Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.Aus den deutschen Volksräten [Beginn Spaltensatz] Die Entscheidung darüber muß bald fallen. ^us den Ausführungen der nachfolgenden deutig hervor, daß Geheimrat Cleinow durch Eine nach Tausenden zählende Versamm¬ Vor dem Auseinandergehen sang die An die Deutschen in den zu Polen (S. Juli 1919.) Nach Inkrafttreten des Friedens kommen Is
Aus den deutschen Volksräten [Beginn Spaltensatz] Die Entscheidung darüber muß bald fallen. ^us den Ausführungen der nachfolgenden deutig hervor, daß Geheimrat Cleinow durch Eine nach Tausenden zählende Versamm¬ Vor dem Auseinandergehen sang die An die Deutschen in den zu Polen (S. Juli 1919.) Nach Inkrafttreten des Friedens kommen Is
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0391" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336681"/> <fw type="header" place="top"> Aus den deutschen Volksräten</fw><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_1579"> Die Entscheidung darüber muß bald fallen.<lb/> Für diese Zeit fordert er Besonnenheit und<lb/> Ruhe und absolute Gefolgschaft hinter der<lb/> Parole, die von den Führern gegeben wird,<lb/> um das Furchtbarste, das uns winkt, abzu-<lb/> wenden. Dieselbe Aufforderung richtet er<lb/> auch an das Militär: Disziplin halten i.n<lb/> dieser Stunde, sich nicht von Gefühlen hin¬<lb/> reißen lassen, auf die Parole warten. Und<lb/> diese Parole wird die sein, die besonnene<lb/> Männer, die bewiesen haben, daß sie keine<lb/> Feiglinge sind, für richtig halten. Gewehr<lb/> bei Fuß ist jetzt das Gebot. Der Redner<lb/> warnte vor falschen Berichten über polnische<lb/> Angriffe. Wenn der Pole angreift und den<lb/> Krieg haben will, dann werden wir uns zur<lb/> Wehr zu setzen wissen. (Bravo y Aber in<lb/> diesen Tagen hat er nicht angegriffen. Tut<lb/> «r es, dann bekommen wir den Befehl zum<lb/> Gegenangriff. In den weiteren Ausführungen<lb/> beschäftigte sich Geheimrat Cleinow dann<lb/> mit der Gegnerschaft der Gewerkschaftsführer<lb/> und stellte der Parteiorganisation die nationale<lb/> Organisation gegenüber, die auch den Re¬<lb/> spekt und die Achtung der polnischen Lands-<lb/> leuts herausfordern werde. Damit könne<lb/> der Weg zum gemeinsamen Wiederaufbau<lb/> gefunden werden, die Überbrückung der<lb/> Gegensätze, der Weg zu friedlicher Arbeit,<lb/> Zu einem geordneten Rechtsstaat. „Wir sind<lb/> Deutsche, Preisgegeben von der deutschen<lb/> Negierung und dem Parlament, so gezwungen,<lb/> an uns selbst zu denken, an unsere Zukunft,<lb/> und alle Mittel anzuwenden, um uns zu<lb/> Ehalten und nicht in dem Dreck zu ersaufen,<lb/> den uns die Regierung und ihre Männer<lb/> hineingebracht haben. (LebhafteZustimmung.)<lb/> 4 Millionen Deutsche sollen in den polnischen<lb/> Staat übergeführt werden, aber 4 Millionen<lb/> Deutsche lassen sich nicht ohne weiteres von<lb/> der Erde vertilgen, es sei denn, daß sie sich<lb/> selber verscharren." Mit der nochmaligen<lb/> Aufforderung, die Parole der nächsten Tage<lb/> ^zuwarten und zu arbeiten und nicht zu<lb/> verzweifeln, schloß der Redner unter leb¬<lb/> haftem Beifall.</p> <p xml:id="ID_1580" next="#ID_1581"> ^us den Ausführungen der nachfolgenden<lb/> »tedner Dr. Jahr, Oberlt. Heidelck. Abg.<lb/> r°sse (Latomowo), Dr.Hille und anderen und<lb/> en wiederholten stürmischen Beifallskund-<lb/> U° ungen der Versammelten ging unzwei¬</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_1581" prev="#ID_1580"> deutig hervor, daß Geheimrat Cleinow durch<lb/> seine besonnene Haltung in den letzten<lb/> Monaten und auch in dieser Stunde ernstester<lb/> Gefahren die Masse der Ostmark-Deutschen<lb/> hinter sich hat. Es war ein feierlicher<lb/> Augenblick als einer der Redner den Führern<lb/> der Volksratsbewegung das Vertrauen der<lb/> deutschen Ostmark aussprach und im Namen<lb/> der Versammelten gelobte, ihnen zu folgen,<lb/> komme, was da wolle. Ihren Ausklang<lb/> fand die Versammlung durch die Annahme<lb/> folgender Entschließung:</p><lb/> <p xml:id="ID_1582"> Eine nach Tausenden zählende Versamm¬<lb/> lung deutscher Männer und Frauen aller<lb/> Schichten der Bevölkerung hat solgende Ent¬<lb/> schließung angenommen: Nachdem Regierung<lb/> und Nationalversammlung den Friedens¬<lb/> vertrag der Entente angenommen haben,<lb/> haben wir keine Möglichkeit mehr, für unser<lb/> Verbleiben beim deutschen Reiche einzutreten.<lb/> Um so mehr find wir bereit, für unsere<lb/> nationalen Rechte zu kämpfen. Wir verlangen,<lb/> daß unsere militärische Macht im vollsten<lb/> Umfange ausgenutzt wird, um diese Rechte<lb/> zu sichern. Wir fordern daher, daß der<lb/> militärische Führer sich findet, der die Truppen<lb/> einheitlich zusammenfaßt. Wir wollen keinen<lb/> Angriff gegen die Polen, verlangen aber die<lb/> nachdrücklichste Verteidigung gegen jeden<lb/> Polnischen Angriff. Wir verlangen, daß die<lb/> Waffen erst aus der Hand gelegt werden,<lb/> wenn uns nicht nur die Polen, sondern auch<lb/> die Entente unsere Gleichberechtigung durch<lb/> Vertrag zugesichert haben."</p><lb/> <p xml:id="ID_1583"> Vor dem Auseinandergehen sang die<lb/> ganze Versammlung das alte Schutz- und<lb/> Trutzlied „Ein feste Burg ist unser Gott".</p> <p xml:id="ID_1584"> An die Deutschen in den zu Polen<lb/> fallenden Gebieten.</p> <p xml:id="ID_1585"> (S. Juli 1919.)</p><lb/> <p xml:id="ID_1586" next="#ID_1587"> Nach Inkrafttreten des Friedens kommen<lb/> die deutschen Volksräte erst zu den Aufgaben,<lb/> die bei ihrer Gründung als Hauptaufgaben<lb/> bezeichnet wurden: Schutz der deutschen<lb/> Minderheiten unter Polen. Der Polnische<lb/> Staat gewährleistet durch sein Koalitionsrecht<lb/> die freie Arbeit der Volksräte. Die Polnisch e<lb/> Negierung beabsichtigt nicht, Deutsche wegen<lb/> ihres bisherigen nationalen Wirkens zu ver¬<lb/> folgen. Sie achtet den nationalen Geist um</p> <cb type="end"/><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Is</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0391]
Aus den deutschen Volksräten
Die Entscheidung darüber muß bald fallen.
Für diese Zeit fordert er Besonnenheit und
Ruhe und absolute Gefolgschaft hinter der
Parole, die von den Führern gegeben wird,
um das Furchtbarste, das uns winkt, abzu-
wenden. Dieselbe Aufforderung richtet er
auch an das Militär: Disziplin halten i.n
dieser Stunde, sich nicht von Gefühlen hin¬
reißen lassen, auf die Parole warten. Und
diese Parole wird die sein, die besonnene
Männer, die bewiesen haben, daß sie keine
Feiglinge sind, für richtig halten. Gewehr
bei Fuß ist jetzt das Gebot. Der Redner
warnte vor falschen Berichten über polnische
Angriffe. Wenn der Pole angreift und den
Krieg haben will, dann werden wir uns zur
Wehr zu setzen wissen. (Bravo y Aber in
diesen Tagen hat er nicht angegriffen. Tut
«r es, dann bekommen wir den Befehl zum
Gegenangriff. In den weiteren Ausführungen
beschäftigte sich Geheimrat Cleinow dann
mit der Gegnerschaft der Gewerkschaftsführer
und stellte der Parteiorganisation die nationale
Organisation gegenüber, die auch den Re¬
spekt und die Achtung der polnischen Lands-
leuts herausfordern werde. Damit könne
der Weg zum gemeinsamen Wiederaufbau
gefunden werden, die Überbrückung der
Gegensätze, der Weg zu friedlicher Arbeit,
Zu einem geordneten Rechtsstaat. „Wir sind
Deutsche, Preisgegeben von der deutschen
Negierung und dem Parlament, so gezwungen,
an uns selbst zu denken, an unsere Zukunft,
und alle Mittel anzuwenden, um uns zu
Ehalten und nicht in dem Dreck zu ersaufen,
den uns die Regierung und ihre Männer
hineingebracht haben. (LebhafteZustimmung.)
4 Millionen Deutsche sollen in den polnischen
Staat übergeführt werden, aber 4 Millionen
Deutsche lassen sich nicht ohne weiteres von
der Erde vertilgen, es sei denn, daß sie sich
selber verscharren." Mit der nochmaligen
Aufforderung, die Parole der nächsten Tage
^zuwarten und zu arbeiten und nicht zu
verzweifeln, schloß der Redner unter leb¬
haftem Beifall.
^us den Ausführungen der nachfolgenden
»tedner Dr. Jahr, Oberlt. Heidelck. Abg.
r°sse (Latomowo), Dr.Hille und anderen und
en wiederholten stürmischen Beifallskund-
U° ungen der Versammelten ging unzwei¬
deutig hervor, daß Geheimrat Cleinow durch
seine besonnene Haltung in den letzten
Monaten und auch in dieser Stunde ernstester
Gefahren die Masse der Ostmark-Deutschen
hinter sich hat. Es war ein feierlicher
Augenblick als einer der Redner den Führern
der Volksratsbewegung das Vertrauen der
deutschen Ostmark aussprach und im Namen
der Versammelten gelobte, ihnen zu folgen,
komme, was da wolle. Ihren Ausklang
fand die Versammlung durch die Annahme
folgender Entschließung:
Eine nach Tausenden zählende Versamm¬
lung deutscher Männer und Frauen aller
Schichten der Bevölkerung hat solgende Ent¬
schließung angenommen: Nachdem Regierung
und Nationalversammlung den Friedens¬
vertrag der Entente angenommen haben,
haben wir keine Möglichkeit mehr, für unser
Verbleiben beim deutschen Reiche einzutreten.
Um so mehr find wir bereit, für unsere
nationalen Rechte zu kämpfen. Wir verlangen,
daß unsere militärische Macht im vollsten
Umfange ausgenutzt wird, um diese Rechte
zu sichern. Wir fordern daher, daß der
militärische Führer sich findet, der die Truppen
einheitlich zusammenfaßt. Wir wollen keinen
Angriff gegen die Polen, verlangen aber die
nachdrücklichste Verteidigung gegen jeden
Polnischen Angriff. Wir verlangen, daß die
Waffen erst aus der Hand gelegt werden,
wenn uns nicht nur die Polen, sondern auch
die Entente unsere Gleichberechtigung durch
Vertrag zugesichert haben."
Vor dem Auseinandergehen sang die
ganze Versammlung das alte Schutz- und
Trutzlied „Ein feste Burg ist unser Gott".
An die Deutschen in den zu Polen
fallenden Gebieten.
(S. Juli 1919.)
Nach Inkrafttreten des Friedens kommen
die deutschen Volksräte erst zu den Aufgaben,
die bei ihrer Gründung als Hauptaufgaben
bezeichnet wurden: Schutz der deutschen
Minderheiten unter Polen. Der Polnische
Staat gewährleistet durch sein Koalitionsrecht
die freie Arbeit der Volksräte. Die Polnisch e
Negierung beabsichtigt nicht, Deutsche wegen
ihres bisherigen nationalen Wirkens zu ver¬
folgen. Sie achtet den nationalen Geist um
Is
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