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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Frau in ihrem Beruf zu überwinden hat. Um im Wettbewerb bestehen zu
können, muß die Frau zunächst einmal eine tüchtige Ausbildung genossen haben
und diese Forderung muß doch letzten Endes auch um der Sache willen, der sie
dient, erhoben werden Unzulänglichkeit. Dilettantismus dürfen sich unter keinen
Umständen breit machen -- jetzt, da unser Volk alle Kräfte anspannen muß, um
aus den: seelischen und materiellen Elend unserer Tage herauszukommen, schon
ganz und gar nicht. Lediglich gediegene Fachkenntnisse vermögen dem VvlkSwohle
zu nützen, aber auch nur sie allein gewähren die Berufsfreudigkeit, die das Ge¬
lingen verbürgt, Es entspricht dein Geist und den Bedürfnissen der Gegenwart,
daß der Frau die Staatsprüfungen und die hierzu notwendigen praktischen Aus¬
bildungsmöglichkeiten in der Rechtswissenschaft und in der Theologie freigegeben
werden.' gleich wie sie den Studentinnen der medizinischen und philosophischen
Fakultät bereits seit Jahren offenstehen. Die natürliche Folge ist die Freigabe
aller akademischen Berufe. Der Einzelpersönlichkeit muß es überlassen bleiben,
ob sie sich auf Grund qualifizierter Leistungen durchzusetzen vermag. Im Staat
und in der Gemeindeverwaltung, insbesondere in der sozialen Arbeit müssen
bewährten Frauen auch leitende Posten übertragen werden, wobei auch Nicht-
akademikerinnen bei zweckmäßiger Vorbildung und praktischer Begabung zu. berück¬
sichtigen sind.

Eine weitere Folge gleicher Ausbildung männlicher und weiblicher Arbeits¬
kräfte ist die Forderung gleicher Entlohnung bei gleichwertiger Leistung. Hier
hat der Staat durch gutes, statt wie bisher durch schlechtes Beispiel voranzugehen.
Die zur Rechtfertigung seiner Praktiken vorgebrachten Argumentationen, die von
den Privaten gern übernommen wurden, sind oft genug nicht stichhaltig, worauf
seitens der Frauen immer wieder hingewiesen wurde. So wird zum Beispiel in
der Besoldung verheirateter und unverheirateter Lehrer kein Unterschied gemacht
und die geringere Bezahlung der Lehrerin damit begründet, daß ja der Mann
Ernährer einer Familie sei. Den Schutz gegen ungerechtfertigte materielle Beein¬
trächtigung und unterbietende Konkurrenz wird die Frau naturgemäß in Organi¬
sationen suchen, zu deren Ausgestaltung neuerdings die geeigneten Handhaben
gegeben sind. Überdies wird sie mittels des ihr nunmehr zustehenden aktiven
und passiven Wahlrechts ihren Einfluß auf die Gesetzgebung geltend machen, wo
diese Härten für die Frau aufweist.

Was auf dem Wege der Gesetzgebung erreicht werden kann, muß ergänzt
werden durch Überwindung des Vorurteils gegen die Frauenarbeit durch einen
Akt der Selbsterziehung sowohl bei Männern als auch bei einer gewissen Gruppe
von Frauen, die- vom Schicksal begünstigt, von den Lebensnotwendigkeiten der
erwerbender! Frau keinen Begriff haben, und sich bemüßigt fühlen, vom sicheren
Hafen aus durch unsachliche Krittelei und Herabwürdigung des eigenen Geschlechts den
schweren Gang durch ein auf persönliche Tüchtigkeit gestelltes Leben zu verbittern.
Der .Kampf der Frauen gegen die Suggestion ihrer tatsächlich unbewiesenen
geistigen Minderwertigkeit hat in ihren Reihen schwere Opfer gefordert und zum
Schaden der Gesamtheit gerade viele wertvolle, kritisch begabte Kräfte lahmgelegt,
indem diese ihre Waffe allzu sehr gegen sich selbst richteten und Ansprüche an
sich stellten, denen auch der Mann nur in seltenen Fällen zu genügen vermag.

Immer wieder wird auf die bevölkerungspolitischen Gefahren der Emanzi¬
pation des Weibes hingewiesen. Die Gründe der Ehelosigkeit zahlreicher Frauen
- - mir ein Drittel ist verheiratet -- und des Geburtenrückgangs sind offenbar ganz
wo anders zu suchen als in dein durchaus gesunden Willen der gebildeten Frau,
ein durch ihre persönlichen Leistungen wertvolles und zufriedenes Glied der mensch¬
lichen Gesellschaft zu sein, auch wenn es ihr nicht vergönnt ist, Kinder zu zeugen
und das Glück zukunftsfroyen Wirkens ans den gütigen Händen der Natur ent-
Kegenzunehmen, Es wird von Studentinnen und in wissenschaftlichen Berufen
stehenden Frauen -- von den Angehörigen mittlerer Berufe ganz zu schweigen --
ausdrücklich bestritten, daß die geistige Tätigkeit den Wunsch, das Menschentum in
der Gesamtheit seiner natürlichen Anlagen zu entfalten, eindämmt, und wer Ge-


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Frau in ihrem Beruf zu überwinden hat. Um im Wettbewerb bestehen zu
können, muß die Frau zunächst einmal eine tüchtige Ausbildung genossen haben
und diese Forderung muß doch letzten Endes auch um der Sache willen, der sie
dient, erhoben werden Unzulänglichkeit. Dilettantismus dürfen sich unter keinen
Umständen breit machen — jetzt, da unser Volk alle Kräfte anspannen muß, um
aus den: seelischen und materiellen Elend unserer Tage herauszukommen, schon
ganz und gar nicht. Lediglich gediegene Fachkenntnisse vermögen dem VvlkSwohle
zu nützen, aber auch nur sie allein gewähren die Berufsfreudigkeit, die das Ge¬
lingen verbürgt, Es entspricht dein Geist und den Bedürfnissen der Gegenwart,
daß der Frau die Staatsprüfungen und die hierzu notwendigen praktischen Aus¬
bildungsmöglichkeiten in der Rechtswissenschaft und in der Theologie freigegeben
werden.' gleich wie sie den Studentinnen der medizinischen und philosophischen
Fakultät bereits seit Jahren offenstehen. Die natürliche Folge ist die Freigabe
aller akademischen Berufe. Der Einzelpersönlichkeit muß es überlassen bleiben,
ob sie sich auf Grund qualifizierter Leistungen durchzusetzen vermag. Im Staat
und in der Gemeindeverwaltung, insbesondere in der sozialen Arbeit müssen
bewährten Frauen auch leitende Posten übertragen werden, wobei auch Nicht-
akademikerinnen bei zweckmäßiger Vorbildung und praktischer Begabung zu. berück¬
sichtigen sind.

Eine weitere Folge gleicher Ausbildung männlicher und weiblicher Arbeits¬
kräfte ist die Forderung gleicher Entlohnung bei gleichwertiger Leistung. Hier
hat der Staat durch gutes, statt wie bisher durch schlechtes Beispiel voranzugehen.
Die zur Rechtfertigung seiner Praktiken vorgebrachten Argumentationen, die von
den Privaten gern übernommen wurden, sind oft genug nicht stichhaltig, worauf
seitens der Frauen immer wieder hingewiesen wurde. So wird zum Beispiel in
der Besoldung verheirateter und unverheirateter Lehrer kein Unterschied gemacht
und die geringere Bezahlung der Lehrerin damit begründet, daß ja der Mann
Ernährer einer Familie sei. Den Schutz gegen ungerechtfertigte materielle Beein¬
trächtigung und unterbietende Konkurrenz wird die Frau naturgemäß in Organi¬
sationen suchen, zu deren Ausgestaltung neuerdings die geeigneten Handhaben
gegeben sind. Überdies wird sie mittels des ihr nunmehr zustehenden aktiven
und passiven Wahlrechts ihren Einfluß auf die Gesetzgebung geltend machen, wo
diese Härten für die Frau aufweist.

Was auf dem Wege der Gesetzgebung erreicht werden kann, muß ergänzt
werden durch Überwindung des Vorurteils gegen die Frauenarbeit durch einen
Akt der Selbsterziehung sowohl bei Männern als auch bei einer gewissen Gruppe
von Frauen, die- vom Schicksal begünstigt, von den Lebensnotwendigkeiten der
erwerbender! Frau keinen Begriff haben, und sich bemüßigt fühlen, vom sicheren
Hafen aus durch unsachliche Krittelei und Herabwürdigung des eigenen Geschlechts den
schweren Gang durch ein auf persönliche Tüchtigkeit gestelltes Leben zu verbittern.
Der .Kampf der Frauen gegen die Suggestion ihrer tatsächlich unbewiesenen
geistigen Minderwertigkeit hat in ihren Reihen schwere Opfer gefordert und zum
Schaden der Gesamtheit gerade viele wertvolle, kritisch begabte Kräfte lahmgelegt,
indem diese ihre Waffe allzu sehr gegen sich selbst richteten und Ansprüche an
sich stellten, denen auch der Mann nur in seltenen Fällen zu genügen vermag.

Immer wieder wird auf die bevölkerungspolitischen Gefahren der Emanzi¬
pation des Weibes hingewiesen. Die Gründe der Ehelosigkeit zahlreicher Frauen
- - mir ein Drittel ist verheiratet — und des Geburtenrückgangs sind offenbar ganz
wo anders zu suchen als in dein durchaus gesunden Willen der gebildeten Frau,
ein durch ihre persönlichen Leistungen wertvolles und zufriedenes Glied der mensch¬
lichen Gesellschaft zu sein, auch wenn es ihr nicht vergönnt ist, Kinder zu zeugen
und das Glück zukunftsfroyen Wirkens ans den gütigen Händen der Natur ent-
Kegenzunehmen, Es wird von Studentinnen und in wissenschaftlichen Berufen
stehenden Frauen — von den Angehörigen mittlerer Berufe ganz zu schweigen —
ausdrücklich bestritten, daß die geistige Tätigkeit den Wunsch, das Menschentum in
der Gesamtheit seiner natürlichen Anlagen zu entfalten, eindämmt, und wer Ge-


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[0151] Frau in ihrem Beruf zu überwinden hat. Um im Wettbewerb bestehen zu können, muß die Frau zunächst einmal eine tüchtige Ausbildung genossen haben und diese Forderung muß doch letzten Endes auch um der Sache willen, der sie dient, erhoben werden Unzulänglichkeit. Dilettantismus dürfen sich unter keinen Umständen breit machen — jetzt, da unser Volk alle Kräfte anspannen muß, um aus den: seelischen und materiellen Elend unserer Tage herauszukommen, schon ganz und gar nicht. Lediglich gediegene Fachkenntnisse vermögen dem VvlkSwohle zu nützen, aber auch nur sie allein gewähren die Berufsfreudigkeit, die das Ge¬ lingen verbürgt, Es entspricht dein Geist und den Bedürfnissen der Gegenwart, daß der Frau die Staatsprüfungen und die hierzu notwendigen praktischen Aus¬ bildungsmöglichkeiten in der Rechtswissenschaft und in der Theologie freigegeben werden.' gleich wie sie den Studentinnen der medizinischen und philosophischen Fakultät bereits seit Jahren offenstehen. Die natürliche Folge ist die Freigabe aller akademischen Berufe. Der Einzelpersönlichkeit muß es überlassen bleiben, ob sie sich auf Grund qualifizierter Leistungen durchzusetzen vermag. Im Staat und in der Gemeindeverwaltung, insbesondere in der sozialen Arbeit müssen bewährten Frauen auch leitende Posten übertragen werden, wobei auch Nicht- akademikerinnen bei zweckmäßiger Vorbildung und praktischer Begabung zu. berück¬ sichtigen sind. Eine weitere Folge gleicher Ausbildung männlicher und weiblicher Arbeits¬ kräfte ist die Forderung gleicher Entlohnung bei gleichwertiger Leistung. Hier hat der Staat durch gutes, statt wie bisher durch schlechtes Beispiel voranzugehen. Die zur Rechtfertigung seiner Praktiken vorgebrachten Argumentationen, die von den Privaten gern übernommen wurden, sind oft genug nicht stichhaltig, worauf seitens der Frauen immer wieder hingewiesen wurde. So wird zum Beispiel in der Besoldung verheirateter und unverheirateter Lehrer kein Unterschied gemacht und die geringere Bezahlung der Lehrerin damit begründet, daß ja der Mann Ernährer einer Familie sei. Den Schutz gegen ungerechtfertigte materielle Beein¬ trächtigung und unterbietende Konkurrenz wird die Frau naturgemäß in Organi¬ sationen suchen, zu deren Ausgestaltung neuerdings die geeigneten Handhaben gegeben sind. Überdies wird sie mittels des ihr nunmehr zustehenden aktiven und passiven Wahlrechts ihren Einfluß auf die Gesetzgebung geltend machen, wo diese Härten für die Frau aufweist. Was auf dem Wege der Gesetzgebung erreicht werden kann, muß ergänzt werden durch Überwindung des Vorurteils gegen die Frauenarbeit durch einen Akt der Selbsterziehung sowohl bei Männern als auch bei einer gewissen Gruppe von Frauen, die- vom Schicksal begünstigt, von den Lebensnotwendigkeiten der erwerbender! Frau keinen Begriff haben, und sich bemüßigt fühlen, vom sicheren Hafen aus durch unsachliche Krittelei und Herabwürdigung des eigenen Geschlechts den schweren Gang durch ein auf persönliche Tüchtigkeit gestelltes Leben zu verbittern. Der .Kampf der Frauen gegen die Suggestion ihrer tatsächlich unbewiesenen geistigen Minderwertigkeit hat in ihren Reihen schwere Opfer gefordert und zum Schaden der Gesamtheit gerade viele wertvolle, kritisch begabte Kräfte lahmgelegt, indem diese ihre Waffe allzu sehr gegen sich selbst richteten und Ansprüche an sich stellten, denen auch der Mann nur in seltenen Fällen zu genügen vermag. Immer wieder wird auf die bevölkerungspolitischen Gefahren der Emanzi¬ pation des Weibes hingewiesen. Die Gründe der Ehelosigkeit zahlreicher Frauen - - mir ein Drittel ist verheiratet — und des Geburtenrückgangs sind offenbar ganz wo anders zu suchen als in dein durchaus gesunden Willen der gebildeten Frau, ein durch ihre persönlichen Leistungen wertvolles und zufriedenes Glied der mensch¬ lichen Gesellschaft zu sein, auch wenn es ihr nicht vergönnt ist, Kinder zu zeugen und das Glück zukunftsfroyen Wirkens ans den gütigen Händen der Natur ent- Kegenzunehmen, Es wird von Studentinnen und in wissenschaftlichen Berufen stehenden Frauen — von den Angehörigen mittlerer Berufe ganz zu schweigen — ausdrücklich bestritten, daß die geistige Tätigkeit den Wunsch, das Menschentum in der Gesamtheit seiner natürlichen Anlagen zu entfalten, eindämmt, und wer Ge- 12*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/151>, abgerufen am 18.12.2024.