Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Denikin in Südrußland

Das Hauptquartier Denikins befindet sich in Taganrog; der erst 47 jährige
Oberbefehlshaber war bei Kriegsausbruch 1914 Oberst im Generalstabe des
Militärbezirks Kiew. Sein jetziger Chef des Stabes ist General Romanowski,
1877 geboren, 1914 Abteilungschef im Generalstabe in Petersburg. Beide haben
am Feldzuge gegen Japan teilgenommen. Von Offizieren des Oberkommandos
werden noch genannt die Generale Pljuschtschewski-Pljuschtschik, Sscmnikow und
Truchatschow, letzterer erst 40 Jahre alt. Die gesamte bewaffnete Macht Denikins
besteht aus drei Armeen und den Flotten des Schwarzen und des Kaspischen
Meeres.

Die Kaukasische Armee rekrutiert sich in der Hauptsache aus Kuban- und
Terekkosaken. Ihr Oberbefehlshaber General Wrangel, 1869 geboren und aus
der Gardekavallerie hervorgegangen, stand lange im persönlichen Dienst des
Großfürsten Michael Alexandrowitsch; Sitz des Oberkommandos ist Zarizyn.

Die Don-Armee, vornehmlich ans Donkosaken gebildet, hat ihr Ober-
kommando in Nowotscherkask unter dem Befehl des jungen erst 37 jährigen
Generals Sidorin.

Der Oberbefehlshaber der Freiwilligen-Armee in Charkow, General Mai-
Majewsti. ist mit 52 Lebensjahren der älteste General in Führerstellung.

. Die Kosakenbevölkerung ist fast vollständig mobilisiert, wogegen von der
übrigen Bevölkerung nur die jüngeren Jahrgänge eingezogen sind, die bisher am
Kriege nicht teilgenommen haben. Die Heranziehung des erforderlichen Mann-
lchaflsmaterials macht um so weniger Schwierigkeiten, als die Armee des Generals
Mai-Majewsti fast durchgehends aus Freiwilligen besteht. Der Drang zur Front
rst in den Armeen so stark, daß es nur möglich ist, durch ausdrücklichen Befehl
das notwendige Personal in den Stäben und in der Etappe zurückzuhalten.
>ZM Widerspruch dazu stehen die Meldungen aus nationalukrainischem Lager, die
Mit Vorliebe von Massendesertierungen, namentlich der Kubankosaken, die bekanntlich
ukrainischen Ursprunges sind, sprechen, ebenso von Widerwilligkeit der Kosaken
Und Ukrainer, mit der sie nur gezwungen Denikin Gefolgschaft leisten. Vermutlich
wird die Wahrheit etwa in der Mitte liegen.

Die Stärke der Armeen Denikins wird auf 700 000 Mann angegeben; es
wuß aber immer wieder betont werden, daß bei den Bolschewiken und auch bei
ehren Gegnern die Schwierigkeit nicht in der Beschaffung des Mannschaftsersatzes
londern in der Versorgung der Truppe mit Ausrüstung, Bewaffnung und sonstigem
Kriegsmaterial liegt. Die Stärke und Zukunft der Armeen ist deshalb viel weniger
von der Ersatzfrage als vielmehr von der Reichhaltigkeit der Vorräte an Heeresgerät
aller Art hinter der Front abhängig. Da fast ausschließlich Versorgung durch die
Entente in Frage kommt, hat sie es in der Hand, jederzeit einen ihrer Politik ent¬
sprechenden Einfluß auf den Gang der Operationen auszuüben. Die beiden Feldzüge
^udenitschs gegen Petersburg geben in dieser Hinsicht genügend zu denken!
fehlt jeder Anhalt, wieviel von diesen 700 000 Mann für die kämpfende
Gruppe an der Front in Ansatz zu bringen sind, wieviel durch die Bauern¬
aufstände im besetzten Gebiet sowie durch Sicherung des Nachschubes gebunden
werden und welche Zahlen für nichttampfende Verbände in Abzug gebracht
werden müssen. Deutschland hielt in dem Gebiet der Heeresgruppe Kiew, das
UH ohne die Gebiete östlich vom Don. dafür aber weiter nach Westen reichend
e-wa mit dem jetzt von Denikin besetzten Gebiete deckt, ein Besatzungsheer von
And 800 000 Mann. Man wird demnach annehmen können, daß Denikin ettva die
valfte seiner Truppen an der Front hat, von denen wiederum nur ein Teil
"ampftruppe sein kann. Es wird deshalb den Bolschewiken immer gelingen,
zahlenmäßig eine starke Überlegenheit gegen Denikin ins Feld zu bringen, be-
" ^ nunmehr, wo an der baltischen und Nordfront nur schwache Kräfte nötig
und. Die Sowjetrepublik soll etwa eine halbe Million Kämpfer an der Front
papen, außerdem 725 000 Mann im Innern unter Waffen. Es können das nur
ungefähre Schätzungen sein; der Bestand wird ständigen und starkem Wechsel
unterworfen sein. Ersatz kann vielfach nur mit Gewalt gefunden werden, Fremd-


Denikin in Südrußland

Das Hauptquartier Denikins befindet sich in Taganrog; der erst 47 jährige
Oberbefehlshaber war bei Kriegsausbruch 1914 Oberst im Generalstabe des
Militärbezirks Kiew. Sein jetziger Chef des Stabes ist General Romanowski,
1877 geboren, 1914 Abteilungschef im Generalstabe in Petersburg. Beide haben
am Feldzuge gegen Japan teilgenommen. Von Offizieren des Oberkommandos
werden noch genannt die Generale Pljuschtschewski-Pljuschtschik, Sscmnikow und
Truchatschow, letzterer erst 40 Jahre alt. Die gesamte bewaffnete Macht Denikins
besteht aus drei Armeen und den Flotten des Schwarzen und des Kaspischen
Meeres.

Die Kaukasische Armee rekrutiert sich in der Hauptsache aus Kuban- und
Terekkosaken. Ihr Oberbefehlshaber General Wrangel, 1869 geboren und aus
der Gardekavallerie hervorgegangen, stand lange im persönlichen Dienst des
Großfürsten Michael Alexandrowitsch; Sitz des Oberkommandos ist Zarizyn.

Die Don-Armee, vornehmlich ans Donkosaken gebildet, hat ihr Ober-
kommando in Nowotscherkask unter dem Befehl des jungen erst 37 jährigen
Generals Sidorin.

Der Oberbefehlshaber der Freiwilligen-Armee in Charkow, General Mai-
Majewsti. ist mit 52 Lebensjahren der älteste General in Führerstellung.

. Die Kosakenbevölkerung ist fast vollständig mobilisiert, wogegen von der
übrigen Bevölkerung nur die jüngeren Jahrgänge eingezogen sind, die bisher am
Kriege nicht teilgenommen haben. Die Heranziehung des erforderlichen Mann-
lchaflsmaterials macht um so weniger Schwierigkeiten, als die Armee des Generals
Mai-Majewsti fast durchgehends aus Freiwilligen besteht. Der Drang zur Front
rst in den Armeen so stark, daß es nur möglich ist, durch ausdrücklichen Befehl
das notwendige Personal in den Stäben und in der Etappe zurückzuhalten.
>ZM Widerspruch dazu stehen die Meldungen aus nationalukrainischem Lager, die
Mit Vorliebe von Massendesertierungen, namentlich der Kubankosaken, die bekanntlich
ukrainischen Ursprunges sind, sprechen, ebenso von Widerwilligkeit der Kosaken
Und Ukrainer, mit der sie nur gezwungen Denikin Gefolgschaft leisten. Vermutlich
wird die Wahrheit etwa in der Mitte liegen.

Die Stärke der Armeen Denikins wird auf 700 000 Mann angegeben; es
wuß aber immer wieder betont werden, daß bei den Bolschewiken und auch bei
ehren Gegnern die Schwierigkeit nicht in der Beschaffung des Mannschaftsersatzes
londern in der Versorgung der Truppe mit Ausrüstung, Bewaffnung und sonstigem
Kriegsmaterial liegt. Die Stärke und Zukunft der Armeen ist deshalb viel weniger
von der Ersatzfrage als vielmehr von der Reichhaltigkeit der Vorräte an Heeresgerät
aller Art hinter der Front abhängig. Da fast ausschließlich Versorgung durch die
Entente in Frage kommt, hat sie es in der Hand, jederzeit einen ihrer Politik ent¬
sprechenden Einfluß auf den Gang der Operationen auszuüben. Die beiden Feldzüge
^udenitschs gegen Petersburg geben in dieser Hinsicht genügend zu denken!
fehlt jeder Anhalt, wieviel von diesen 700 000 Mann für die kämpfende
Gruppe an der Front in Ansatz zu bringen sind, wieviel durch die Bauern¬
aufstände im besetzten Gebiet sowie durch Sicherung des Nachschubes gebunden
werden und welche Zahlen für nichttampfende Verbände in Abzug gebracht
werden müssen. Deutschland hielt in dem Gebiet der Heeresgruppe Kiew, das
UH ohne die Gebiete östlich vom Don. dafür aber weiter nach Westen reichend
e-wa mit dem jetzt von Denikin besetzten Gebiete deckt, ein Besatzungsheer von
And 800 000 Mann. Man wird demnach annehmen können, daß Denikin ettva die
valfte seiner Truppen an der Front hat, von denen wiederum nur ein Teil
«ampftruppe sein kann. Es wird deshalb den Bolschewiken immer gelingen,
zahlenmäßig eine starke Überlegenheit gegen Denikin ins Feld zu bringen, be-
« ^ nunmehr, wo an der baltischen und Nordfront nur schwache Kräfte nötig
und. Die Sowjetrepublik soll etwa eine halbe Million Kämpfer an der Front
papen, außerdem 725 000 Mann im Innern unter Waffen. Es können das nur
ungefähre Schätzungen sein; der Bestand wird ständigen und starkem Wechsel
unterworfen sein. Ersatz kann vielfach nur mit Gewalt gefunden werden, Fremd-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0283" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336573"/>
          <fw type="header" place="top"> Denikin in Südrußland</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1048"> Das Hauptquartier Denikins befindet sich in Taganrog; der erst 47 jährige<lb/>
Oberbefehlshaber war bei Kriegsausbruch 1914 Oberst im Generalstabe des<lb/>
Militärbezirks Kiew. Sein jetziger Chef des Stabes ist General Romanowski,<lb/>
1877 geboren, 1914 Abteilungschef im Generalstabe in Petersburg. Beide haben<lb/>
am Feldzuge gegen Japan teilgenommen. Von Offizieren des Oberkommandos<lb/>
werden noch genannt die Generale Pljuschtschewski-Pljuschtschik, Sscmnikow und<lb/>
Truchatschow, letzterer erst 40 Jahre alt. Die gesamte bewaffnete Macht Denikins<lb/>
besteht aus drei Armeen und den Flotten des Schwarzen und des Kaspischen<lb/>
Meeres.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1049"> Die Kaukasische Armee rekrutiert sich in der Hauptsache aus Kuban- und<lb/>
Terekkosaken. Ihr Oberbefehlshaber General Wrangel, 1869 geboren und aus<lb/>
der Gardekavallerie hervorgegangen, stand lange im persönlichen Dienst des<lb/>
Großfürsten Michael Alexandrowitsch; Sitz des Oberkommandos ist Zarizyn.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1050"> Die Don-Armee, vornehmlich ans Donkosaken gebildet, hat ihr Ober-<lb/>
kommando in Nowotscherkask unter dem Befehl des jungen erst 37 jährigen<lb/>
Generals Sidorin.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1051"> Der Oberbefehlshaber der Freiwilligen-Armee in Charkow, General Mai-<lb/>
Majewsti. ist mit 52 Lebensjahren der älteste General in Führerstellung.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1052"> . Die Kosakenbevölkerung ist fast vollständig mobilisiert, wogegen von der<lb/>
übrigen Bevölkerung nur die jüngeren Jahrgänge eingezogen sind, die bisher am<lb/>
Kriege nicht teilgenommen haben. Die Heranziehung des erforderlichen Mann-<lb/>
lchaflsmaterials macht um so weniger Schwierigkeiten, als die Armee des Generals<lb/>
Mai-Majewsti fast durchgehends aus Freiwilligen besteht. Der Drang zur Front<lb/>
rst in den Armeen so stark, daß es nur möglich ist, durch ausdrücklichen Befehl<lb/>
das notwendige Personal in den Stäben und in der Etappe zurückzuhalten.<lb/>
&gt;ZM Widerspruch dazu stehen die Meldungen aus nationalukrainischem Lager, die<lb/>
Mit Vorliebe von Massendesertierungen, namentlich der Kubankosaken, die bekanntlich<lb/>
ukrainischen Ursprunges sind, sprechen, ebenso von Widerwilligkeit der Kosaken<lb/>
Und Ukrainer, mit der sie nur gezwungen Denikin Gefolgschaft leisten. Vermutlich<lb/>
wird die Wahrheit etwa in der Mitte liegen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1053" next="#ID_1054"> Die Stärke der Armeen Denikins wird auf 700 000 Mann angegeben; es<lb/>
wuß aber immer wieder betont werden, daß bei den Bolschewiken und auch bei<lb/>
ehren Gegnern die Schwierigkeit nicht in der Beschaffung des Mannschaftsersatzes<lb/>
londern in der Versorgung der Truppe mit Ausrüstung, Bewaffnung und sonstigem<lb/>
Kriegsmaterial liegt. Die Stärke und Zukunft der Armeen ist deshalb viel weniger<lb/>
von der Ersatzfrage als vielmehr von der Reichhaltigkeit der Vorräte an Heeresgerät<lb/>
aller Art hinter der Front abhängig. Da fast ausschließlich Versorgung durch die<lb/>
Entente in Frage kommt, hat sie es in der Hand, jederzeit einen ihrer Politik ent¬<lb/>
sprechenden Einfluß auf den Gang der Operationen auszuüben. Die beiden Feldzüge<lb/>
^udenitschs gegen Petersburg geben in dieser Hinsicht genügend zu denken!<lb/>
fehlt jeder Anhalt, wieviel von diesen 700 000 Mann für die kämpfende<lb/>
Gruppe an der Front in Ansatz zu bringen sind, wieviel durch die Bauern¬<lb/>
aufstände im besetzten Gebiet sowie durch Sicherung des Nachschubes gebunden<lb/>
werden und welche Zahlen für nichttampfende Verbände in Abzug gebracht<lb/>
werden müssen. Deutschland hielt in dem Gebiet der Heeresgruppe Kiew, das<lb/>
UH ohne die Gebiete östlich vom Don. dafür aber weiter nach Westen reichend<lb/>
e-wa mit dem jetzt von Denikin besetzten Gebiete deckt, ein Besatzungsheer von<lb/>
And 800 000 Mann. Man wird demnach annehmen können, daß Denikin ettva die<lb/>
valfte seiner Truppen an der Front hat, von denen wiederum nur ein Teil<lb/>
«ampftruppe sein kann. Es wird deshalb den Bolschewiken immer gelingen,<lb/>
zahlenmäßig eine starke Überlegenheit gegen Denikin ins Feld zu bringen, be-<lb/>
« ^ nunmehr, wo an der baltischen und Nordfront nur schwache Kräfte nötig<lb/>
und. Die Sowjetrepublik soll etwa eine halbe Million Kämpfer an der Front<lb/>
papen, außerdem 725 000 Mann im Innern unter Waffen. Es können das nur<lb/>
ungefähre Schätzungen sein; der Bestand wird ständigen und starkem Wechsel<lb/>
unterworfen sein. Ersatz kann vielfach nur mit Gewalt gefunden werden, Fremd-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0283] Denikin in Südrußland Das Hauptquartier Denikins befindet sich in Taganrog; der erst 47 jährige Oberbefehlshaber war bei Kriegsausbruch 1914 Oberst im Generalstabe des Militärbezirks Kiew. Sein jetziger Chef des Stabes ist General Romanowski, 1877 geboren, 1914 Abteilungschef im Generalstabe in Petersburg. Beide haben am Feldzuge gegen Japan teilgenommen. Von Offizieren des Oberkommandos werden noch genannt die Generale Pljuschtschewski-Pljuschtschik, Sscmnikow und Truchatschow, letzterer erst 40 Jahre alt. Die gesamte bewaffnete Macht Denikins besteht aus drei Armeen und den Flotten des Schwarzen und des Kaspischen Meeres. Die Kaukasische Armee rekrutiert sich in der Hauptsache aus Kuban- und Terekkosaken. Ihr Oberbefehlshaber General Wrangel, 1869 geboren und aus der Gardekavallerie hervorgegangen, stand lange im persönlichen Dienst des Großfürsten Michael Alexandrowitsch; Sitz des Oberkommandos ist Zarizyn. Die Don-Armee, vornehmlich ans Donkosaken gebildet, hat ihr Ober- kommando in Nowotscherkask unter dem Befehl des jungen erst 37 jährigen Generals Sidorin. Der Oberbefehlshaber der Freiwilligen-Armee in Charkow, General Mai- Majewsti. ist mit 52 Lebensjahren der älteste General in Führerstellung. . Die Kosakenbevölkerung ist fast vollständig mobilisiert, wogegen von der übrigen Bevölkerung nur die jüngeren Jahrgänge eingezogen sind, die bisher am Kriege nicht teilgenommen haben. Die Heranziehung des erforderlichen Mann- lchaflsmaterials macht um so weniger Schwierigkeiten, als die Armee des Generals Mai-Majewsti fast durchgehends aus Freiwilligen besteht. Der Drang zur Front rst in den Armeen so stark, daß es nur möglich ist, durch ausdrücklichen Befehl das notwendige Personal in den Stäben und in der Etappe zurückzuhalten. >ZM Widerspruch dazu stehen die Meldungen aus nationalukrainischem Lager, die Mit Vorliebe von Massendesertierungen, namentlich der Kubankosaken, die bekanntlich ukrainischen Ursprunges sind, sprechen, ebenso von Widerwilligkeit der Kosaken Und Ukrainer, mit der sie nur gezwungen Denikin Gefolgschaft leisten. Vermutlich wird die Wahrheit etwa in der Mitte liegen. Die Stärke der Armeen Denikins wird auf 700 000 Mann angegeben; es wuß aber immer wieder betont werden, daß bei den Bolschewiken und auch bei ehren Gegnern die Schwierigkeit nicht in der Beschaffung des Mannschaftsersatzes londern in der Versorgung der Truppe mit Ausrüstung, Bewaffnung und sonstigem Kriegsmaterial liegt. Die Stärke und Zukunft der Armeen ist deshalb viel weniger von der Ersatzfrage als vielmehr von der Reichhaltigkeit der Vorräte an Heeresgerät aller Art hinter der Front abhängig. Da fast ausschließlich Versorgung durch die Entente in Frage kommt, hat sie es in der Hand, jederzeit einen ihrer Politik ent¬ sprechenden Einfluß auf den Gang der Operationen auszuüben. Die beiden Feldzüge ^udenitschs gegen Petersburg geben in dieser Hinsicht genügend zu denken! fehlt jeder Anhalt, wieviel von diesen 700 000 Mann für die kämpfende Gruppe an der Front in Ansatz zu bringen sind, wieviel durch die Bauern¬ aufstände im besetzten Gebiet sowie durch Sicherung des Nachschubes gebunden werden und welche Zahlen für nichttampfende Verbände in Abzug gebracht werden müssen. Deutschland hielt in dem Gebiet der Heeresgruppe Kiew, das UH ohne die Gebiete östlich vom Don. dafür aber weiter nach Westen reichend e-wa mit dem jetzt von Denikin besetzten Gebiete deckt, ein Besatzungsheer von And 800 000 Mann. Man wird demnach annehmen können, daß Denikin ettva die valfte seiner Truppen an der Front hat, von denen wiederum nur ein Teil «ampftruppe sein kann. Es wird deshalb den Bolschewiken immer gelingen, zahlenmäßig eine starke Überlegenheit gegen Denikin ins Feld zu bringen, be- « ^ nunmehr, wo an der baltischen und Nordfront nur schwache Kräfte nötig und. Die Sowjetrepublik soll etwa eine halbe Million Kämpfer an der Front papen, außerdem 725 000 Mann im Innern unter Waffen. Es können das nur ungefähre Schätzungen sein; der Bestand wird ständigen und starkem Wechsel unterworfen sein. Ersatz kann vielfach nur mit Gewalt gefunden werden, Fremd-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/283
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/283>, abgerufen am 15.01.2025.