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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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Die Arbeiterbewegung in Amerika

Die Arbeiterbewegung in Amerika

in 1. November ist Tatsache geworden, was man seit Wochen
gefürchtet hatte: der Kohlenarbeiterstreik in den Vereinigten Staaten.
Es liegt auf der Hand, daß das nicht lediglich eine interne
Angelegenheit Amerikas ist. Wie die Dinge augenblicklich liegen,
muß jede wirtschaftliche Lähmung jenseits des Atlantischen Ozeans
_.eine unheilvolle Rückwirkung auf Europa haben, eine nähere
Velrachlung der Lage bedarf also keiner Rechtfertigung.

Es scheint ein wirtschaftspolitisches Gesetz zu sein, daß jeder angestrebte
Wettbewerb in mehr oder weniger hohem Grade ein Aufgeben der eigenen
Individualität, ja eine wirkliche Ungleichung an den Gegner mit sich bringt, der
auf diese Weise einen Teil seines zurückgehenden Einflusses auszugleichen in der
Lage ist, und wenn England eine Ausnahme von dieser Gesetzmäßigkeit zu bilden
scheint, so ist das auf die bisherige umfassende Überlegenheit seines Handels
zurückzuführen. Amerika aber konnte sich so lange nach seinen individuellen
wirtschaftlichen Gesetzen entwickeln, wie eS sich von einem maßgeblichen Wett¬
bewerb mit den Staaten Europas fernhielt. Mit dem in Heft 25 der Grenz-
boten an dieser Stelle bereits angedeuteten Eintritt Amerikas in die Weltpolitik
iedoch, mußten sich auch hier der Wirkung der in Europa geltenden Wirtschafts-
gesetze Tür und Tor öffnen. Bereits in den berühmten Studien c!e l'occzuevilles
'se diese Entwicklung vorausgesagt, und dadurch, daß der europäische Krieg auch
nach Amerika übergriff, beschleunigt worden. Die eingetretene Hochkonjunktur
der Kriegsindustrien, namentlich aber die weitgehende Umstellung des gesamten
<Lirtschaflsorganismus auf wirtschaftlich unproduktive, lediglich zerstörerische Tätig¬
keit haben auch hier eine Teuerung der gesamten Lebenshaltung herbeigeführt,
die auf das Wirtschaftsleben in demselben Sinne einwirkt, wie wenn etwa eine
Familie sich plötzlich in die Lage versetzt sieht, einen beträchtlichen Teil ihres
Einkommens auf Medizin und ärztliche Fürsorge festzulegen. Auch Amerika
beginnt jetzt in dem verderblichen Ring zu kreisen, daß die hohen Preise der
Lebenshaltung Lohnforderungen nach sich ziehen, die ihrerseits wieder die Lebens¬
haltung verteuern. Dazu kommen die allgemeinen psychologischen Einflüsse des
Kriegsendes, die sich in politischen Forderungen und allgemeiner Unruhe äußern.
"

Der "Matin brachte Anfang Oktober eine lehrreiche Tabelle über die
Zunehmende Streitbewegung in Amerika. Danach gab es im Januar 105,
Sebruar 110, März 102. April 134. Mai 219. Juni 245, Juli 364. August 308
Streiks. Zahlen die etwa das Doppelte der entsprechenden Monate 1918 betragen.
"Times" gibt gar für die Monate August und September zusammen mehr
als 2000 Streiks an. Bedeutsamer noch als diese Steigerung erscheint die Tatsache,
paß der Arbeitsbund unter der Führung des sehr gemäßigten Gompers allmählich
vis Herrschaft über die Arbeitermassen zu verlieren scheint. Noch im Juni, als
gompers mit allen gegen eine Stimme zum Präsidenten wiedergewählt wurde,
Wwohl er jedes' Paktieren mit den Extremisten, deren zunehmender Einfluß
^werklich auf die Agitation der Fremden, Italiener. Polen, Balkanvölker zurück-
wird, ausdrücklich abgelehnt hatte, schien die Lage keineswegs bedrohlich.
^Mu darf nicht vergessen, daß der Arbeitsbund, obwohl er nahezu vier
^crMi^ffi Anhänger zählt und mit vielen großen unabhängigen Vereinigungen
enge und freundliche Beziehungen unterhält, keineswegs die gesamte Arbeiterschaft
ver Vereinigten Staaten vertritt. Da ist z. B. die gefürchtete Gruppe der
Industriearbeiter der Welt" (I. W. W.), deren Hauptzentrum Chicago ist und
die im fernen Westen großen Einfluß besitzen, mit einem im wesentlichen kommu¬
nistischen Programm. Auch der dem Arbeitsbund nicht angehönge Verband der
Schneider, sowie die jüdischen Gewerkschaften sind sehr radikal. Von Wichtigkeit
M auch besonders in den Nordweststaaten der "Bund der Parteilosen" (t>l0n-
Partisan l^eague), dessen Haltung dadurch gekennzeichnet wird, daß sein Führer
s-ownley während des Krieges wegen Überschreitung der Aufruhrgesetze verurteilt


Die Arbeiterbewegung in Amerika

Die Arbeiterbewegung in Amerika

in 1. November ist Tatsache geworden, was man seit Wochen
gefürchtet hatte: der Kohlenarbeiterstreik in den Vereinigten Staaten.
Es liegt auf der Hand, daß das nicht lediglich eine interne
Angelegenheit Amerikas ist. Wie die Dinge augenblicklich liegen,
muß jede wirtschaftliche Lähmung jenseits des Atlantischen Ozeans
_.eine unheilvolle Rückwirkung auf Europa haben, eine nähere
Velrachlung der Lage bedarf also keiner Rechtfertigung.

Es scheint ein wirtschaftspolitisches Gesetz zu sein, daß jeder angestrebte
Wettbewerb in mehr oder weniger hohem Grade ein Aufgeben der eigenen
Individualität, ja eine wirkliche Ungleichung an den Gegner mit sich bringt, der
auf diese Weise einen Teil seines zurückgehenden Einflusses auszugleichen in der
Lage ist, und wenn England eine Ausnahme von dieser Gesetzmäßigkeit zu bilden
scheint, so ist das auf die bisherige umfassende Überlegenheit seines Handels
zurückzuführen. Amerika aber konnte sich so lange nach seinen individuellen
wirtschaftlichen Gesetzen entwickeln, wie eS sich von einem maßgeblichen Wett¬
bewerb mit den Staaten Europas fernhielt. Mit dem in Heft 25 der Grenz-
boten an dieser Stelle bereits angedeuteten Eintritt Amerikas in die Weltpolitik
iedoch, mußten sich auch hier der Wirkung der in Europa geltenden Wirtschafts-
gesetze Tür und Tor öffnen. Bereits in den berühmten Studien c!e l'occzuevilles
'se diese Entwicklung vorausgesagt, und dadurch, daß der europäische Krieg auch
nach Amerika übergriff, beschleunigt worden. Die eingetretene Hochkonjunktur
der Kriegsindustrien, namentlich aber die weitgehende Umstellung des gesamten
<Lirtschaflsorganismus auf wirtschaftlich unproduktive, lediglich zerstörerische Tätig¬
keit haben auch hier eine Teuerung der gesamten Lebenshaltung herbeigeführt,
die auf das Wirtschaftsleben in demselben Sinne einwirkt, wie wenn etwa eine
Familie sich plötzlich in die Lage versetzt sieht, einen beträchtlichen Teil ihres
Einkommens auf Medizin und ärztliche Fürsorge festzulegen. Auch Amerika
beginnt jetzt in dem verderblichen Ring zu kreisen, daß die hohen Preise der
Lebenshaltung Lohnforderungen nach sich ziehen, die ihrerseits wieder die Lebens¬
haltung verteuern. Dazu kommen die allgemeinen psychologischen Einflüsse des
Kriegsendes, die sich in politischen Forderungen und allgemeiner Unruhe äußern.
"

Der „Matin brachte Anfang Oktober eine lehrreiche Tabelle über die
Zunehmende Streitbewegung in Amerika. Danach gab es im Januar 105,
Sebruar 110, März 102. April 134. Mai 219. Juni 245, Juli 364. August 308
Streiks. Zahlen die etwa das Doppelte der entsprechenden Monate 1918 betragen.
„Times" gibt gar für die Monate August und September zusammen mehr
als 2000 Streiks an. Bedeutsamer noch als diese Steigerung erscheint die Tatsache,
paß der Arbeitsbund unter der Führung des sehr gemäßigten Gompers allmählich
vis Herrschaft über die Arbeitermassen zu verlieren scheint. Noch im Juni, als
gompers mit allen gegen eine Stimme zum Präsidenten wiedergewählt wurde,
Wwohl er jedes' Paktieren mit den Extremisten, deren zunehmender Einfluß
^werklich auf die Agitation der Fremden, Italiener. Polen, Balkanvölker zurück-
wird, ausdrücklich abgelehnt hatte, schien die Lage keineswegs bedrohlich.
^Mu darf nicht vergessen, daß der Arbeitsbund, obwohl er nahezu vier
^crMi^ffi Anhänger zählt und mit vielen großen unabhängigen Vereinigungen
enge und freundliche Beziehungen unterhält, keineswegs die gesamte Arbeiterschaft
ver Vereinigten Staaten vertritt. Da ist z. B. die gefürchtete Gruppe der
Industriearbeiter der Welt" (I. W. W.), deren Hauptzentrum Chicago ist und
die im fernen Westen großen Einfluß besitzen, mit einem im wesentlichen kommu¬
nistischen Programm. Auch der dem Arbeitsbund nicht angehönge Verband der
Schneider, sowie die jüdischen Gewerkschaften sind sehr radikal. Von Wichtigkeit
M auch besonders in den Nordweststaaten der „Bund der Parteilosen" (t>l0n-
Partisan l^eague), dessen Haltung dadurch gekennzeichnet wird, daß sein Führer
s-ownley während des Krieges wegen Überschreitung der Aufruhrgesetze verurteilt


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[0197] Die Arbeiterbewegung in Amerika Die Arbeiterbewegung in Amerika in 1. November ist Tatsache geworden, was man seit Wochen gefürchtet hatte: der Kohlenarbeiterstreik in den Vereinigten Staaten. Es liegt auf der Hand, daß das nicht lediglich eine interne Angelegenheit Amerikas ist. Wie die Dinge augenblicklich liegen, muß jede wirtschaftliche Lähmung jenseits des Atlantischen Ozeans _.eine unheilvolle Rückwirkung auf Europa haben, eine nähere Velrachlung der Lage bedarf also keiner Rechtfertigung. Es scheint ein wirtschaftspolitisches Gesetz zu sein, daß jeder angestrebte Wettbewerb in mehr oder weniger hohem Grade ein Aufgeben der eigenen Individualität, ja eine wirkliche Ungleichung an den Gegner mit sich bringt, der auf diese Weise einen Teil seines zurückgehenden Einflusses auszugleichen in der Lage ist, und wenn England eine Ausnahme von dieser Gesetzmäßigkeit zu bilden scheint, so ist das auf die bisherige umfassende Überlegenheit seines Handels zurückzuführen. Amerika aber konnte sich so lange nach seinen individuellen wirtschaftlichen Gesetzen entwickeln, wie eS sich von einem maßgeblichen Wett¬ bewerb mit den Staaten Europas fernhielt. Mit dem in Heft 25 der Grenz- boten an dieser Stelle bereits angedeuteten Eintritt Amerikas in die Weltpolitik iedoch, mußten sich auch hier der Wirkung der in Europa geltenden Wirtschafts- gesetze Tür und Tor öffnen. Bereits in den berühmten Studien c!e l'occzuevilles 'se diese Entwicklung vorausgesagt, und dadurch, daß der europäische Krieg auch nach Amerika übergriff, beschleunigt worden. Die eingetretene Hochkonjunktur der Kriegsindustrien, namentlich aber die weitgehende Umstellung des gesamten <Lirtschaflsorganismus auf wirtschaftlich unproduktive, lediglich zerstörerische Tätig¬ keit haben auch hier eine Teuerung der gesamten Lebenshaltung herbeigeführt, die auf das Wirtschaftsleben in demselben Sinne einwirkt, wie wenn etwa eine Familie sich plötzlich in die Lage versetzt sieht, einen beträchtlichen Teil ihres Einkommens auf Medizin und ärztliche Fürsorge festzulegen. Auch Amerika beginnt jetzt in dem verderblichen Ring zu kreisen, daß die hohen Preise der Lebenshaltung Lohnforderungen nach sich ziehen, die ihrerseits wieder die Lebens¬ haltung verteuern. Dazu kommen die allgemeinen psychologischen Einflüsse des Kriegsendes, die sich in politischen Forderungen und allgemeiner Unruhe äußern. " Der „Matin brachte Anfang Oktober eine lehrreiche Tabelle über die Zunehmende Streitbewegung in Amerika. Danach gab es im Januar 105, Sebruar 110, März 102. April 134. Mai 219. Juni 245, Juli 364. August 308 Streiks. Zahlen die etwa das Doppelte der entsprechenden Monate 1918 betragen. „Times" gibt gar für die Monate August und September zusammen mehr als 2000 Streiks an. Bedeutsamer noch als diese Steigerung erscheint die Tatsache, paß der Arbeitsbund unter der Führung des sehr gemäßigten Gompers allmählich vis Herrschaft über die Arbeitermassen zu verlieren scheint. Noch im Juni, als gompers mit allen gegen eine Stimme zum Präsidenten wiedergewählt wurde, Wwohl er jedes' Paktieren mit den Extremisten, deren zunehmender Einfluß ^werklich auf die Agitation der Fremden, Italiener. Polen, Balkanvölker zurück- wird, ausdrücklich abgelehnt hatte, schien die Lage keineswegs bedrohlich. ^Mu darf nicht vergessen, daß der Arbeitsbund, obwohl er nahezu vier ^crMi^ffi Anhänger zählt und mit vielen großen unabhängigen Vereinigungen enge und freundliche Beziehungen unterhält, keineswegs die gesamte Arbeiterschaft ver Vereinigten Staaten vertritt. Da ist z. B. die gefürchtete Gruppe der Industriearbeiter der Welt" (I. W. W.), deren Hauptzentrum Chicago ist und die im fernen Westen großen Einfluß besitzen, mit einem im wesentlichen kommu¬ nistischen Programm. Auch der dem Arbeitsbund nicht angehönge Verband der Schneider, sowie die jüdischen Gewerkschaften sind sehr radikal. Von Wichtigkeit M auch besonders in den Nordweststaaten der „Bund der Parteilosen" (t>l0n- Partisan l^eague), dessen Haltung dadurch gekennzeichnet wird, daß sein Führer s-ownley während des Krieges wegen Überschreitung der Aufruhrgesetze verurteilt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/197>, abgerufen am 15.01.2025.