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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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Pressestimmen

[Beginn Spaltensatz]

16. In das Ministerium der Republik
tritt ein Minister mit Portefeuille für die
Preußischen Gebiete ein. Seine Pflicht ist
es, die Ausführung vorliegenden Gesetzes zu
überwachen. Sämtliche Ministerien müssen
sich mit allen Verfügungen, welche das ge¬
wesene preußische Teilgebiet betreffen, an
den Minister wenden, dem das Einspruchs¬
recht gegen diese Verfügungen zusteht.

17. Streitigkeiten zwischen demWoywoden
und dem Provinziallandtcig der Woywod-
schaft werden vom Provinzialminister ge¬
schlichtet.

Die Zeitung schreibt dazu: Dieses Pro¬
jekt, ein Werk des Abgeordneten Korfanty,
muß man mit entsprechender Vorsicht auf¬
nehmen. Wir werden nicht unterlassen, deut¬
lich gegen dasselbe Stellung zu nehmen.
Wir möchten jedoch schon heute bemerken,
daß dieses Projekt die Ursache allgemeiner
Unzufriedenheit im Lande werden könnte, da
es gewissermaßen der Ausdruck oder doch der
Schatten eines Partikularismus und Sepa¬
ratismus ist, der von uns betrieben wird.
Wir dürfen nicht vergessen, daß endlich die
Vereinigung sämtlicher Teilgebiete eingetreten
ist, welche wir doch alle ersehnten, und heute
sollten wir mit eigenen Händen das wieder
zerstören, was der Gegenstand unseres Sehnens
war und dessen schlechte Seiten gar nicht be¬
wiesen sind, wogegen die coll. guten Folgen
gewisse Zweifel hervorrufen, denn schließlich
Wäre die einzige Partei, die allein durch die
Jnkrafttretung dieses Projektes Nutzen erhält
--- die deutsche?

"Dziennik Berlins"" (Berlin) Ur. 174 vom
3. August 1919.

Was sagen die Warschauer Zeitungen über
das Selvstvcrwaltungsprojett Korfantys.

Unsere Leser haben bereits das Selbstver¬
waltungsprojekt kennen gelernt, welches von
dem Abgeordneten Korfanty und anderen
Posener Abgeordneten zusammengestellt
worden ist. Heute bringen wir die Stimmen
der Warschauer Zeitungen hinsichtlich des
Projektes und zwar nur die Stimmen einiger
Leitungen, da momentan uns nicht alle zu¬
gehen.

[Spaltenumbruch]

"Das Projekt des Abgeordneten Korfanty,
aus dem Preußischen Teilgebiet eine besondere
Provinz zu bilden, welche hinsichtlich der
Regierung, der Finanzen und der Gesetz¬
gebung Autonomie besitzt, ist etwas mehr
als ein Projekt der Dezentralisierung der
Regierungsmaschine. Es ist dies eine Offen¬
barung jener unwilligen Vereinigung mit
dem anderen polnischen Gebiete, jenes Sepa¬
ratismus, welcher in den Seelen der Gro߬
polen fast vom ersten Augenblick des Um¬
fallens der deutschen Übermacht keimte.
Dieser Separatismus erfand bis jetzt ver¬
schiedene Scheinursachen, um seine Zurück¬
haltung und Fernbleiben zu begründen, wie
wir dies im Posenschen sahen. Erst im
Projekte des Herrn Abgeordneten Korfanty
tritt er ohne jeglichen Deckmantel auf.

Wir sind keineswegs Anhänger einer
überschwenglichen Zentralisation der Staats¬
verwaltung in Polen. Rücksicht auf die
Notwendigkeit des stufenweisen Überganges
von den früheren Existenzbedingungen einer
jeden Provinz, im besonderen mit Hinblick
auf die Erbschaft einer anders gearteten
Gesetzgebung, ist am Platze. Außerdem ist
es schwer, zu einer sofortigen Zentralisierung
zu derselben Zeit aufzurufen, wo das Zentrum
selbst nicht organisiert und ungeordnet ist, und
wo es in den andern Gebieten eher ein
Muster sür sich suchen könnte, als diese nach
diesem Muster umzugestalten.

Es muß also in Zukunft irgend ein Gleich¬
gewicht zwischen dem Prinzip der Unifizierung
aller staatlichen Einrichtungen und dem
Prinzip der Dezentralisierung gefunden
werden.

Die früheren Gebietsgrenzen werden in
gewissem Umfange die Grenzen der admini¬
strativen Bezirke bleiben, die vielleicht sogar
mit einer breiten Selbständigkeit bedacht
werden.

Unter Berücksichtigung all dessen -- wenn
die Vereinigung der polnischen Ländereien
in der Tat stattfinden und zur Verwischung
der Gebietsunterschiede führen soll, nämlich
zur wirklichen Vereinigung zu einem Volke
-- ist es uns nicht erlaubt, von dem Ge¬
danken einer gemeinsamen Staatsverwaltung
für ganz Polen zurückzutreten, dem ein
starkes Zusammenleben der Polen aus allen

[Ende Spaltensatz]

"Kurjer Polski", früher ein aktivistisches
^tzt Parteiloses Organ, schreibt:


Pressestimmen

[Beginn Spaltensatz]

16. In das Ministerium der Republik
tritt ein Minister mit Portefeuille für die
Preußischen Gebiete ein. Seine Pflicht ist
es, die Ausführung vorliegenden Gesetzes zu
überwachen. Sämtliche Ministerien müssen
sich mit allen Verfügungen, welche das ge¬
wesene preußische Teilgebiet betreffen, an
den Minister wenden, dem das Einspruchs¬
recht gegen diese Verfügungen zusteht.

17. Streitigkeiten zwischen demWoywoden
und dem Provinziallandtcig der Woywod-
schaft werden vom Provinzialminister ge¬
schlichtet.

Die Zeitung schreibt dazu: Dieses Pro¬
jekt, ein Werk des Abgeordneten Korfanty,
muß man mit entsprechender Vorsicht auf¬
nehmen. Wir werden nicht unterlassen, deut¬
lich gegen dasselbe Stellung zu nehmen.
Wir möchten jedoch schon heute bemerken,
daß dieses Projekt die Ursache allgemeiner
Unzufriedenheit im Lande werden könnte, da
es gewissermaßen der Ausdruck oder doch der
Schatten eines Partikularismus und Sepa¬
ratismus ist, der von uns betrieben wird.
Wir dürfen nicht vergessen, daß endlich die
Vereinigung sämtlicher Teilgebiete eingetreten
ist, welche wir doch alle ersehnten, und heute
sollten wir mit eigenen Händen das wieder
zerstören, was der Gegenstand unseres Sehnens
war und dessen schlechte Seiten gar nicht be¬
wiesen sind, wogegen die coll. guten Folgen
gewisse Zweifel hervorrufen, denn schließlich
Wäre die einzige Partei, die allein durch die
Jnkrafttretung dieses Projektes Nutzen erhält
—- die deutsche?

„Dziennik Berlins«" (Berlin) Ur. 174 vom
3. August 1919.

Was sagen die Warschauer Zeitungen über
das Selvstvcrwaltungsprojett Korfantys.

Unsere Leser haben bereits das Selbstver¬
waltungsprojekt kennen gelernt, welches von
dem Abgeordneten Korfanty und anderen
Posener Abgeordneten zusammengestellt
worden ist. Heute bringen wir die Stimmen
der Warschauer Zeitungen hinsichtlich des
Projektes und zwar nur die Stimmen einiger
Leitungen, da momentan uns nicht alle zu¬
gehen.

[Spaltenumbruch]

„Das Projekt des Abgeordneten Korfanty,
aus dem Preußischen Teilgebiet eine besondere
Provinz zu bilden, welche hinsichtlich der
Regierung, der Finanzen und der Gesetz¬
gebung Autonomie besitzt, ist etwas mehr
als ein Projekt der Dezentralisierung der
Regierungsmaschine. Es ist dies eine Offen¬
barung jener unwilligen Vereinigung mit
dem anderen polnischen Gebiete, jenes Sepa¬
ratismus, welcher in den Seelen der Gro߬
polen fast vom ersten Augenblick des Um¬
fallens der deutschen Übermacht keimte.
Dieser Separatismus erfand bis jetzt ver¬
schiedene Scheinursachen, um seine Zurück¬
haltung und Fernbleiben zu begründen, wie
wir dies im Posenschen sahen. Erst im
Projekte des Herrn Abgeordneten Korfanty
tritt er ohne jeglichen Deckmantel auf.

Wir sind keineswegs Anhänger einer
überschwenglichen Zentralisation der Staats¬
verwaltung in Polen. Rücksicht auf die
Notwendigkeit des stufenweisen Überganges
von den früheren Existenzbedingungen einer
jeden Provinz, im besonderen mit Hinblick
auf die Erbschaft einer anders gearteten
Gesetzgebung, ist am Platze. Außerdem ist
es schwer, zu einer sofortigen Zentralisierung
zu derselben Zeit aufzurufen, wo das Zentrum
selbst nicht organisiert und ungeordnet ist, und
wo es in den andern Gebieten eher ein
Muster sür sich suchen könnte, als diese nach
diesem Muster umzugestalten.

Es muß also in Zukunft irgend ein Gleich¬
gewicht zwischen dem Prinzip der Unifizierung
aller staatlichen Einrichtungen und dem
Prinzip der Dezentralisierung gefunden
werden.

Die früheren Gebietsgrenzen werden in
gewissem Umfange die Grenzen der admini¬
strativen Bezirke bleiben, die vielleicht sogar
mit einer breiten Selbständigkeit bedacht
werden.

Unter Berücksichtigung all dessen — wenn
die Vereinigung der polnischen Ländereien
in der Tat stattfinden und zur Verwischung
der Gebietsunterschiede führen soll, nämlich
zur wirklichen Vereinigung zu einem Volke
— ist es uns nicht erlaubt, von dem Ge¬
danken einer gemeinsamen Staatsverwaltung
für ganz Polen zurückzutreten, dem ein
starkes Zusammenleben der Polen aus allen

[Ende Spaltensatz]

„Kurjer Polski", früher ein aktivistisches
^tzt Parteiloses Organ, schreibt:


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[0429] Pressestimmen 16. In das Ministerium der Republik tritt ein Minister mit Portefeuille für die Preußischen Gebiete ein. Seine Pflicht ist es, die Ausführung vorliegenden Gesetzes zu überwachen. Sämtliche Ministerien müssen sich mit allen Verfügungen, welche das ge¬ wesene preußische Teilgebiet betreffen, an den Minister wenden, dem das Einspruchs¬ recht gegen diese Verfügungen zusteht. 17. Streitigkeiten zwischen demWoywoden und dem Provinziallandtcig der Woywod- schaft werden vom Provinzialminister ge¬ schlichtet. Die Zeitung schreibt dazu: Dieses Pro¬ jekt, ein Werk des Abgeordneten Korfanty, muß man mit entsprechender Vorsicht auf¬ nehmen. Wir werden nicht unterlassen, deut¬ lich gegen dasselbe Stellung zu nehmen. Wir möchten jedoch schon heute bemerken, daß dieses Projekt die Ursache allgemeiner Unzufriedenheit im Lande werden könnte, da es gewissermaßen der Ausdruck oder doch der Schatten eines Partikularismus und Sepa¬ ratismus ist, der von uns betrieben wird. Wir dürfen nicht vergessen, daß endlich die Vereinigung sämtlicher Teilgebiete eingetreten ist, welche wir doch alle ersehnten, und heute sollten wir mit eigenen Händen das wieder zerstören, was der Gegenstand unseres Sehnens war und dessen schlechte Seiten gar nicht be¬ wiesen sind, wogegen die coll. guten Folgen gewisse Zweifel hervorrufen, denn schließlich Wäre die einzige Partei, die allein durch die Jnkrafttretung dieses Projektes Nutzen erhält —- die deutsche? „Dziennik Berlins«" (Berlin) Ur. 174 vom 3. August 1919. Was sagen die Warschauer Zeitungen über das Selvstvcrwaltungsprojett Korfantys. Unsere Leser haben bereits das Selbstver¬ waltungsprojekt kennen gelernt, welches von dem Abgeordneten Korfanty und anderen Posener Abgeordneten zusammengestellt worden ist. Heute bringen wir die Stimmen der Warschauer Zeitungen hinsichtlich des Projektes und zwar nur die Stimmen einiger Leitungen, da momentan uns nicht alle zu¬ gehen. „Das Projekt des Abgeordneten Korfanty, aus dem Preußischen Teilgebiet eine besondere Provinz zu bilden, welche hinsichtlich der Regierung, der Finanzen und der Gesetz¬ gebung Autonomie besitzt, ist etwas mehr als ein Projekt der Dezentralisierung der Regierungsmaschine. Es ist dies eine Offen¬ barung jener unwilligen Vereinigung mit dem anderen polnischen Gebiete, jenes Sepa¬ ratismus, welcher in den Seelen der Gro߬ polen fast vom ersten Augenblick des Um¬ fallens der deutschen Übermacht keimte. Dieser Separatismus erfand bis jetzt ver¬ schiedene Scheinursachen, um seine Zurück¬ haltung und Fernbleiben zu begründen, wie wir dies im Posenschen sahen. Erst im Projekte des Herrn Abgeordneten Korfanty tritt er ohne jeglichen Deckmantel auf. Wir sind keineswegs Anhänger einer überschwenglichen Zentralisation der Staats¬ verwaltung in Polen. Rücksicht auf die Notwendigkeit des stufenweisen Überganges von den früheren Existenzbedingungen einer jeden Provinz, im besonderen mit Hinblick auf die Erbschaft einer anders gearteten Gesetzgebung, ist am Platze. Außerdem ist es schwer, zu einer sofortigen Zentralisierung zu derselben Zeit aufzurufen, wo das Zentrum selbst nicht organisiert und ungeordnet ist, und wo es in den andern Gebieten eher ein Muster sür sich suchen könnte, als diese nach diesem Muster umzugestalten. Es muß also in Zukunft irgend ein Gleich¬ gewicht zwischen dem Prinzip der Unifizierung aller staatlichen Einrichtungen und dem Prinzip der Dezentralisierung gefunden werden. Die früheren Gebietsgrenzen werden in gewissem Umfange die Grenzen der admini¬ strativen Bezirke bleiben, die vielleicht sogar mit einer breiten Selbständigkeit bedacht werden. Unter Berücksichtigung all dessen — wenn die Vereinigung der polnischen Ländereien in der Tat stattfinden und zur Verwischung der Gebietsunterschiede führen soll, nämlich zur wirklichen Vereinigung zu einem Volke — ist es uns nicht erlaubt, von dem Ge¬ danken einer gemeinsamen Staatsverwaltung für ganz Polen zurückzutreten, dem ein starkes Zusammenleben der Polen aus allen „Kurjer Polski", früher ein aktivistisches ^tzt Parteiloses Organ, schreibt:

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/429>, abgerufen am 15.01.2025.