhehlen, daß diese Einigung nicht so schnell und in geradem Ausstiege gelingen wird. Wir dürfen nicht müde worden und uns erbittern und verbittern lassen. Es gehört auch ein hohes Maß von Glauben und Hoffnung dazu. Die Königin Luise hat im Jahre 1807 sich und die ihrigen mit dem Spruche getröstet: „Meine Hoffnung ruht auf der Verbindung alles dessen, was den deutschen Namen trägt." 29*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/495>, abgerufen am 15.01.2025.