Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Materialien zur ostdeutschen Frage

[Beginn Spaltensatz]

Die interallierte Kommission kann sich
nicht länger zu einer Taktik hergeben, welche
die Absicht durchblicken läßt, den Verpflich¬
tungen auszuweichen, welche sich für die
deutsche Negierung aus dem Artikel l des
Waffenstillstandsabkommens vom Is, Februar
1919 ergeben. Sie betrachtet daher ihre
Mission als beendigt und wird Posen heute
abend verlassen. Die Polnische Regierung
ist benachrichtigt und wird in Benehmen mit
Euerer Exzellenz alle Maßnahmen treffen,
welche die Abreise der deutschen Delegation
von heute ab ermöglichen. Um den alliierten
Regierungen zu gestatten, den versöhnlichen
Geist zu würdigen, welcher unsere Kom¬
mission ständig beseelt hat, richten wir an
sie den Vorschlag des Vertragsentwurfes,
dessen Abschrift beigefügt ist, indem wir bitten,
ihn dann Marschall Fons zu übermitteln, als
Teil der Ausführurigsbestimmungen des all¬
gemeinen Waffenstillstandes."

Der Empfang dcrEntentevcrtretcr. Unter
den Augen der deutschen Behörden widmet der
Bromberger "Dziennik Bydgoski" vom
5. März der feindlichen Kommission folgende,
den Ereignissen freilich etwas vorgreifende
Begrüßungsworte:

Wir begrüßen Euchl

Die Vertreter der Entente kommen zu
uns. Sie erscheinen bei uns als Re¬
präsentanten derjenigen Mächte, welche die
Macht des preußischen Militarismus zermalmt
und eine neue Ordnung geschaffen haben.
Nicht die -brutale Kraft, sondern Recht und
Gerechtigkeit sollen von jetzt ab in der Welt
regieren. Deshalb legen sie den Bedrückern
Zügel an und bringen den Bedrückten Freiheit.

Es ist eine ganz natürliche Sache, daß
wir als ein seit eineinhalb Jahrhunderten
durch die Preußen bedrucktes Volk mit großer
Freude diejenigen begrüßen, die uns die
gute Nachricht von einer besseren Zukunft
bringen. Wir glauben nämlich, daß ihre
Ankunft allein schon eine Milderung in unserer
Lage, die in letzter Zeit direkt unerträglich
geworden ist, bringen werde.

Als die einzigen rechtmäßigen
Wirte dieser Stadt, als ferner die
eingeborenen Söhne dieses Polni¬
schen Landes begrüßen wir die Ver¬

[Spaltenumbruch]

treter der Entente in Bromberg.
Durch das fremde Element sind wir
an die Seite geschoben worden, haben
uns aber von unseren Rechten nie losgesagt.
Und heute, wo die Deutschen sich Mühe
geben, unserer Stadt einen rein deutschen
Charakter zu geben, stehen wir fast dreißig¬
tausend Mann stark in Bromberg und stellen
fest, angesichts der ganzen Welt, daß wir
da sind, daß wir Gerechtigkeit und
Wiedergutmachung des historischen
Unrechts verlangen.

Wir können die hohen und uns so lieben
Gäste nicht durch öffentliche Aufrufe, Heraus¬
hängen von Nationalbannern begrüßen.
Jedes Anzeichen äußerer Freude wäre mit
einer Gefahr für uns verbunden, aber wir
zweifeln nicht, daß sich eine Gelegenheit
bieten wird, der Entente den Beweis- zu
geben, wie hoch unsere Zahl ist, und daß
wir uns als ein Teil des ganzen polnischen
Volkes fühlen, sowie, daß wir nicht daran
denken, unser historisches Anrecht an dieses
polnische Land Preiszugeben.

Im Namen sämtlicher Polen in Brom-
berg und dem Netzedistrikt bringen wir hier¬
mit den hohen Gästen Ausdrücke der Huldi¬
gung und Freude dar, daß wir sie in den
Mauern unserer Stadt sehen können. Wir
vereinigen uns sämtlich in einem einzigen
Ruf, in welchem unsere ganzen Gefühle ent¬
halten sind: Es lebe die Entente!

Der festliche Empfang, den die inter¬
alliierte Kommission in der deutschen Stadt
Posen gefunden hat, wurde durch folgenden
Aufruf des Polnischen Volksrats ein¬
geleitet:

An die Bevölkerung der Stadt Posen!

Morgen am Sonnabend um 8 Uhr vor¬
mittags wird eine große Ententemission nach
unserer Stadt kommen. Diese Mission setzt
sich zusammen aus bekannten Vertretern Frank¬
reichs, Italiens, Englands und der Vereinigten
Staaten von Amerika.

Seit dem Augenblicke des Eintritts dieser
Mächte in den jetzigen Krieg, haben wir Polen
im bisherigen preußischen Teilgebiete sie als
unsere Verbündeten und Freunde angesehen.

Wenn sie also heute zu uns kommen und
in den Mauern unserer Stadt, in der alten

[Ende Spaltensatz]
Materialien zur ostdeutschen Frage

[Beginn Spaltensatz]

Die interallierte Kommission kann sich
nicht länger zu einer Taktik hergeben, welche
die Absicht durchblicken läßt, den Verpflich¬
tungen auszuweichen, welche sich für die
deutsche Negierung aus dem Artikel l des
Waffenstillstandsabkommens vom Is, Februar
1919 ergeben. Sie betrachtet daher ihre
Mission als beendigt und wird Posen heute
abend verlassen. Die Polnische Regierung
ist benachrichtigt und wird in Benehmen mit
Euerer Exzellenz alle Maßnahmen treffen,
welche die Abreise der deutschen Delegation
von heute ab ermöglichen. Um den alliierten
Regierungen zu gestatten, den versöhnlichen
Geist zu würdigen, welcher unsere Kom¬
mission ständig beseelt hat, richten wir an
sie den Vorschlag des Vertragsentwurfes,
dessen Abschrift beigefügt ist, indem wir bitten,
ihn dann Marschall Fons zu übermitteln, als
Teil der Ausführurigsbestimmungen des all¬
gemeinen Waffenstillstandes."

Der Empfang dcrEntentevcrtretcr. Unter
den Augen der deutschen Behörden widmet der
Bromberger „Dziennik Bydgoski" vom
5. März der feindlichen Kommission folgende,
den Ereignissen freilich etwas vorgreifende
Begrüßungsworte:

Wir begrüßen Euchl

Die Vertreter der Entente kommen zu
uns. Sie erscheinen bei uns als Re¬
präsentanten derjenigen Mächte, welche die
Macht des preußischen Militarismus zermalmt
und eine neue Ordnung geschaffen haben.
Nicht die -brutale Kraft, sondern Recht und
Gerechtigkeit sollen von jetzt ab in der Welt
regieren. Deshalb legen sie den Bedrückern
Zügel an und bringen den Bedrückten Freiheit.

Es ist eine ganz natürliche Sache, daß
wir als ein seit eineinhalb Jahrhunderten
durch die Preußen bedrucktes Volk mit großer
Freude diejenigen begrüßen, die uns die
gute Nachricht von einer besseren Zukunft
bringen. Wir glauben nämlich, daß ihre
Ankunft allein schon eine Milderung in unserer
Lage, die in letzter Zeit direkt unerträglich
geworden ist, bringen werde.

Als die einzigen rechtmäßigen
Wirte dieser Stadt, als ferner die
eingeborenen Söhne dieses Polni¬
schen Landes begrüßen wir die Ver¬

[Spaltenumbruch]

treter der Entente in Bromberg.
Durch das fremde Element sind wir
an die Seite geschoben worden, haben
uns aber von unseren Rechten nie losgesagt.
Und heute, wo die Deutschen sich Mühe
geben, unserer Stadt einen rein deutschen
Charakter zu geben, stehen wir fast dreißig¬
tausend Mann stark in Bromberg und stellen
fest, angesichts der ganzen Welt, daß wir
da sind, daß wir Gerechtigkeit und
Wiedergutmachung des historischen
Unrechts verlangen.

Wir können die hohen und uns so lieben
Gäste nicht durch öffentliche Aufrufe, Heraus¬
hängen von Nationalbannern begrüßen.
Jedes Anzeichen äußerer Freude wäre mit
einer Gefahr für uns verbunden, aber wir
zweifeln nicht, daß sich eine Gelegenheit
bieten wird, der Entente den Beweis- zu
geben, wie hoch unsere Zahl ist, und daß
wir uns als ein Teil des ganzen polnischen
Volkes fühlen, sowie, daß wir nicht daran
denken, unser historisches Anrecht an dieses
polnische Land Preiszugeben.

Im Namen sämtlicher Polen in Brom-
berg und dem Netzedistrikt bringen wir hier¬
mit den hohen Gästen Ausdrücke der Huldi¬
gung und Freude dar, daß wir sie in den
Mauern unserer Stadt sehen können. Wir
vereinigen uns sämtlich in einem einzigen
Ruf, in welchem unsere ganzen Gefühle ent¬
halten sind: Es lebe die Entente!

Der festliche Empfang, den die inter¬
alliierte Kommission in der deutschen Stadt
Posen gefunden hat, wurde durch folgenden
Aufruf des Polnischen Volksrats ein¬
geleitet:

An die Bevölkerung der Stadt Posen!

Morgen am Sonnabend um 8 Uhr vor¬
mittags wird eine große Ententemission nach
unserer Stadt kommen. Diese Mission setzt
sich zusammen aus bekannten Vertretern Frank¬
reichs, Italiens, Englands und der Vereinigten
Staaten von Amerika.

Seit dem Augenblicke des Eintritts dieser
Mächte in den jetzigen Krieg, haben wir Polen
im bisherigen preußischen Teilgebiete sie als
unsere Verbündeten und Freunde angesehen.

Wenn sie also heute zu uns kommen und
in den Mauern unserer Stadt, in der alten

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0376" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335788"/>
              <fw type="header" place="top"> Materialien zur ostdeutschen Frage</fw><lb/>
              <cb type="start"/>
              <p xml:id="ID_1771"> Die interallierte Kommission kann sich<lb/>
nicht länger zu einer Taktik hergeben, welche<lb/>
die Absicht durchblicken läßt, den Verpflich¬<lb/>
tungen auszuweichen, welche sich für die<lb/>
deutsche Negierung aus dem Artikel l des<lb/>
Waffenstillstandsabkommens vom Is, Februar<lb/>
1919 ergeben. Sie betrachtet daher ihre<lb/>
Mission als beendigt und wird Posen heute<lb/>
abend verlassen. Die Polnische Regierung<lb/>
ist benachrichtigt und wird in Benehmen mit<lb/>
Euerer Exzellenz alle Maßnahmen treffen,<lb/>
welche die Abreise der deutschen Delegation<lb/>
von heute ab ermöglichen. Um den alliierten<lb/>
Regierungen zu gestatten, den versöhnlichen<lb/>
Geist zu würdigen, welcher unsere Kom¬<lb/>
mission ständig beseelt hat, richten wir an<lb/>
sie den Vorschlag des Vertragsentwurfes,<lb/>
dessen Abschrift beigefügt ist, indem wir bitten,<lb/>
ihn dann Marschall Fons zu übermitteln, als<lb/>
Teil der Ausführurigsbestimmungen des all¬<lb/>
gemeinen Waffenstillstandes."</p>
              <p xml:id="ID_1772"> Der Empfang dcrEntentevcrtretcr. Unter<lb/>
den Augen der deutschen Behörden widmet der<lb/>
Bromberger &#x201E;Dziennik Bydgoski" vom<lb/>
5. März der feindlichen Kommission folgende,<lb/>
den Ereignissen freilich etwas vorgreifende<lb/>
Begrüßungsworte:</p>
              <p xml:id="ID_1773"> Wir begrüßen Euchl</p>
              <p xml:id="ID_1774"> Die Vertreter der Entente kommen zu<lb/>
uns. Sie erscheinen bei uns als Re¬<lb/>
präsentanten derjenigen Mächte, welche die<lb/>
Macht des preußischen Militarismus zermalmt<lb/>
und eine neue Ordnung geschaffen haben.<lb/>
Nicht die -brutale Kraft, sondern Recht und<lb/>
Gerechtigkeit sollen von jetzt ab in der Welt<lb/>
regieren. Deshalb legen sie den Bedrückern<lb/>
Zügel an und bringen den Bedrückten Freiheit.</p>
              <p xml:id="ID_1775"> Es ist eine ganz natürliche Sache, daß<lb/>
wir als ein seit eineinhalb Jahrhunderten<lb/>
durch die Preußen bedrucktes Volk mit großer<lb/>
Freude diejenigen begrüßen, die uns die<lb/>
gute Nachricht von einer besseren Zukunft<lb/>
bringen. Wir glauben nämlich, daß ihre<lb/>
Ankunft allein schon eine Milderung in unserer<lb/>
Lage, die in letzter Zeit direkt unerträglich<lb/>
geworden ist, bringen werde.</p>
              <p xml:id="ID_1776" next="#ID_1777"> Als die einzigen rechtmäßigen<lb/>
Wirte dieser Stadt, als ferner die<lb/>
eingeborenen Söhne dieses Polni¬<lb/>
schen Landes begrüßen wir die Ver¬</p>
              <cb/><lb/>
              <p xml:id="ID_1777" prev="#ID_1776"> treter der Entente in Bromberg.<lb/>
Durch das fremde Element sind wir<lb/>
an die Seite geschoben worden, haben<lb/>
uns aber von unseren Rechten nie losgesagt.<lb/>
Und heute, wo die Deutschen sich Mühe<lb/>
geben, unserer Stadt einen rein deutschen<lb/>
Charakter zu geben, stehen wir fast dreißig¬<lb/>
tausend Mann stark in Bromberg und stellen<lb/>
fest, angesichts der ganzen Welt, daß wir<lb/>
da sind, daß wir Gerechtigkeit und<lb/>
Wiedergutmachung des historischen<lb/>
Unrechts verlangen.</p>
              <p xml:id="ID_1778"> Wir können die hohen und uns so lieben<lb/>
Gäste nicht durch öffentliche Aufrufe, Heraus¬<lb/>
hängen von Nationalbannern begrüßen.<lb/>
Jedes Anzeichen äußerer Freude wäre mit<lb/>
einer Gefahr für uns verbunden, aber wir<lb/>
zweifeln nicht, daß sich eine Gelegenheit<lb/>
bieten wird, der Entente den Beweis- zu<lb/>
geben, wie hoch unsere Zahl ist, und daß<lb/>
wir uns als ein Teil des ganzen polnischen<lb/>
Volkes fühlen, sowie, daß wir nicht daran<lb/>
denken, unser historisches Anrecht an dieses<lb/>
polnische Land Preiszugeben.</p>
              <p xml:id="ID_1779"> Im Namen sämtlicher Polen in Brom-<lb/>
berg und dem Netzedistrikt bringen wir hier¬<lb/>
mit den hohen Gästen Ausdrücke der Huldi¬<lb/>
gung und Freude dar, daß wir sie in den<lb/>
Mauern unserer Stadt sehen können. Wir<lb/>
vereinigen uns sämtlich in einem einzigen<lb/>
Ruf, in welchem unsere ganzen Gefühle ent¬<lb/>
halten sind: Es lebe die Entente!</p>
              <p xml:id="ID_1780"> Der festliche Empfang, den die inter¬<lb/>
alliierte Kommission in der deutschen Stadt<lb/>
Posen gefunden hat, wurde durch folgenden<lb/>
Aufruf des Polnischen Volksrats ein¬<lb/>
geleitet:</p>
              <p xml:id="ID_1781"> An die Bevölkerung der Stadt Posen!</p>
              <p xml:id="ID_1782"> Morgen am Sonnabend um 8 Uhr vor¬<lb/>
mittags wird eine große Ententemission nach<lb/>
unserer Stadt kommen. Diese Mission setzt<lb/>
sich zusammen aus bekannten Vertretern Frank¬<lb/>
reichs, Italiens, Englands und der Vereinigten<lb/>
Staaten von Amerika.</p>
              <p xml:id="ID_1783"> Seit dem Augenblicke des Eintritts dieser<lb/>
Mächte in den jetzigen Krieg, haben wir Polen<lb/>
im bisherigen preußischen Teilgebiete sie als<lb/>
unsere Verbündeten und Freunde angesehen.</p>
              <p xml:id="ID_1784" next="#ID_1785"> Wenn sie also heute zu uns kommen und<lb/>
in den Mauern unserer Stadt, in der alten</p>
              <cb type="end"/><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0376] Materialien zur ostdeutschen Frage Die interallierte Kommission kann sich nicht länger zu einer Taktik hergeben, welche die Absicht durchblicken läßt, den Verpflich¬ tungen auszuweichen, welche sich für die deutsche Negierung aus dem Artikel l des Waffenstillstandsabkommens vom Is, Februar 1919 ergeben. Sie betrachtet daher ihre Mission als beendigt und wird Posen heute abend verlassen. Die Polnische Regierung ist benachrichtigt und wird in Benehmen mit Euerer Exzellenz alle Maßnahmen treffen, welche die Abreise der deutschen Delegation von heute ab ermöglichen. Um den alliierten Regierungen zu gestatten, den versöhnlichen Geist zu würdigen, welcher unsere Kom¬ mission ständig beseelt hat, richten wir an sie den Vorschlag des Vertragsentwurfes, dessen Abschrift beigefügt ist, indem wir bitten, ihn dann Marschall Fons zu übermitteln, als Teil der Ausführurigsbestimmungen des all¬ gemeinen Waffenstillstandes." Der Empfang dcrEntentevcrtretcr. Unter den Augen der deutschen Behörden widmet der Bromberger „Dziennik Bydgoski" vom 5. März der feindlichen Kommission folgende, den Ereignissen freilich etwas vorgreifende Begrüßungsworte: Wir begrüßen Euchl Die Vertreter der Entente kommen zu uns. Sie erscheinen bei uns als Re¬ präsentanten derjenigen Mächte, welche die Macht des preußischen Militarismus zermalmt und eine neue Ordnung geschaffen haben. Nicht die -brutale Kraft, sondern Recht und Gerechtigkeit sollen von jetzt ab in der Welt regieren. Deshalb legen sie den Bedrückern Zügel an und bringen den Bedrückten Freiheit. Es ist eine ganz natürliche Sache, daß wir als ein seit eineinhalb Jahrhunderten durch die Preußen bedrucktes Volk mit großer Freude diejenigen begrüßen, die uns die gute Nachricht von einer besseren Zukunft bringen. Wir glauben nämlich, daß ihre Ankunft allein schon eine Milderung in unserer Lage, die in letzter Zeit direkt unerträglich geworden ist, bringen werde. Als die einzigen rechtmäßigen Wirte dieser Stadt, als ferner die eingeborenen Söhne dieses Polni¬ schen Landes begrüßen wir die Ver¬ treter der Entente in Bromberg. Durch das fremde Element sind wir an die Seite geschoben worden, haben uns aber von unseren Rechten nie losgesagt. Und heute, wo die Deutschen sich Mühe geben, unserer Stadt einen rein deutschen Charakter zu geben, stehen wir fast dreißig¬ tausend Mann stark in Bromberg und stellen fest, angesichts der ganzen Welt, daß wir da sind, daß wir Gerechtigkeit und Wiedergutmachung des historischen Unrechts verlangen. Wir können die hohen und uns so lieben Gäste nicht durch öffentliche Aufrufe, Heraus¬ hängen von Nationalbannern begrüßen. Jedes Anzeichen äußerer Freude wäre mit einer Gefahr für uns verbunden, aber wir zweifeln nicht, daß sich eine Gelegenheit bieten wird, der Entente den Beweis- zu geben, wie hoch unsere Zahl ist, und daß wir uns als ein Teil des ganzen polnischen Volkes fühlen, sowie, daß wir nicht daran denken, unser historisches Anrecht an dieses polnische Land Preiszugeben. Im Namen sämtlicher Polen in Brom- berg und dem Netzedistrikt bringen wir hier¬ mit den hohen Gästen Ausdrücke der Huldi¬ gung und Freude dar, daß wir sie in den Mauern unserer Stadt sehen können. Wir vereinigen uns sämtlich in einem einzigen Ruf, in welchem unsere ganzen Gefühle ent¬ halten sind: Es lebe die Entente! Der festliche Empfang, den die inter¬ alliierte Kommission in der deutschen Stadt Posen gefunden hat, wurde durch folgenden Aufruf des Polnischen Volksrats ein¬ geleitet: An die Bevölkerung der Stadt Posen! Morgen am Sonnabend um 8 Uhr vor¬ mittags wird eine große Ententemission nach unserer Stadt kommen. Diese Mission setzt sich zusammen aus bekannten Vertretern Frank¬ reichs, Italiens, Englands und der Vereinigten Staaten von Amerika. Seit dem Augenblicke des Eintritts dieser Mächte in den jetzigen Krieg, haben wir Polen im bisherigen preußischen Teilgebiete sie als unsere Verbündeten und Freunde angesehen. Wenn sie also heute zu uns kommen und in den Mauern unserer Stadt, in der alten

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/376
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/376>, abgerufen am 18.12.2024.