Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.Mexiko, Japan und die vereinigten Staaten In anderthalb Jahren, von heute ab gerechnet, werden wir nicht einmal ein Was bedeutet das? Nun, zunächst nichts weiter, als daß die amerikanische Die wahren Gründe für einen Gegensatz zwischen den Vereinigten Staaten Nicht nur die politische Entwicklung geht diesen Weg, auch die wirtschaftliche, Mexiko, Japan und die vereinigten Staaten In anderthalb Jahren, von heute ab gerechnet, werden wir nicht einmal ein Was bedeutet das? Nun, zunächst nichts weiter, als daß die amerikanische Die wahren Gründe für einen Gegensatz zwischen den Vereinigten Staaten Nicht nur die politische Entwicklung geht diesen Weg, auch die wirtschaftliche, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0349" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336639"/> <fw type="header" place="top"> Mexiko, Japan und die vereinigten Staaten</fw><lb/> <p xml:id="ID_1270" prev="#ID_1269"> In anderthalb Jahren, von heute ab gerechnet, werden wir nicht einmal ein<lb/> einziges Flugzeug geschaffen haben, falls nicht . . ."</p><lb/> <p xml:id="ID_1271"> Was bedeutet das? Nun, zunächst nichts weiter, als daß die amerikanische<lb/> Presse wieder einmal einen scharfen Ton gegen Mexiko anschlägt, lind auch die<lb/> jüngsten Nachrichten von Notenwechseln und Ultimatums bedeuten .noch keineswegs,<lb/> daß der Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko bevorsteht. Wir haben so<lb/> viele Notenwechsel und Ultimatums zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko<lb/> erlebt, nach denen es immer beim alten blieb, warum sollte gerade diesmal der<lb/> Krieg daraus folgen? Ein amerikanischer Konsularbeamter ist gefangen, zwei<lb/> amerikanische Militärflieger, die zu einer Notlandung gezwungen waren, sind<lb/> belästigt worden, das sind Alltäglichkeiten. Seit Präsident Diaz' Fall sind, wie<lb/> im Juli vor dem Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten der amerikanische<lb/> Gesandte in Mexiko, Mr. Fletcher, nachwies, nicht weniger als 217 Amerikaner<lb/> durch Mexikaner ermordet worden. Das Bild ist stets das gleiche. Ein Ameri¬<lb/> kaner reitet durchs Land, aus eigenem Antrieb oder in geschäftlichem Auftrag.<lb/> Banditen nehmen ihn gefangen und verlangen Löiegeld. Oder mexikanische<lb/> Banditen kommen „versehentlich" beim Requirieren oder Waffenschmuggcl über<lb/> die Grenze und werden, falls sie nicht das nötige Entgegenkommen finden, nach<lb/> Landessitte handgreiflich. Folge: Drohnoten von Washingion, Strascxpcditionen<lb/> der mexikanischen Regierung, falls gerade eine da ist, Entschuldigungen: es war<lb/> nicht weiter böse gemein? und soll nicht wieder vorkommen, aber die bösen Ban¬<lb/> diten I Oder vereinzelte Amerikaner, die an einem Regierungswechsel zu ver¬<lb/> dienen meinen, schicken ein paar Agenten zum Aufwiegeln, die dann zwischen<lb/> zwei Feuer geraten. Wer kann dafür? Dann geht alle paar Jahre mal, be¬<lb/> sonders wenn ein paar Nüflnngsfabrikanten etwas verdienen wollen, ein Ent-<lb/> rüstungsswrm durch die amerikanische Presse: Jetzt endlich muß einmal in Mexiko<lb/> Nahe geschaffen werden. Ein paar Grenztruppen werden zusammengezogen: und<lb/> alles bleibt wie zuvor.</p><lb/> <p xml:id="ID_1272"> Die wahren Gründe für einen Gegensatz zwischen den Vereinigten Staaten<lb/> und Mexiko liegen tiefer. Die Staaten sind daran, langsam, aber sicher und<lb/> Zäh, die Monroedoktrin zu erfüllen, die jeder echte Nordamerikaner als das<lb/> Lebensgesetz seines Landes betrachtet. Daher auch der Widerstand gegen den<lb/> Völkerbund. Man will sich nicht auf der Welt verzetteln. Erst muß das eigene<lb/> Haus gesichert und abgerundet dastehen. Diese Abrundung ist ganz systematisch<lb/> fortgeschritten. IM Lvuisianci. 18 l!) Florida. 1836 Texas, 1846 Kalifornien.<lb/> Dann mußten Nord- und Südstaaten zusanunenwachsen. Dann Philippinen,<lb/> Kuba und Samoa. Dann Panama. Der Weltkrieg hat Gelegenheit geboten,<lb/> die europäische Konkurrenz in Südamerika zurückzudrängen, dem Seehandel neue,<lb/> Ungeheure Möglichkeiten eröffnet. Nun ist klar, daß Panama die Antillen folgen<lb/> unissen. Dünemark hat die seinen bereits verkauft, mit Frankreich ist wegen<lb/> Martinique und Guadeloupe verhandelt worden, den Verkauf der Bermudas-,<lb/> Acihamas- und einiger anderer Inseln, vielleicht auch von Britisch Guiana und<lb/> -Lrilisch Honduras hat bereits Lord Notherniere als Gegenleistung für die Liqui¬<lb/> dation der kultischen Finanzverpflichtungen gegenüber Amerika vorgeschlagen. Es<lb/> 'se ohne weiteres ersichtlich, daß auf diesem Wege mich Mexiko liegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1273" next="#ID_1274"> Nicht nur die politische Entwicklung geht diesen Weg, auch die wirtschaftliche,<lb/> ^'e reichen Bodenschätze Mexikos locken den Untcrnehmergeist der nördlichen Nach¬<lb/> barn mit magnetischer Kraft. Silber, Gold, Kupfer. Kohle, Quecksilber. Schwefel-<lb/> ^sprechen reiche Ausbeute. Für den Augenblick wichtiger noch ist Erdöl. Mexiko<lb/> Rund in den letzten Jahren unter den Pctrolenmlieferanten an zweiter Stelle.<lb/> ^Uein die Lager von Tampieo werden von Geologen als mächtiger eingeschätzt,<lb/> die von Pennsylvanien und Oklahoma. Bei den zunehmenden Schwierigkeiten<lb/> Kohlengewmnung wird die Schiffahrt in steigendem Maße zur Olbefeuerung<lb/> gelangen. Bei der enormen Steigerung des amenkanischen Seehandelsverkehrs<lb/> M ein amerikanisches Erdölmonopol daher von allergrößter Wichtigkeit. Zwar waren<lb/> 'Hom 1912 in mexikanischen Olwerken von 175 investierten Millionen Dollar</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0349]
Mexiko, Japan und die vereinigten Staaten
In anderthalb Jahren, von heute ab gerechnet, werden wir nicht einmal ein
einziges Flugzeug geschaffen haben, falls nicht . . ."
Was bedeutet das? Nun, zunächst nichts weiter, als daß die amerikanische
Presse wieder einmal einen scharfen Ton gegen Mexiko anschlägt, lind auch die
jüngsten Nachrichten von Notenwechseln und Ultimatums bedeuten .noch keineswegs,
daß der Krieg zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko bevorsteht. Wir haben so
viele Notenwechsel und Ultimatums zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko
erlebt, nach denen es immer beim alten blieb, warum sollte gerade diesmal der
Krieg daraus folgen? Ein amerikanischer Konsularbeamter ist gefangen, zwei
amerikanische Militärflieger, die zu einer Notlandung gezwungen waren, sind
belästigt worden, das sind Alltäglichkeiten. Seit Präsident Diaz' Fall sind, wie
im Juli vor dem Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten der amerikanische
Gesandte in Mexiko, Mr. Fletcher, nachwies, nicht weniger als 217 Amerikaner
durch Mexikaner ermordet worden. Das Bild ist stets das gleiche. Ein Ameri¬
kaner reitet durchs Land, aus eigenem Antrieb oder in geschäftlichem Auftrag.
Banditen nehmen ihn gefangen und verlangen Löiegeld. Oder mexikanische
Banditen kommen „versehentlich" beim Requirieren oder Waffenschmuggcl über
die Grenze und werden, falls sie nicht das nötige Entgegenkommen finden, nach
Landessitte handgreiflich. Folge: Drohnoten von Washingion, Strascxpcditionen
der mexikanischen Regierung, falls gerade eine da ist, Entschuldigungen: es war
nicht weiter böse gemein? und soll nicht wieder vorkommen, aber die bösen Ban¬
diten I Oder vereinzelte Amerikaner, die an einem Regierungswechsel zu ver¬
dienen meinen, schicken ein paar Agenten zum Aufwiegeln, die dann zwischen
zwei Feuer geraten. Wer kann dafür? Dann geht alle paar Jahre mal, be¬
sonders wenn ein paar Nüflnngsfabrikanten etwas verdienen wollen, ein Ent-
rüstungsswrm durch die amerikanische Presse: Jetzt endlich muß einmal in Mexiko
Nahe geschaffen werden. Ein paar Grenztruppen werden zusammengezogen: und
alles bleibt wie zuvor.
Die wahren Gründe für einen Gegensatz zwischen den Vereinigten Staaten
und Mexiko liegen tiefer. Die Staaten sind daran, langsam, aber sicher und
Zäh, die Monroedoktrin zu erfüllen, die jeder echte Nordamerikaner als das
Lebensgesetz seines Landes betrachtet. Daher auch der Widerstand gegen den
Völkerbund. Man will sich nicht auf der Welt verzetteln. Erst muß das eigene
Haus gesichert und abgerundet dastehen. Diese Abrundung ist ganz systematisch
fortgeschritten. IM Lvuisianci. 18 l!) Florida. 1836 Texas, 1846 Kalifornien.
Dann mußten Nord- und Südstaaten zusanunenwachsen. Dann Philippinen,
Kuba und Samoa. Dann Panama. Der Weltkrieg hat Gelegenheit geboten,
die europäische Konkurrenz in Südamerika zurückzudrängen, dem Seehandel neue,
Ungeheure Möglichkeiten eröffnet. Nun ist klar, daß Panama die Antillen folgen
unissen. Dünemark hat die seinen bereits verkauft, mit Frankreich ist wegen
Martinique und Guadeloupe verhandelt worden, den Verkauf der Bermudas-,
Acihamas- und einiger anderer Inseln, vielleicht auch von Britisch Guiana und
-Lrilisch Honduras hat bereits Lord Notherniere als Gegenleistung für die Liqui¬
dation der kultischen Finanzverpflichtungen gegenüber Amerika vorgeschlagen. Es
'se ohne weiteres ersichtlich, daß auf diesem Wege mich Mexiko liegt.
Nicht nur die politische Entwicklung geht diesen Weg, auch die wirtschaftliche,
^'e reichen Bodenschätze Mexikos locken den Untcrnehmergeist der nördlichen Nach¬
barn mit magnetischer Kraft. Silber, Gold, Kupfer. Kohle, Quecksilber. Schwefel-
^sprechen reiche Ausbeute. Für den Augenblick wichtiger noch ist Erdöl. Mexiko
Rund in den letzten Jahren unter den Pctrolenmlieferanten an zweiter Stelle.
^Uein die Lager von Tampieo werden von Geologen als mächtiger eingeschätzt,
die von Pennsylvanien und Oklahoma. Bei den zunehmenden Schwierigkeiten
Kohlengewmnung wird die Schiffahrt in steigendem Maße zur Olbefeuerung
gelangen. Bei der enormen Steigerung des amenkanischen Seehandelsverkehrs
M ein amerikanisches Erdölmonopol daher von allergrößter Wichtigkeit. Zwar waren
'Hom 1912 in mexikanischen Olwerken von 175 investierten Millionen Dollar
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