Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.Kleine Nachrichten [Beginn Spaltensatz] Ich füge hinzu, auch wenn die Regie¬ Reichskommissar Gelo Hörsing an den Reichsministerpräsidenten Scheidemann "Wie einwandfrei festgestellt, stehen eine direkte Gefahr von außen wie von Oberschlesien und Westpreußen. Hörsing. Der Besuch von Ententevertretern und Kleine Nachrichten [Beginn Spaltensatz] Ich füge hinzu, auch wenn die Regie¬ Reichskommissar Gelo Hörsing an den Reichsministerpräsidenten Scheidemann „Wie einwandfrei festgestellt, stehen eine direkte Gefahr von außen wie von Oberschlesien und Westpreußen. Hörsing. Der Besuch von Ententevertretern und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0558" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335970"/> <fw type="header" place="top"> Kleine Nachrichten</fw><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_3224"> Ich füge hinzu, auch wenn die Regie¬<lb/> rung infolge ihrer Ablehnung des Ge¬<lb/> waltfriedens durch eine anders wollende<lb/> Minderheit gestürzt und durch Leute er¬<lb/> fetzt würde, die zur Unterzeichnung des<lb/> Gewaltfriedens bereit wären, werden wir<lb/> uns im Osten einer solchen Entscheidung<lb/> nicht beugen. Die Bevölkerung des Ostens<lb/> muß allerdings bereit sein, die Folgen<lb/> einer solchen festen Haltung auf sich zu<lb/> nehmen. Der Kampf um unsere Behaup¬<lb/> tung im Osten wird schwer sein, ober nicht<lb/> aussichtslos, wenn die Bevölkerung natio¬<lb/> nale Disziplin hält und opferwillig das<lb/> Letzte einsetzt. Wir werden die Waffen<lb/> zum Widerstand ergreifen in dem Be¬<lb/> wußtsein, so zu handeln, wie wir es un¬<lb/> serm Volke und seiner Zukunft schuldig<lb/> sind. Sollte es uns nicht möglich sein,<lb/> durch unsern Widerstand das Reich zu<lb/> retten, so retten wir doch Provinzen, ver¬<lb/> sagt uns das Schicksal selbst dies, so ret¬<lb/> ten wir das Letzte und Höchste, das ein<lb/> Volk zu verteidigen hat: die deutsche<lb/> Ehre!"</p> <note type="bibl"> (Deutsche Allg. Ztg. vom 1«. Juni, Ur. 437.)</note> </div> <div n="3"> <head> Reichskommissar Gelo Hörsing<lb/> an den Reichsministerpräsidenten<lb/> Scheidemann</head> <p xml:id="ID_3225" next="#ID_3226"> „Wie einwandfrei festgestellt, stehen<lb/> an der oberschlesischen Grenze Hall-er-<lb/> Truppen. Oberschlesische bestochene und<lb/> gekaufte Polen sprengen dauernd<lb/> Eisenbahnbrücke« und beschädigen die<lb/> Bahnkörper, wodurch die Abfuhr der<lb/> Kohlen und die Zufuhr von Lebensmitteln<lb/> gefährdet ist. Polnische und spartakistische<lb/> Agenten organisieren Unruhen und Auf¬<lb/> stände in Oberschlesien sowie in den In¬<lb/> dustriegebieten u«d Städten Schlesiens<lb/> und Westposens. Diese mit ausländischem<lb/> Geld ausgeführten Verbrechen finden<lb/> ihren Rückhalt darin, daß täglich Züge<lb/> mit Haller-Truppen, wie ich es dieser<lb/> Tage selbst gesehen, durch Deutschland nach<lb/> Polen rollen und so die feindliche Heeres-<lb/> macht im Osten verstärken. Wenn auch</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_3226" prev="#ID_3225"> eine direkte Gefahr von außen wie von<lb/> innen dank der Tüchtigkeit unserer Trup¬<lb/> pen und ihrer Führer sowie des größten<lb/> Teiles der Beamten und der Bevölkerung<lb/> nicht zu befürchten ist, so ist es nicht aus¬<lb/> geschlossen, daß Putsche versucht werden in<lb/> <dem Glauben, von jenseits der Grenze<lb/> Hilfe zu bekommen. Bei diesen Pulsader,<lb/> die ich mit allen mir zu Gebote stehenden<lb/> Mitteln unterdrücken werde, kann Men¬<lb/> schen- und besonders Arbcitecblut stießen,,<lb/> und zwar Blut der Unschuldigen, die von<lb/> den> Putschisten auf die Straße gebracht<lb/> worden sind, um dann selbst zu verschwin¬<lb/> den. Die Hoffnung auf die Armee Haller,,<lb/> die dem kleinen polnischen Teil der ober-<lb/> schlesischen Bevölkerung täglich eingeimpft<lb/> wird, womit man sie zu Pulsader auf¬<lb/> reizt, muß aber so schnell als möglich ver¬<lb/> schwinden. Dieses ist aber nur möglich,<lb/> wenn die Transporte der Armee Haller<lb/> sofort eingestellt werden. Ich weiß, daß<lb/> Sie und die Regierung gezwungenerweise<lb/> den Truppentransporten zugestimmt<lb/> haben. Da aber die Polen täglich die<lb/> Ruhe stören, die Demarkationslinie nicht<lb/> achten, so dürfte die Negierung ihrer über¬<lb/> nommenen Verpflichtung gleichfalls ein-<lb/> hoben sein. Im Interesse unseres Ostens,<lb/> und zwar des Friedens nach außen, der<lb/> Ruhe und Ordnung im Innern, bitte ich,<lb/> Wohl unter Zustimmung von 9l) v. H.<lb/> der Bevölkerung des mir unterstellten Ge¬<lb/> bietes, die Truppentransporte der Armee<lb/> Haller sofort einzustellen und mir Nach¬<lb/> richt zukommen zu lassen.</p> <note type="bibl"> Der Reichs- und Staatskommissar für<lb/> Oberschlesien und Westpreußen.<lb/> Hörsing.</note> <p xml:id="ID_3227" next="#ID_3228"> Der Besuch von Ententevertretern und<lb/> neutralen Journalisten in NÄel. In<lb/> Ratel gestaltete sich der Empfang der ame¬<lb/> rikanischen und englischen Pressevertreter<lb/> zu einer spontanen Massenkundgebung.<lb/> Auf dein Bahnhof wurden sie von dem<lb/> Bürgermeister, von Stadtverordneten und<lb/> dem Arbeitlerrat empfangen. Kleine Mäd¬<lb/> chen, festlich gekleidet und mit schwarz-</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0558]
Kleine Nachrichten
Ich füge hinzu, auch wenn die Regie¬
rung infolge ihrer Ablehnung des Ge¬
waltfriedens durch eine anders wollende
Minderheit gestürzt und durch Leute er¬
fetzt würde, die zur Unterzeichnung des
Gewaltfriedens bereit wären, werden wir
uns im Osten einer solchen Entscheidung
nicht beugen. Die Bevölkerung des Ostens
muß allerdings bereit sein, die Folgen
einer solchen festen Haltung auf sich zu
nehmen. Der Kampf um unsere Behaup¬
tung im Osten wird schwer sein, ober nicht
aussichtslos, wenn die Bevölkerung natio¬
nale Disziplin hält und opferwillig das
Letzte einsetzt. Wir werden die Waffen
zum Widerstand ergreifen in dem Be¬
wußtsein, so zu handeln, wie wir es un¬
serm Volke und seiner Zukunft schuldig
sind. Sollte es uns nicht möglich sein,
durch unsern Widerstand das Reich zu
retten, so retten wir doch Provinzen, ver¬
sagt uns das Schicksal selbst dies, so ret¬
ten wir das Letzte und Höchste, das ein
Volk zu verteidigen hat: die deutsche
Ehre!"
(Deutsche Allg. Ztg. vom 1«. Juni, Ur. 437.) Reichskommissar Gelo Hörsing
an den Reichsministerpräsidenten
Scheidemann „Wie einwandfrei festgestellt, stehen
an der oberschlesischen Grenze Hall-er-
Truppen. Oberschlesische bestochene und
gekaufte Polen sprengen dauernd
Eisenbahnbrücke« und beschädigen die
Bahnkörper, wodurch die Abfuhr der
Kohlen und die Zufuhr von Lebensmitteln
gefährdet ist. Polnische und spartakistische
Agenten organisieren Unruhen und Auf¬
stände in Oberschlesien sowie in den In¬
dustriegebieten u«d Städten Schlesiens
und Westposens. Diese mit ausländischem
Geld ausgeführten Verbrechen finden
ihren Rückhalt darin, daß täglich Züge
mit Haller-Truppen, wie ich es dieser
Tage selbst gesehen, durch Deutschland nach
Polen rollen und so die feindliche Heeres-
macht im Osten verstärken. Wenn auch
eine direkte Gefahr von außen wie von
innen dank der Tüchtigkeit unserer Trup¬
pen und ihrer Führer sowie des größten
Teiles der Beamten und der Bevölkerung
nicht zu befürchten ist, so ist es nicht aus¬
geschlossen, daß Putsche versucht werden in
<dem Glauben, von jenseits der Grenze
Hilfe zu bekommen. Bei diesen Pulsader,
die ich mit allen mir zu Gebote stehenden
Mitteln unterdrücken werde, kann Men¬
schen- und besonders Arbcitecblut stießen,,
und zwar Blut der Unschuldigen, die von
den> Putschisten auf die Straße gebracht
worden sind, um dann selbst zu verschwin¬
den. Die Hoffnung auf die Armee Haller,,
die dem kleinen polnischen Teil der ober-
schlesischen Bevölkerung täglich eingeimpft
wird, womit man sie zu Pulsader auf¬
reizt, muß aber so schnell als möglich ver¬
schwinden. Dieses ist aber nur möglich,
wenn die Transporte der Armee Haller
sofort eingestellt werden. Ich weiß, daß
Sie und die Regierung gezwungenerweise
den Truppentransporten zugestimmt
haben. Da aber die Polen täglich die
Ruhe stören, die Demarkationslinie nicht
achten, so dürfte die Negierung ihrer über¬
nommenen Verpflichtung gleichfalls ein-
hoben sein. Im Interesse unseres Ostens,
und zwar des Friedens nach außen, der
Ruhe und Ordnung im Innern, bitte ich,
Wohl unter Zustimmung von 9l) v. H.
der Bevölkerung des mir unterstellten Ge¬
bietes, die Truppentransporte der Armee
Haller sofort einzustellen und mir Nach¬
richt zukommen zu lassen.
Der Reichs- und Staatskommissar für
Oberschlesien und Westpreußen.
Hörsing. Der Besuch von Ententevertretern und
neutralen Journalisten in NÄel. In
Ratel gestaltete sich der Empfang der ame¬
rikanischen und englischen Pressevertreter
zu einer spontanen Massenkundgebung.
Auf dein Bahnhof wurden sie von dem
Bürgermeister, von Stadtverordneten und
dem Arbeitlerrat empfangen. Kleine Mäd¬
chen, festlich gekleidet und mit schwarz-
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