Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.Die Solidarität von Besitz "ut Proletariat in Steuersachen sielegt wird, wirkt notwendig als Druck von unten in allen übrigen Röhren. Ganz ebenso aber verhält es sich bei der Besteuerung der sogenannten Der Unternehmer, dessen Einkommen oder Betriebsvermögen von Steuern Dagegrn hilft auch keine Sszialisierung. Denn auch der Staat, der. Die Solidarität von Besitz «ut Proletariat in Steuersachen sielegt wird, wirkt notwendig als Druck von unten in allen übrigen Röhren. Ganz ebenso aber verhält es sich bei der Besteuerung der sogenannten Der Unternehmer, dessen Einkommen oder Betriebsvermögen von Steuern Dagegrn hilft auch keine Sszialisierung. Denn auch der Staat, der. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0039" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336329"/> <fw type="header" place="top"> Die Solidarität von Besitz «ut Proletariat in Steuersachen</fw><lb/> <p xml:id="ID_123" prev="#ID_122"> sielegt wird, wirkt notwendig als Druck von unten in allen übrigen Röhren.<lb/> Die Flüssigkeit steigt gleichmäßig in allen übrigen Röhren bis zu dem Punkt,<lb/> wo sie, sei es durch mechanische Hindernisse, sei es durch Schwerkraft und<lb/> Atmosphärendruck ihren Gegendruck findet, und zwischen Druck und Gegendruck<lb/> ist jedes Teilchen mit gleichem Druck belastet, der Druck hat sich auf alle Teile<lb/> gleichmäßig verteilt. Das gilt auch vom Steuerdruck. Nehmen wir zunächst<lb/> das dein Arbeiter geläufigere Beispiel, daß er durch große indirekte Steuern<lb/> bedrückt wird, baß also die Abgaben, die auf seine notwendigsten Lebens- und<lb/> Bedarfsartikel gelegt werden, seine Lebenshaltung verteuern. Was wird die<lb/> Folge sein: er wird durch Streiks höhere Löhne durchsetzen und so seine Lasten<lb/> zunächst auf den Arbeitgeber abwälzen, der seinerseits wieder durch höhere<lb/> Preise eine Abbürdung auf die Gesamtheit der Volksgenossen vornimmt. Ganz<lb/> gelingt die Abbürdung des Druckes nie. Als Gegendruck wirken letzten Endes<lb/> Faktoren, wie die ausländische Konkurrenz und die Gesamtbilanz der Volks¬<lb/> wirtschaft, die nur eine gewisse Höhe der Preise vertrüge, welche durch Ver¬<lb/> minderung der Nachfrage und daraus sich ergebende Betriebseinschränkungen<lb/> bis auf den Arbeiter wieder zurückreagieren. Trotz anfänglicher Versuche der<lb/> einzelnen Beteiligten, alles abzubürden, 'oder gar noch einen Profit heraus¬<lb/> zuschlagen, ergibt sich doch zuletzt eine unbedingt gleiche Verteilung der Last<lb/> auf alle Volksgenossen, entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_124"> Ganz ebenso aber verhält es sich bei der Besteuerung der sogenannten<lb/> Besitzenden.</p><lb/> <p xml:id="ID_125"> Der Unternehmer, dessen Einkommen oder Betriebsvermögen von Steuern<lb/> belastet wird, sucht sein Einkommen oder Vermögen wieder entsprechend zu<lb/> heben. Ja. er ist dazu gezwungen, wenn er, was wieder im Interesse der<lb/> Allgemeinwirtschast liegt, seinen Betrieb auf der Höhe oder — bei besonders<lb/> hohen Abgaben — überhaupt nur leistungsfähig erhalten will. Er kann dieL<lb/> einmal durch Verteuerung der Preise. Und dieser Verteilungsprozeß wirkt so<lb/> vollständig, daß er sich in seiner Auswirkung auf jede einzelne Mark verteilt,<lb/> er tritt in Erscheinung im Sinken der Kauskraft des Geldes, in der inneren<lb/> Valuta (für die natürlich auch noch andere Umstände, maßgebend sind) und<lb/> trifft dadurch indirekt jeden, auch den Arbeiter. Soweit aber die Preiserhöhung<lb/> durch Verminderung der Abnahme die Betriebe gefährdet, ist dieser Weg des<lb/> Ausgleichs für den Produzenten nicht gangbar. Er sucht dann unmittelbar<lb/> seine Abbürdung nach unten durch Verbilligung des Betriebes, d. h. Herab¬<lb/> setzung der Löhne. Einschränkung des Betriebes oder gar Zusammenbruch des<lb/> Unternehmens, falls die Abbürdung nicht gelingt, und daraus folgende Brot-<lb/> losigkeit des Arbeiters sind das Druckmittel, welches den Arbeiter zwingt, auch<lb/> seinen Anteil an den Lasten der Besitzenden zu übernehmen. Und dabei ist es<lb/> nicht etwa der „böswillige" Unternehmer, der dieses Druckmittel willkürlich an¬<lb/> wendet, auch er ist der Gezwungene, der der stillwirkenden Macht weicht, welche<lb/> in jedem gesunden Volksganzen auf einen Ausgleich sämtlicher Lasten hinwirkt.<lb/> Auch von den Lasten auf Einkommen und Besitz trägt also in einem gesunden<lb/> Volkswesen der Nichtbesitzende den Anteil, der verhältnismäßig seiner wirt¬<lb/> schaftlichen Kraft entspricht. Das bedeutet: Die Folge hoher Lasten auf den<lb/> Besitz ist notwendig auch eine Verschlechterung der Lebenshaltung der unteren<lb/> Stände.</p><lb/> <p xml:id="ID_126" next="#ID_127"> Dagegrn hilft auch keine Sszialisierung. Denn auch der Staat, der.<lb/> soweit er sozialisiert, nur die künstliche Zusammenfassung aller Besitzenden in<lb/> einer Person ist. muß lebensfähig bleiben, d. h. seine Bedürfnisse und Ver¬<lb/> pflichtungen auf alle Volksgenossen verteilen. In dem vollkommen sozialisierten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0039]
Die Solidarität von Besitz «ut Proletariat in Steuersachen
sielegt wird, wirkt notwendig als Druck von unten in allen übrigen Röhren.
Die Flüssigkeit steigt gleichmäßig in allen übrigen Röhren bis zu dem Punkt,
wo sie, sei es durch mechanische Hindernisse, sei es durch Schwerkraft und
Atmosphärendruck ihren Gegendruck findet, und zwischen Druck und Gegendruck
ist jedes Teilchen mit gleichem Druck belastet, der Druck hat sich auf alle Teile
gleichmäßig verteilt. Das gilt auch vom Steuerdruck. Nehmen wir zunächst
das dein Arbeiter geläufigere Beispiel, daß er durch große indirekte Steuern
bedrückt wird, baß also die Abgaben, die auf seine notwendigsten Lebens- und
Bedarfsartikel gelegt werden, seine Lebenshaltung verteuern. Was wird die
Folge sein: er wird durch Streiks höhere Löhne durchsetzen und so seine Lasten
zunächst auf den Arbeitgeber abwälzen, der seinerseits wieder durch höhere
Preise eine Abbürdung auf die Gesamtheit der Volksgenossen vornimmt. Ganz
gelingt die Abbürdung des Druckes nie. Als Gegendruck wirken letzten Endes
Faktoren, wie die ausländische Konkurrenz und die Gesamtbilanz der Volks¬
wirtschaft, die nur eine gewisse Höhe der Preise vertrüge, welche durch Ver¬
minderung der Nachfrage und daraus sich ergebende Betriebseinschränkungen
bis auf den Arbeiter wieder zurückreagieren. Trotz anfänglicher Versuche der
einzelnen Beteiligten, alles abzubürden, 'oder gar noch einen Profit heraus¬
zuschlagen, ergibt sich doch zuletzt eine unbedingt gleiche Verteilung der Last
auf alle Volksgenossen, entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Ganz ebenso aber verhält es sich bei der Besteuerung der sogenannten
Besitzenden.
Der Unternehmer, dessen Einkommen oder Betriebsvermögen von Steuern
belastet wird, sucht sein Einkommen oder Vermögen wieder entsprechend zu
heben. Ja. er ist dazu gezwungen, wenn er, was wieder im Interesse der
Allgemeinwirtschast liegt, seinen Betrieb auf der Höhe oder — bei besonders
hohen Abgaben — überhaupt nur leistungsfähig erhalten will. Er kann dieL
einmal durch Verteuerung der Preise. Und dieser Verteilungsprozeß wirkt so
vollständig, daß er sich in seiner Auswirkung auf jede einzelne Mark verteilt,
er tritt in Erscheinung im Sinken der Kauskraft des Geldes, in der inneren
Valuta (für die natürlich auch noch andere Umstände, maßgebend sind) und
trifft dadurch indirekt jeden, auch den Arbeiter. Soweit aber die Preiserhöhung
durch Verminderung der Abnahme die Betriebe gefährdet, ist dieser Weg des
Ausgleichs für den Produzenten nicht gangbar. Er sucht dann unmittelbar
seine Abbürdung nach unten durch Verbilligung des Betriebes, d. h. Herab¬
setzung der Löhne. Einschränkung des Betriebes oder gar Zusammenbruch des
Unternehmens, falls die Abbürdung nicht gelingt, und daraus folgende Brot-
losigkeit des Arbeiters sind das Druckmittel, welches den Arbeiter zwingt, auch
seinen Anteil an den Lasten der Besitzenden zu übernehmen. Und dabei ist es
nicht etwa der „böswillige" Unternehmer, der dieses Druckmittel willkürlich an¬
wendet, auch er ist der Gezwungene, der der stillwirkenden Macht weicht, welche
in jedem gesunden Volksganzen auf einen Ausgleich sämtlicher Lasten hinwirkt.
Auch von den Lasten auf Einkommen und Besitz trägt also in einem gesunden
Volkswesen der Nichtbesitzende den Anteil, der verhältnismäßig seiner wirt¬
schaftlichen Kraft entspricht. Das bedeutet: Die Folge hoher Lasten auf den
Besitz ist notwendig auch eine Verschlechterung der Lebenshaltung der unteren
Stände.
Dagegrn hilft auch keine Sszialisierung. Denn auch der Staat, der.
soweit er sozialisiert, nur die künstliche Zusammenfassung aller Besitzenden in
einer Person ist. muß lebensfähig bleiben, d. h. seine Bedürfnisse und Ver¬
pflichtungen auf alle Volksgenossen verteilen. In dem vollkommen sozialisierten
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