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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr.

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Verbrauchssteuer statt Reichscinkommensteuer

auf das Einkommen, oder eine weitere Schraubung der Einkommensteuersätze für
Staat und Gemeinden. Sie ist auch wesentlich gerechter. Noch ein recht reich¬
licher Verbrauch von 20 000 Mark trägt eine verhältnismäßig geringe Abgabe
von 2000 Mark, die jeder, dessen Einkommen einen solchen Verbrauch gestattet,
in seinem Etat ohne Schwierigkeit oder mit nur geringen Einschränkungen unier¬
bringen kann. Es kann auch ohne weiteres zugebilligt werden, daß für größere
notwendige Ausgaben, z. B. in Krankheitsfällen oder für die Ausstattung eines
Kindes, oder für notwendige Repräsentalionsausgabcu (im weitesten Sinne)
Steuerfreiheit bewilligt wild. Die Steuer ist jedem wirtschaftlichen Bedürfnis
anpassungsfähig. Es darf auch nicht aus den Augen verloren werden, daß jede
Ausgabe zu produktiven Zwecken schon begrifflich nicht unter die Steuer fällt.
Dahin gehört jede Ausgabe, die für die Zukunft einen werbenden Zweck verfolgt,
z. B. auch- solche für die Erziehung der Kinder. Um der Produktion in keiner
Weise hindernd entgegen za treten, empfiehlt es sich, in dieser Hinsicht recht weit¬
herzig zu sein. Auch im Einzelhaushalt muß die Anschaffung von Vieh, die Pacht von
Gemüseland, die Aufwendungen für Grundbesitz zum Eigengebrauch (von LuxaLbesitz
natürlich abgesehen) als produktive Ausgabe anerkannt werden und steuerfrei bleiben.

Die Steuerfreiheit der produktiven Ausgabe fordert, um ihre volkswirt¬
schaftliche Wirkung, die Förderung der Produktion, möglichst ausgiebig zu erreichen,
noch einen ergänzenden Grundsatz: Jeder Naturalverbrauch aus eigener Produktion
bleibt steuerfrei. Wir erhallen dadurch einen Antrieb zur Förderung der Pro¬
duktion mit außerordentlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Es mag hier nur auf
den für die kleinen Haushaltungen wichtigsten Gesichtspunkt hingewiesen werden:
Schon heute Hot sich unter der Not der Kriegsverhältnisse die Eigenproduktion
in bezug auf die notwendigsten Lebensmittel ganz erheblich gesteigert. Man wird nicht
best^eilen. daß sich noch in weit größerem Maße Bedürfnisse des täglichen Lebens, die
jetzt tote Verbranchsausgaben veranlassen, aus eigener Produktion befriedigen lassen.
Durch die Steuer würde ein weiterer sehr wirksamer Druck auf alle Schichten des
Volkes im Sinne einer allgemeinen Förderung der Eigenproduktion, im Sinne
der Seßhafimachung des Mittelstandes und des kleinen Mannes und damit auch
indirekt der Steigerung der landwirtschaftlichen Produknon ausgeübt werden.

Werden diese Gesichtspunkte berücksichtigt, so bleibt für die hohen Sätze der
Verbrauchssteuer unabweislich nur eine Formel: Wer ein luxuriöses Leben führen
will, mag es sich auch etwas kosten lassen. Jeder hat es selbst in der Hand, ob
er die hohen Steuern zahlen will, oder nicht, denn er braucht seinen Verbrauch
nur einzuschränken und sparsamer zu leben. Bei der progressiven Steigerung der
Sätze braucht er seinen Verbrauch nur um wenige tausend Mark einzuschränken,
um schon die drückendste Steuerstufe erspart zu haben. In dieser Zeit größter
wirtschaftlicher Not hat niemand ein Recht, Luxus zu treiben, ohne dafür der All¬
gemeinheit seinen Tribut zu entrichten. Man wird zugeben müssen, daß sich unter
Umständen die Sätze des Beispiels ohne Schaden für die Volkswirtschaft, vielmehr
zu ihrem Segen noch wesentlich schärfer anziehen lassen. Sollten wir ein Ver¬
brauchssteuergesetz bekommen, so wird es vielleicht zweckmäßig sein, die Steuer¬
skala nicht ein für allemal festzulegen, sondern ihr von vornherein nur eine be¬
grenzte Dauer auf wenige Jahre zu geben und ihre Revision nach Ablauf der
Zeit in Aussicht zu nehmen. So kann die Steuer am wirksamsten dem raschen
Wandel der Bedingungen des Wirtschaftslebens, insbesondere dem Wandel der
inneren Valuta, des Wertes des Geldes fortlaufend angepaßt werden.

Es wird niemand bestreiten können, daß es sich hier um eine Steuer von
hoher sozialer Gercchiigteit handelt, von weit größerer Gerechtigkeit, als sie zur¬
zeit alle anderen großen Steuern auszuweisen haben.

Insbesondere ist diese Steuer weit sozialer, als Steuern auf Einkommen
und Besitz. Diese letzteren entziehen notwendigerweise der Produktion Kapital,
denn sie treffen auch das, was zum Vorteil der Allgemeinheit w der Produktion
angelegt ist, und beschränken diese Summe um die Steuer abgäbe und sind so, je höher sie
sind, in um so größerem Maße produktionsgefährdend. Jede Gefährdung der


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Verbrauchssteuer statt Reichscinkommensteuer

auf das Einkommen, oder eine weitere Schraubung der Einkommensteuersätze für
Staat und Gemeinden. Sie ist auch wesentlich gerechter. Noch ein recht reich¬
licher Verbrauch von 20 000 Mark trägt eine verhältnismäßig geringe Abgabe
von 2000 Mark, die jeder, dessen Einkommen einen solchen Verbrauch gestattet,
in seinem Etat ohne Schwierigkeit oder mit nur geringen Einschränkungen unier¬
bringen kann. Es kann auch ohne weiteres zugebilligt werden, daß für größere
notwendige Ausgaben, z. B. in Krankheitsfällen oder für die Ausstattung eines
Kindes, oder für notwendige Repräsentalionsausgabcu (im weitesten Sinne)
Steuerfreiheit bewilligt wild. Die Steuer ist jedem wirtschaftlichen Bedürfnis
anpassungsfähig. Es darf auch nicht aus den Augen verloren werden, daß jede
Ausgabe zu produktiven Zwecken schon begrifflich nicht unter die Steuer fällt.
Dahin gehört jede Ausgabe, die für die Zukunft einen werbenden Zweck verfolgt,
z. B. auch- solche für die Erziehung der Kinder. Um der Produktion in keiner
Weise hindernd entgegen za treten, empfiehlt es sich, in dieser Hinsicht recht weit¬
herzig zu sein. Auch im Einzelhaushalt muß die Anschaffung von Vieh, die Pacht von
Gemüseland, die Aufwendungen für Grundbesitz zum Eigengebrauch (von LuxaLbesitz
natürlich abgesehen) als produktive Ausgabe anerkannt werden und steuerfrei bleiben.

Die Steuerfreiheit der produktiven Ausgabe fordert, um ihre volkswirt¬
schaftliche Wirkung, die Förderung der Produktion, möglichst ausgiebig zu erreichen,
noch einen ergänzenden Grundsatz: Jeder Naturalverbrauch aus eigener Produktion
bleibt steuerfrei. Wir erhallen dadurch einen Antrieb zur Förderung der Pro¬
duktion mit außerordentlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Es mag hier nur auf
den für die kleinen Haushaltungen wichtigsten Gesichtspunkt hingewiesen werden:
Schon heute Hot sich unter der Not der Kriegsverhältnisse die Eigenproduktion
in bezug auf die notwendigsten Lebensmittel ganz erheblich gesteigert. Man wird nicht
best^eilen. daß sich noch in weit größerem Maße Bedürfnisse des täglichen Lebens, die
jetzt tote Verbranchsausgaben veranlassen, aus eigener Produktion befriedigen lassen.
Durch die Steuer würde ein weiterer sehr wirksamer Druck auf alle Schichten des
Volkes im Sinne einer allgemeinen Förderung der Eigenproduktion, im Sinne
der Seßhafimachung des Mittelstandes und des kleinen Mannes und damit auch
indirekt der Steigerung der landwirtschaftlichen Produknon ausgeübt werden.

Werden diese Gesichtspunkte berücksichtigt, so bleibt für die hohen Sätze der
Verbrauchssteuer unabweislich nur eine Formel: Wer ein luxuriöses Leben führen
will, mag es sich auch etwas kosten lassen. Jeder hat es selbst in der Hand, ob
er die hohen Steuern zahlen will, oder nicht, denn er braucht seinen Verbrauch
nur einzuschränken und sparsamer zu leben. Bei der progressiven Steigerung der
Sätze braucht er seinen Verbrauch nur um wenige tausend Mark einzuschränken,
um schon die drückendste Steuerstufe erspart zu haben. In dieser Zeit größter
wirtschaftlicher Not hat niemand ein Recht, Luxus zu treiben, ohne dafür der All¬
gemeinheit seinen Tribut zu entrichten. Man wird zugeben müssen, daß sich unter
Umständen die Sätze des Beispiels ohne Schaden für die Volkswirtschaft, vielmehr
zu ihrem Segen noch wesentlich schärfer anziehen lassen. Sollten wir ein Ver¬
brauchssteuergesetz bekommen, so wird es vielleicht zweckmäßig sein, die Steuer¬
skala nicht ein für allemal festzulegen, sondern ihr von vornherein nur eine be¬
grenzte Dauer auf wenige Jahre zu geben und ihre Revision nach Ablauf der
Zeit in Aussicht zu nehmen. So kann die Steuer am wirksamsten dem raschen
Wandel der Bedingungen des Wirtschaftslebens, insbesondere dem Wandel der
inneren Valuta, des Wertes des Geldes fortlaufend angepaßt werden.

Es wird niemand bestreiten können, daß es sich hier um eine Steuer von
hoher sozialer Gercchiigteit handelt, von weit größerer Gerechtigkeit, als sie zur¬
zeit alle anderen großen Steuern auszuweisen haben.

Insbesondere ist diese Steuer weit sozialer, als Steuern auf Einkommen
und Besitz. Diese letzteren entziehen notwendigerweise der Produktion Kapital,
denn sie treffen auch das, was zum Vorteil der Allgemeinheit w der Produktion
angelegt ist, und beschränken diese Summe um die Steuer abgäbe und sind so, je höher sie
sind, in um so größerem Maße produktionsgefährdend. Jede Gefährdung der


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[0107] Verbrauchssteuer statt Reichscinkommensteuer auf das Einkommen, oder eine weitere Schraubung der Einkommensteuersätze für Staat und Gemeinden. Sie ist auch wesentlich gerechter. Noch ein recht reich¬ licher Verbrauch von 20 000 Mark trägt eine verhältnismäßig geringe Abgabe von 2000 Mark, die jeder, dessen Einkommen einen solchen Verbrauch gestattet, in seinem Etat ohne Schwierigkeit oder mit nur geringen Einschränkungen unier¬ bringen kann. Es kann auch ohne weiteres zugebilligt werden, daß für größere notwendige Ausgaben, z. B. in Krankheitsfällen oder für die Ausstattung eines Kindes, oder für notwendige Repräsentalionsausgabcu (im weitesten Sinne) Steuerfreiheit bewilligt wild. Die Steuer ist jedem wirtschaftlichen Bedürfnis anpassungsfähig. Es darf auch nicht aus den Augen verloren werden, daß jede Ausgabe zu produktiven Zwecken schon begrifflich nicht unter die Steuer fällt. Dahin gehört jede Ausgabe, die für die Zukunft einen werbenden Zweck verfolgt, z. B. auch- solche für die Erziehung der Kinder. Um der Produktion in keiner Weise hindernd entgegen za treten, empfiehlt es sich, in dieser Hinsicht recht weit¬ herzig zu sein. Auch im Einzelhaushalt muß die Anschaffung von Vieh, die Pacht von Gemüseland, die Aufwendungen für Grundbesitz zum Eigengebrauch (von LuxaLbesitz natürlich abgesehen) als produktive Ausgabe anerkannt werden und steuerfrei bleiben. Die Steuerfreiheit der produktiven Ausgabe fordert, um ihre volkswirt¬ schaftliche Wirkung, die Förderung der Produktion, möglichst ausgiebig zu erreichen, noch einen ergänzenden Grundsatz: Jeder Naturalverbrauch aus eigener Produktion bleibt steuerfrei. Wir erhallen dadurch einen Antrieb zur Förderung der Pro¬ duktion mit außerordentlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Es mag hier nur auf den für die kleinen Haushaltungen wichtigsten Gesichtspunkt hingewiesen werden: Schon heute Hot sich unter der Not der Kriegsverhältnisse die Eigenproduktion in bezug auf die notwendigsten Lebensmittel ganz erheblich gesteigert. Man wird nicht best^eilen. daß sich noch in weit größerem Maße Bedürfnisse des täglichen Lebens, die jetzt tote Verbranchsausgaben veranlassen, aus eigener Produktion befriedigen lassen. Durch die Steuer würde ein weiterer sehr wirksamer Druck auf alle Schichten des Volkes im Sinne einer allgemeinen Förderung der Eigenproduktion, im Sinne der Seßhafimachung des Mittelstandes und des kleinen Mannes und damit auch indirekt der Steigerung der landwirtschaftlichen Produknon ausgeübt werden. Werden diese Gesichtspunkte berücksichtigt, so bleibt für die hohen Sätze der Verbrauchssteuer unabweislich nur eine Formel: Wer ein luxuriöses Leben führen will, mag es sich auch etwas kosten lassen. Jeder hat es selbst in der Hand, ob er die hohen Steuern zahlen will, oder nicht, denn er braucht seinen Verbrauch nur einzuschränken und sparsamer zu leben. Bei der progressiven Steigerung der Sätze braucht er seinen Verbrauch nur um wenige tausend Mark einzuschränken, um schon die drückendste Steuerstufe erspart zu haben. In dieser Zeit größter wirtschaftlicher Not hat niemand ein Recht, Luxus zu treiben, ohne dafür der All¬ gemeinheit seinen Tribut zu entrichten. Man wird zugeben müssen, daß sich unter Umständen die Sätze des Beispiels ohne Schaden für die Volkswirtschaft, vielmehr zu ihrem Segen noch wesentlich schärfer anziehen lassen. Sollten wir ein Ver¬ brauchssteuergesetz bekommen, so wird es vielleicht zweckmäßig sein, die Steuer¬ skala nicht ein für allemal festzulegen, sondern ihr von vornherein nur eine be¬ grenzte Dauer auf wenige Jahre zu geben und ihre Revision nach Ablauf der Zeit in Aussicht zu nehmen. So kann die Steuer am wirksamsten dem raschen Wandel der Bedingungen des Wirtschaftslebens, insbesondere dem Wandel der inneren Valuta, des Wertes des Geldes fortlaufend angepaßt werden. Es wird niemand bestreiten können, daß es sich hier um eine Steuer von hoher sozialer Gercchiigteit handelt, von weit größerer Gerechtigkeit, als sie zur¬ zeit alle anderen großen Steuern auszuweisen haben. Insbesondere ist diese Steuer weit sozialer, als Steuern auf Einkommen und Besitz. Diese letzteren entziehen notwendigerweise der Produktion Kapital, denn sie treffen auch das, was zum Vorteil der Allgemeinheit w der Produktion angelegt ist, und beschränken diese Summe um die Steuer abgäbe und sind so, je höher sie sind, in um so größerem Maße produktionsgefährdend. Jede Gefährdung der 9*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_336289/107>, abgerufen am 15.01.2025.