Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.Staat und volkstum sinnung und eines "uf ihr gegrünÄeteii Willens, Auffindung und Verbreitung Wie alle unsere Volksgenossen, so werden auch die Universitatsaugehorigeu Es gibt einen Teil des deutschen Volkes, mit dem man sich bis zum Aus¬ Staat und volkstum sinnung und eines «uf ihr gegrünÄeteii Willens, Auffindung und Verbreitung Wie alle unsere Volksgenossen, so werden auch die Universitatsaugehorigeu Es gibt einen Teil des deutschen Volkes, mit dem man sich bis zum Aus¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0205" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/336495"/> <fw type="header" place="top"> Staat und volkstum</fw><lb/> <p xml:id="ID_756" prev="#ID_755"> sinnung und eines «uf ihr gegrünÄeteii Willens, Auffindung und Verbreitung<lb/> von Tatsachen, die sich auf deutsches Land und deutsche Menschen in Raum und<lb/> Zeit beziehen. Diese Tätigkeit am deutschen Volkstum muß aber stets im Auge<lb/> behalten, daß sie, wie die theologisch-seelsorgerische Arbeit, das Beste nicht geben,<lb/> sondern nur freimachen kann. Sie kann ausgeübt werden von jedem, der dazu<lb/> berufen ist. Sie wendet sich vor allem an die Jugend, deren Herz und Verstand<lb/> noch nicht erstarrt ist, findet ihren Platz also hauptsächlich in deu Schulen.<lb/> Deren Ausgangspunkt und Brennpunkt ist die Hochschule, die Universität. Wenn<lb/> die Arbeit am Volke Erziehung, Forschung und Lehre ist, so ist dort ihr Haupt-<lb/> Platz- .„«..-</p><lb/> <p xml:id="ID_757"> Wie alle unsere Volksgenossen, so werden auch die Universitatsaugehorigeu<lb/> Zeit brauchen, sich auf diese Aufgabe zu besinnen. Wer zu dein hier Ausgeführ¬<lb/> ten zeitlebens eine andere Stellung eingenommen hat, wird beim Anfassen das<lb/> Richtige kaum zu treffen wissen. Aber die Suchenden und im Schützengraben<lb/> reif Gewordenen werden.behutsam zupacken. Daß wir herauswollen aus dem<lb/> Nttweseutlichett-' Nulebendigen, aus Dogmatik und Buch.stabenvergötterung, aus<lb/> Mechanismus und Materialismus, dafür liegen genug Zeugnisse vor. Das Ein¬<lb/> schlagen einer anderen Richtung braucht Zeit. Schon in den letzten Jahren vor<lb/> dem'Kriege hat man sich auf den Universitäten bei der Betrachtung des Aus¬<lb/> landes nicht mehr ausschließlich mit „Weltgeschichte" oder mit „Fremden<lb/> Sprachen" beschäftigt, sondern mau hat, Kor Hamburg ausgehend, die fremden<lb/> Völker und ihre Gemeinwesen als Individuen, als besondere Mächte zu erfor¬<lb/> schen und sie unserem Verständnis näher zu bringen versucht. Wie wenige<lb/> haben sich seit Lagardes Zeiten daran gemacht, das deutsche Wesen innerlich zu<lb/> erfassen. Man tüftelte immer neue Spitzfindigkeiten in der Entwicklung der<lb/> deutschen Sprache ans.. Man glaubte genug getan zu haben, wenn mau immer<lb/> aufs neue die Institutionen des deutschen Staates in der Vergangenheit dar¬<lb/> stellte und die der Gegenwart erläuterte. Aus den Handlungen und Worten<lb/> unserer großen Männer machte mau Theorien und, was mau Staatswissenschaft<lb/> nannte, war vielleicht Wirtschaftswissenschaft. Alle diese Fehler und Mangel<lb/> werden verschwinden, wenn die Arbeit am deutschen Volkstum eingesetzt hat.<lb/> Während die Auslandskunde einzelne Disziplinen umfaßt, wird sich mit dem deut¬<lb/> schen Wesen statt mit nnznsanunenhängenden Einzelheiten die ganze philosophische<lb/> Fakultät in nächster Zeit beschäftigen müssen. Jedem Fache und jedem Hoch¬<lb/> schulvertreter steht es frei, den Anfang damit zu machen.</p><lb/> <p xml:id="ID_758" next="#ID_759"> Es gibt einen Teil des deutschen Volkes, mit dem man sich bis zum Aus¬<lb/> bruche des Krieges weder allgemein noch .wissenschaftlich ernstlich beschäftigt hatte:<lb/> die Deutschen im Ausland. Zu den vielen Millionen außer Landes Wohnenden,<lb/> die sie bisher zählten, kommen nun die Ostmärker, Nordmärker und Elsaß-Loth¬<lb/> ringer hinzu. Ganz anders ist unser Verhältnis zu den Deutsch-Österreichern<lb/> geworden. Daß sie alle zum deutschen Volke gehören und zurzeit eine überstaat¬<lb/> liche, kulturelle Einheit bilden, darüber kann ebensowenig ein Zweifel herrsche«,<lb/> wie darüber, daß ein sehr großer Teil der Auslauddeutschen diese Einheit auch<lb/> bilden, willt. .Einstweilen flehen noch die uürtschaftlichen Forderungen der Aus¬<lb/> landdeutschen im Vordergründe. Je schwieriger und vielleicht unmöglicher ihre<lb/> Befriedigung wird, je stärker der Zwang zur Auswanderung wird, desto mehr<lb/> drängt sich den Julauddeutfchen die Notwendigkeit auf, zu den Fragen des Äus-<lb/> landdeutschtums Stellung zu .nehmen. Tagn fehlt es bislang an leder geistigen<lb/> Vorbereitung. Das Inland weiß von diesen Auslanddeutschen und ihrer Liebe<lb/> Ma Mutterlande kaum etwas. Nur das Gefühl dafür beginnt sich zu regen wie<lb/> ehr die Julauddeutschen auf die Anslanddeutschen und umgekehrt in tmrtschaft-<lb/> Kcher Beziehung angewiesen sind. Alle großen Probleme der Zukunft sind von<lb/> uns gemeinsam mit dem Auslauddeutschtum zu 'lösen. Unsere Volksgenossen<lb/> draußen können uus vielfach besonders gut dabei helfen, die Quellen unseres<lb/> Volkstums wieder frei zu machen weil sie es sich selbst im Kampfe darum viel-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0205]
Staat und volkstum
sinnung und eines «uf ihr gegrünÄeteii Willens, Auffindung und Verbreitung
von Tatsachen, die sich auf deutsches Land und deutsche Menschen in Raum und
Zeit beziehen. Diese Tätigkeit am deutschen Volkstum muß aber stets im Auge
behalten, daß sie, wie die theologisch-seelsorgerische Arbeit, das Beste nicht geben,
sondern nur freimachen kann. Sie kann ausgeübt werden von jedem, der dazu
berufen ist. Sie wendet sich vor allem an die Jugend, deren Herz und Verstand
noch nicht erstarrt ist, findet ihren Platz also hauptsächlich in deu Schulen.
Deren Ausgangspunkt und Brennpunkt ist die Hochschule, die Universität. Wenn
die Arbeit am Volke Erziehung, Forschung und Lehre ist, so ist dort ihr Haupt-
Platz- .„«..-
Wie alle unsere Volksgenossen, so werden auch die Universitatsaugehorigeu
Zeit brauchen, sich auf diese Aufgabe zu besinnen. Wer zu dein hier Ausgeführ¬
ten zeitlebens eine andere Stellung eingenommen hat, wird beim Anfassen das
Richtige kaum zu treffen wissen. Aber die Suchenden und im Schützengraben
reif Gewordenen werden.behutsam zupacken. Daß wir herauswollen aus dem
Nttweseutlichett-' Nulebendigen, aus Dogmatik und Buch.stabenvergötterung, aus
Mechanismus und Materialismus, dafür liegen genug Zeugnisse vor. Das Ein¬
schlagen einer anderen Richtung braucht Zeit. Schon in den letzten Jahren vor
dem'Kriege hat man sich auf den Universitäten bei der Betrachtung des Aus¬
landes nicht mehr ausschließlich mit „Weltgeschichte" oder mit „Fremden
Sprachen" beschäftigt, sondern mau hat, Kor Hamburg ausgehend, die fremden
Völker und ihre Gemeinwesen als Individuen, als besondere Mächte zu erfor¬
schen und sie unserem Verständnis näher zu bringen versucht. Wie wenige
haben sich seit Lagardes Zeiten daran gemacht, das deutsche Wesen innerlich zu
erfassen. Man tüftelte immer neue Spitzfindigkeiten in der Entwicklung der
deutschen Sprache ans.. Man glaubte genug getan zu haben, wenn mau immer
aufs neue die Institutionen des deutschen Staates in der Vergangenheit dar¬
stellte und die der Gegenwart erläuterte. Aus den Handlungen und Worten
unserer großen Männer machte mau Theorien und, was mau Staatswissenschaft
nannte, war vielleicht Wirtschaftswissenschaft. Alle diese Fehler und Mangel
werden verschwinden, wenn die Arbeit am deutschen Volkstum eingesetzt hat.
Während die Auslandskunde einzelne Disziplinen umfaßt, wird sich mit dem deut¬
schen Wesen statt mit nnznsanunenhängenden Einzelheiten die ganze philosophische
Fakultät in nächster Zeit beschäftigen müssen. Jedem Fache und jedem Hoch¬
schulvertreter steht es frei, den Anfang damit zu machen.
Es gibt einen Teil des deutschen Volkes, mit dem man sich bis zum Aus¬
bruche des Krieges weder allgemein noch .wissenschaftlich ernstlich beschäftigt hatte:
die Deutschen im Ausland. Zu den vielen Millionen außer Landes Wohnenden,
die sie bisher zählten, kommen nun die Ostmärker, Nordmärker und Elsaß-Loth¬
ringer hinzu. Ganz anders ist unser Verhältnis zu den Deutsch-Österreichern
geworden. Daß sie alle zum deutschen Volke gehören und zurzeit eine überstaat¬
liche, kulturelle Einheit bilden, darüber kann ebensowenig ein Zweifel herrsche«,
wie darüber, daß ein sehr großer Teil der Auslauddeutschen diese Einheit auch
bilden, willt. .Einstweilen flehen noch die uürtschaftlichen Forderungen der Aus¬
landdeutschen im Vordergründe. Je schwieriger und vielleicht unmöglicher ihre
Befriedigung wird, je stärker der Zwang zur Auswanderung wird, desto mehr
drängt sich den Julauddeutfchen die Notwendigkeit auf, zu den Fragen des Äus-
landdeutschtums Stellung zu .nehmen. Tagn fehlt es bislang an leder geistigen
Vorbereitung. Das Inland weiß von diesen Auslanddeutschen und ihrer Liebe
Ma Mutterlande kaum etwas. Nur das Gefühl dafür beginnt sich zu regen wie
ehr die Julauddeutschen auf die Anslanddeutschen und umgekehrt in tmrtschaft-
Kcher Beziehung angewiesen sind. Alle großen Probleme der Zukunft sind von
uns gemeinsam mit dem Auslauddeutschtum zu 'lösen. Unsere Volksgenossen
draußen können uus vielfach besonders gut dabei helfen, die Quellen unseres
Volkstums wieder frei zu machen weil sie es sich selbst im Kampfe darum viel-
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