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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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neuen Universität eingewirkt, der Mutterverbindung der jenenser Vandcilen, deren
Gründung im Jahre 181t von Berlin aus geschah. So wurde dieser gleichsam
vorburschenschaftliche Burschenschastsgeist von Berlin nach Jena verpflanzt und
erfreute sich dort bald der Förderung von Professoren wie Luden und Oken,
während innerhalb der Studentenschaft die Vandcilen seine Träger und Vorkämpfer
blieben. Beim Allsbruch der Freiheitskriege zogen die jungen Leute ins Feld,
auch die Wandalen gingen fast durchweg (mit zwei Ausnahmen) zum Lützowschen
Korps. Nach dem Kriege kehrten sie wieder nach Jena zurück, neu und stark
ergriffen von der ganzen Frische und damaligen Heftigkeit des nationalen Ge¬
dankens, der ihnen inzwischen zum unmittelbarsten Erlebnis geworden war, und
ihre früheren Stimmungen verdichteten sich zu dem festen Willen, die Vuischen-
schast zu verwirklichen. Man kann sagen, daß die jenaische Urburschenschaft im
Jahrs 1815 aus den jenenser Vandcilen "hervorgegangen" oder von ihnen direkt
gegründet worden ist. Denn diese Gründung war nicht bloß der Niederschlag
eines extatischem Aufloderns unter dein Eindruck der Vorgänge am Wiener Kon¬
greß, wie von der Legende erzählt wird, sondern sie war ein Ergebnis organi¬
satorischer Leistungen. Schon 1814 wurden die vorbereitenden Maßnahmen durch
einen vertraulichen Ausschuß in die Wege geleitet, den sogenannten Elferverein,
dessen Einsetzung die Vandcilen herbeigeführt hatten und von dessen elf Mitglied¬
schaften sie neun Stellen für sich selber behielten. Zwei Vandalen, Kaffenberger
und Heinrichs, arbeiteten still die Verfassung aus, und der letzte Vcmoalensenior,
Karl Horn, wurde zum ersten "Sprecher", d. i. Führer oder Vorstand der
Burschenschaft.

Hiernach würde es wohl einleuchtend sein, wenn man die ursprünglichem
Burschenschaflsfarben glattweg als Fortsetzung der ehemaligen Vandalenfcirben
ansieht. Aber es steht zu bedenken, daß diese Couleur für die breite Menge der
Studentenschaft und die übrigen Verbindungen, ans deren Mitarbeit man doch
angewiesen war, ohne jede Wirkung sein mußte. Mit einer solchen Wirkung war
hingegen bei den Lützowschen Farben zu rechnen; denn alle anderen und gerade
auch die Vandalen, selbst hatten mit ihrem Willen und Plan, den sie schnell aus¬
führten, eine treue Liebe zum Lützowschen Freikorps und zu seiner Uniform in
Schwarz und Not mit nach Hause genommen. Gewiß verlief es so, daß sich den
maßgebenden Leuten in der Vandaiia die Wetterführung ihrer bisherigen Couleur
wie von selber nahegelegt haben mag, daß sie aber nach außen, um diesen un¬
willkürlichen psychologischen Vorgang zu entschuldigen und ihm propagandistische
Kräfte zu geben, die zufällige Übereinstimmung mit den Kennzeichen des Lützow¬
schen Korps klug benützten und daraus eine öffentliche Berufung auf die Lützowsche
Uniform machten. Für das Bewnßtseinsleben der burschenschaftlichen Gründungs-
tage zu Jena hat jedenfalls die teure Erinnerung an das Freikorps im Vorder¬
gründe gestanden, wenngleich mit dieser Couleur, die man annahm, durchaus uoch
keine wesentlich bedeutungsvollen und allgemeingültigen Ideen- oder Geschichts¬
werke empfunden wurden, Sie blieb eben eine Studentencouleur von örtlicher
Geltung, und die Burschenschaftsverbindungen an anderen Universitäten trugen
anfangs ganz andere Farben, in Tübingen z. B. hellblau und schwarz. Nach
etlichen Jahren wurde alsdann die mitilerwcile entstandene Dreifarbigkeit Schwarz-
rvt-gold auch offiziell ihrer jenaischen Bedeutung enihoben und unter der nach¬
haltigen Wirkung des Wartburgfestes auf dem allgemeinen Burschentage vom
Oktober 1818 für allgemein geltend erklärt.

Es mag sein lind ist sogar mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß bei
diesem Beschluß des allgemeinen Burschentages von 1818 die Erinnerung an die
koloristische Wirkung des alten Reichsbanners (schwarz in gold oder gelb und
manchmal mit roter Verzierung) etwas angesprochen hat. Diese Erinnerung kam
den nationalpolitischen Zielen der Burschenschaft, ihren Zielen zur Erreichung einer
nämlichen Einheit des Volkslebens entgegen und half sie tragen. Aber einen
irgendwie entscheidenden Einfluß hat der Gedanke an die kaiserliche Fahne nicht
mehr gehabt und kann er nicht gehabt haben. Denn längst hatte sich die heraldische


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neuen Universität eingewirkt, der Mutterverbindung der jenenser Vandcilen, deren
Gründung im Jahre 181t von Berlin aus geschah. So wurde dieser gleichsam
vorburschenschaftliche Burschenschastsgeist von Berlin nach Jena verpflanzt und
erfreute sich dort bald der Förderung von Professoren wie Luden und Oken,
während innerhalb der Studentenschaft die Vandcilen seine Träger und Vorkämpfer
blieben. Beim Allsbruch der Freiheitskriege zogen die jungen Leute ins Feld,
auch die Wandalen gingen fast durchweg (mit zwei Ausnahmen) zum Lützowschen
Korps. Nach dem Kriege kehrten sie wieder nach Jena zurück, neu und stark
ergriffen von der ganzen Frische und damaligen Heftigkeit des nationalen Ge¬
dankens, der ihnen inzwischen zum unmittelbarsten Erlebnis geworden war, und
ihre früheren Stimmungen verdichteten sich zu dem festen Willen, die Vuischen-
schast zu verwirklichen. Man kann sagen, daß die jenaische Urburschenschaft im
Jahrs 1815 aus den jenenser Vandcilen „hervorgegangen" oder von ihnen direkt
gegründet worden ist. Denn diese Gründung war nicht bloß der Niederschlag
eines extatischem Aufloderns unter dein Eindruck der Vorgänge am Wiener Kon¬
greß, wie von der Legende erzählt wird, sondern sie war ein Ergebnis organi¬
satorischer Leistungen. Schon 1814 wurden die vorbereitenden Maßnahmen durch
einen vertraulichen Ausschuß in die Wege geleitet, den sogenannten Elferverein,
dessen Einsetzung die Vandcilen herbeigeführt hatten und von dessen elf Mitglied¬
schaften sie neun Stellen für sich selber behielten. Zwei Vandalen, Kaffenberger
und Heinrichs, arbeiteten still die Verfassung aus, und der letzte Vcmoalensenior,
Karl Horn, wurde zum ersten „Sprecher", d. i. Führer oder Vorstand der
Burschenschaft.

Hiernach würde es wohl einleuchtend sein, wenn man die ursprünglichem
Burschenschaflsfarben glattweg als Fortsetzung der ehemaligen Vandalenfcirben
ansieht. Aber es steht zu bedenken, daß diese Couleur für die breite Menge der
Studentenschaft und die übrigen Verbindungen, ans deren Mitarbeit man doch
angewiesen war, ohne jede Wirkung sein mußte. Mit einer solchen Wirkung war
hingegen bei den Lützowschen Farben zu rechnen; denn alle anderen und gerade
auch die Vandalen, selbst hatten mit ihrem Willen und Plan, den sie schnell aus¬
führten, eine treue Liebe zum Lützowschen Freikorps und zu seiner Uniform in
Schwarz und Not mit nach Hause genommen. Gewiß verlief es so, daß sich den
maßgebenden Leuten in der Vandaiia die Wetterführung ihrer bisherigen Couleur
wie von selber nahegelegt haben mag, daß sie aber nach außen, um diesen un¬
willkürlichen psychologischen Vorgang zu entschuldigen und ihm propagandistische
Kräfte zu geben, die zufällige Übereinstimmung mit den Kennzeichen des Lützow¬
schen Korps klug benützten und daraus eine öffentliche Berufung auf die Lützowsche
Uniform machten. Für das Bewnßtseinsleben der burschenschaftlichen Gründungs-
tage zu Jena hat jedenfalls die teure Erinnerung an das Freikorps im Vorder¬
gründe gestanden, wenngleich mit dieser Couleur, die man annahm, durchaus uoch
keine wesentlich bedeutungsvollen und allgemeingültigen Ideen- oder Geschichts¬
werke empfunden wurden, Sie blieb eben eine Studentencouleur von örtlicher
Geltung, und die Burschenschaftsverbindungen an anderen Universitäten trugen
anfangs ganz andere Farben, in Tübingen z. B. hellblau und schwarz. Nach
etlichen Jahren wurde alsdann die mitilerwcile entstandene Dreifarbigkeit Schwarz-
rvt-gold auch offiziell ihrer jenaischen Bedeutung enihoben und unter der nach¬
haltigen Wirkung des Wartburgfestes auf dem allgemeinen Burschentage vom
Oktober 1818 für allgemein geltend erklärt.

Es mag sein lind ist sogar mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß bei
diesem Beschluß des allgemeinen Burschentages von 1818 die Erinnerung an die
koloristische Wirkung des alten Reichsbanners (schwarz in gold oder gelb und
manchmal mit roter Verzierung) etwas angesprochen hat. Diese Erinnerung kam
den nationalpolitischen Zielen der Burschenschaft, ihren Zielen zur Erreichung einer
nämlichen Einheit des Volkslebens entgegen und half sie tragen. Aber einen
irgendwie entscheidenden Einfluß hat der Gedanke an die kaiserliche Fahne nicht
mehr gehabt und kann er nicht gehabt haben. Denn längst hatte sich die heraldische


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[0287] Das Banner Schwarz-Rot-Gold neuen Universität eingewirkt, der Mutterverbindung der jenenser Vandcilen, deren Gründung im Jahre 181t von Berlin aus geschah. So wurde dieser gleichsam vorburschenschaftliche Burschenschastsgeist von Berlin nach Jena verpflanzt und erfreute sich dort bald der Förderung von Professoren wie Luden und Oken, während innerhalb der Studentenschaft die Vandcilen seine Träger und Vorkämpfer blieben. Beim Allsbruch der Freiheitskriege zogen die jungen Leute ins Feld, auch die Wandalen gingen fast durchweg (mit zwei Ausnahmen) zum Lützowschen Korps. Nach dem Kriege kehrten sie wieder nach Jena zurück, neu und stark ergriffen von der ganzen Frische und damaligen Heftigkeit des nationalen Ge¬ dankens, der ihnen inzwischen zum unmittelbarsten Erlebnis geworden war, und ihre früheren Stimmungen verdichteten sich zu dem festen Willen, die Vuischen- schast zu verwirklichen. Man kann sagen, daß die jenaische Urburschenschaft im Jahrs 1815 aus den jenenser Vandcilen „hervorgegangen" oder von ihnen direkt gegründet worden ist. Denn diese Gründung war nicht bloß der Niederschlag eines extatischem Aufloderns unter dein Eindruck der Vorgänge am Wiener Kon¬ greß, wie von der Legende erzählt wird, sondern sie war ein Ergebnis organi¬ satorischer Leistungen. Schon 1814 wurden die vorbereitenden Maßnahmen durch einen vertraulichen Ausschuß in die Wege geleitet, den sogenannten Elferverein, dessen Einsetzung die Vandcilen herbeigeführt hatten und von dessen elf Mitglied¬ schaften sie neun Stellen für sich selber behielten. Zwei Vandalen, Kaffenberger und Heinrichs, arbeiteten still die Verfassung aus, und der letzte Vcmoalensenior, Karl Horn, wurde zum ersten „Sprecher", d. i. Führer oder Vorstand der Burschenschaft. Hiernach würde es wohl einleuchtend sein, wenn man die ursprünglichem Burschenschaflsfarben glattweg als Fortsetzung der ehemaligen Vandalenfcirben ansieht. Aber es steht zu bedenken, daß diese Couleur für die breite Menge der Studentenschaft und die übrigen Verbindungen, ans deren Mitarbeit man doch angewiesen war, ohne jede Wirkung sein mußte. Mit einer solchen Wirkung war hingegen bei den Lützowschen Farben zu rechnen; denn alle anderen und gerade auch die Vandalen, selbst hatten mit ihrem Willen und Plan, den sie schnell aus¬ führten, eine treue Liebe zum Lützowschen Freikorps und zu seiner Uniform in Schwarz und Not mit nach Hause genommen. Gewiß verlief es so, daß sich den maßgebenden Leuten in der Vandaiia die Wetterführung ihrer bisherigen Couleur wie von selber nahegelegt haben mag, daß sie aber nach außen, um diesen un¬ willkürlichen psychologischen Vorgang zu entschuldigen und ihm propagandistische Kräfte zu geben, die zufällige Übereinstimmung mit den Kennzeichen des Lützow¬ schen Korps klug benützten und daraus eine öffentliche Berufung auf die Lützowsche Uniform machten. Für das Bewnßtseinsleben der burschenschaftlichen Gründungs- tage zu Jena hat jedenfalls die teure Erinnerung an das Freikorps im Vorder¬ gründe gestanden, wenngleich mit dieser Couleur, die man annahm, durchaus uoch keine wesentlich bedeutungsvollen und allgemeingültigen Ideen- oder Geschichts¬ werke empfunden wurden, Sie blieb eben eine Studentencouleur von örtlicher Geltung, und die Burschenschaftsverbindungen an anderen Universitäten trugen anfangs ganz andere Farben, in Tübingen z. B. hellblau und schwarz. Nach etlichen Jahren wurde alsdann die mitilerwcile entstandene Dreifarbigkeit Schwarz- rvt-gold auch offiziell ihrer jenaischen Bedeutung enihoben und unter der nach¬ haltigen Wirkung des Wartburgfestes auf dem allgemeinen Burschentage vom Oktober 1818 für allgemein geltend erklärt. Es mag sein lind ist sogar mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß bei diesem Beschluß des allgemeinen Burschentages von 1818 die Erinnerung an die koloristische Wirkung des alten Reichsbanners (schwarz in gold oder gelb und manchmal mit roter Verzierung) etwas angesprochen hat. Diese Erinnerung kam den nationalpolitischen Zielen der Burschenschaft, ihren Zielen zur Erreichung einer nämlichen Einheit des Volkslebens entgegen und half sie tragen. Aber einen irgendwie entscheidenden Einfluß hat der Gedanke an die kaiserliche Fahne nicht mehr gehabt und kann er nicht gehabt haben. Denn längst hatte sich die heraldische 22»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/287>, abgerufen am 01.09.2024.