Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Ans den deutschen Volksräten

[Beginn Spaltensatz]

Wissenschaft bringen, und helfen, unser Volk
glücklich zu machen.

Solches Ziel ist nur erreichbar nach Über-
briicknng aller der Hindernisse, die sich trennend
zwischen die einzelnen Schichten des deutschen
Volkes geschoben haben. Darum keine
Soziulistentöterei, keinen Antisemitismus, keine
konfessionellen Gegensätze, keine Betonung des
Trennenden, sondern immerwährende Be¬
tonung aller derjenigen Lebensüußerungsn,
die uns als Deutsche verbinden.

Die Devise des Deutschtums soll sein:


Die Volkskundgevung in Meseritz. Auf
Veranlassung des Deutschen Heimatbundes
Posener Flüchtlinge (Ortsgruppe Meseritz)
hatten sich zu einer imposanten Kundgebung
am Ostersonntag mittags auf dem hiesigen
Marktplatz mehrere tausend Deutsche aus
Stadt und Land, die hiesigen Grenzschutz¬
truppen, der Landwehrverband, die Schützen¬
gilde, die Feuerwehr und der Eisenbahn¬
verein eingefunden, eine Menschenmenge, wie
sie der Marktplatz in Meseritz noch nie gesehen
hat. Grenzschutzsoldnt Eggert betonte in
seiner Rede den Vernichtungswillen der En¬
tente, der durch die Unterstützung der auf¬
ständischen Polen besonders kraß zutage trete.
Der Durchzug der Hallerschen Armee in
französischer Uniform mit französischem Kriegs¬
material empfindet jeder nach dem ab¬
geschlossenen Waffenstillstand als einen Faust¬
schlag ins Gesicht. Der Grenzschutz brennt
darauf, den Vormarsch zur Wiedereroberung
der Provinz Posen anzutreten und Tausende
deutscher Männer würden sich zweifellos an¬
schließen. Leider seien uns aber die Hände
gebunden. Die Provinz Posen müßten wir
als lebenswichtigen Teil Deutschlands wieder
erhalten und deshalb mit allen Mitteln auf
Erfüllung des Punktes 13 der Wilsonschen
Eätze dringen. Eine Volksabstimmung würde
klar erweisen, daß die Provinz kein unbestreit¬
bar polnisches Gebiet im Wilsonschen Sinne sei.
Mit den zahlreichen im Grenzschutz stehen¬
den Flüchtlingen würde sicher das ganze Volk
zusammenstehen, wenn der Punkt 13 nicht ge-
rechterweisezuunserenGunsten ausgelegt werde.

[Spaltenumbruch]

Bürgermeister Schlüter führt etwa aus:
Wir verlangen, daß die Provinz Posen beim
deutschen Reiche bleibt. Die Provinz ist
deutsches Land, und Punkt 13 wird nicht
erfüllt, wenn sie abgetreten wird. Wie würde
es uns unter Polnischer Herrschaft gehen?
Seht euch das Schicksal unserer Brüder im
besetzten Gebiet an, hört, was die Geflüchteten
erzählen! Sie konnten das Elend nicht mehr
aushalten, sie waren ihres Lebens nicht
mehr sicher.

Angesehene Posener Bürger sind interniert
worden, mit der lügenhaften Begründung, daß
die Polen hinter der Demarkationslinie vom
deutschen Haß veifolgt würden. Jeder von
euch weiß, daß das eine Lüge ist. Das ver¬
wahrloste Kongreßpalen soll jetzt mit deut¬
schen Mitteln aus der Provinz Posen wieder
aufgebaut werden. Man wird die Deutschen
wieder an-pressen und wenn sie das letzte
hergegeben haben, wird man sie wie eine
ausgedrückte Zitrone beiseite werfen. Wir
müssen mit ehernem Finger an die Regierungs¬
pforte klopfen und rufen: Regierung werde
hart! Schütze und schirme deine Kinder, die
den heiszen Wunsch haben, deutsch zu bleiben.

Unter Glockengeläut und Marschmusik zog
sodann die Menschenmenge in einem statt¬
lichen Zuge durch die mit Fahnen reich-
geschmückte Straße, Als der Zug wieder auf
dem Marktplatz angekommen, sprach Baurat
Henschke im Namen des Deutschen Volksrats
Meseritz etwa folgendes: Gebt uus die
Heimat wieder! Dieser gewaltige Ruf Zehn¬
tausender von Flüchtlingen aus der Provinz
Posen erschallt heute an der gesamten Posener
Front von Thorn bis Breslau. . Er darf
nicht ungehört verhallen! Und wir alle, die
Wir die Schmach der Preisgabe der Provinz
ebenso tief wie sie empfinden, stehen ge¬
schlossen hinter ihnen. In letzter Stunde
wollen wir, gestützt auf unser gutes Recht
und auf Punkt 13 der Wilsonnote, unseren
festen Willen bekunden: Unsere deutsche
Heimatprovinz muß deutsch bleiben und darf
vom Reiche nicht getrennt werden.

Soldat Kleinschmidt, Mitglied des Zentral-
soldntenrnts des 3. Armeekorps, führte etwa
aus: Die Nichtbefolgung des Punktes 13
würde neues Unglück heraufbeschwören.
Deutschland müsse jetzt seine letzte Kraft zum

[Ende Spaltensatz]
Ans den deutschen Volksräten

[Beginn Spaltensatz]

Wissenschaft bringen, und helfen, unser Volk
glücklich zu machen.

Solches Ziel ist nur erreichbar nach Über-
briicknng aller der Hindernisse, die sich trennend
zwischen die einzelnen Schichten des deutschen
Volkes geschoben haben. Darum keine
Soziulistentöterei, keinen Antisemitismus, keine
konfessionellen Gegensätze, keine Betonung des
Trennenden, sondern immerwährende Be¬
tonung aller derjenigen Lebensüußerungsn,
die uns als Deutsche verbinden.

Die Devise des Deutschtums soll sein:


Die Volkskundgevung in Meseritz. Auf
Veranlassung des Deutschen Heimatbundes
Posener Flüchtlinge (Ortsgruppe Meseritz)
hatten sich zu einer imposanten Kundgebung
am Ostersonntag mittags auf dem hiesigen
Marktplatz mehrere tausend Deutsche aus
Stadt und Land, die hiesigen Grenzschutz¬
truppen, der Landwehrverband, die Schützen¬
gilde, die Feuerwehr und der Eisenbahn¬
verein eingefunden, eine Menschenmenge, wie
sie der Marktplatz in Meseritz noch nie gesehen
hat. Grenzschutzsoldnt Eggert betonte in
seiner Rede den Vernichtungswillen der En¬
tente, der durch die Unterstützung der auf¬
ständischen Polen besonders kraß zutage trete.
Der Durchzug der Hallerschen Armee in
französischer Uniform mit französischem Kriegs¬
material empfindet jeder nach dem ab¬
geschlossenen Waffenstillstand als einen Faust¬
schlag ins Gesicht. Der Grenzschutz brennt
darauf, den Vormarsch zur Wiedereroberung
der Provinz Posen anzutreten und Tausende
deutscher Männer würden sich zweifellos an¬
schließen. Leider seien uns aber die Hände
gebunden. Die Provinz Posen müßten wir
als lebenswichtigen Teil Deutschlands wieder
erhalten und deshalb mit allen Mitteln auf
Erfüllung des Punktes 13 der Wilsonschen
Eätze dringen. Eine Volksabstimmung würde
klar erweisen, daß die Provinz kein unbestreit¬
bar polnisches Gebiet im Wilsonschen Sinne sei.
Mit den zahlreichen im Grenzschutz stehen¬
den Flüchtlingen würde sicher das ganze Volk
zusammenstehen, wenn der Punkt 13 nicht ge-
rechterweisezuunserenGunsten ausgelegt werde.

[Spaltenumbruch]

Bürgermeister Schlüter führt etwa aus:
Wir verlangen, daß die Provinz Posen beim
deutschen Reiche bleibt. Die Provinz ist
deutsches Land, und Punkt 13 wird nicht
erfüllt, wenn sie abgetreten wird. Wie würde
es uns unter Polnischer Herrschaft gehen?
Seht euch das Schicksal unserer Brüder im
besetzten Gebiet an, hört, was die Geflüchteten
erzählen! Sie konnten das Elend nicht mehr
aushalten, sie waren ihres Lebens nicht
mehr sicher.

Angesehene Posener Bürger sind interniert
worden, mit der lügenhaften Begründung, daß
die Polen hinter der Demarkationslinie vom
deutschen Haß veifolgt würden. Jeder von
euch weiß, daß das eine Lüge ist. Das ver¬
wahrloste Kongreßpalen soll jetzt mit deut¬
schen Mitteln aus der Provinz Posen wieder
aufgebaut werden. Man wird die Deutschen
wieder an-pressen und wenn sie das letzte
hergegeben haben, wird man sie wie eine
ausgedrückte Zitrone beiseite werfen. Wir
müssen mit ehernem Finger an die Regierungs¬
pforte klopfen und rufen: Regierung werde
hart! Schütze und schirme deine Kinder, die
den heiszen Wunsch haben, deutsch zu bleiben.

Unter Glockengeläut und Marschmusik zog
sodann die Menschenmenge in einem statt¬
lichen Zuge durch die mit Fahnen reich-
geschmückte Straße, Als der Zug wieder auf
dem Marktplatz angekommen, sprach Baurat
Henschke im Namen des Deutschen Volksrats
Meseritz etwa folgendes: Gebt uus die
Heimat wieder! Dieser gewaltige Ruf Zehn¬
tausender von Flüchtlingen aus der Provinz
Posen erschallt heute an der gesamten Posener
Front von Thorn bis Breslau. . Er darf
nicht ungehört verhallen! Und wir alle, die
Wir die Schmach der Preisgabe der Provinz
ebenso tief wie sie empfinden, stehen ge¬
schlossen hinter ihnen. In letzter Stunde
wollen wir, gestützt auf unser gutes Recht
und auf Punkt 13 der Wilsonnote, unseren
festen Willen bekunden: Unsere deutsche
Heimatprovinz muß deutsch bleiben und darf
vom Reiche nicht getrennt werden.

Soldat Kleinschmidt, Mitglied des Zentral-
soldntenrnts des 3. Armeekorps, führte etwa
aus: Die Nichtbefolgung des Punktes 13
würde neues Unglück heraufbeschwören.
Deutschland müsse jetzt seine letzte Kraft zum

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0491" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335903"/>
              <fw type="header" place="top"> Ans den deutschen Volksräten</fw><lb/>
              <cb type="start"/>
              <p xml:id="ID_2657" prev="#ID_2656"> Wissenschaft bringen, und helfen, unser Volk<lb/>
glücklich zu machen.</p>
              <p xml:id="ID_2658"> Solches Ziel ist nur erreichbar nach Über-<lb/>
briicknng aller der Hindernisse, die sich trennend<lb/>
zwischen die einzelnen Schichten des deutschen<lb/>
Volkes geschoben haben. Darum keine<lb/>
Soziulistentöterei, keinen Antisemitismus, keine<lb/>
konfessionellen Gegensätze, keine Betonung des<lb/>
Trennenden, sondern immerwährende Be¬<lb/>
tonung aller derjenigen Lebensüußerungsn,<lb/>
die uns als Deutsche verbinden.</p>
              <p xml:id="ID_2659"> Die Devise des Deutschtums soll sein:</p>
              <lg xml:id="POEMID_8" type="poem">
                <l/>
              </lg>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <p xml:id="ID_2660"> Die Volkskundgevung in Meseritz. Auf<lb/>
Veranlassung des Deutschen Heimatbundes<lb/>
Posener Flüchtlinge (Ortsgruppe Meseritz)<lb/>
hatten sich zu einer imposanten Kundgebung<lb/>
am Ostersonntag mittags auf dem hiesigen<lb/>
Marktplatz mehrere tausend Deutsche aus<lb/>
Stadt und Land, die hiesigen Grenzschutz¬<lb/>
truppen, der Landwehrverband, die Schützen¬<lb/>
gilde, die Feuerwehr und der Eisenbahn¬<lb/>
verein eingefunden, eine Menschenmenge, wie<lb/>
sie der Marktplatz in Meseritz noch nie gesehen<lb/>
hat. Grenzschutzsoldnt Eggert betonte in<lb/>
seiner Rede den Vernichtungswillen der En¬<lb/>
tente, der durch die Unterstützung der auf¬<lb/>
ständischen Polen besonders kraß zutage trete.<lb/>
Der Durchzug der Hallerschen Armee in<lb/>
französischer Uniform mit französischem Kriegs¬<lb/>
material empfindet jeder nach dem ab¬<lb/>
geschlossenen Waffenstillstand als einen Faust¬<lb/>
schlag ins Gesicht. Der Grenzschutz brennt<lb/>
darauf, den Vormarsch zur Wiedereroberung<lb/>
der Provinz Posen anzutreten und Tausende<lb/>
deutscher Männer würden sich zweifellos an¬<lb/>
schließen. Leider seien uns aber die Hände<lb/>
gebunden. Die Provinz Posen müßten wir<lb/>
als lebenswichtigen Teil Deutschlands wieder<lb/>
erhalten und deshalb mit allen Mitteln auf<lb/>
Erfüllung des Punktes 13 der Wilsonschen<lb/>
Eätze dringen. Eine Volksabstimmung würde<lb/>
klar erweisen, daß die Provinz kein unbestreit¬<lb/>
bar polnisches Gebiet im Wilsonschen Sinne sei.<lb/>
Mit den zahlreichen im Grenzschutz stehen¬<lb/>
den Flüchtlingen würde sicher das ganze Volk<lb/>
zusammenstehen, wenn der Punkt 13 nicht ge-<lb/>
rechterweisezuunserenGunsten ausgelegt werde.</p>
              <cb/><lb/>
              <p xml:id="ID_2661"> Bürgermeister Schlüter führt etwa aus:<lb/>
Wir verlangen, daß die Provinz Posen beim<lb/>
deutschen Reiche bleibt. Die Provinz ist<lb/>
deutsches Land, und Punkt 13 wird nicht<lb/>
erfüllt, wenn sie abgetreten wird. Wie würde<lb/>
es uns unter Polnischer Herrschaft gehen?<lb/>
Seht euch das Schicksal unserer Brüder im<lb/>
besetzten Gebiet an, hört, was die Geflüchteten<lb/>
erzählen! Sie konnten das Elend nicht mehr<lb/>
aushalten, sie waren ihres Lebens nicht<lb/>
mehr sicher.</p>
              <p xml:id="ID_2662"> Angesehene Posener Bürger sind interniert<lb/>
worden, mit der lügenhaften Begründung, daß<lb/>
die Polen hinter der Demarkationslinie vom<lb/>
deutschen Haß veifolgt würden. Jeder von<lb/>
euch weiß, daß das eine Lüge ist. Das ver¬<lb/>
wahrloste Kongreßpalen soll jetzt mit deut¬<lb/>
schen Mitteln aus der Provinz Posen wieder<lb/>
aufgebaut werden. Man wird die Deutschen<lb/>
wieder an-pressen und wenn sie das letzte<lb/>
hergegeben haben, wird man sie wie eine<lb/>
ausgedrückte Zitrone beiseite werfen. Wir<lb/>
müssen mit ehernem Finger an die Regierungs¬<lb/>
pforte klopfen und rufen: Regierung werde<lb/>
hart! Schütze und schirme deine Kinder, die<lb/>
den heiszen Wunsch haben, deutsch zu bleiben.</p>
              <p xml:id="ID_2663"> Unter Glockengeläut und Marschmusik zog<lb/>
sodann die Menschenmenge in einem statt¬<lb/>
lichen Zuge durch die mit Fahnen reich-<lb/>
geschmückte Straße, Als der Zug wieder auf<lb/>
dem Marktplatz angekommen, sprach Baurat<lb/>
Henschke im Namen des Deutschen Volksrats<lb/>
Meseritz etwa folgendes: Gebt uus die<lb/>
Heimat wieder! Dieser gewaltige Ruf Zehn¬<lb/>
tausender von Flüchtlingen aus der Provinz<lb/>
Posen erschallt heute an der gesamten Posener<lb/>
Front von Thorn bis Breslau. . Er darf<lb/>
nicht ungehört verhallen! Und wir alle, die<lb/>
Wir die Schmach der Preisgabe der Provinz<lb/>
ebenso tief wie sie empfinden, stehen ge¬<lb/>
schlossen hinter ihnen. In letzter Stunde<lb/>
wollen wir, gestützt auf unser gutes Recht<lb/>
und auf Punkt 13 der Wilsonnote, unseren<lb/>
festen Willen bekunden: Unsere deutsche<lb/>
Heimatprovinz muß deutsch bleiben und darf<lb/>
vom Reiche nicht getrennt werden.</p>
              <p xml:id="ID_2664" next="#ID_2665"> Soldat Kleinschmidt, Mitglied des Zentral-<lb/>
soldntenrnts des 3. Armeekorps, führte etwa<lb/>
aus: Die Nichtbefolgung des Punktes 13<lb/>
würde neues Unglück heraufbeschwören.<lb/>
Deutschland müsse jetzt seine letzte Kraft zum</p>
              <cb type="end"/><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0491] Ans den deutschen Volksräten Wissenschaft bringen, und helfen, unser Volk glücklich zu machen. Solches Ziel ist nur erreichbar nach Über- briicknng aller der Hindernisse, die sich trennend zwischen die einzelnen Schichten des deutschen Volkes geschoben haben. Darum keine Soziulistentöterei, keinen Antisemitismus, keine konfessionellen Gegensätze, keine Betonung des Trennenden, sondern immerwährende Be¬ tonung aller derjenigen Lebensüußerungsn, die uns als Deutsche verbinden. Die Devise des Deutschtums soll sein: Die Volkskundgevung in Meseritz. Auf Veranlassung des Deutschen Heimatbundes Posener Flüchtlinge (Ortsgruppe Meseritz) hatten sich zu einer imposanten Kundgebung am Ostersonntag mittags auf dem hiesigen Marktplatz mehrere tausend Deutsche aus Stadt und Land, die hiesigen Grenzschutz¬ truppen, der Landwehrverband, die Schützen¬ gilde, die Feuerwehr und der Eisenbahn¬ verein eingefunden, eine Menschenmenge, wie sie der Marktplatz in Meseritz noch nie gesehen hat. Grenzschutzsoldnt Eggert betonte in seiner Rede den Vernichtungswillen der En¬ tente, der durch die Unterstützung der auf¬ ständischen Polen besonders kraß zutage trete. Der Durchzug der Hallerschen Armee in französischer Uniform mit französischem Kriegs¬ material empfindet jeder nach dem ab¬ geschlossenen Waffenstillstand als einen Faust¬ schlag ins Gesicht. Der Grenzschutz brennt darauf, den Vormarsch zur Wiedereroberung der Provinz Posen anzutreten und Tausende deutscher Männer würden sich zweifellos an¬ schließen. Leider seien uns aber die Hände gebunden. Die Provinz Posen müßten wir als lebenswichtigen Teil Deutschlands wieder erhalten und deshalb mit allen Mitteln auf Erfüllung des Punktes 13 der Wilsonschen Eätze dringen. Eine Volksabstimmung würde klar erweisen, daß die Provinz kein unbestreit¬ bar polnisches Gebiet im Wilsonschen Sinne sei. Mit den zahlreichen im Grenzschutz stehen¬ den Flüchtlingen würde sicher das ganze Volk zusammenstehen, wenn der Punkt 13 nicht ge- rechterweisezuunserenGunsten ausgelegt werde. Bürgermeister Schlüter führt etwa aus: Wir verlangen, daß die Provinz Posen beim deutschen Reiche bleibt. Die Provinz ist deutsches Land, und Punkt 13 wird nicht erfüllt, wenn sie abgetreten wird. Wie würde es uns unter Polnischer Herrschaft gehen? Seht euch das Schicksal unserer Brüder im besetzten Gebiet an, hört, was die Geflüchteten erzählen! Sie konnten das Elend nicht mehr aushalten, sie waren ihres Lebens nicht mehr sicher. Angesehene Posener Bürger sind interniert worden, mit der lügenhaften Begründung, daß die Polen hinter der Demarkationslinie vom deutschen Haß veifolgt würden. Jeder von euch weiß, daß das eine Lüge ist. Das ver¬ wahrloste Kongreßpalen soll jetzt mit deut¬ schen Mitteln aus der Provinz Posen wieder aufgebaut werden. Man wird die Deutschen wieder an-pressen und wenn sie das letzte hergegeben haben, wird man sie wie eine ausgedrückte Zitrone beiseite werfen. Wir müssen mit ehernem Finger an die Regierungs¬ pforte klopfen und rufen: Regierung werde hart! Schütze und schirme deine Kinder, die den heiszen Wunsch haben, deutsch zu bleiben. Unter Glockengeläut und Marschmusik zog sodann die Menschenmenge in einem statt¬ lichen Zuge durch die mit Fahnen reich- geschmückte Straße, Als der Zug wieder auf dem Marktplatz angekommen, sprach Baurat Henschke im Namen des Deutschen Volksrats Meseritz etwa folgendes: Gebt uus die Heimat wieder! Dieser gewaltige Ruf Zehn¬ tausender von Flüchtlingen aus der Provinz Posen erschallt heute an der gesamten Posener Front von Thorn bis Breslau. . Er darf nicht ungehört verhallen! Und wir alle, die Wir die Schmach der Preisgabe der Provinz ebenso tief wie sie empfinden, stehen ge¬ schlossen hinter ihnen. In letzter Stunde wollen wir, gestützt auf unser gutes Recht und auf Punkt 13 der Wilsonnote, unseren festen Willen bekunden: Unsere deutsche Heimatprovinz muß deutsch bleiben und darf vom Reiche nicht getrennt werden. Soldat Kleinschmidt, Mitglied des Zentral- soldntenrnts des 3. Armeekorps, führte etwa aus: Die Nichtbefolgung des Punktes 13 würde neues Unglück heraufbeschwören. Deutschland müsse jetzt seine letzte Kraft zum

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/491
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/491>, abgerufen am 18.12.2024.