Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.Zu den geplanten Reichssteuern auf das Ginkommen zurückgekommen werden: wir haben dort gesehen, daß die Einkommensteuer unter Die allgemeine Verbrauchssteuer trifft ebenso das Einkommen wie die Ein¬ Der Haupteinwand gegen die Verbrauchssteuer ist ihr ungewisser Steuer¬ Eine Einkommensteuer in der beabsichtigten Höhe wird für undiskutierbar Zu den geplanten Reichssteuern auf das Ginkommen zurückgekommen werden: wir haben dort gesehen, daß die Einkommensteuer unter Die allgemeine Verbrauchssteuer trifft ebenso das Einkommen wie die Ein¬ Der Haupteinwand gegen die Verbrauchssteuer ist ihr ungewisser Steuer¬ Eine Einkommensteuer in der beabsichtigten Höhe wird für undiskutierbar <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0238" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336528"/> <fw type="header" place="top"> Zu den geplanten Reichssteuern auf das Ginkommen</fw><lb/> <p xml:id="ID_877" prev="#ID_876"> zurückgekommen werden: wir haben dort gesehen, daß die Einkommensteuer unter<lb/> den gegenwärtigen Verhältnissen produttionszerstörend wirkt, daß sie die Preise<lb/> schraubt und infolgedessen heute in hohem Grade unsozial wirkt, indem sie dem<lb/> Arbeiter die Arbeitsmöglichkeiten nimmt und seine Lebenshaltung drückt. Im<lb/> Gegensatz hierzu macht eine Steuer, die lediglich aus den Verbrauch oder den<lb/> Aufwand gelegt wird, Kapital für die Produktion frei, verbilligt das Leben und<lb/> wird so die gegenwärtig sozialste Steuer, ganz abgesehen davon, daß es heut¬<lb/> zutage eine ethische Forderung ist, daß derjenige, der luxuriös leben will, auch der<lb/> Allgemeinheit entsprechende Opfer bringt. Im einzelnen muß auf die Ausführungen<lb/> des Aufsatzes verwiesen werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_878"> Die allgemeine Verbrauchssteuer trifft ebenso das Einkommen wie die Ein¬<lb/> kommensteuer. Nur drückt die Verbrauchssteuer im wesentlichen auf den Teil des<lb/> Einkommens, der sonst verbraucht wird, indem sie den Verbrauch einschränkt. Die<lb/> Einkommensteuer aber trifft vorwiegend den Teil des Einkommens, der volkswirt¬<lb/> schaftlich für die Speisung der Produktion bestimmt ist. Im Wirtschaftsleben<lb/> müssen Verbrauch und die notwendige Ersparnis für die Produktion sich die Wege<lb/> halten. Die Einkommensteuer stört das Gleichgewicht zum Schaden der Pro¬<lb/> duktion. Eine Verschiebung der Steuer nach der andern Seite beschränkt den<lb/> Verbrauch und befreit die Produktion.</p><lb/> <p xml:id="ID_879"> Der Haupteinwand gegen die Verbrauchssteuer ist ihr ungewisser Steuer¬<lb/> ertrag, da sie steuerfeindliche Tendenzen birgt, indem sie auf Einschränkung des<lb/> Verbrauches und damit auf Beschränkung der Steuer wirkt. Davon, daß die<lb/> gegenwärtigeEinkommenbesteuerung durchaus ähnliche steuerbeschränkende Wirkungen<lb/> hat, mag hier abgesehen werden. Die steuerfeindliche Wirkung der Verbrauchs¬<lb/> steuer läßt sich ohne Schwierigkeit in ihre Kalkulation einstellen. In einer schrift¬<lb/> lichen Äußerung über meinen angeführten Aufsatz ist mir aus Abgeordnetenkreisen<lb/> die Anregung zugegangen, die Verbranchssteuer mit der Einkommensteuer zu kom¬<lb/> binieren. Ich möchte diesen Gedanken aufgreifen. Danach wäre folgende Lösung<lb/> möglich:</p><lb/> <p xml:id="ID_880"> Eine Einkommensteuer in der beabsichtigten Höhe wird für undiskutierbar<lb/> gehalten. Auch bei wesentlicher Beschneidung der Sätze wird aber ein Druck für<lb/> das Wirtschaftsleben übrig bleiben, dem nach der Seite der Verbrauchssteuer hin<lb/> ausgewichen werden muß. Wenn der Verbrauch die Hälfte des Einkommens aus¬<lb/> macht und ein bestimmtes Steuersoll erreicht werden muß, so müssen die Sätze<lb/> einer Verbrauchssteuer im Endeffekt doppelt so hoch sein als die Sätze einer Ein¬<lb/> kommensteuer mit gleichem Ergebnis. Die Skala wird auch wesentlich zusammen¬<lb/> gedrängter sein müssen und der steuerfreie Verbrauch muß dem Existenzminimum<lb/> in vollkommen ausreichender Weise entsprechen. Eine Belastung des Verbrauchs<lb/> in den höheren Stufen mit Hundert und mehr Prozent ist aber volkswirtschaftlich<lb/> durchaus erträglich. Es sei auf das im wesentlichen sich an Rathenau anlehnende<lb/> Beispiel meines angeführten Aufsatzes verwiesen. Nun ist hierbei noch nicht be¬<lb/> rücksichtigt, daß die Verbrauchssteuer den Verbrauch einschränken wird. Um hier¬<lb/> für einen Ausgleich zu erhalten, würde es zweckmäßig sein, eine mäßige Einkommen¬<lb/> steuer, die vorwiegend aus den hohen Einkommen liegt, wo sie am ungefährlichsten<lb/> wirkt, beizubehalten. Mit diesen Ausführungen soll zunächst nur gezeigt werden,<lb/> daß bei einer Kombination von Verbrauchssteuer und Einkommensteuer die steuer-<lb/> liche Rentabilität durchaus gewahrt werden kann und gleichzeitig der Produktions-<lb/> feindliche Charakter der Einkommensteuer auf ein erträgliches Maß sich herab-<lb/> mindern läßt. Das Verhältnis, in welches später Einkommen- und Verbrauchs¬<lb/> steuer zueinander gebracht werden, soll mit der vorstehenden Erwägung nicht fest¬<lb/> gelegt werden.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0238]
Zu den geplanten Reichssteuern auf das Ginkommen
zurückgekommen werden: wir haben dort gesehen, daß die Einkommensteuer unter
den gegenwärtigen Verhältnissen produttionszerstörend wirkt, daß sie die Preise
schraubt und infolgedessen heute in hohem Grade unsozial wirkt, indem sie dem
Arbeiter die Arbeitsmöglichkeiten nimmt und seine Lebenshaltung drückt. Im
Gegensatz hierzu macht eine Steuer, die lediglich aus den Verbrauch oder den
Aufwand gelegt wird, Kapital für die Produktion frei, verbilligt das Leben und
wird so die gegenwärtig sozialste Steuer, ganz abgesehen davon, daß es heut¬
zutage eine ethische Forderung ist, daß derjenige, der luxuriös leben will, auch der
Allgemeinheit entsprechende Opfer bringt. Im einzelnen muß auf die Ausführungen
des Aufsatzes verwiesen werden.
Die allgemeine Verbrauchssteuer trifft ebenso das Einkommen wie die Ein¬
kommensteuer. Nur drückt die Verbrauchssteuer im wesentlichen auf den Teil des
Einkommens, der sonst verbraucht wird, indem sie den Verbrauch einschränkt. Die
Einkommensteuer aber trifft vorwiegend den Teil des Einkommens, der volkswirt¬
schaftlich für die Speisung der Produktion bestimmt ist. Im Wirtschaftsleben
müssen Verbrauch und die notwendige Ersparnis für die Produktion sich die Wege
halten. Die Einkommensteuer stört das Gleichgewicht zum Schaden der Pro¬
duktion. Eine Verschiebung der Steuer nach der andern Seite beschränkt den
Verbrauch und befreit die Produktion.
Der Haupteinwand gegen die Verbrauchssteuer ist ihr ungewisser Steuer¬
ertrag, da sie steuerfeindliche Tendenzen birgt, indem sie auf Einschränkung des
Verbrauches und damit auf Beschränkung der Steuer wirkt. Davon, daß die
gegenwärtigeEinkommenbesteuerung durchaus ähnliche steuerbeschränkende Wirkungen
hat, mag hier abgesehen werden. Die steuerfeindliche Wirkung der Verbrauchs¬
steuer läßt sich ohne Schwierigkeit in ihre Kalkulation einstellen. In einer schrift¬
lichen Äußerung über meinen angeführten Aufsatz ist mir aus Abgeordnetenkreisen
die Anregung zugegangen, die Verbranchssteuer mit der Einkommensteuer zu kom¬
binieren. Ich möchte diesen Gedanken aufgreifen. Danach wäre folgende Lösung
möglich:
Eine Einkommensteuer in der beabsichtigten Höhe wird für undiskutierbar
gehalten. Auch bei wesentlicher Beschneidung der Sätze wird aber ein Druck für
das Wirtschaftsleben übrig bleiben, dem nach der Seite der Verbrauchssteuer hin
ausgewichen werden muß. Wenn der Verbrauch die Hälfte des Einkommens aus¬
macht und ein bestimmtes Steuersoll erreicht werden muß, so müssen die Sätze
einer Verbrauchssteuer im Endeffekt doppelt so hoch sein als die Sätze einer Ein¬
kommensteuer mit gleichem Ergebnis. Die Skala wird auch wesentlich zusammen¬
gedrängter sein müssen und der steuerfreie Verbrauch muß dem Existenzminimum
in vollkommen ausreichender Weise entsprechen. Eine Belastung des Verbrauchs
in den höheren Stufen mit Hundert und mehr Prozent ist aber volkswirtschaftlich
durchaus erträglich. Es sei auf das im wesentlichen sich an Rathenau anlehnende
Beispiel meines angeführten Aufsatzes verwiesen. Nun ist hierbei noch nicht be¬
rücksichtigt, daß die Verbrauchssteuer den Verbrauch einschränken wird. Um hier¬
für einen Ausgleich zu erhalten, würde es zweckmäßig sein, eine mäßige Einkommen¬
steuer, die vorwiegend aus den hohen Einkommen liegt, wo sie am ungefährlichsten
wirkt, beizubehalten. Mit diesen Ausführungen soll zunächst nur gezeigt werden,
daß bei einer Kombination von Verbrauchssteuer und Einkommensteuer die steuer-
liche Rentabilität durchaus gewahrt werden kann und gleichzeitig der Produktions-
feindliche Charakter der Einkommensteuer auf ein erträgliches Maß sich herab-
mindern läßt. Das Verhältnis, in welches später Einkommen- und Verbrauchs¬
steuer zueinander gebracht werden, soll mit der vorstehenden Erwägung nicht fest¬
gelegt werden.
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