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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Materialien zur ostdeutschen Frage

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den: "Journal des Debats" -- d. h. sie
hat ,von der Zentvalleitung einen dics-
bcziiglichcn fertigen Artikel zugestellt er¬
halten -- in dem die deutsche Grausamkeit
und Heuchelei eingehend dargelegt wird.

Die Zeitung "Journal des Debats"
druckt den Brief eines Polen >ab, welcher
Augenzeuge der zwischen Deutschen und
Polen stattgehabten Kämpfe im Süd-
Westen von Posen, unweit der schlesischen
Grenze wcir. "Die Stadt Obra ist von
allen Seiten umringt; die Deutschen
operieren quantitativ bedeutend mehr mit
Mftigcn Gasen als in Frankreich. Sie
vernichten Städte, Dörfer, die Saat, er¬
schlagen oder führen das Vieh weg. Sie
schlagen vor Freude in die Hände und
denken dabei, daß niemand die angerich¬
tete,, Schäden bezahlet: wird. Sie spotten
über die von der Entente erhaltene Note."
Dazu bemerkt die Redaktion: "Ja, die
Deutschen verspotten die Entente, das
wissen wir ganz gut."

"30 Kanonen," fügt unser Pole hin-
"n,, "beschießen das Schloß Ehobleniec,
wo verwundete Polen liegen. Eine tie¬
rische Raserei leitet alle ihre Taten und
die vier Jahre Krieg haben dieselben
noch nicht befriedigt. . . Wir sehnen uns
heiß nach der Ankunft der alliierten Kom¬
mission. . . Möge sie die unerhörten
^ügcn der deutschen Blätter mit dem
"Berliner Tageblatt" an der Spitze fest¬
stellen. . . . Fons ist vollständig in seinem
Rechte, daß er ähnelt nicht traut. Mau
'unß die Deutschen hören, wie sie was-
^ut ihrer Abendversammlungen sprechen.
Der Mist Wilhelms existiert immer
"och, nur uuter einem anderen Namen,
^in unbezähmter Haß ist in der preußi¬
schen Seele gegen die Franzosen und Po-
^n verblieben und wird fiir immer dort
bleiben.

Selbstverständlich spotten die Preußen
''Ah aus und verlachen uns, jedoch lacht
°" jenige am besten, der zuletzt lacht."

Unter der Ueberschrift "Instrumente
""löcher Kultur" beschreibt der "Dzien-
"'k Berlinski" (Berlin), Ur. 74, vom

[Spaltenumbruch]

2. Avril 1919 zwei Peitschen, die angeb¬
lich von den Bergleuten in Bieltzowieoe,
Kattowitzer Kreise, im dortigen früheren
Königlichen Bergwerk entdeckt worden
sind.

Die eine Peitsche soll einen halben
Meter lang und 3 Zentimeter stark sein,
die andere 55 Zentimeter lang und
2 Zentimeter stark. Sie sind aus schwerem
Gummi hergestellt und mit starkem Band¬
eisen umflochten. Am Ende einer jeden
Peitsche befindet sich ein aus Draht ge¬
flochtenes Ohr, um die Peitsche über die
Hand hängen zu können. Jedes dieser
Instrumente wiegt über 1 Pfund.

Der Artikel behauptet, daß diese Peit¬
schen für die polnischen Arbeiter bestimmt
gewesen seien und daß sie jetzt von den
Polen an das Nationalmuseum in Kra-
kau geschickt worden sind, um dort zu¬
sammen mit dem Wagen Drzyzala als
Andenken deutscher Schande aufbewahrt
zu werden."

Auch die Erweckung von Unruhe
und Erregung wird gefördert.

Die Protcstversammlung der ostmär¬
kischen Deutschen gegen die geplante Auf¬
klärung werde als Provokation der ruhi¬
gen (siehe Posen!) polnischen Bevölke¬
rung hingestellt ("Gazeta Chojnicki",
Ur. 48 vom 10. April). Die gleiche Zei¬
tung stellt die Behauptung auf, daß diese
Kundgebungen nur einen Boycott des
polnischen Kaufmanns- und Handwerker¬
standes bezwecken und zu Gewnlttätigkeitn
gegen die Polen aufreizen.

Die "Gazeta Gdanska" hat es sich zur
Spezialanfgabe gemacht, Unruhe bei den
Kassuben zu verbreiten, während die
"Gazeta Olszthuska" dies für die Mn-
suren und Ermländer besorgt. Nachstehend
Probe aus letztgenannter Zeitung:

Ur. 42 vom 9. April: "Die deutschon
Schulzen sammeln von den polnischen
Mitgliedern der Gemeinde Orzechowo
Znstimmungserklärungen für Preußen
mit der Drohung, Widerstrebende wür¬
den später deutscherseits verfolgt."

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den: „Journal des Debats" — d. h. sie
hat ,von der Zentvalleitung einen dics-
bcziiglichcn fertigen Artikel zugestellt er¬
halten — in dem die deutsche Grausamkeit
und Heuchelei eingehend dargelegt wird.

Die Zeitung „Journal des Debats"
druckt den Brief eines Polen >ab, welcher
Augenzeuge der zwischen Deutschen und
Polen stattgehabten Kämpfe im Süd-
Westen von Posen, unweit der schlesischen
Grenze wcir. „Die Stadt Obra ist von
allen Seiten umringt; die Deutschen
operieren quantitativ bedeutend mehr mit
Mftigcn Gasen als in Frankreich. Sie
vernichten Städte, Dörfer, die Saat, er¬
schlagen oder führen das Vieh weg. Sie
schlagen vor Freude in die Hände und
denken dabei, daß niemand die angerich¬
tete,, Schäden bezahlet: wird. Sie spotten
über die von der Entente erhaltene Note."
Dazu bemerkt die Redaktion: „Ja, die
Deutschen verspotten die Entente, das
wissen wir ganz gut."

„30 Kanonen," fügt unser Pole hin-
»n,, „beschießen das Schloß Ehobleniec,
wo verwundete Polen liegen. Eine tie¬
rische Raserei leitet alle ihre Taten und
die vier Jahre Krieg haben dieselben
noch nicht befriedigt. . . Wir sehnen uns
heiß nach der Ankunft der alliierten Kom¬
mission. . . Möge sie die unerhörten
^ügcn der deutschen Blätter mit dem
"Berliner Tageblatt" an der Spitze fest¬
stellen. . . . Fons ist vollständig in seinem
Rechte, daß er ähnelt nicht traut. Mau
'unß die Deutschen hören, wie sie was-
^ut ihrer Abendversammlungen sprechen.
Der Mist Wilhelms existiert immer
"och, nur uuter einem anderen Namen,
^in unbezähmter Haß ist in der preußi¬
schen Seele gegen die Franzosen und Po-
^n verblieben und wird fiir immer dort
bleiben.

Selbstverständlich spotten die Preußen
''Ah aus und verlachen uns, jedoch lacht
°" jenige am besten, der zuletzt lacht."

Unter der Ueberschrift „Instrumente
""löcher Kultur" beschreibt der „Dzien-
"'k Berlinski" (Berlin), Ur. 74, vom

[Spaltenumbruch]

2. Avril 1919 zwei Peitschen, die angeb¬
lich von den Bergleuten in Bieltzowieoe,
Kattowitzer Kreise, im dortigen früheren
Königlichen Bergwerk entdeckt worden
sind.

Die eine Peitsche soll einen halben
Meter lang und 3 Zentimeter stark sein,
die andere 55 Zentimeter lang und
2 Zentimeter stark. Sie sind aus schwerem
Gummi hergestellt und mit starkem Band¬
eisen umflochten. Am Ende einer jeden
Peitsche befindet sich ein aus Draht ge¬
flochtenes Ohr, um die Peitsche über die
Hand hängen zu können. Jedes dieser
Instrumente wiegt über 1 Pfund.

Der Artikel behauptet, daß diese Peit¬
schen für die polnischen Arbeiter bestimmt
gewesen seien und daß sie jetzt von den
Polen an das Nationalmuseum in Kra-
kau geschickt worden sind, um dort zu¬
sammen mit dem Wagen Drzyzala als
Andenken deutscher Schande aufbewahrt
zu werden."

Auch die Erweckung von Unruhe
und Erregung wird gefördert.

Die Protcstversammlung der ostmär¬
kischen Deutschen gegen die geplante Auf¬
klärung werde als Provokation der ruhi¬
gen (siehe Posen!) polnischen Bevölke¬
rung hingestellt („Gazeta Chojnicki",
Ur. 48 vom 10. April). Die gleiche Zei¬
tung stellt die Behauptung auf, daß diese
Kundgebungen nur einen Boycott des
polnischen Kaufmanns- und Handwerker¬
standes bezwecken und zu Gewnlttätigkeitn
gegen die Polen aufreizen.

Die „Gazeta Gdanska" hat es sich zur
Spezialanfgabe gemacht, Unruhe bei den
Kassuben zu verbreiten, während die
„Gazeta Olszthuska" dies für die Mn-
suren und Ermländer besorgt. Nachstehend
Probe aus letztgenannter Zeitung:

Ur. 42 vom 9. April: „Die deutschon
Schulzen sammeln von den polnischen
Mitgliedern der Gemeinde Orzechowo
Znstimmungserklärungen für Preußen
mit der Drohung, Widerstrebende wür¬
den später deutscherseits verfolgt."

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[0471] Materialien zur ostdeutschen Frage den: „Journal des Debats" — d. h. sie hat ,von der Zentvalleitung einen dics- bcziiglichcn fertigen Artikel zugestellt er¬ halten — in dem die deutsche Grausamkeit und Heuchelei eingehend dargelegt wird. Die Zeitung „Journal des Debats" druckt den Brief eines Polen >ab, welcher Augenzeuge der zwischen Deutschen und Polen stattgehabten Kämpfe im Süd- Westen von Posen, unweit der schlesischen Grenze wcir. „Die Stadt Obra ist von allen Seiten umringt; die Deutschen operieren quantitativ bedeutend mehr mit Mftigcn Gasen als in Frankreich. Sie vernichten Städte, Dörfer, die Saat, er¬ schlagen oder führen das Vieh weg. Sie schlagen vor Freude in die Hände und denken dabei, daß niemand die angerich¬ tete,, Schäden bezahlet: wird. Sie spotten über die von der Entente erhaltene Note." Dazu bemerkt die Redaktion: „Ja, die Deutschen verspotten die Entente, das wissen wir ganz gut." „30 Kanonen," fügt unser Pole hin- »n,, „beschießen das Schloß Ehobleniec, wo verwundete Polen liegen. Eine tie¬ rische Raserei leitet alle ihre Taten und die vier Jahre Krieg haben dieselben noch nicht befriedigt. . . Wir sehnen uns heiß nach der Ankunft der alliierten Kom¬ mission. . . Möge sie die unerhörten ^ügcn der deutschen Blätter mit dem "Berliner Tageblatt" an der Spitze fest¬ stellen. . . . Fons ist vollständig in seinem Rechte, daß er ähnelt nicht traut. Mau 'unß die Deutschen hören, wie sie was- ^ut ihrer Abendversammlungen sprechen. Der Mist Wilhelms existiert immer "och, nur uuter einem anderen Namen, ^in unbezähmter Haß ist in der preußi¬ schen Seele gegen die Franzosen und Po- ^n verblieben und wird fiir immer dort bleiben. Selbstverständlich spotten die Preußen ''Ah aus und verlachen uns, jedoch lacht °" jenige am besten, der zuletzt lacht." Unter der Ueberschrift „Instrumente ""löcher Kultur" beschreibt der „Dzien- "'k Berlinski" (Berlin), Ur. 74, vom 2. Avril 1919 zwei Peitschen, die angeb¬ lich von den Bergleuten in Bieltzowieoe, Kattowitzer Kreise, im dortigen früheren Königlichen Bergwerk entdeckt worden sind. Die eine Peitsche soll einen halben Meter lang und 3 Zentimeter stark sein, die andere 55 Zentimeter lang und 2 Zentimeter stark. Sie sind aus schwerem Gummi hergestellt und mit starkem Band¬ eisen umflochten. Am Ende einer jeden Peitsche befindet sich ein aus Draht ge¬ flochtenes Ohr, um die Peitsche über die Hand hängen zu können. Jedes dieser Instrumente wiegt über 1 Pfund. Der Artikel behauptet, daß diese Peit¬ schen für die polnischen Arbeiter bestimmt gewesen seien und daß sie jetzt von den Polen an das Nationalmuseum in Kra- kau geschickt worden sind, um dort zu¬ sammen mit dem Wagen Drzyzala als Andenken deutscher Schande aufbewahrt zu werden." Auch die Erweckung von Unruhe und Erregung wird gefördert. Die Protcstversammlung der ostmär¬ kischen Deutschen gegen die geplante Auf¬ klärung werde als Provokation der ruhi¬ gen (siehe Posen!) polnischen Bevölke¬ rung hingestellt („Gazeta Chojnicki", Ur. 48 vom 10. April). Die gleiche Zei¬ tung stellt die Behauptung auf, daß diese Kundgebungen nur einen Boycott des polnischen Kaufmanns- und Handwerker¬ standes bezwecken und zu Gewnlttätigkeitn gegen die Polen aufreizen. Die „Gazeta Gdanska" hat es sich zur Spezialanfgabe gemacht, Unruhe bei den Kassuben zu verbreiten, während die „Gazeta Olszthuska" dies für die Mn- suren und Ermländer besorgt. Nachstehend Probe aus letztgenannter Zeitung: Ur. 42 vom 9. April: „Die deutschon Schulzen sammeln von den polnischen Mitgliedern der Gemeinde Orzechowo Znstimmungserklärungen für Preußen mit der Drohung, Widerstrebende wür¬ den später deutscherseits verfolgt."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/471>, abgerufen am 18.12.2024.