Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Aufteilung Kleinasiens

hilft uns weiter. "Es besteht nicht die Absicht", heißt es darin, "den Entscheidungen
des Friedensvertrages über das Schicksal eines Landes vorzugreifen, das seit
Jahrtausenden zu Griechenland gehört." Nehmen wir dazu die schlecht verhehlte
Überraschung der französischen Presse sowie das in Paris kolportierte Gerücht,
die Italiener Hütten zunächst nicht bei der Besetzung mitwirken sollen, doch halten
die Griechen ihre Befriedigung und Erwartung nicht geheim halten können, so
wird die Lage klar: die Griechen, die nicht umsonst den vielgewandten und beliebten
Venizelos als Vertreter auf der Friedenskonferenz haben, erhielten gegen den Verzicht
cmfCypernvon den Engländern Smyrnaals Besitz zugebilligt und, damit die Sache doch
ein Ansehenbekümennd um das so schrecklich komplizierendeSelbstbestimmungsrecht der
Völker zu umgehen, dos Hinterland als Mandat des Völkerbundes. Es bestand nur
die eine kleine Schwierigkeit, dasz Smyrna, samt den Wilajets von Moin und Koula
durch die Abmachungen von Se. Jean de Maurienne von 1917 bereits Italien
zugestanden worden war. Damit man nun an dieser .Kleinigkeit nicht wieder
haken blieb, besonders da die Italiener, die von der Sache Wind gekriegt zu
haben schienen, schon im März Adalia, Anfang Mai das an der Bagdadbahn
gelegene Koma besetzt hatten und noch eben wegen Finne auf das heftigste ver¬
stimmt waren, beschloß man, gleich reinen Tisch zu machen und die Türkei einfach
auszuteilen.

Leider erweist sich das nun doch nicht als so einfach, wie es sich aussprach,
denn es handelt sich' dabei nicht nnr um Kleinasien, sondern auch um Syrien und
Arabien und, letzten Endes, um die ganze Bagdadbahn. Ein infolge des scharfen
Vorrückens der Nüssen in Osianalolien im April 1916 geschlossener russisch-fran¬
zösischer Vertrag räumte gegen Anerkennung russischer Annexionsabsichten in den
bereits siegreich besetzten Gebieten Frankreich Eigentumsrechte an dem ganzen
Bezirk zwischen Nordsyrien und einer von Charput und Egin (am oberen Euphrot)
über den Undiz Dagh bis zur Nordküste Kleinasiens verlaufenden Linie ein. Ein
französisch.englisches Abkommen vom Mai 1916 erkannte diese Einflußsphäre samt
Rechten Frankreichs auf Mossul und auf die Wilajets Adanci und SiwaS (am
Halys) an. England erhielt dafür Anerkennung seiner Rechte auf Südmesopotamien
mit Bagdad, sowie auf Hauffa und Akkon. In den arabischen Staaten waren außer¬
dem sorgfältig abgegrenzte französische und englische Einflußzonen vorgesehen mit
gegenseitiger Verpflichtung, keinen anderen als arabischen Staaten in diesen Zonen
Einfluß zu verschaffen. Palästina sollte internationalisiert werden. Dieser Vertrag
nun wurde zwar am 21. August 1917 von Italien gebilligt, das dafür außer
Beteiligung am englisch-französischen Abkommen bezüglich Arabiens und des
Noten Meers seinerseits Einflußzonen in der Gegend von Smyrna, Albin,
Koula zugestanden bekam, aber daß die Regierung Kerenskis dieses Abkommen
nicht mehr, wie ausdrücklich vorausgesetzt, ratifizieren konnte, wird jetzt als Vor¬
wand benutzt, um die Italiener, die an Smyrna als Endpunkt der zukunfts¬
reichen Seestrecke Trieft--Smyrna das größte Interesse haben, beiseite zu schieben.

Nun wird aber die Türkei durch die Wegnahme Smyrnas derartig erschüttert,
daß man sich von feiten Englands, das nicht nnr in Turkestan, sondern auch am
Kaspischen Meer, in Batna und Baku die günstige Konjunktur eineL zurzeit
ohnmächtigen Rußlands mit Riesenschritten ausnutzt, entschloß, mit dem "kranken
Mann" vollends aufzuräumen. Da man aber dabei die Empfindlichkeit Frank¬
reichs, das ohnehin die stetige Schwächung seines traditionellen Orienteinflusscs
wir argwöhnischen Augen überwachte, schonen mußte, griff man zu jenem
Universalmittel, das die Friedenskonferenz augenscheinlich in allen Territorial¬
verlegenheiten anzuwenden liebt: dem Mandat im Namen des Völkerbundes, und
damit nur ja kein Streit entstände, einigte man sich darüber, dieses Mandat über
Konstantinopel, Nvrdanatolien sowie Armenien Amerika zu erteilen. Indessen
muß die Bereitwilligkeit der Amerikaner zur Übernahme des Maubads, verbunden
mit ihrer auffälligen kommerziellen Rührigkeit in Kaukasien und Nußland, den
Engländern doch wieder unheimlich geworden sein, denn alsbald ließ man. viel¬
leicht auch durch die weiterwirkenden ägyptischen Unruhen erschreckt, durch den


Die Aufteilung Kleinasiens

hilft uns weiter. „Es besteht nicht die Absicht", heißt es darin, „den Entscheidungen
des Friedensvertrages über das Schicksal eines Landes vorzugreifen, das seit
Jahrtausenden zu Griechenland gehört." Nehmen wir dazu die schlecht verhehlte
Überraschung der französischen Presse sowie das in Paris kolportierte Gerücht,
die Italiener Hütten zunächst nicht bei der Besetzung mitwirken sollen, doch halten
die Griechen ihre Befriedigung und Erwartung nicht geheim halten können, so
wird die Lage klar: die Griechen, die nicht umsonst den vielgewandten und beliebten
Venizelos als Vertreter auf der Friedenskonferenz haben, erhielten gegen den Verzicht
cmfCypernvon den Engländern Smyrnaals Besitz zugebilligt und, damit die Sache doch
ein Ansehenbekümennd um das so schrecklich komplizierendeSelbstbestimmungsrecht der
Völker zu umgehen, dos Hinterland als Mandat des Völkerbundes. Es bestand nur
die eine kleine Schwierigkeit, dasz Smyrna, samt den Wilajets von Moin und Koula
durch die Abmachungen von Se. Jean de Maurienne von 1917 bereits Italien
zugestanden worden war. Damit man nun an dieser .Kleinigkeit nicht wieder
haken blieb, besonders da die Italiener, die von der Sache Wind gekriegt zu
haben schienen, schon im März Adalia, Anfang Mai das an der Bagdadbahn
gelegene Koma besetzt hatten und noch eben wegen Finne auf das heftigste ver¬
stimmt waren, beschloß man, gleich reinen Tisch zu machen und die Türkei einfach
auszuteilen.

Leider erweist sich das nun doch nicht als so einfach, wie es sich aussprach,
denn es handelt sich' dabei nicht nnr um Kleinasien, sondern auch um Syrien und
Arabien und, letzten Endes, um die ganze Bagdadbahn. Ein infolge des scharfen
Vorrückens der Nüssen in Osianalolien im April 1916 geschlossener russisch-fran¬
zösischer Vertrag räumte gegen Anerkennung russischer Annexionsabsichten in den
bereits siegreich besetzten Gebieten Frankreich Eigentumsrechte an dem ganzen
Bezirk zwischen Nordsyrien und einer von Charput und Egin (am oberen Euphrot)
über den Undiz Dagh bis zur Nordküste Kleinasiens verlaufenden Linie ein. Ein
französisch.englisches Abkommen vom Mai 1916 erkannte diese Einflußsphäre samt
Rechten Frankreichs auf Mossul und auf die Wilajets Adanci und SiwaS (am
Halys) an. England erhielt dafür Anerkennung seiner Rechte auf Südmesopotamien
mit Bagdad, sowie auf Hauffa und Akkon. In den arabischen Staaten waren außer¬
dem sorgfältig abgegrenzte französische und englische Einflußzonen vorgesehen mit
gegenseitiger Verpflichtung, keinen anderen als arabischen Staaten in diesen Zonen
Einfluß zu verschaffen. Palästina sollte internationalisiert werden. Dieser Vertrag
nun wurde zwar am 21. August 1917 von Italien gebilligt, das dafür außer
Beteiligung am englisch-französischen Abkommen bezüglich Arabiens und des
Noten Meers seinerseits Einflußzonen in der Gegend von Smyrna, Albin,
Koula zugestanden bekam, aber daß die Regierung Kerenskis dieses Abkommen
nicht mehr, wie ausdrücklich vorausgesetzt, ratifizieren konnte, wird jetzt als Vor¬
wand benutzt, um die Italiener, die an Smyrna als Endpunkt der zukunfts¬
reichen Seestrecke Trieft—Smyrna das größte Interesse haben, beiseite zu schieben.

Nun wird aber die Türkei durch die Wegnahme Smyrnas derartig erschüttert,
daß man sich von feiten Englands, das nicht nnr in Turkestan, sondern auch am
Kaspischen Meer, in Batna und Baku die günstige Konjunktur eineL zurzeit
ohnmächtigen Rußlands mit Riesenschritten ausnutzt, entschloß, mit dem „kranken
Mann" vollends aufzuräumen. Da man aber dabei die Empfindlichkeit Frank¬
reichs, das ohnehin die stetige Schwächung seines traditionellen Orienteinflusscs
wir argwöhnischen Augen überwachte, schonen mußte, griff man zu jenem
Universalmittel, das die Friedenskonferenz augenscheinlich in allen Territorial¬
verlegenheiten anzuwenden liebt: dem Mandat im Namen des Völkerbundes, und
damit nur ja kein Streit entstände, einigte man sich darüber, dieses Mandat über
Konstantinopel, Nvrdanatolien sowie Armenien Amerika zu erteilen. Indessen
muß die Bereitwilligkeit der Amerikaner zur Übernahme des Maubads, verbunden
mit ihrer auffälligen kommerziellen Rührigkeit in Kaukasien und Nußland, den
Engländern doch wieder unheimlich geworden sein, denn alsbald ließ man. viel¬
leicht auch durch die weiterwirkenden ägyptischen Unruhen erschreckt, durch den


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0243" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335653"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Aufteilung Kleinasiens</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_998" prev="#ID_997"> hilft uns weiter. &#x201E;Es besteht nicht die Absicht", heißt es darin, &#x201E;den Entscheidungen<lb/>
des Friedensvertrages über das Schicksal eines Landes vorzugreifen, das seit<lb/>
Jahrtausenden zu Griechenland gehört." Nehmen wir dazu die schlecht verhehlte<lb/>
Überraschung der französischen Presse sowie das in Paris kolportierte Gerücht,<lb/>
die Italiener Hütten zunächst nicht bei der Besetzung mitwirken sollen, doch halten<lb/>
die Griechen ihre Befriedigung und Erwartung nicht geheim halten können, so<lb/>
wird die Lage klar: die Griechen, die nicht umsonst den vielgewandten und beliebten<lb/>
Venizelos als Vertreter auf der Friedenskonferenz haben, erhielten gegen den Verzicht<lb/>
cmfCypernvon den Engländern Smyrnaals Besitz zugebilligt und, damit die Sache doch<lb/>
ein Ansehenbekümennd um das so schrecklich komplizierendeSelbstbestimmungsrecht der<lb/>
Völker zu umgehen, dos Hinterland als Mandat des Völkerbundes. Es bestand nur<lb/>
die eine kleine Schwierigkeit, dasz Smyrna, samt den Wilajets von Moin und Koula<lb/>
durch die Abmachungen von Se. Jean de Maurienne von 1917 bereits Italien<lb/>
zugestanden worden war. Damit man nun an dieser .Kleinigkeit nicht wieder<lb/>
haken blieb, besonders da die Italiener, die von der Sache Wind gekriegt zu<lb/>
haben schienen, schon im März Adalia, Anfang Mai das an der Bagdadbahn<lb/>
gelegene Koma besetzt hatten und noch eben wegen Finne auf das heftigste ver¬<lb/>
stimmt waren, beschloß man, gleich reinen Tisch zu machen und die Türkei einfach<lb/>
auszuteilen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_999"> Leider erweist sich das nun doch nicht als so einfach, wie es sich aussprach,<lb/>
denn es handelt sich' dabei nicht nnr um Kleinasien, sondern auch um Syrien und<lb/>
Arabien und, letzten Endes, um die ganze Bagdadbahn. Ein infolge des scharfen<lb/>
Vorrückens der Nüssen in Osianalolien im April 1916 geschlossener russisch-fran¬<lb/>
zösischer Vertrag räumte gegen Anerkennung russischer Annexionsabsichten in den<lb/>
bereits siegreich besetzten Gebieten Frankreich Eigentumsrechte an dem ganzen<lb/>
Bezirk zwischen Nordsyrien und einer von Charput und Egin (am oberen Euphrot)<lb/>
über den Undiz Dagh bis zur Nordküste Kleinasiens verlaufenden Linie ein. Ein<lb/>
französisch.englisches Abkommen vom Mai 1916 erkannte diese Einflußsphäre samt<lb/>
Rechten Frankreichs auf Mossul und auf die Wilajets Adanci und SiwaS (am<lb/>
Halys) an. England erhielt dafür Anerkennung seiner Rechte auf Südmesopotamien<lb/>
mit Bagdad, sowie auf Hauffa und Akkon. In den arabischen Staaten waren außer¬<lb/>
dem sorgfältig abgegrenzte französische und englische Einflußzonen vorgesehen mit<lb/>
gegenseitiger Verpflichtung, keinen anderen als arabischen Staaten in diesen Zonen<lb/>
Einfluß zu verschaffen. Palästina sollte internationalisiert werden. Dieser Vertrag<lb/>
nun wurde zwar am 21. August 1917 von Italien gebilligt, das dafür außer<lb/>
Beteiligung am englisch-französischen Abkommen bezüglich Arabiens und des<lb/>
Noten Meers seinerseits Einflußzonen in der Gegend von Smyrna, Albin,<lb/>
Koula zugestanden bekam, aber daß die Regierung Kerenskis dieses Abkommen<lb/>
nicht mehr, wie ausdrücklich vorausgesetzt, ratifizieren konnte, wird jetzt als Vor¬<lb/>
wand benutzt, um die Italiener, die an Smyrna als Endpunkt der zukunfts¬<lb/>
reichen Seestrecke Trieft&#x2014;Smyrna das größte Interesse haben, beiseite zu schieben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1000" next="#ID_1001"> Nun wird aber die Türkei durch die Wegnahme Smyrnas derartig erschüttert,<lb/>
daß man sich von feiten Englands, das nicht nnr in Turkestan, sondern auch am<lb/>
Kaspischen Meer, in Batna und Baku die günstige Konjunktur eineL zurzeit<lb/>
ohnmächtigen Rußlands mit Riesenschritten ausnutzt, entschloß, mit dem &#x201E;kranken<lb/>
Mann" vollends aufzuräumen. Da man aber dabei die Empfindlichkeit Frank¬<lb/>
reichs, das ohnehin die stetige Schwächung seines traditionellen Orienteinflusscs<lb/>
wir argwöhnischen Augen überwachte, schonen mußte, griff man zu jenem<lb/>
Universalmittel, das die Friedenskonferenz augenscheinlich in allen Territorial¬<lb/>
verlegenheiten anzuwenden liebt: dem Mandat im Namen des Völkerbundes, und<lb/>
damit nur ja kein Streit entstände, einigte man sich darüber, dieses Mandat über<lb/>
Konstantinopel, Nvrdanatolien sowie Armenien Amerika zu erteilen. Indessen<lb/>
muß die Bereitwilligkeit der Amerikaner zur Übernahme des Maubads, verbunden<lb/>
mit ihrer auffälligen kommerziellen Rührigkeit in Kaukasien und Nußland, den<lb/>
Engländern doch wieder unheimlich geworden sein, denn alsbald ließ man. viel¬<lb/>
leicht auch durch die weiterwirkenden ägyptischen Unruhen erschreckt, durch den</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0243] Die Aufteilung Kleinasiens hilft uns weiter. „Es besteht nicht die Absicht", heißt es darin, „den Entscheidungen des Friedensvertrages über das Schicksal eines Landes vorzugreifen, das seit Jahrtausenden zu Griechenland gehört." Nehmen wir dazu die schlecht verhehlte Überraschung der französischen Presse sowie das in Paris kolportierte Gerücht, die Italiener Hütten zunächst nicht bei der Besetzung mitwirken sollen, doch halten die Griechen ihre Befriedigung und Erwartung nicht geheim halten können, so wird die Lage klar: die Griechen, die nicht umsonst den vielgewandten und beliebten Venizelos als Vertreter auf der Friedenskonferenz haben, erhielten gegen den Verzicht cmfCypernvon den Engländern Smyrnaals Besitz zugebilligt und, damit die Sache doch ein Ansehenbekümennd um das so schrecklich komplizierendeSelbstbestimmungsrecht der Völker zu umgehen, dos Hinterland als Mandat des Völkerbundes. Es bestand nur die eine kleine Schwierigkeit, dasz Smyrna, samt den Wilajets von Moin und Koula durch die Abmachungen von Se. Jean de Maurienne von 1917 bereits Italien zugestanden worden war. Damit man nun an dieser .Kleinigkeit nicht wieder haken blieb, besonders da die Italiener, die von der Sache Wind gekriegt zu haben schienen, schon im März Adalia, Anfang Mai das an der Bagdadbahn gelegene Koma besetzt hatten und noch eben wegen Finne auf das heftigste ver¬ stimmt waren, beschloß man, gleich reinen Tisch zu machen und die Türkei einfach auszuteilen. Leider erweist sich das nun doch nicht als so einfach, wie es sich aussprach, denn es handelt sich' dabei nicht nnr um Kleinasien, sondern auch um Syrien und Arabien und, letzten Endes, um die ganze Bagdadbahn. Ein infolge des scharfen Vorrückens der Nüssen in Osianalolien im April 1916 geschlossener russisch-fran¬ zösischer Vertrag räumte gegen Anerkennung russischer Annexionsabsichten in den bereits siegreich besetzten Gebieten Frankreich Eigentumsrechte an dem ganzen Bezirk zwischen Nordsyrien und einer von Charput und Egin (am oberen Euphrot) über den Undiz Dagh bis zur Nordküste Kleinasiens verlaufenden Linie ein. Ein französisch.englisches Abkommen vom Mai 1916 erkannte diese Einflußsphäre samt Rechten Frankreichs auf Mossul und auf die Wilajets Adanci und SiwaS (am Halys) an. England erhielt dafür Anerkennung seiner Rechte auf Südmesopotamien mit Bagdad, sowie auf Hauffa und Akkon. In den arabischen Staaten waren außer¬ dem sorgfältig abgegrenzte französische und englische Einflußzonen vorgesehen mit gegenseitiger Verpflichtung, keinen anderen als arabischen Staaten in diesen Zonen Einfluß zu verschaffen. Palästina sollte internationalisiert werden. Dieser Vertrag nun wurde zwar am 21. August 1917 von Italien gebilligt, das dafür außer Beteiligung am englisch-französischen Abkommen bezüglich Arabiens und des Noten Meers seinerseits Einflußzonen in der Gegend von Smyrna, Albin, Koula zugestanden bekam, aber daß die Regierung Kerenskis dieses Abkommen nicht mehr, wie ausdrücklich vorausgesetzt, ratifizieren konnte, wird jetzt als Vor¬ wand benutzt, um die Italiener, die an Smyrna als Endpunkt der zukunfts¬ reichen Seestrecke Trieft—Smyrna das größte Interesse haben, beiseite zu schieben. Nun wird aber die Türkei durch die Wegnahme Smyrnas derartig erschüttert, daß man sich von feiten Englands, das nicht nnr in Turkestan, sondern auch am Kaspischen Meer, in Batna und Baku die günstige Konjunktur eineL zurzeit ohnmächtigen Rußlands mit Riesenschritten ausnutzt, entschloß, mit dem „kranken Mann" vollends aufzuräumen. Da man aber dabei die Empfindlichkeit Frank¬ reichs, das ohnehin die stetige Schwächung seines traditionellen Orienteinflusscs wir argwöhnischen Augen überwachte, schonen mußte, griff man zu jenem Universalmittel, das die Friedenskonferenz augenscheinlich in allen Territorial¬ verlegenheiten anzuwenden liebt: dem Mandat im Namen des Völkerbundes, und damit nur ja kein Streit entstände, einigte man sich darüber, dieses Mandat über Konstantinopel, Nvrdanatolien sowie Armenien Amerika zu erteilen. Indessen muß die Bereitwilligkeit der Amerikaner zur Übernahme des Maubads, verbunden mit ihrer auffälligen kommerziellen Rührigkeit in Kaukasien und Nußland, den Engländern doch wieder unheimlich geworden sein, denn alsbald ließ man. viel¬ leicht auch durch die weiterwirkenden ägyptischen Unruhen erschreckt, durch den

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/243
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/243>, abgerufen am 01.09.2024.