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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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Der Aufstieg der Begabten

bezahlt, körperlich, handwerklich, unsauber oder schwer bei gleich tüchtiger Erfüllung
als unbedingt gleichwertig zu betrachten, und das nicht nur theoretisch und
mit dem Gemüt, sondern praktisch und in allen Kleinigkeiten des täglichen Ver¬
kehrs. Wer drei Schritte vor dem Geheimrat den Hut mit einer verbindlichen
Verbeugung vom Kopfe reißt, und bloß an die Krempe tippt, wenn er dem
Arbener begegnet, hat die viel im Munde geführte "Achtung vor jedermanns
ehrlicher Arbeit" noch nicht innerlich aufgenommen. Dazu gehört dann aber
auch: die Berufsberatung für die eigenen Kinder sachlich zu treffen. Wie viel
Entsetzen erregt es noch heute in akademischen oder großbürgerlichen Familien
trotz des Schimpfens auf den besser bezahlten Arbeiter, wenn man vorschlägt,
d"u Sprößling Handwerker oder Kaufmann werden zu lassen. Es darf einfach
keine "standesgemäßen" Berufe mehr geben. Erst wenn wir uns zu der
Anschauung durchringen, daß jede ehrliche Arbeit an sich gleichwertig ist, wird
auch die höhere Schule imstande sein, ihre Zöglinge nach rein sachlichen Gesichts¬
punkten auszuwählen, d. h. nicht bloß alle begabten Unbemittelten aufzunehmen,
sondern auch alle ungenügend oder unter dem Durchschnitt Begabten aus besser
gestellten Kreisen rücksichtslos zurückzuweisen. Was gegen Krüppel und Idioten
eine Pflicht der Zivilisation geworden ist: Duldung und Pflege, ist auf der
höheren Schule Ungeeigneten gegenüber (die deswegen noch keineswegs unbegabt
zu sein brauchen) unter allen Umständen ein Verbrechen an der Grsamtkultur des
Volkes. Auch das System der "Pressen" und Nachhilfestunden sollte nach
Möglichkeit eingeschränkt werden. Nur wenn der mit Rücksicht auf die schwach
Begabten notwendig werdende Drill der wirklichen Mitarbeit freiwillig und leicht
Fortschreitender weichen kann, wird die höhere Schule, auf der man heute
"nichts Gescheites mehr lernt" weil dem zu wenig Begabten nichts innerlich
nahekommen kann und für die wirklich Begabten zu wenig Zeit bleibt, wieder
Gutes und kulturell Wertvolles leisten können. Dann werden auch die Klagen
wegen der Überlastung aufhören. Allerdings müßte auch der Feiischglaube
mancher Kaufleute an Abgangszeugnisse usw. einer weitsichtigeren Auffassung
von Begabung und Tüchtigkeit und einem vielleicht altmodischen aber für die
Zukunft unendlichen Ertrages fähigen guten Willen zur Weitererziehung der
Untergebenen Platz machen.

Viel gutes kann auch eine verständige und ihre Möglichkeiten nicht über¬
schätzende Bcrufsberaiung leisten, für die eins von verschiedenen Fachleuten
gegebene, von Alfr. Kühne eingeleitete "Einführung in die Praxis" (Berufswahl
und Berufsberatung. Berlin, Trowitzsch K Sohn 1919) ausgezeichnete, durch
reichliche Litcraturangaben unterstützte Winke gibt.

Daß den wirklich Geeigneten ein Weiterkommen nach Möglichkeit auch
materiell möglich gemacht werden muß, ist eine Binsenwahrheit, die, wie
oben angedeutet, bereits umer dem alten Regime in ihrer Wichtigkeit voll
gewürdigt ist, auch daß Stipendien und andere Unterstützungen alles Demütigende
und Kleinliche genommen werden muß, ist ebenfalls selbstverständlich. Wichtig ist
auch der schon vor Jahren von Hermann Paul verfochtene Grundsatz: lieber
wenig reichliche als mehr knappe Stipendien auszusetzen.

Endlich ist es notwendig, dem gewaltigen Bildungsgang des Volkes,
namentlich des vierten Standes Genüge zu tun. Auf welche Werfe das durch
Errichtung von Volkshochschulen geschehen kann> hat in einer von edelstem aber
bodenständigen Idealismus getragenen Broschüre Eduard Weitsch (Zur SozmU-
sterung des Geistes. Eugen Diederichs, Jena 1919) ausgeführt. Auch Wettsch
warnt wie Spranger eindringlich vor Überschätzung des Wissens, der Fertigkeiten,
der Begabung. Die Volksbildungsarbeit, so führt er aus, muß los von dem
Grundsatz, wer vieles gibt, wird manchem etwas geben. "Wenn res einen
einzelnen bei der Hand nehme, ihn geistig führe, und es mir gelingt, ihn
menschlich, nicht sozial eine Stufe zu heben, so ist mehr geleistet, a^ wenn res
tausend Bücher .an die Masse bringe. Er wird nicht nur für ferne Person von
meiner Arbeit gefördert sein, sondern er wird einen Halt bedeuten auch für sens


Der Aufstieg der Begabten

bezahlt, körperlich, handwerklich, unsauber oder schwer bei gleich tüchtiger Erfüllung
als unbedingt gleichwertig zu betrachten, und das nicht nur theoretisch und
mit dem Gemüt, sondern praktisch und in allen Kleinigkeiten des täglichen Ver¬
kehrs. Wer drei Schritte vor dem Geheimrat den Hut mit einer verbindlichen
Verbeugung vom Kopfe reißt, und bloß an die Krempe tippt, wenn er dem
Arbener begegnet, hat die viel im Munde geführte „Achtung vor jedermanns
ehrlicher Arbeit" noch nicht innerlich aufgenommen. Dazu gehört dann aber
auch: die Berufsberatung für die eigenen Kinder sachlich zu treffen. Wie viel
Entsetzen erregt es noch heute in akademischen oder großbürgerlichen Familien
trotz des Schimpfens auf den besser bezahlten Arbeiter, wenn man vorschlägt,
d«u Sprößling Handwerker oder Kaufmann werden zu lassen. Es darf einfach
keine „standesgemäßen" Berufe mehr geben. Erst wenn wir uns zu der
Anschauung durchringen, daß jede ehrliche Arbeit an sich gleichwertig ist, wird
auch die höhere Schule imstande sein, ihre Zöglinge nach rein sachlichen Gesichts¬
punkten auszuwählen, d. h. nicht bloß alle begabten Unbemittelten aufzunehmen,
sondern auch alle ungenügend oder unter dem Durchschnitt Begabten aus besser
gestellten Kreisen rücksichtslos zurückzuweisen. Was gegen Krüppel und Idioten
eine Pflicht der Zivilisation geworden ist: Duldung und Pflege, ist auf der
höheren Schule Ungeeigneten gegenüber (die deswegen noch keineswegs unbegabt
zu sein brauchen) unter allen Umständen ein Verbrechen an der Grsamtkultur des
Volkes. Auch das System der „Pressen" und Nachhilfestunden sollte nach
Möglichkeit eingeschränkt werden. Nur wenn der mit Rücksicht auf die schwach
Begabten notwendig werdende Drill der wirklichen Mitarbeit freiwillig und leicht
Fortschreitender weichen kann, wird die höhere Schule, auf der man heute
„nichts Gescheites mehr lernt" weil dem zu wenig Begabten nichts innerlich
nahekommen kann und für die wirklich Begabten zu wenig Zeit bleibt, wieder
Gutes und kulturell Wertvolles leisten können. Dann werden auch die Klagen
wegen der Überlastung aufhören. Allerdings müßte auch der Feiischglaube
mancher Kaufleute an Abgangszeugnisse usw. einer weitsichtigeren Auffassung
von Begabung und Tüchtigkeit und einem vielleicht altmodischen aber für die
Zukunft unendlichen Ertrages fähigen guten Willen zur Weitererziehung der
Untergebenen Platz machen.

Viel gutes kann auch eine verständige und ihre Möglichkeiten nicht über¬
schätzende Bcrufsberaiung leisten, für die eins von verschiedenen Fachleuten
gegebene, von Alfr. Kühne eingeleitete „Einführung in die Praxis" (Berufswahl
und Berufsberatung. Berlin, Trowitzsch K Sohn 1919) ausgezeichnete, durch
reichliche Litcraturangaben unterstützte Winke gibt.

Daß den wirklich Geeigneten ein Weiterkommen nach Möglichkeit auch
materiell möglich gemacht werden muß, ist eine Binsenwahrheit, die, wie
oben angedeutet, bereits umer dem alten Regime in ihrer Wichtigkeit voll
gewürdigt ist, auch daß Stipendien und andere Unterstützungen alles Demütigende
und Kleinliche genommen werden muß, ist ebenfalls selbstverständlich. Wichtig ist
auch der schon vor Jahren von Hermann Paul verfochtene Grundsatz: lieber
wenig reichliche als mehr knappe Stipendien auszusetzen.

Endlich ist es notwendig, dem gewaltigen Bildungsgang des Volkes,
namentlich des vierten Standes Genüge zu tun. Auf welche Werfe das durch
Errichtung von Volkshochschulen geschehen kann> hat in einer von edelstem aber
bodenständigen Idealismus getragenen Broschüre Eduard Weitsch (Zur SozmU-
sterung des Geistes. Eugen Diederichs, Jena 1919) ausgeführt. Auch Wettsch
warnt wie Spranger eindringlich vor Überschätzung des Wissens, der Fertigkeiten,
der Begabung. Die Volksbildungsarbeit, so führt er aus, muß los von dem
Grundsatz, wer vieles gibt, wird manchem etwas geben. „Wenn res einen
einzelnen bei der Hand nehme, ihn geistig führe, und es mir gelingt, ihn
menschlich, nicht sozial eine Stufe zu heben, so ist mehr geleistet, a^ wenn res
tausend Bücher .an die Masse bringe. Er wird nicht nur für ferne Person von
meiner Arbeit gefördert sein, sondern er wird einen Halt bedeuten auch für sens


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[0031] Der Aufstieg der Begabten bezahlt, körperlich, handwerklich, unsauber oder schwer bei gleich tüchtiger Erfüllung als unbedingt gleichwertig zu betrachten, und das nicht nur theoretisch und mit dem Gemüt, sondern praktisch und in allen Kleinigkeiten des täglichen Ver¬ kehrs. Wer drei Schritte vor dem Geheimrat den Hut mit einer verbindlichen Verbeugung vom Kopfe reißt, und bloß an die Krempe tippt, wenn er dem Arbener begegnet, hat die viel im Munde geführte „Achtung vor jedermanns ehrlicher Arbeit" noch nicht innerlich aufgenommen. Dazu gehört dann aber auch: die Berufsberatung für die eigenen Kinder sachlich zu treffen. Wie viel Entsetzen erregt es noch heute in akademischen oder großbürgerlichen Familien trotz des Schimpfens auf den besser bezahlten Arbeiter, wenn man vorschlägt, d«u Sprößling Handwerker oder Kaufmann werden zu lassen. Es darf einfach keine „standesgemäßen" Berufe mehr geben. Erst wenn wir uns zu der Anschauung durchringen, daß jede ehrliche Arbeit an sich gleichwertig ist, wird auch die höhere Schule imstande sein, ihre Zöglinge nach rein sachlichen Gesichts¬ punkten auszuwählen, d. h. nicht bloß alle begabten Unbemittelten aufzunehmen, sondern auch alle ungenügend oder unter dem Durchschnitt Begabten aus besser gestellten Kreisen rücksichtslos zurückzuweisen. Was gegen Krüppel und Idioten eine Pflicht der Zivilisation geworden ist: Duldung und Pflege, ist auf der höheren Schule Ungeeigneten gegenüber (die deswegen noch keineswegs unbegabt zu sein brauchen) unter allen Umständen ein Verbrechen an der Grsamtkultur des Volkes. Auch das System der „Pressen" und Nachhilfestunden sollte nach Möglichkeit eingeschränkt werden. Nur wenn der mit Rücksicht auf die schwach Begabten notwendig werdende Drill der wirklichen Mitarbeit freiwillig und leicht Fortschreitender weichen kann, wird die höhere Schule, auf der man heute „nichts Gescheites mehr lernt" weil dem zu wenig Begabten nichts innerlich nahekommen kann und für die wirklich Begabten zu wenig Zeit bleibt, wieder Gutes und kulturell Wertvolles leisten können. Dann werden auch die Klagen wegen der Überlastung aufhören. Allerdings müßte auch der Feiischglaube mancher Kaufleute an Abgangszeugnisse usw. einer weitsichtigeren Auffassung von Begabung und Tüchtigkeit und einem vielleicht altmodischen aber für die Zukunft unendlichen Ertrages fähigen guten Willen zur Weitererziehung der Untergebenen Platz machen. Viel gutes kann auch eine verständige und ihre Möglichkeiten nicht über¬ schätzende Bcrufsberaiung leisten, für die eins von verschiedenen Fachleuten gegebene, von Alfr. Kühne eingeleitete „Einführung in die Praxis" (Berufswahl und Berufsberatung. Berlin, Trowitzsch K Sohn 1919) ausgezeichnete, durch reichliche Litcraturangaben unterstützte Winke gibt. Daß den wirklich Geeigneten ein Weiterkommen nach Möglichkeit auch materiell möglich gemacht werden muß, ist eine Binsenwahrheit, die, wie oben angedeutet, bereits umer dem alten Regime in ihrer Wichtigkeit voll gewürdigt ist, auch daß Stipendien und andere Unterstützungen alles Demütigende und Kleinliche genommen werden muß, ist ebenfalls selbstverständlich. Wichtig ist auch der schon vor Jahren von Hermann Paul verfochtene Grundsatz: lieber wenig reichliche als mehr knappe Stipendien auszusetzen. Endlich ist es notwendig, dem gewaltigen Bildungsgang des Volkes, namentlich des vierten Standes Genüge zu tun. Auf welche Werfe das durch Errichtung von Volkshochschulen geschehen kann> hat in einer von edelstem aber bodenständigen Idealismus getragenen Broschüre Eduard Weitsch (Zur SozmU- sterung des Geistes. Eugen Diederichs, Jena 1919) ausgeführt. Auch Wettsch warnt wie Spranger eindringlich vor Überschätzung des Wissens, der Fertigkeiten, der Begabung. Die Volksbildungsarbeit, so führt er aus, muß los von dem Grundsatz, wer vieles gibt, wird manchem etwas geben. „Wenn res einen einzelnen bei der Hand nehme, ihn geistig führe, und es mir gelingt, ihn menschlich, nicht sozial eine Stufe zu heben, so ist mehr geleistet, a^ wenn res tausend Bücher .an die Masse bringe. Er wird nicht nur für ferne Person von meiner Arbeit gefördert sein, sondern er wird einen Halt bedeuten auch für sens

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/31>, abgerufen am 15.01.2025.