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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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[Beginn Spaltensatz]

Und diese Gesundung ist sehr notwendig.
Der Schleichhandel verbreitet sich im großen
Maßstabe und in manchen Ämtern herrscht
das Bestechungswesen. Wo man aber nur
von solchen Angelegenheiten gehört hat, dort
war immer ein Jude im Spiel, oder eine
ganze Baude Juden.

Aber vor allem die Armee, sie ist noch
nicht genügend bekleidet, sowie mit Waffen
und Munition versehen. Der Geist aber,
der darin herrscht ist ausgezeichnet. Einer
der Offiziere erzählt, daß noch kein Beispiel
einer Gehorsamsverweigerung vorgekommen
sei. Obgleich die bolschewistische Agitation
mittels Flugblätter in die Reihen der Sol-
daten dringen will, haben ihre Bemühungen
gar keinen Erfolg. Der Soldat ist stolz
über seine Siege, die er eben erst bei
Lemberg und Wilna errungen hat.

Hllller wird zu einem großen National¬
helden. Er ist in jedermanns Munde. Da¬
für verliert aber Piliudski an Sympathie
ungeachtet seiner letzten Kriegssrfolge....'..

Inzwischen steht man auch schon in der
Administration immer bessere Aspirationen.
Man beginnt den Kampf mit dem Schleich¬
handel. In den letzten Tagen wurden Re¬
visionen der Läden und jüdischen Lnger ver¬
anstaltet und eine Menge Lebensmittel, Tuch,
Tabak. Leder usw beschlagnahmt. Die ab¬
genommenen Waren sind sofort dem Militär
zur Verfügung gestellt worden.

Sie essen ganz weißes Brot ans Weizen¬
mehl. Von Zeit zu Zeit kommt auch Speck
und amerikanisches Schmalz an. Jetzt er¬
hofft man den Transport guten und billigen
Schuhwerks aus Amerika.

Alle leben in Erwartung großer hislvnscher
Ereignisse. Sie wissen, daß dem Volke eine
schwere vieljährige Arbeit bevorsteht, man
hört aber überall nur das eine: "Wir werden
durchhalten."

"Gazeta Pvznansta" (Posen) Ur. 108 vom
11. Mai.

Deutschland vor der Entscheidung. Was
uns betrifft, so sind wir der Ansicht, daß die
Ostgrenzen Deutschlands zwar ungerecht sind,
aber nicht für Deutschland, sondern für Polen.
Der Friedensvertrag nimmt uns nämlich
solche Kreise ab, in denen wir noch zehn-

[Spaltenumbruch]

tausende von Landsleuten, reinpolnische
Dörfer und Kreise haben, die historisch immer
zu Polen gehörten. Weiter müssen in
Schlesien, welches sich immer Polnisch fühlt,
bei den Deutschen noch solche Kreise ver¬
bleiben wie der Shizower und der NanivS-
lowcr. Keine Trauer sollten die Deutschen
also verfügen, sondern sie sollten sich freuen,
daß sie nach diesem verbrecherischen Krieg,
welchen sie mit ihrem "heruntergeworfenen"
Wilhelm an der Spitze entfacht haben, von
der Hand der Gerechtigkeit nicht so getroffen
werden, wie es sein müßte. In Deutschland
melden sich verschiedene Stimmen. Was die
Deutschen machen werden, ob sie mit den
Friedensbedingungen einverstanden sein
werden oder nicht, ist noch nicht bekannt.
Wenn sie aber gleich den biblischen aus-
gestoßenen Engeln von Aufgeblasenheit und
Trotz aufgehetzt sich aufwiegeln sollten --
so würde das vielleicht sür uns nicht schlecht
sein. Denn dann würde man auch bei uns
Schwerter und Bajonette finden, um die
gegen die neu entstehende Ordnung der
Welt Aufgewiegelten zu zäumen, und würde
imstande sein auch diejenigen Landesieile
aus dem preußischen Joch zu erlösen, welche
die Friedenskonferenz noch außerhalb der
festgesetzten polnischen Grenzen läßt.

"Gazctn Poznrmska" (Posen) Ur. 111 vom
1ö. Mai 1019.

Das "Wohlwollen" der Entente für
Pole". Wer in den den Deutschen diktierten
Friedensbedingungen irgendwelches beson¬
dere Wohlwollen der Entente für das mit
ihr Verbündete Polen sehen will, würde es
umsonst suchen. Wir schrieben schon von
dem Uniecht, welches großen Gebieten unserer
Westmarken zugefügt wurde, worin wir eher
ein Wohlwollen für -- den geschlagenen
deutschen Feind sehen müssen. Dasselbe be¬
trifft die Weichselmüudung, Danzig, den
Teil Polens, um welchen es jedem Polen am
meisten ging.

Man hat dort nicht eine "freie Stadt",
sondern einen ganzen freien Staat gebildet,
in dem das Deutschtum unteilbar regieren
wird. Diese Angelegenheit bespricht Herr Ch.
im Krakauer "Glos Narvdu" und sagt u. a.
folgendes: Könnten die Richter der Entente

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Und diese Gesundung ist sehr notwendig.
Der Schleichhandel verbreitet sich im großen
Maßstabe und in manchen Ämtern herrscht
das Bestechungswesen. Wo man aber nur
von solchen Angelegenheiten gehört hat, dort
war immer ein Jude im Spiel, oder eine
ganze Baude Juden.

Aber vor allem die Armee, sie ist noch
nicht genügend bekleidet, sowie mit Waffen
und Munition versehen. Der Geist aber,
der darin herrscht ist ausgezeichnet. Einer
der Offiziere erzählt, daß noch kein Beispiel
einer Gehorsamsverweigerung vorgekommen
sei. Obgleich die bolschewistische Agitation
mittels Flugblätter in die Reihen der Sol-
daten dringen will, haben ihre Bemühungen
gar keinen Erfolg. Der Soldat ist stolz
über seine Siege, die er eben erst bei
Lemberg und Wilna errungen hat.

Hllller wird zu einem großen National¬
helden. Er ist in jedermanns Munde. Da¬
für verliert aber Piliudski an Sympathie
ungeachtet seiner letzten Kriegssrfolge....'..

Inzwischen steht man auch schon in der
Administration immer bessere Aspirationen.
Man beginnt den Kampf mit dem Schleich¬
handel. In den letzten Tagen wurden Re¬
visionen der Läden und jüdischen Lnger ver¬
anstaltet und eine Menge Lebensmittel, Tuch,
Tabak. Leder usw beschlagnahmt. Die ab¬
genommenen Waren sind sofort dem Militär
zur Verfügung gestellt worden.

Sie essen ganz weißes Brot ans Weizen¬
mehl. Von Zeit zu Zeit kommt auch Speck
und amerikanisches Schmalz an. Jetzt er¬
hofft man den Transport guten und billigen
Schuhwerks aus Amerika.

Alle leben in Erwartung großer hislvnscher
Ereignisse. Sie wissen, daß dem Volke eine
schwere vieljährige Arbeit bevorsteht, man
hört aber überall nur das eine: „Wir werden
durchhalten."

„Gazeta Pvznansta" (Posen) Ur. 108 vom
11. Mai.

Deutschland vor der Entscheidung. Was
uns betrifft, so sind wir der Ansicht, daß die
Ostgrenzen Deutschlands zwar ungerecht sind,
aber nicht für Deutschland, sondern für Polen.
Der Friedensvertrag nimmt uns nämlich
solche Kreise ab, in denen wir noch zehn-

[Spaltenumbruch]

tausende von Landsleuten, reinpolnische
Dörfer und Kreise haben, die historisch immer
zu Polen gehörten. Weiter müssen in
Schlesien, welches sich immer Polnisch fühlt,
bei den Deutschen noch solche Kreise ver¬
bleiben wie der Shizower und der NanivS-
lowcr. Keine Trauer sollten die Deutschen
also verfügen, sondern sie sollten sich freuen,
daß sie nach diesem verbrecherischen Krieg,
welchen sie mit ihrem „heruntergeworfenen"
Wilhelm an der Spitze entfacht haben, von
der Hand der Gerechtigkeit nicht so getroffen
werden, wie es sein müßte. In Deutschland
melden sich verschiedene Stimmen. Was die
Deutschen machen werden, ob sie mit den
Friedensbedingungen einverstanden sein
werden oder nicht, ist noch nicht bekannt.
Wenn sie aber gleich den biblischen aus-
gestoßenen Engeln von Aufgeblasenheit und
Trotz aufgehetzt sich aufwiegeln sollten —
so würde das vielleicht sür uns nicht schlecht
sein. Denn dann würde man auch bei uns
Schwerter und Bajonette finden, um die
gegen die neu entstehende Ordnung der
Welt Aufgewiegelten zu zäumen, und würde
imstande sein auch diejenigen Landesieile
aus dem preußischen Joch zu erlösen, welche
die Friedenskonferenz noch außerhalb der
festgesetzten polnischen Grenzen läßt.

„Gazctn Poznrmska" (Posen) Ur. 111 vom
1ö. Mai 1019.

Das „Wohlwollen" der Entente für
Pole». Wer in den den Deutschen diktierten
Friedensbedingungen irgendwelches beson¬
dere Wohlwollen der Entente für das mit
ihr Verbündete Polen sehen will, würde es
umsonst suchen. Wir schrieben schon von
dem Uniecht, welches großen Gebieten unserer
Westmarken zugefügt wurde, worin wir eher
ein Wohlwollen für — den geschlagenen
deutschen Feind sehen müssen. Dasselbe be¬
trifft die Weichselmüudung, Danzig, den
Teil Polens, um welchen es jedem Polen am
meisten ging.

Man hat dort nicht eine „freie Stadt",
sondern einen ganzen freien Staat gebildet,
in dem das Deutschtum unteilbar regieren
wird. Diese Angelegenheit bespricht Herr Ch.
im Krakauer „Glos Narvdu" und sagt u. a.
folgendes: Könnten die Richter der Entente

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[0526] Presscstimmen Und diese Gesundung ist sehr notwendig. Der Schleichhandel verbreitet sich im großen Maßstabe und in manchen Ämtern herrscht das Bestechungswesen. Wo man aber nur von solchen Angelegenheiten gehört hat, dort war immer ein Jude im Spiel, oder eine ganze Baude Juden. Aber vor allem die Armee, sie ist noch nicht genügend bekleidet, sowie mit Waffen und Munition versehen. Der Geist aber, der darin herrscht ist ausgezeichnet. Einer der Offiziere erzählt, daß noch kein Beispiel einer Gehorsamsverweigerung vorgekommen sei. Obgleich die bolschewistische Agitation mittels Flugblätter in die Reihen der Sol- daten dringen will, haben ihre Bemühungen gar keinen Erfolg. Der Soldat ist stolz über seine Siege, die er eben erst bei Lemberg und Wilna errungen hat. Hllller wird zu einem großen National¬ helden. Er ist in jedermanns Munde. Da¬ für verliert aber Piliudski an Sympathie ungeachtet seiner letzten Kriegssrfolge....'.. Inzwischen steht man auch schon in der Administration immer bessere Aspirationen. Man beginnt den Kampf mit dem Schleich¬ handel. In den letzten Tagen wurden Re¬ visionen der Läden und jüdischen Lnger ver¬ anstaltet und eine Menge Lebensmittel, Tuch, Tabak. Leder usw beschlagnahmt. Die ab¬ genommenen Waren sind sofort dem Militär zur Verfügung gestellt worden. Sie essen ganz weißes Brot ans Weizen¬ mehl. Von Zeit zu Zeit kommt auch Speck und amerikanisches Schmalz an. Jetzt er¬ hofft man den Transport guten und billigen Schuhwerks aus Amerika. Alle leben in Erwartung großer hislvnscher Ereignisse. Sie wissen, daß dem Volke eine schwere vieljährige Arbeit bevorsteht, man hört aber überall nur das eine: „Wir werden durchhalten." „Gazeta Pvznansta" (Posen) Ur. 108 vom 11. Mai. Deutschland vor der Entscheidung. Was uns betrifft, so sind wir der Ansicht, daß die Ostgrenzen Deutschlands zwar ungerecht sind, aber nicht für Deutschland, sondern für Polen. Der Friedensvertrag nimmt uns nämlich solche Kreise ab, in denen wir noch zehn- tausende von Landsleuten, reinpolnische Dörfer und Kreise haben, die historisch immer zu Polen gehörten. Weiter müssen in Schlesien, welches sich immer Polnisch fühlt, bei den Deutschen noch solche Kreise ver¬ bleiben wie der Shizower und der NanivS- lowcr. Keine Trauer sollten die Deutschen also verfügen, sondern sie sollten sich freuen, daß sie nach diesem verbrecherischen Krieg, welchen sie mit ihrem „heruntergeworfenen" Wilhelm an der Spitze entfacht haben, von der Hand der Gerechtigkeit nicht so getroffen werden, wie es sein müßte. In Deutschland melden sich verschiedene Stimmen. Was die Deutschen machen werden, ob sie mit den Friedensbedingungen einverstanden sein werden oder nicht, ist noch nicht bekannt. Wenn sie aber gleich den biblischen aus- gestoßenen Engeln von Aufgeblasenheit und Trotz aufgehetzt sich aufwiegeln sollten — so würde das vielleicht sür uns nicht schlecht sein. Denn dann würde man auch bei uns Schwerter und Bajonette finden, um die gegen die neu entstehende Ordnung der Welt Aufgewiegelten zu zäumen, und würde imstande sein auch diejenigen Landesieile aus dem preußischen Joch zu erlösen, welche die Friedenskonferenz noch außerhalb der festgesetzten polnischen Grenzen läßt. „Gazctn Poznrmska" (Posen) Ur. 111 vom 1ö. Mai 1019. Das „Wohlwollen" der Entente für Pole». Wer in den den Deutschen diktierten Friedensbedingungen irgendwelches beson¬ dere Wohlwollen der Entente für das mit ihr Verbündete Polen sehen will, würde es umsonst suchen. Wir schrieben schon von dem Uniecht, welches großen Gebieten unserer Westmarken zugefügt wurde, worin wir eher ein Wohlwollen für — den geschlagenen deutschen Feind sehen müssen. Dasselbe be¬ trifft die Weichselmüudung, Danzig, den Teil Polens, um welchen es jedem Polen am meisten ging. Man hat dort nicht eine „freie Stadt", sondern einen ganzen freien Staat gebildet, in dem das Deutschtum unteilbar regieren wird. Diese Angelegenheit bespricht Herr Ch. im Krakauer „Glos Narvdu" und sagt u. a. folgendes: Könnten die Richter der Entente

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/526>, abgerufen am 01.09.2024.