Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.Kleine Nachrichten [Beginn Spaltensatz] Nach den bei dem Staatskommissariat für Hand in Hand mit diesen Berichten über Die mährisch-sprechenden Oberschlesier Padercwski über die geplanten Grenzen Aus Kraknu wird gemeldet: Im Senioren¬ lich der Ukraine sagte er, daß die Entente Ganz Westpveusjen im Belagerungszustand. Thorn, 20. Mai. Ueber ganz West¬ Vrombcrg, 19. Mai. Der Brmnberger aus Vertretern aller Parteien gebildet ist, Kleine Nachrichten [Beginn Spaltensatz] Nach den bei dem Staatskommissariat für Hand in Hand mit diesen Berichten über Die mährisch-sprechenden Oberschlesier Padercwski über die geplanten Grenzen Aus Kraknu wird gemeldet: Im Senioren¬ lich der Ukraine sagte er, daß die Entente Ganz Westpveusjen im Belagerungszustand. Thorn, 20. Mai. Ueber ganz West¬ Vrombcrg, 19. Mai. Der Brmnberger aus Vertretern aller Parteien gebildet ist, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0510" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335922"/> <fw type="header" place="top"> Kleine Nachrichten</fw><lb/> <cb type="start"/> <p xml:id="ID_2848" prev="#ID_2847"> Nach den bei dem Staatskommissariat für<lb/> Oberschlesten eingelaufenen Nachrichten kann<lb/> man als begründet annehmen, daß von den<lb/> in Frage kommenden 1 200 000 Einwohnern<lb/> gut 1 000 000 ihren Willen bekundeten, auf<lb/> alle Fälle bei Deutschland verbleiben zu<lb/> wollen.</p> <p xml:id="ID_2849"> Hand in Hand mit diesen Berichten über<lb/> stattgefundene Demonstrations- und Protest¬<lb/> umzüge laufen fortgesetzt beim Staatskom-<lb/> mifsariat aus allen Bevölkerungskreisen und<lb/> aus allen Erwerbsschichten stürmisch gehaltene<lb/> Drahtungen ein, die die steigende Erregung<lb/> schildern und einmütig der Hoffnung Aus¬<lb/> druck geben, von der Regierung in dem<lb/> Wunsche, bei Deutschland zu bleiben, unter¬<lb/> stützt zu werden. Immer wieder muß her¬<lb/> vorgehoben werden, daß aus den Kreisen<lb/> der polnisch-sprechenden Arbeiterschaft sich<lb/> geradezu am lautesten der Ruf geltend<lb/> macht, nicht vom Deutschen Reiche losge¬<lb/> trennt zu werden. Es kommen aus den<lb/> sogenannten stockpolnischen Kreisen Kreuzburg<lb/> und Rosenberg die eindringlichsten und<lb/> markantesten Notschreie.</p> <p xml:id="ID_2850"> Die mährisch-sprechenden Oberschlesier<lb/> erklären in längeren Drahtungen aus den<lb/> verschiedensten Orten, wir fühlen vollkommen<lb/> deutsch und wollen mit unserer Heimat lieber<lb/> in Not und Tod aushalten als gegen unseren<lb/> Willen verschachert zu werden.</p> <note type="bibl"> (Germania Ur. 22ö vom 20. Mai.)</note> <p xml:id="ID_2851"> Padercwski über die geplanten Grenzen<lb/> Polens.</p> <p xml:id="ID_2852" next="#ID_2853"> Aus Kraknu wird gemeldet: Im Senioren¬<lb/> konvent des polnischen Landtages erstattete<lb/> Paderewsti ein Exposö über die geplanten<lb/> Grenzen Polens und betonte, daß die<lb/> Entente noch vor zwei Monaten den Polen<lb/> bedeutend mehr zugedacht habe, als jetzt.<lb/> Nunmehr wolle sie das Naphthagebiet in<lb/> Galizien der Ukraine unter Kontrolle einer<lb/> internationalen Kommission überlassen. Die<lb/> neuen Vorschläge stützten sich auf Anträge<lb/> Bothas, die aber für die Polen unannehm¬<lb/> bar seien. England und Amerika hätten tat¬<lb/> sächlich gegen die Verwendung der Truppen<lb/> Hallers in Ostgalizien Verwahrung einge¬<lb/> legt. Polen müsse die Buglinie und das<lb/> Naphthagebiet in Galizien erhalten. Bezüg¬</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_2853" prev="#ID_2852"> lich der Ukraine sagte er, daß die Entente<lb/> an die Schaffung eines unabhängigen<lb/> ukrainischen Staates nicht denke. Eine ernste<lb/> Gefahr für Polen bilde die russische Frage.<lb/> Jswolski und Ssasonow entwickeln in Paris<lb/> eine sehr lei.haste Tätigkeit und die Entente<lb/> unterstütze sie in ihren Bestrebungen nach<lb/> Organisation eines bewaffneten Widerstandes<lb/> gegen die Bolschewiki und zum Sturze der¬<lb/> selben. Eine große Gefahr bilde auch das<lb/> Bestreben der Tschechen nach Erlangung einer<lb/> genieinsamen Grenze mit Rußland, das von<lb/> russischen Diplomaten unterstützt werde. Die<lb/> Entente sei leider geneigt, diese Wünsche zu<lb/> verwirklichen. Bezüglich Litauens und Wei߬<lb/> rußlands habe England besondere Pläne.<lb/> Es wolle sie zu föderalistischen Republiken<lb/> umwandeln mit einem Zugang zur Ostsee<lb/> über Liban, das unter englischer Kontrolle<lb/> stehen werde.</p> <note type="bibl"> (Dtsche. Allg. Ztg., 20. Mai, Ur. 242.)</note> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_2854"> Ganz Westpveusjen im Belagerungszustand.</p><lb/> <p xml:id="ID_2855"> Thorn, 20. Mai. Ueber ganz West¬<lb/> preußen hat das Preußische Staatsministerium<lb/> den Belagerungszustand durch Außerkraft¬<lb/> setzung der Artikel 6. 6, 27, 29 und 80 der<lb/> Verfassung verhängt. Der Oberpräsident<lb/> hat darauf angeordnet: Haussuchungen und<lb/> Verhaftungen können von dazu berechtigten<lb/> Behörden und Beamten jederzeit vorge¬<lb/> nommen werden. Alle öffentlichen Ver¬<lb/> sammlungen sind mindestens 48 Stunden<lb/> vorher beim Landrat, in Stadtkreisen bei<lb/> den Ortspolizeibehörden unter Angabe des<lb/> O>es, der Zeit und der Veranstalter anzu¬<lb/> melden.</p> <note type="bibl"> (Dtsche. Allg. Ztg., 20. Mai, Ur. 243)</note> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_2856"> Vrombcrg, 19. Mai. Der Brmnberger<lb/> Ausschuß für den Rechtsfricden, der</p> <p xml:id="ID_2857" next="#ID_2858"> aus Vertretern aller Parteien gebildet ist,<lb/> berief gestern eine Volksversammlung zum<lb/> Protest gegen den Erdrosselungsfriede», und<lb/> gegen die Abtrennung des Netzedistrittes ein.<lb/> Vor einer dichtgedrängten Menge sprach Pro¬<lb/> fessor Dr. Hille, Obmann des dentschen<lb/> Volksrates. Da nicht alle Erschienenen Platz<lb/> fanden, wurde nach Schluß der ersten Ver-</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0510]
Kleine Nachrichten
Nach den bei dem Staatskommissariat für
Oberschlesten eingelaufenen Nachrichten kann
man als begründet annehmen, daß von den
in Frage kommenden 1 200 000 Einwohnern
gut 1 000 000 ihren Willen bekundeten, auf
alle Fälle bei Deutschland verbleiben zu
wollen.
Hand in Hand mit diesen Berichten über
stattgefundene Demonstrations- und Protest¬
umzüge laufen fortgesetzt beim Staatskom-
mifsariat aus allen Bevölkerungskreisen und
aus allen Erwerbsschichten stürmisch gehaltene
Drahtungen ein, die die steigende Erregung
schildern und einmütig der Hoffnung Aus¬
druck geben, von der Regierung in dem
Wunsche, bei Deutschland zu bleiben, unter¬
stützt zu werden. Immer wieder muß her¬
vorgehoben werden, daß aus den Kreisen
der polnisch-sprechenden Arbeiterschaft sich
geradezu am lautesten der Ruf geltend
macht, nicht vom Deutschen Reiche losge¬
trennt zu werden. Es kommen aus den
sogenannten stockpolnischen Kreisen Kreuzburg
und Rosenberg die eindringlichsten und
markantesten Notschreie.
Die mährisch-sprechenden Oberschlesier
erklären in längeren Drahtungen aus den
verschiedensten Orten, wir fühlen vollkommen
deutsch und wollen mit unserer Heimat lieber
in Not und Tod aushalten als gegen unseren
Willen verschachert zu werden.
(Germania Ur. 22ö vom 20. Mai.) Padercwski über die geplanten Grenzen
Polens.
Aus Kraknu wird gemeldet: Im Senioren¬
konvent des polnischen Landtages erstattete
Paderewsti ein Exposö über die geplanten
Grenzen Polens und betonte, daß die
Entente noch vor zwei Monaten den Polen
bedeutend mehr zugedacht habe, als jetzt.
Nunmehr wolle sie das Naphthagebiet in
Galizien der Ukraine unter Kontrolle einer
internationalen Kommission überlassen. Die
neuen Vorschläge stützten sich auf Anträge
Bothas, die aber für die Polen unannehm¬
bar seien. England und Amerika hätten tat¬
sächlich gegen die Verwendung der Truppen
Hallers in Ostgalizien Verwahrung einge¬
legt. Polen müsse die Buglinie und das
Naphthagebiet in Galizien erhalten. Bezüg¬
lich der Ukraine sagte er, daß die Entente
an die Schaffung eines unabhängigen
ukrainischen Staates nicht denke. Eine ernste
Gefahr für Polen bilde die russische Frage.
Jswolski und Ssasonow entwickeln in Paris
eine sehr lei.haste Tätigkeit und die Entente
unterstütze sie in ihren Bestrebungen nach
Organisation eines bewaffneten Widerstandes
gegen die Bolschewiki und zum Sturze der¬
selben. Eine große Gefahr bilde auch das
Bestreben der Tschechen nach Erlangung einer
genieinsamen Grenze mit Rußland, das von
russischen Diplomaten unterstützt werde. Die
Entente sei leider geneigt, diese Wünsche zu
verwirklichen. Bezüglich Litauens und Wei߬
rußlands habe England besondere Pläne.
Es wolle sie zu föderalistischen Republiken
umwandeln mit einem Zugang zur Ostsee
über Liban, das unter englischer Kontrolle
stehen werde.
(Dtsche. Allg. Ztg., 20. Mai, Ur. 242.)
Ganz Westpveusjen im Belagerungszustand.
Thorn, 20. Mai. Ueber ganz West¬
preußen hat das Preußische Staatsministerium
den Belagerungszustand durch Außerkraft¬
setzung der Artikel 6. 6, 27, 29 und 80 der
Verfassung verhängt. Der Oberpräsident
hat darauf angeordnet: Haussuchungen und
Verhaftungen können von dazu berechtigten
Behörden und Beamten jederzeit vorge¬
nommen werden. Alle öffentlichen Ver¬
sammlungen sind mindestens 48 Stunden
vorher beim Landrat, in Stadtkreisen bei
den Ortspolizeibehörden unter Angabe des
O>es, der Zeit und der Veranstalter anzu¬
melden.
(Dtsche. Allg. Ztg., 20. Mai, Ur. 243)
Vrombcrg, 19. Mai. Der Brmnberger
Ausschuß für den Rechtsfricden, der
aus Vertretern aller Parteien gebildet ist,
berief gestern eine Volksversammlung zum
Protest gegen den Erdrosselungsfriede», und
gegen die Abtrennung des Netzedistrittes ein.
Vor einer dichtgedrängten Menge sprach Pro¬
fessor Dr. Hille, Obmann des dentschen
Volksrates. Da nicht alle Erschienenen Platz
fanden, wurde nach Schluß der ersten Ver-
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