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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Materialien zur ostdeutschen Frage

[Beginn Spaltensatz]

Sache, für die ihre Armee kämpft, heilig
und gerecht ist, daß ein Zweifel an ihrem
Erfolg gleichbedeutend gewesen wäre mit
einem Zweifel an der sittlichen Ordnung der
Welt. Wir glaubten an den Sieg derjenigen,
die wir für unsere Bundesgenossen ansahen,
und glaubten, daß dieser Sieg uns eine
Befreiung aus dem Joche des barbarischen
Eroberers bringen werde.

Die Tapferkeit des Polnischen Soldaten,
welcher eilte, die angegriffene nationale Ehre
zu verteidigen, brachte es mit sich, daß wir
die heute ankommenden Gäste als Wirte und
Herrscher dieses Landes begrüßen können.
Die Hand des preußischen Söldners wird
heute die Banner der Entente nicht mehr
herunterreißen, mit welchen wir als Zeichen
der Freude unsere Häuser geschmückt haben!"

Über die Empfangssestlichkeiten geben die
"Pvssner Neuesten Nachrichten" vom
4 März folgenden zusammenfassenden Bericht:

Auf allen öffentlichen Gebäuden war die
polnische Fahne gehißt, auch auf dem Flaggen¬
mast des Schlosses, auf dem bisher die Note-
Kreuzfahne wehte, wurde gestern mittag das
polnische Adler-Banner aufgezogen. Zahl¬
reiche Häuser tragen Fahnenschmuck in den
polnischen und Entente-Farben. Vormittags
Uhr fand auf dem Wilhelmsplatz (jetzt
Freiheitsplatz) eine militärische Feier statt;
rings um den Platz hatten etwa zweitausend
Mann Aufstellung genommen, darunter ein
Ulanenregiment. In der Mitte des Platzes
fuhren die vier einzuweihenden Batterien mit
zusammen vierzehn Geschützen (darunter eine
schwere Mörserbatterie zu zwei Geschützen)
auf. Auch die Vertreter des Obersten Pol¬
nischen Volksraies waren zu der Feier er¬
schienen. Kurz nach it^/z Uhr begann, von
der polnischen Bevölkerung wiederum lebhaft
begrüßt, die Auffahrt der Ententevertreter,
zusammen 23 Herren. Der Wilhelmsplatz
selbst war für das Publikum abgesperrt,
Mannschaften der Bürgerwehr hielten die
Ordnung aufrecht. Unter Führung des Ge¬
neralleutnants Dowbür Musnicki schritten die
Delegierten, mit dem französischen General
Niessel an der Spitze, die Front der auf¬
gestellten Truppen ab, worauf die Weihe der
vier Batterien durch den Feldgeistlichen
Dykiert stattfand. Hieran schloß sich ein

[Spaltenumbruch]

Vorbeimarsch der Soldaten an der Südseite
des Wilhelmplatzes. Mehrere Flieger kreisten
gleichzeitig während der Feier über der
inneren Stadt und über dem Platz, wobei
einer derselben einen Sturzflug ausführte.
Während nunmehr die Vertreter der Polni¬
schen Behörden mit dem Kommissariat des
Obersten Polnischen Volksrats sich nach dem
Alten Rathaus begaben -- polnische Vereine,
Innungen und stones bildeten Spalier --
unternahmen die Mitglieder der Delegation
eine Rundfahrt durch die Stadt und trafen
kurz vor 1 Uhr ebenfalls im Alten Rathaus
ein. In dessen "Goldenen Saal" wurden
sie von dem Stadtpräsidenten v. Drewski
namens der Stadt begrüßt. Kommissar
Poszwinski hielt sodann von dem Balkon des
ersten Stockwerks eine Ansprache, auf die
Botschafter Noulens antwortete. Gegen 2 Uhr
traten die Ententevertreter die Rückfahrt nach
dem Schloß an. Abends 7 Uhr fand hier
im großen Saal ein offizielles Bankett statt.
Bei dieser Gelegenheit hielt Kommissar Kor-
fanty an die Vertreter Frankreichs, Englands,
Italiens und der Vereinigten Staaten eine
längere Ansprache.

Die Balkonrede Poszwinskis hatte
nach einem Bericht des "Dzienn. Pozn." vom
4. März folgenden Wortlaut:

Meine Herren aus der Ententemission I
Bürger!

Als im Juli 1se4 sich die ersten Signale
des Weltkrieges bemerkbar machten, als im
August die ersten Schüsse fielen, fühlte unser
Volk, daß sich ihm der entscheidende Augen¬
blick naht. Die Bitten unserer Dichter, welche
um einen großen Krieg der Völker gebetet
haben, um einen Krieg, welcher die Un¬
gerechtigkeit der Welt brechen, dagegen neue
Zeiten küren sollte, sowie neue Leute, die
Herrschaft des Rechts, der Gerechtigkeit, Frei¬
heit und Verbrüderung der Nationen, ver¬
wirklicht sich jetzt.

Vom ersten Augenblicke an wußte unser
Volk, auf welche Seite eS sich stellen solle.
Und um so bemerkenswerter ist jene Über¬
zeugung und jener Glaube, daß wenn in
gewissen Schichten der polnische Gedanke
herumirrte, der einzig und unveränderlich
war, so war derselbe treu und ständig beim
Volke, also beim Stamme einer jeden Nation.

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Materialien zur ostdeutschen Frage

[Beginn Spaltensatz]

Sache, für die ihre Armee kämpft, heilig
und gerecht ist, daß ein Zweifel an ihrem
Erfolg gleichbedeutend gewesen wäre mit
einem Zweifel an der sittlichen Ordnung der
Welt. Wir glaubten an den Sieg derjenigen,
die wir für unsere Bundesgenossen ansahen,
und glaubten, daß dieser Sieg uns eine
Befreiung aus dem Joche des barbarischen
Eroberers bringen werde.

Die Tapferkeit des Polnischen Soldaten,
welcher eilte, die angegriffene nationale Ehre
zu verteidigen, brachte es mit sich, daß wir
die heute ankommenden Gäste als Wirte und
Herrscher dieses Landes begrüßen können.
Die Hand des preußischen Söldners wird
heute die Banner der Entente nicht mehr
herunterreißen, mit welchen wir als Zeichen
der Freude unsere Häuser geschmückt haben!"

Über die Empfangssestlichkeiten geben die
„Pvssner Neuesten Nachrichten" vom
4 März folgenden zusammenfassenden Bericht:

Auf allen öffentlichen Gebäuden war die
polnische Fahne gehißt, auch auf dem Flaggen¬
mast des Schlosses, auf dem bisher die Note-
Kreuzfahne wehte, wurde gestern mittag das
polnische Adler-Banner aufgezogen. Zahl¬
reiche Häuser tragen Fahnenschmuck in den
polnischen und Entente-Farben. Vormittags
Uhr fand auf dem Wilhelmsplatz (jetzt
Freiheitsplatz) eine militärische Feier statt;
rings um den Platz hatten etwa zweitausend
Mann Aufstellung genommen, darunter ein
Ulanenregiment. In der Mitte des Platzes
fuhren die vier einzuweihenden Batterien mit
zusammen vierzehn Geschützen (darunter eine
schwere Mörserbatterie zu zwei Geschützen)
auf. Auch die Vertreter des Obersten Pol¬
nischen Volksraies waren zu der Feier er¬
schienen. Kurz nach it^/z Uhr begann, von
der polnischen Bevölkerung wiederum lebhaft
begrüßt, die Auffahrt der Ententevertreter,
zusammen 23 Herren. Der Wilhelmsplatz
selbst war für das Publikum abgesperrt,
Mannschaften der Bürgerwehr hielten die
Ordnung aufrecht. Unter Führung des Ge¬
neralleutnants Dowbür Musnicki schritten die
Delegierten, mit dem französischen General
Niessel an der Spitze, die Front der auf¬
gestellten Truppen ab, worauf die Weihe der
vier Batterien durch den Feldgeistlichen
Dykiert stattfand. Hieran schloß sich ein

[Spaltenumbruch]

Vorbeimarsch der Soldaten an der Südseite
des Wilhelmplatzes. Mehrere Flieger kreisten
gleichzeitig während der Feier über der
inneren Stadt und über dem Platz, wobei
einer derselben einen Sturzflug ausführte.
Während nunmehr die Vertreter der Polni¬
schen Behörden mit dem Kommissariat des
Obersten Polnischen Volksrats sich nach dem
Alten Rathaus begaben — polnische Vereine,
Innungen und stones bildeten Spalier —
unternahmen die Mitglieder der Delegation
eine Rundfahrt durch die Stadt und trafen
kurz vor 1 Uhr ebenfalls im Alten Rathaus
ein. In dessen „Goldenen Saal" wurden
sie von dem Stadtpräsidenten v. Drewski
namens der Stadt begrüßt. Kommissar
Poszwinski hielt sodann von dem Balkon des
ersten Stockwerks eine Ansprache, auf die
Botschafter Noulens antwortete. Gegen 2 Uhr
traten die Ententevertreter die Rückfahrt nach
dem Schloß an. Abends 7 Uhr fand hier
im großen Saal ein offizielles Bankett statt.
Bei dieser Gelegenheit hielt Kommissar Kor-
fanty an die Vertreter Frankreichs, Englands,
Italiens und der Vereinigten Staaten eine
längere Ansprache.

Die Balkonrede Poszwinskis hatte
nach einem Bericht des „Dzienn. Pozn." vom
4. März folgenden Wortlaut:

Meine Herren aus der Ententemission I
Bürger!

Als im Juli 1se4 sich die ersten Signale
des Weltkrieges bemerkbar machten, als im
August die ersten Schüsse fielen, fühlte unser
Volk, daß sich ihm der entscheidende Augen¬
blick naht. Die Bitten unserer Dichter, welche
um einen großen Krieg der Völker gebetet
haben, um einen Krieg, welcher die Un¬
gerechtigkeit der Welt brechen, dagegen neue
Zeiten küren sollte, sowie neue Leute, die
Herrschaft des Rechts, der Gerechtigkeit, Frei¬
heit und Verbrüderung der Nationen, ver¬
wirklicht sich jetzt.

Vom ersten Augenblicke an wußte unser
Volk, auf welche Seite eS sich stellen solle.
Und um so bemerkenswerter ist jene Über¬
zeugung und jener Glaube, daß wenn in
gewissen Schichten der polnische Gedanke
herumirrte, der einzig und unveränderlich
war, so war derselbe treu und ständig beim
Volke, also beim Stamme einer jeden Nation.

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[0378] Materialien zur ostdeutschen Frage Sache, für die ihre Armee kämpft, heilig und gerecht ist, daß ein Zweifel an ihrem Erfolg gleichbedeutend gewesen wäre mit einem Zweifel an der sittlichen Ordnung der Welt. Wir glaubten an den Sieg derjenigen, die wir für unsere Bundesgenossen ansahen, und glaubten, daß dieser Sieg uns eine Befreiung aus dem Joche des barbarischen Eroberers bringen werde. Die Tapferkeit des Polnischen Soldaten, welcher eilte, die angegriffene nationale Ehre zu verteidigen, brachte es mit sich, daß wir die heute ankommenden Gäste als Wirte und Herrscher dieses Landes begrüßen können. Die Hand des preußischen Söldners wird heute die Banner der Entente nicht mehr herunterreißen, mit welchen wir als Zeichen der Freude unsere Häuser geschmückt haben!" Über die Empfangssestlichkeiten geben die „Pvssner Neuesten Nachrichten" vom 4 März folgenden zusammenfassenden Bericht: Auf allen öffentlichen Gebäuden war die polnische Fahne gehißt, auch auf dem Flaggen¬ mast des Schlosses, auf dem bisher die Note- Kreuzfahne wehte, wurde gestern mittag das polnische Adler-Banner aufgezogen. Zahl¬ reiche Häuser tragen Fahnenschmuck in den polnischen und Entente-Farben. Vormittags Uhr fand auf dem Wilhelmsplatz (jetzt Freiheitsplatz) eine militärische Feier statt; rings um den Platz hatten etwa zweitausend Mann Aufstellung genommen, darunter ein Ulanenregiment. In der Mitte des Platzes fuhren die vier einzuweihenden Batterien mit zusammen vierzehn Geschützen (darunter eine schwere Mörserbatterie zu zwei Geschützen) auf. Auch die Vertreter des Obersten Pol¬ nischen Volksraies waren zu der Feier er¬ schienen. Kurz nach it^/z Uhr begann, von der polnischen Bevölkerung wiederum lebhaft begrüßt, die Auffahrt der Ententevertreter, zusammen 23 Herren. Der Wilhelmsplatz selbst war für das Publikum abgesperrt, Mannschaften der Bürgerwehr hielten die Ordnung aufrecht. Unter Führung des Ge¬ neralleutnants Dowbür Musnicki schritten die Delegierten, mit dem französischen General Niessel an der Spitze, die Front der auf¬ gestellten Truppen ab, worauf die Weihe der vier Batterien durch den Feldgeistlichen Dykiert stattfand. Hieran schloß sich ein Vorbeimarsch der Soldaten an der Südseite des Wilhelmplatzes. Mehrere Flieger kreisten gleichzeitig während der Feier über der inneren Stadt und über dem Platz, wobei einer derselben einen Sturzflug ausführte. Während nunmehr die Vertreter der Polni¬ schen Behörden mit dem Kommissariat des Obersten Polnischen Volksrats sich nach dem Alten Rathaus begaben — polnische Vereine, Innungen und stones bildeten Spalier — unternahmen die Mitglieder der Delegation eine Rundfahrt durch die Stadt und trafen kurz vor 1 Uhr ebenfalls im Alten Rathaus ein. In dessen „Goldenen Saal" wurden sie von dem Stadtpräsidenten v. Drewski namens der Stadt begrüßt. Kommissar Poszwinski hielt sodann von dem Balkon des ersten Stockwerks eine Ansprache, auf die Botschafter Noulens antwortete. Gegen 2 Uhr traten die Ententevertreter die Rückfahrt nach dem Schloß an. Abends 7 Uhr fand hier im großen Saal ein offizielles Bankett statt. Bei dieser Gelegenheit hielt Kommissar Kor- fanty an die Vertreter Frankreichs, Englands, Italiens und der Vereinigten Staaten eine längere Ansprache. Die Balkonrede Poszwinskis hatte nach einem Bericht des „Dzienn. Pozn." vom 4. März folgenden Wortlaut: Meine Herren aus der Ententemission I Bürger! Als im Juli 1se4 sich die ersten Signale des Weltkrieges bemerkbar machten, als im August die ersten Schüsse fielen, fühlte unser Volk, daß sich ihm der entscheidende Augen¬ blick naht. Die Bitten unserer Dichter, welche um einen großen Krieg der Völker gebetet haben, um einen Krieg, welcher die Un¬ gerechtigkeit der Welt brechen, dagegen neue Zeiten küren sollte, sowie neue Leute, die Herrschaft des Rechts, der Gerechtigkeit, Frei¬ heit und Verbrüderung der Nationen, ver¬ wirklicht sich jetzt. Vom ersten Augenblicke an wußte unser Volk, auf welche Seite eS sich stellen solle. Und um so bemerkenswerter ist jene Über¬ zeugung und jener Glaube, daß wenn in gewissen Schichten der polnische Gedanke herumirrte, der einzig und unveränderlich war, so war derselbe treu und ständig beim Volke, also beim Stamme einer jeden Nation.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/378>, abgerufen am 01.09.2024.