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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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Aus den deutschen Volksräten

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gemeinsamen Heimat gewährleistet und un¬
heilbares Unheil vermieden werden.

Unterschriften:
Deutscher Volksrat Bromberg Stadt
Deutscher Kreisvolksrat Bromberg Land
Deutsche Vereinigung für den Netzedistrikt.
Kanka luclowa
us miasto L^6ZvS2c? i pr^ecimioseie
Kacis luclova
na powiat LMZosKi-wies.

Rede gehalten von Geheimrat Cleinow in
einer gemeinsamen Sitzung der deutschen
Bolksriite und der Ostparlamcntarier am
25. Juni im Beamtenhause in Danzig.

Ich habe mich gefreut, daß der Vor¬
sitzende bei der hochgehenden Erregung, die
uns alle erfaßt hat, so ruhige Worte in seinen
Ausführungen fand. Diese ruhigen Worte
sind ein Zeichen für die VerstandeSkühle, mit
der unsere Parlamentarier und unsere Re¬
gierung den Bedrängnissen des deutschen
Volkstums im Osten gegenübersteht. Diese
Verstandeskühle ist ein sehr nützlicher und
wichtiger Faktor für eine ruhige Politik; aber
uns, die wir in der Kampffront stehen, die
wir jeden Tag Hunderte von Zuschriften, von
Beschwörungen, Bitten und Klagerufen aus
den bedrängten Dörfern, den in höchster
Gefahr liegenden Orten erhalten, uns dürfen
Sie es nicht verargen, wenn wir auch unsere
Gefühle zum Ausdruck bringen. Ich hätte
nur das eine gewünscht, daß Regierung und
Parlament für die Gefühle des hartbedrängten
Ostmarkenvolkes Verständnis gefunden hätten.

Wir alle, die wir nicht Sozialdemokraten
sind, haben uns ohne weiteres hinter die
sozialdemokratische Regierung gestellt, da sie
kräftig genug schien, ihr wiederholt gegebenes
Versprechen, die äußerste Gefahr vom Osten
fernzuhalten, einzulösen.

Ich kann feierlich erklären, daß ich und
meine Organisation irgendeinen reaktionären
oder sonderbündlerischen Gedanken nie gehegt
haben. Wo ich erkannte, daß in unserer
Bewegung sich leise ein Wille bemerkbar
machte, der auf das Stürzen der Regierung
ausging, habe ich sofort einen dicken Strich
zwischen uns und solchen Leuten gezogen.

[Spaltenumbruch]

Die Ausgabe der Deutschen Volksräte
war und ist, das tiefgesunkene und erkrankte
Volk wieder gesund zu machen und alle Vor¬
aussetzungen zu schaffen, um hier im Osten
den Wiederaufbau de.s deutschen Volkstums
zu ermöglichen. Ein gesundes Volkstum
wird sich nachher diejenige Staatsorganisation
geben, die es braucht. In diesem Sinne
habe ich oft mit führenden Sozialdemokraten
gesprochen.

Wir spielen ein offenes Spiel.

Allem Volk, auch den Sozialdemokraten,
lagen die Ziele der deutschen Volksratsbewegung
klar vor Augen. Und trotzdem hat man ver¬
sucht, uns als Träger der Reaktion hinzu¬
stellen, ja, sozialdemokratische Führer gingen
Wider besseres Wissen so weit, zu sagen, daß
die Volksräte sie um die Errungenschaften
der Revolution bringen wollten, obwohl diese
Führer Kenntnis davon hatten, daß wir in
wirtschaftlicher Hinsicht fest auf sozialem
Standpunkte stehen. Die sozialdemokratische
Negierung freilich hat die Bedeutung der
Deutschen Volksräte erkannt und sie gestützt.

Wir haben die Deutschen Volksräte ge¬
schaffen in einer Zeit der Auflösung und der
bittersten Not, und jetzt können wir mit vollster
Berechtigung sagen, daß die Deutschen Volks¬
räte heute schon >

die Grundlage des Deutschtums im Osten
für alle Zukunft sind. In dem Augenblick,
da für die ganzen Ostmarkdeutschen die
schwerste Stunde kam, erschien Plötzlich der
Parlamentarische Ausschuß auf der Bildfläche-
Kleine Geister, bewußt oder unbewußt von
Parteiinteressen erfüllt, suchten eine neue
Organisation neben die kräftige, aus dem
Volke selbst hervorgegangene Volksrats-
bewegung zu stellen. Wir hätten ohne
weiteres den Parlamentarischen Ausschuß
lahmlegen können, wir haben aber unsere
persönlichen Gefühle zurückgestellt und unsere
Organisation im Interesse der Ostmark dem
Ostparlament zur Verfügung gestellt. I"
der gleichen Zeit aber, wo wir so loyal vor¬
gingen, hat man sich auf parlamentarischer
Seite nicht gescheut, gegen uns in Berlin
die Klage zu erheben, als ob wir reaktionäre
Ideen verfolgten. Wenn eine Politik s"
kaleidoskopartig gemacht wird, wie wir es w

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Aus den deutschen Volksräten

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gemeinsamen Heimat gewährleistet und un¬
heilbares Unheil vermieden werden.

Unterschriften:
Deutscher Volksrat Bromberg Stadt
Deutscher Kreisvolksrat Bromberg Land
Deutsche Vereinigung für den Netzedistrikt.
Kanka luclowa
us miasto L^6ZvS2c? i pr^ecimioseie
Kacis luclova
na powiat LMZosKi-wies.

Rede gehalten von Geheimrat Cleinow in
einer gemeinsamen Sitzung der deutschen
Bolksriite und der Ostparlamcntarier am
25. Juni im Beamtenhause in Danzig.

Ich habe mich gefreut, daß der Vor¬
sitzende bei der hochgehenden Erregung, die
uns alle erfaßt hat, so ruhige Worte in seinen
Ausführungen fand. Diese ruhigen Worte
sind ein Zeichen für die VerstandeSkühle, mit
der unsere Parlamentarier und unsere Re¬
gierung den Bedrängnissen des deutschen
Volkstums im Osten gegenübersteht. Diese
Verstandeskühle ist ein sehr nützlicher und
wichtiger Faktor für eine ruhige Politik; aber
uns, die wir in der Kampffront stehen, die
wir jeden Tag Hunderte von Zuschriften, von
Beschwörungen, Bitten und Klagerufen aus
den bedrängten Dörfern, den in höchster
Gefahr liegenden Orten erhalten, uns dürfen
Sie es nicht verargen, wenn wir auch unsere
Gefühle zum Ausdruck bringen. Ich hätte
nur das eine gewünscht, daß Regierung und
Parlament für die Gefühle des hartbedrängten
Ostmarkenvolkes Verständnis gefunden hätten.

Wir alle, die wir nicht Sozialdemokraten
sind, haben uns ohne weiteres hinter die
sozialdemokratische Regierung gestellt, da sie
kräftig genug schien, ihr wiederholt gegebenes
Versprechen, die äußerste Gefahr vom Osten
fernzuhalten, einzulösen.

Ich kann feierlich erklären, daß ich und
meine Organisation irgendeinen reaktionären
oder sonderbündlerischen Gedanken nie gehegt
haben. Wo ich erkannte, daß in unserer
Bewegung sich leise ein Wille bemerkbar
machte, der auf das Stürzen der Regierung
ausging, habe ich sofort einen dicken Strich
zwischen uns und solchen Leuten gezogen.

[Spaltenumbruch]

Die Ausgabe der Deutschen Volksräte
war und ist, das tiefgesunkene und erkrankte
Volk wieder gesund zu machen und alle Vor¬
aussetzungen zu schaffen, um hier im Osten
den Wiederaufbau de.s deutschen Volkstums
zu ermöglichen. Ein gesundes Volkstum
wird sich nachher diejenige Staatsorganisation
geben, die es braucht. In diesem Sinne
habe ich oft mit führenden Sozialdemokraten
gesprochen.

Wir spielen ein offenes Spiel.

Allem Volk, auch den Sozialdemokraten,
lagen die Ziele der deutschen Volksratsbewegung
klar vor Augen. Und trotzdem hat man ver¬
sucht, uns als Träger der Reaktion hinzu¬
stellen, ja, sozialdemokratische Führer gingen
Wider besseres Wissen so weit, zu sagen, daß
die Volksräte sie um die Errungenschaften
der Revolution bringen wollten, obwohl diese
Führer Kenntnis davon hatten, daß wir in
wirtschaftlicher Hinsicht fest auf sozialem
Standpunkte stehen. Die sozialdemokratische
Negierung freilich hat die Bedeutung der
Deutschen Volksräte erkannt und sie gestützt.

Wir haben die Deutschen Volksräte ge¬
schaffen in einer Zeit der Auflösung und der
bittersten Not, und jetzt können wir mit vollster
Berechtigung sagen, daß die Deutschen Volks¬
räte heute schon >

die Grundlage des Deutschtums im Osten
für alle Zukunft sind. In dem Augenblick,
da für die ganzen Ostmarkdeutschen die
schwerste Stunde kam, erschien Plötzlich der
Parlamentarische Ausschuß auf der Bildfläche-
Kleine Geister, bewußt oder unbewußt von
Parteiinteressen erfüllt, suchten eine neue
Organisation neben die kräftige, aus dem
Volke selbst hervorgegangene Volksrats-
bewegung zu stellen. Wir hätten ohne
weiteres den Parlamentarischen Ausschuß
lahmlegen können, wir haben aber unsere
persönlichen Gefühle zurückgestellt und unsere
Organisation im Interesse der Ostmark dem
Ostparlament zur Verfügung gestellt. I"
der gleichen Zeit aber, wo wir so loyal vor¬
gingen, hat man sich auf parlamentarischer
Seite nicht gescheut, gegen uns in Berlin
die Klage zu erheben, als ob wir reaktionäre
Ideen verfolgten. Wenn eine Politik s"
kaleidoskopartig gemacht wird, wie wir es w

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[0394] Aus den deutschen Volksräten gemeinsamen Heimat gewährleistet und un¬ heilbares Unheil vermieden werden. Unterschriften: Deutscher Volksrat Bromberg Stadt Deutscher Kreisvolksrat Bromberg Land Deutsche Vereinigung für den Netzedistrikt. Kanka luclowa us miasto L^6ZvS2c? i pr^ecimioseie Kacis luclova na powiat LMZosKi-wies. Rede gehalten von Geheimrat Cleinow in einer gemeinsamen Sitzung der deutschen Bolksriite und der Ostparlamcntarier am 25. Juni im Beamtenhause in Danzig. Ich habe mich gefreut, daß der Vor¬ sitzende bei der hochgehenden Erregung, die uns alle erfaßt hat, so ruhige Worte in seinen Ausführungen fand. Diese ruhigen Worte sind ein Zeichen für die VerstandeSkühle, mit der unsere Parlamentarier und unsere Re¬ gierung den Bedrängnissen des deutschen Volkstums im Osten gegenübersteht. Diese Verstandeskühle ist ein sehr nützlicher und wichtiger Faktor für eine ruhige Politik; aber uns, die wir in der Kampffront stehen, die wir jeden Tag Hunderte von Zuschriften, von Beschwörungen, Bitten und Klagerufen aus den bedrängten Dörfern, den in höchster Gefahr liegenden Orten erhalten, uns dürfen Sie es nicht verargen, wenn wir auch unsere Gefühle zum Ausdruck bringen. Ich hätte nur das eine gewünscht, daß Regierung und Parlament für die Gefühle des hartbedrängten Ostmarkenvolkes Verständnis gefunden hätten. Wir alle, die wir nicht Sozialdemokraten sind, haben uns ohne weiteres hinter die sozialdemokratische Regierung gestellt, da sie kräftig genug schien, ihr wiederholt gegebenes Versprechen, die äußerste Gefahr vom Osten fernzuhalten, einzulösen. Ich kann feierlich erklären, daß ich und meine Organisation irgendeinen reaktionären oder sonderbündlerischen Gedanken nie gehegt haben. Wo ich erkannte, daß in unserer Bewegung sich leise ein Wille bemerkbar machte, der auf das Stürzen der Regierung ausging, habe ich sofort einen dicken Strich zwischen uns und solchen Leuten gezogen. Die Ausgabe der Deutschen Volksräte war und ist, das tiefgesunkene und erkrankte Volk wieder gesund zu machen und alle Vor¬ aussetzungen zu schaffen, um hier im Osten den Wiederaufbau de.s deutschen Volkstums zu ermöglichen. Ein gesundes Volkstum wird sich nachher diejenige Staatsorganisation geben, die es braucht. In diesem Sinne habe ich oft mit führenden Sozialdemokraten gesprochen. Wir spielen ein offenes Spiel. Allem Volk, auch den Sozialdemokraten, lagen die Ziele der deutschen Volksratsbewegung klar vor Augen. Und trotzdem hat man ver¬ sucht, uns als Träger der Reaktion hinzu¬ stellen, ja, sozialdemokratische Führer gingen Wider besseres Wissen so weit, zu sagen, daß die Volksräte sie um die Errungenschaften der Revolution bringen wollten, obwohl diese Führer Kenntnis davon hatten, daß wir in wirtschaftlicher Hinsicht fest auf sozialem Standpunkte stehen. Die sozialdemokratische Negierung freilich hat die Bedeutung der Deutschen Volksräte erkannt und sie gestützt. Wir haben die Deutschen Volksräte ge¬ schaffen in einer Zeit der Auflösung und der bittersten Not, und jetzt können wir mit vollster Berechtigung sagen, daß die Deutschen Volks¬ räte heute schon > die Grundlage des Deutschtums im Osten für alle Zukunft sind. In dem Augenblick, da für die ganzen Ostmarkdeutschen die schwerste Stunde kam, erschien Plötzlich der Parlamentarische Ausschuß auf der Bildfläche- Kleine Geister, bewußt oder unbewußt von Parteiinteressen erfüllt, suchten eine neue Organisation neben die kräftige, aus dem Volke selbst hervorgegangene Volksrats- bewegung zu stellen. Wir hätten ohne weiteres den Parlamentarischen Ausschuß lahmlegen können, wir haben aber unsere persönlichen Gefühle zurückgestellt und unsere Organisation im Interesse der Ostmark dem Ostparlament zur Verfügung gestellt. I" der gleichen Zeit aber, wo wir so loyal vor¬ gingen, hat man sich auf parlamentarischer Seite nicht gescheut, gegen uns in Berlin die Klage zu erheben, als ob wir reaktionäre Ideen verfolgten. Wenn eine Politik s" kaleidoskopartig gemacht wird, wie wir es w

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/394>, abgerufen am 15.01.2025.