Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.Jukunftsgedankcn schon 1911 zu einer neuen Marokkokrisis, die in dem bekannten Marokko-Kongo- Zukunftsgedanken Arthu" A. Brandt von le Mechanisierung des Weltwirtschaftslebens wird von jetzt an noch Man glaube auch nicht, daß andere Länder nach dem Kriege hierin viel Also der Krieg hinterläßt allenthalben eine starke Teuerung sowie starkes Die Vereinigten Staaten sind auf diesem Wege am weitesten vorgeschritten Drüben hat z. B. praktisch genommen jede Familie ihr Auto, und für In Amerika ist man bei einem Kraftbedarf von annähernd 1.5 Pferdestürken Jukunftsgedankcn schon 1911 zu einer neuen Marokkokrisis, die in dem bekannten Marokko-Kongo- Zukunftsgedanken Arthu» A. Brandt von le Mechanisierung des Weltwirtschaftslebens wird von jetzt an noch Man glaube auch nicht, daß andere Länder nach dem Kriege hierin viel Also der Krieg hinterläßt allenthalben eine starke Teuerung sowie starkes Die Vereinigten Staaten sind auf diesem Wege am weitesten vorgeschritten Drüben hat z. B. praktisch genommen jede Familie ihr Auto, und für In Amerika ist man bei einem Kraftbedarf von annähernd 1.5 Pferdestürken <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0212" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335622"/> <fw type="header" place="top"> Jukunftsgedankcn</fw><lb/> <p xml:id="ID_873" prev="#ID_872"> schon 1911 zu einer neuen Marokkokrisis, die in dem bekannten Marokko-Kongo-<lb/> Abkommen ihre Lösung fand. Praktisch wurde damals die Algeciras-Akte aufge¬<lb/> hoben. Die letzten formellen Reste beseitigt heute Frankreich mit rauher Hand,<lb/> ohne mit uns darüber zu verhandeln. Schon Algeciras war ein diplomatisches<lb/> Fiasko, der Vertrag von 1909 und der von 1911 war eine Halbheit, das Ende<lb/> ist ein Delmcle und ein Trauerspiel. Eine Schicksalstragödie mehr in dem großen<lb/> Weltendrama, welches heute Deutschlands Vernichtung heißt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Zukunftsgedanken<lb/><note type="byline"> Arthu» A. Brandt</note> von</head><lb/> <p xml:id="ID_874"> le Mechanisierung des Weltwirtschaftslebens wird von jetzt an noch<lb/> ^ weit schneller fortschreiten als bisher. Die ungemein gesteigerten<lb/> Löhne, Unkosten und Steuern zwingen dazu, den Menschen, wo es<lb/> > immer geht, durch die Maschine zu ersetzen, und das Massenfabrikat<lb/> an Stelle der Einzelanfertigung zu verwenden. Zum Teil bestanden<lb/> ldiese Verhältnisse schon in den Vereinigten Staaten. Jeder Haus¬<lb/> halt verwendet dort elektrische Hilfsapparate in reicher Fülle, fabrikmäßig her¬<lb/> gestellte Schuhe und Kleider waren preiswert, solche nach Maß gefertigt nur für<lb/> die oberen Fünfhundert bezahlbar.</p><lb/> <p xml:id="ID_875"> Man glaube auch nicht, daß andere Länder nach dem Kriege hierin viel<lb/> günstiger daran sein werden als Deutschland. Der Achtstunden-Arbeitstag frißt<lb/> sich durch, so sehr sich auch die Staaten sträuben werden. Er ist da und wird<lb/> nicht mehr verschwinden. Mit dieser Tatsache muß man rechnen. Die hohen<lb/> Löhne haben die anderen Länder auch schon mehr oder weniger, und die sozialen<lb/> Einrichtungen und Sozialisierungen folgen ebenfalls jenseits der Grenzen mehr<lb/> oder weniger schnell nach. Es gibt Dinge, die nicht mehr aufzuhalten sind, sobald<lb/> sie sich an einem Ende durchgesetzt haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_876"> Also der Krieg hinterläßt allenthalben eine starke Teuerung sowie starkes<lb/> Anwachsen der Ansprüche der unteren Klassen. Dies sind aber Vorgänge, welche<lb/> zur beschleunigten Mechanisierung führen müssen.</p><lb/> <p xml:id="ID_877"> Die Vereinigten Staaten sind auf diesem Wege am weitesten vorgeschritten<lb/> und können daher in gewissem Sinne als Beispiel dafür dienen, was in anderen<lb/> Ländern erwartet werden kann. Daß hierbei in der Union ein gewisser Mechani¬<lb/> sierungswahnsinn beobachtet werden kann, und daß es den anderen Ländern nur<lb/> zu wünschen ist, diese Übertreibungen nicht mitzumachen, sei nur nebenbei erwähnt.</p><lb/> <p xml:id="ID_878"> Drüben hat z. B. praktisch genommen jede Familie ihr Auto, und für<lb/> jeden zwanzigsten Menschen, ob Kind oder Greis, wird im Jahre ein neuer Kraft¬<lb/> wagen gebaut. Ein solcher Luxus und solche Benzinverschwendung stinken gen<lb/> Himmel.</p><lb/> <p xml:id="ID_879"> In Amerika ist man bei einem Kraftbedarf von annähernd 1.5 Pferdestürken<lb/> aus den Kopf der Bevölkerung angelangt. Wie wird sich nun unsere Energie¬<lb/> wirtschaft gestalten, wenn die übrige Erde ebenfalls einen so hohen Stand an<lb/> Bedarf mechanischer Arbeit erreicht haben wird? Solche Ausblicke sind nicht<lb/> nur interessant, sondern sie lassen auch die Grenzen des Verbrauches erkennen<lb/> und können zur Einschränkung oder Umkehr ernähren. Wann dieser Zeitpunkt<lb/> der Sättigung erreicht sein wird, ist gleichgültig, ebenso gleichgültig ist es, ob die<lb/> Annahmen ganz zutreffend sind, es kommt nur darauf an, daß die Größen¬<lb/> ordnung richtig ist.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0212]
Jukunftsgedankcn
schon 1911 zu einer neuen Marokkokrisis, die in dem bekannten Marokko-Kongo-
Abkommen ihre Lösung fand. Praktisch wurde damals die Algeciras-Akte aufge¬
hoben. Die letzten formellen Reste beseitigt heute Frankreich mit rauher Hand,
ohne mit uns darüber zu verhandeln. Schon Algeciras war ein diplomatisches
Fiasko, der Vertrag von 1909 und der von 1911 war eine Halbheit, das Ende
ist ein Delmcle und ein Trauerspiel. Eine Schicksalstragödie mehr in dem großen
Weltendrama, welches heute Deutschlands Vernichtung heißt.
Zukunftsgedanken
Arthu» A. Brandt von
le Mechanisierung des Weltwirtschaftslebens wird von jetzt an noch
^ weit schneller fortschreiten als bisher. Die ungemein gesteigerten
Löhne, Unkosten und Steuern zwingen dazu, den Menschen, wo es
> immer geht, durch die Maschine zu ersetzen, und das Massenfabrikat
an Stelle der Einzelanfertigung zu verwenden. Zum Teil bestanden
ldiese Verhältnisse schon in den Vereinigten Staaten. Jeder Haus¬
halt verwendet dort elektrische Hilfsapparate in reicher Fülle, fabrikmäßig her¬
gestellte Schuhe und Kleider waren preiswert, solche nach Maß gefertigt nur für
die oberen Fünfhundert bezahlbar.
Man glaube auch nicht, daß andere Länder nach dem Kriege hierin viel
günstiger daran sein werden als Deutschland. Der Achtstunden-Arbeitstag frißt
sich durch, so sehr sich auch die Staaten sträuben werden. Er ist da und wird
nicht mehr verschwinden. Mit dieser Tatsache muß man rechnen. Die hohen
Löhne haben die anderen Länder auch schon mehr oder weniger, und die sozialen
Einrichtungen und Sozialisierungen folgen ebenfalls jenseits der Grenzen mehr
oder weniger schnell nach. Es gibt Dinge, die nicht mehr aufzuhalten sind, sobald
sie sich an einem Ende durchgesetzt haben.
Also der Krieg hinterläßt allenthalben eine starke Teuerung sowie starkes
Anwachsen der Ansprüche der unteren Klassen. Dies sind aber Vorgänge, welche
zur beschleunigten Mechanisierung führen müssen.
Die Vereinigten Staaten sind auf diesem Wege am weitesten vorgeschritten
und können daher in gewissem Sinne als Beispiel dafür dienen, was in anderen
Ländern erwartet werden kann. Daß hierbei in der Union ein gewisser Mechani¬
sierungswahnsinn beobachtet werden kann, und daß es den anderen Ländern nur
zu wünschen ist, diese Übertreibungen nicht mitzumachen, sei nur nebenbei erwähnt.
Drüben hat z. B. praktisch genommen jede Familie ihr Auto, und für
jeden zwanzigsten Menschen, ob Kind oder Greis, wird im Jahre ein neuer Kraft¬
wagen gebaut. Ein solcher Luxus und solche Benzinverschwendung stinken gen
Himmel.
In Amerika ist man bei einem Kraftbedarf von annähernd 1.5 Pferdestürken
aus den Kopf der Bevölkerung angelangt. Wie wird sich nun unsere Energie¬
wirtschaft gestalten, wenn die übrige Erde ebenfalls einen so hohen Stand an
Bedarf mechanischer Arbeit erreicht haben wird? Solche Ausblicke sind nicht
nur interessant, sondern sie lassen auch die Grenzen des Verbrauches erkennen
und können zur Einschränkung oder Umkehr ernähren. Wann dieser Zeitpunkt
der Sättigung erreicht sein wird, ist gleichgültig, ebenso gleichgültig ist es, ob die
Annahmen ganz zutreffend sind, es kommt nur darauf an, daß die Größen¬
ordnung richtig ist.
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