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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Materialien zur ostdeutschen Frage

Personen ihrer Haushaltung verlangten Angaben auf den Zählpapicren tunlichst
selbst zu liefern." Immerhin kommen Fälle, in denen der Zähler auf die Ein¬
tragungen des Haushallsvorstandes unerlaubten Einfluß zu nehmen sucht, zweifellos
vor; und sie kommen dort am leichtesten vor, wo, wie bei Polen und Kaschuben,
die Grenzen außerordentlich flüssig sind und der Einwirkung des Zählers ein
verhältnismäßig großer Spielraum bleibt. Daraus erklärt sich das Schwanken
in den Angaben über die Zcchl der Kaschuben, das Bernhard zum Ausgansspunkt
seiner Kritik nackt. Durch Addition von Polen und Kaschuben wird aber, wie
gesagt, im Folgenden diese Fehlerguelle ausgeschaltet. Im übrigen aber spielt der
Einfluß einzelner Zähler gerade in Posen und Westpreußen eine, nennenswerte
grolle sicher nicht. Dazu ist der Nationalitätenkampf dort viel zu scharf; jeder
weiß genau, auf welche Seite er gehört, und die polnische Agitation, die vor
jeder Volkszählung alle Volksgenossen aufs eindringlichste auffordert, nur polnisch
als Muttersprache anzugeben, rüttelt auch die Säumigen mit Erfolg wach. Das
beweisen -- und damit kommen wir zum dritten Hauptvorwurf. der gegen die
Preußische Volkszählung erhoben wird -- die niedrigen Zahlen der "Zwei¬
sprachigen" in Posen und auch in Westpreußen. In Posen sind 1910 nur
11796 Zweisprachige oder 0.S6 Prozent gezählt, in Westpreußen 19192 oder
1,13 Prozent. Daß die Zahl der Zweisprachigen in Westpreußen höher ist als
in Posen, erklärt sich ohne weiteres aus der weniger scharfen Zuspitzung der
nationalen Gegensätze; je schärfer die Gegensätze, um so mehr wird jeder zur
klaren Stellungnahme gezwungen; aus demselben Grunde sind die Zahlen der
Zweisprachigen in Oberschlesien und Ostpreußen wiederum erheblich höher als in
Westpreußen. Frejljch nennt die Zahl, die sich im ganzen an Zweisprachigen im preu¬
ßischen Osten ergibt (ca. 140000), eine"philologische und statistische Ungeheuerlichkeit".
Aber er übersieht dabei, daß die Zweisprachigkeit der gemischtsprachigen Gegenden
etwas sehr häufiges ist, daß dort viele Personen von Jugend auf zwei -- oder
wie es etwa in Litauen nicht selten vorkommt -- auch drei Sprachen gleich gut
beherrschen und einfach nicht imstande sind, eine bestimmte Sprache als Mutter¬
sprache zu bezeichnen. Deshalb haben die Zahlen der Zweisprachigen in Preußen
durchaus nichts Auffälliges, um so weniger, als sie im Einklang mit den tatsäch¬
lichen Verhältnissen dort am höchsten sind, wo, wie in Oberschlesien und Ostpreußen,
die nationalen Gegensätze am schwächsten und die Grenzen zwischen Denlschtrnn
und Polentum oder Masurentum infolgedessen am flüssigsten sind. Wenn Frejlich
schließlich meint, daß auch die Polen den Zweisprachigen zugerechnet seien, die
bei der Zählung angegeben hätten, das Deutsche zu beherrschen, so ist das eine
bewußt falsche Behauptung; denn auch Bernhard stellt ausdrücklich fest, daß die
Zusntzfrage, die 1910 an die polnischen Einsprachigen gerichtet wurde ("ob sie der
deutschen Sprache mächtig seien"), mit der Zweisprachigkeit nichts zu tun hat.
Das beweist vor allem der Umstand, daß die Zählung von 1910 für die Zwei¬
sprachigen und für die, welche diese Frage mit "ja" beantwortet haben, ganz
verschiedene Zahlen ergeben hat. Es waren 1910 vorhanden:

Westpreuszen Posen Oberschlesien
Personen mit deutscher und polnischer
Muttersprache (Zweisprachige) . . . 19192 11796 88798
Personen mit polnischer Muttersprache, die
der deutschen Sprache mächtig waren 306714 W6688 766963

' Wollte also die preußische Statistik die Zahl der Zweisprachigen durch jene
Zuscitzfrage erhöhen, so könnte sie für die Zweisprachigen mit gan^ anderen Zahlen
aufwarten!

Wohin sind min die Zweisprachigen zu rechnen? Die Polen wollen sie
^schließlich sich zuzählen. Das geht nicht an; denn einmal sind die Zwei-
lprachigeii nicht ausschließlich polnischer Herkunft; nach den Familiennamen zu
Merken, stammen etwa 70 Prozent der Doppelsprachigen von Polen ab. Dann
wollen diese Zweisprachigen auch nicht als Polen gerechnet sein; denn


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Materialien zur ostdeutschen Frage

Personen ihrer Haushaltung verlangten Angaben auf den Zählpapicren tunlichst
selbst zu liefern." Immerhin kommen Fälle, in denen der Zähler auf die Ein¬
tragungen des Haushallsvorstandes unerlaubten Einfluß zu nehmen sucht, zweifellos
vor; und sie kommen dort am leichtesten vor, wo, wie bei Polen und Kaschuben,
die Grenzen außerordentlich flüssig sind und der Einwirkung des Zählers ein
verhältnismäßig großer Spielraum bleibt. Daraus erklärt sich das Schwanken
in den Angaben über die Zcchl der Kaschuben, das Bernhard zum Ausgansspunkt
seiner Kritik nackt. Durch Addition von Polen und Kaschuben wird aber, wie
gesagt, im Folgenden diese Fehlerguelle ausgeschaltet. Im übrigen aber spielt der
Einfluß einzelner Zähler gerade in Posen und Westpreußen eine, nennenswerte
grolle sicher nicht. Dazu ist der Nationalitätenkampf dort viel zu scharf; jeder
weiß genau, auf welche Seite er gehört, und die polnische Agitation, die vor
jeder Volkszählung alle Volksgenossen aufs eindringlichste auffordert, nur polnisch
als Muttersprache anzugeben, rüttelt auch die Säumigen mit Erfolg wach. Das
beweisen — und damit kommen wir zum dritten Hauptvorwurf. der gegen die
Preußische Volkszählung erhoben wird — die niedrigen Zahlen der „Zwei¬
sprachigen" in Posen und auch in Westpreußen. In Posen sind 1910 nur
11796 Zweisprachige oder 0.S6 Prozent gezählt, in Westpreußen 19192 oder
1,13 Prozent. Daß die Zahl der Zweisprachigen in Westpreußen höher ist als
in Posen, erklärt sich ohne weiteres aus der weniger scharfen Zuspitzung der
nationalen Gegensätze; je schärfer die Gegensätze, um so mehr wird jeder zur
klaren Stellungnahme gezwungen; aus demselben Grunde sind die Zahlen der
Zweisprachigen in Oberschlesien und Ostpreußen wiederum erheblich höher als in
Westpreußen. Frejljch nennt die Zahl, die sich im ganzen an Zweisprachigen im preu¬
ßischen Osten ergibt (ca. 140000), eine„philologische und statistische Ungeheuerlichkeit".
Aber er übersieht dabei, daß die Zweisprachigkeit der gemischtsprachigen Gegenden
etwas sehr häufiges ist, daß dort viele Personen von Jugend auf zwei — oder
wie es etwa in Litauen nicht selten vorkommt — auch drei Sprachen gleich gut
beherrschen und einfach nicht imstande sind, eine bestimmte Sprache als Mutter¬
sprache zu bezeichnen. Deshalb haben die Zahlen der Zweisprachigen in Preußen
durchaus nichts Auffälliges, um so weniger, als sie im Einklang mit den tatsäch¬
lichen Verhältnissen dort am höchsten sind, wo, wie in Oberschlesien und Ostpreußen,
die nationalen Gegensätze am schwächsten und die Grenzen zwischen Denlschtrnn
und Polentum oder Masurentum infolgedessen am flüssigsten sind. Wenn Frejlich
schließlich meint, daß auch die Polen den Zweisprachigen zugerechnet seien, die
bei der Zählung angegeben hätten, das Deutsche zu beherrschen, so ist das eine
bewußt falsche Behauptung; denn auch Bernhard stellt ausdrücklich fest, daß die
Zusntzfrage, die 1910 an die polnischen Einsprachigen gerichtet wurde („ob sie der
deutschen Sprache mächtig seien"), mit der Zweisprachigkeit nichts zu tun hat.
Das beweist vor allem der Umstand, daß die Zählung von 1910 für die Zwei¬
sprachigen und für die, welche diese Frage mit „ja" beantwortet haben, ganz
verschiedene Zahlen ergeben hat. Es waren 1910 vorhanden:

Westpreuszen Posen Oberschlesien
Personen mit deutscher und polnischer
Muttersprache (Zweisprachige) . . . 19192 11796 88798
Personen mit polnischer Muttersprache, die
der deutschen Sprache mächtig waren 306714 W6688 766963

' Wollte also die preußische Statistik die Zahl der Zweisprachigen durch jene
Zuscitzfrage erhöhen, so könnte sie für die Zweisprachigen mit gan^ anderen Zahlen
aufwarten!

Wohin sind min die Zweisprachigen zu rechnen? Die Polen wollen sie
^schließlich sich zuzählen. Das geht nicht an; denn einmal sind die Zwei-
lprachigeii nicht ausschließlich polnischer Herkunft; nach den Familiennamen zu
Merken, stammen etwa 70 Prozent der Doppelsprachigen von Polen ab. Dann
wollen diese Zweisprachigen auch nicht als Polen gerechnet sein; denn


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[0403] Materialien zur ostdeutschen Frage Personen ihrer Haushaltung verlangten Angaben auf den Zählpapicren tunlichst selbst zu liefern." Immerhin kommen Fälle, in denen der Zähler auf die Ein¬ tragungen des Haushallsvorstandes unerlaubten Einfluß zu nehmen sucht, zweifellos vor; und sie kommen dort am leichtesten vor, wo, wie bei Polen und Kaschuben, die Grenzen außerordentlich flüssig sind und der Einwirkung des Zählers ein verhältnismäßig großer Spielraum bleibt. Daraus erklärt sich das Schwanken in den Angaben über die Zcchl der Kaschuben, das Bernhard zum Ausgansspunkt seiner Kritik nackt. Durch Addition von Polen und Kaschuben wird aber, wie gesagt, im Folgenden diese Fehlerguelle ausgeschaltet. Im übrigen aber spielt der Einfluß einzelner Zähler gerade in Posen und Westpreußen eine, nennenswerte grolle sicher nicht. Dazu ist der Nationalitätenkampf dort viel zu scharf; jeder weiß genau, auf welche Seite er gehört, und die polnische Agitation, die vor jeder Volkszählung alle Volksgenossen aufs eindringlichste auffordert, nur polnisch als Muttersprache anzugeben, rüttelt auch die Säumigen mit Erfolg wach. Das beweisen — und damit kommen wir zum dritten Hauptvorwurf. der gegen die Preußische Volkszählung erhoben wird — die niedrigen Zahlen der „Zwei¬ sprachigen" in Posen und auch in Westpreußen. In Posen sind 1910 nur 11796 Zweisprachige oder 0.S6 Prozent gezählt, in Westpreußen 19192 oder 1,13 Prozent. Daß die Zahl der Zweisprachigen in Westpreußen höher ist als in Posen, erklärt sich ohne weiteres aus der weniger scharfen Zuspitzung der nationalen Gegensätze; je schärfer die Gegensätze, um so mehr wird jeder zur klaren Stellungnahme gezwungen; aus demselben Grunde sind die Zahlen der Zweisprachigen in Oberschlesien und Ostpreußen wiederum erheblich höher als in Westpreußen. Frejljch nennt die Zahl, die sich im ganzen an Zweisprachigen im preu¬ ßischen Osten ergibt (ca. 140000), eine„philologische und statistische Ungeheuerlichkeit". Aber er übersieht dabei, daß die Zweisprachigkeit der gemischtsprachigen Gegenden etwas sehr häufiges ist, daß dort viele Personen von Jugend auf zwei — oder wie es etwa in Litauen nicht selten vorkommt — auch drei Sprachen gleich gut beherrschen und einfach nicht imstande sind, eine bestimmte Sprache als Mutter¬ sprache zu bezeichnen. Deshalb haben die Zahlen der Zweisprachigen in Preußen durchaus nichts Auffälliges, um so weniger, als sie im Einklang mit den tatsäch¬ lichen Verhältnissen dort am höchsten sind, wo, wie in Oberschlesien und Ostpreußen, die nationalen Gegensätze am schwächsten und die Grenzen zwischen Denlschtrnn und Polentum oder Masurentum infolgedessen am flüssigsten sind. Wenn Frejlich schließlich meint, daß auch die Polen den Zweisprachigen zugerechnet seien, die bei der Zählung angegeben hätten, das Deutsche zu beherrschen, so ist das eine bewußt falsche Behauptung; denn auch Bernhard stellt ausdrücklich fest, daß die Zusntzfrage, die 1910 an die polnischen Einsprachigen gerichtet wurde („ob sie der deutschen Sprache mächtig seien"), mit der Zweisprachigkeit nichts zu tun hat. Das beweist vor allem der Umstand, daß die Zählung von 1910 für die Zwei¬ sprachigen und für die, welche diese Frage mit „ja" beantwortet haben, ganz verschiedene Zahlen ergeben hat. Es waren 1910 vorhanden: Westpreuszen Posen Oberschlesien Personen mit deutscher und polnischer Muttersprache (Zweisprachige) . . . 19192 11796 88798 Personen mit polnischer Muttersprache, die der deutschen Sprache mächtig waren 306714 W6688 766963 ' Wollte also die preußische Statistik die Zahl der Zweisprachigen durch jene Zuscitzfrage erhöhen, so könnte sie für die Zweisprachigen mit gan^ anderen Zahlen aufwarten! Wohin sind min die Zweisprachigen zu rechnen? Die Polen wollen sie ^schließlich sich zuzählen. Das geht nicht an; denn einmal sind die Zwei- lprachigeii nicht ausschließlich polnischer Herkunft; nach den Familiennamen zu Merken, stammen etwa 70 Prozent der Doppelsprachigen von Polen ab. Dann wollen diese Zweisprachigen auch nicht als Polen gerechnet sein; denn 6»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/403>, abgerufen am 18.12.2024.