Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.Die Polnischen Gebietsansprüche im Lichte der Statistik aus rein polnischen Familien stammenden Kinder, sowohl auf der Straße unter Diese Zahlen lassen erkennen, daß überall, auch in Oberschlesien, die Zahl Frejlich schließt diesen Teil seiner Darlegungen mit dem Satze: "Es drängt Das Bild, das wir von der Methode Frejlichs gegeben haben, würde aber Die Polnischen Gebietsansprüche im Lichte der Statistik aus rein polnischen Familien stammenden Kinder, sowohl auf der Straße unter Diese Zahlen lassen erkennen, daß überall, auch in Oberschlesien, die Zahl Frejlich schließt diesen Teil seiner Darlegungen mit dem Satze: „Es drängt Das Bild, das wir von der Methode Frejlichs gegeben haben, würde aber <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0092" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335274"/> <fw type="header" place="top"> Die Polnischen Gebietsansprüche im Lichte der Statistik</fw><lb/> <p xml:id="ID_375" prev="#ID_374"> aus rein polnischen Familien stammenden Kinder, sowohl auf der Straße unter<lb/> ihren Altersgenossen, wie auch im Haushalt ihrer Eltern gelegentlich deutsch<lb/> sprechen und werden dadurch von selbst zweisprachig. Das trifft natürlich am<lb/> wenigsten für die Provinz Posen, die eine rein ländliche Bevölkerung hat und in<lb/> der das Polentum verhältnismäßig geschlossen wohnt, am meisten aber für Ober¬<lb/> schlesien zu, wo der Industriearbeiter einigermaßen deutsch sprechen muß, wenn<lb/> er wirtschaftlich vorwärts kommen will. Das, was Frejlich eine „Ungeheuer¬<lb/> lichkeit" scheint, findet also seine ganz natürliche Erklärung. Ganz sicher muß sich<lb/> übrigens Frejlich seiner Sache nicht gewesen sein; denn um die vermeintliche<lb/> Ungeheuerlichkeit der preußischen Statistik seinen Lesern ganz eindringlich dar¬<lb/> zustellen, greift er zu dem Mittel einer Fälschung. Es war nämlich 1910 ähnlich<lb/> wie 1905 — entsprechend einer Forderung, die gerade der oben erwähnte<lb/> Statister v. Mayr erhoben hat — neben der oben wiedergegebenen Frage nach<lb/> der Muttersprache noch eine Nebenfrage gestellt: „Wenn die Muttersprache nicht<lb/> deutsch, ob der deutschen Sprache mächtig?" Frejlich erweckt nun durch seine<lb/> Darstellung den Anschein, als wenn alle Personen mit polnischer Muttersprache,<lb/> die diese Nebenfrage bejaht haben, von der preußischen Statistik als Personen<lb/> mit doppelter Muttersprache gerechnet worden seien; ja er versteigt sich aus¬<lb/> drücklich zu der Behauptung, es sei unter anderem die Aufgabe der Landräte,<lb/> „die Polen, die erklären, gleichzeitig der deutschen Sprache mächtig zu sein, in<lb/> die Kolonnen der Zweisprachigen einzureihen", während doch gerade das Vor¬<lb/> handensein der Nebenfrage beweist, daß man die Personen mit doppelter Mutter¬<lb/> sprache von denjenigen, die nur die polnische Muttersprache besitzen, aber der<lb/> deutschen Sprache mächtig sind, unterscheiden wollte. Daß dieser Zweck auch<lb/> erreicht ist. geht aus folgenden Zahlen hervor. Es betrugen 19l0:</p><lb/> <table facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341909_335181/figures/grenzboten_341909_335181_335274_003.jpg"> <row> <cell> in West¬<lb/> preußenin<lb/> Posenin Ober¬<lb/> schlesien<lb/> Die Personen mit doppelter Muttersprache (deutsch und<lb/> Die Personen mit Polnischer Muttersprache überhaupt<lb/> Die Personen mit polnischer Muttersprache, die des19 192<lb/> 475 863<lb/> SVS 71411 796<lb/> 1 273 890<lb/> 686 68388 798<lb/> 1 169 340<lb/> 766 963</cell> </row> </table><lb/> <p xml:id="ID_376"> Diese Zahlen lassen erkennen, daß überall, auch in Oberschlesien, die Zahl<lb/> der Personen mit doppelter Muttersprache verschwindend gering ist gegenüber den<lb/> Personen mit polnischer Muttersprache, die der deutschen Sprache mächtig sind;<lb/> die hohe Zahl der letzteren gibt zugleich einen Anhalt dafür, wie groß der Wert<lb/> ist, den die Polen selbst der Erlernung der deutschen Sprache beilegen.</p><lb/> <p xml:id="ID_377"> Frejlich schließt diesen Teil seiner Darlegungen mit dem Satze: „Es drängt<lb/> sich folglich der Schluß auf, daß, die Organisation der amtlichen Statistik in<lb/> Preußen und Deutschland, die im allgemeinen musterhaft ist. dies keineswegs ist<lb/> auf dem Gebiete der Nationalitätenstatistik"; und er fühlt sich berechtigt, für alle<lb/> Landesteile die Zahl der Polen, die die amtliche Statistik nachweist, um 10 bis<lb/> 15 v. H. zu erhöhen. So ist es ihm natürlich ein Kleines, den Anteil der<lb/> polnischen Bevölkerung in Oberschlesien von Höchstens 57 auf 65,7 o. H., den im<lb/> Regierungsbezirk Posen von höchstens 67,9 auf 74,1 v. H. usf. hinaufzuschrauben.<lb/> Daß seine haltlosen und zum Teil aus Fälschung beruhenden Vorwürfe gegen<lb/> die amtliche Statistik ihm hierzu kein Recht geben, ist wohl im vorstehenden klar<lb/> genug gezeigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_378" next="#ID_379"> Das Bild, das wir von der Methode Frejlichs gegeben haben, würde aber<lb/> unvollständig sein, wenn wir nicht noch mit einigen Worten auf die Art ein¬<lb/> gingen, auf welche er die immer noch große Zahl der Deutschen, die trotz all'<lb/> seiner Täuschungstünste übrig bleibt, ihrer Bedeutung zu entkleiden sucht. In<lb/> diesem Bemühen zieht er zunächst von der deutschen Bevölkerung alle Militär¬<lb/> personen ab; daß diese fast ausschließlich aus der gleichen Provinz stammen, in</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0092]
Die Polnischen Gebietsansprüche im Lichte der Statistik
aus rein polnischen Familien stammenden Kinder, sowohl auf der Straße unter
ihren Altersgenossen, wie auch im Haushalt ihrer Eltern gelegentlich deutsch
sprechen und werden dadurch von selbst zweisprachig. Das trifft natürlich am
wenigsten für die Provinz Posen, die eine rein ländliche Bevölkerung hat und in
der das Polentum verhältnismäßig geschlossen wohnt, am meisten aber für Ober¬
schlesien zu, wo der Industriearbeiter einigermaßen deutsch sprechen muß, wenn
er wirtschaftlich vorwärts kommen will. Das, was Frejlich eine „Ungeheuer¬
lichkeit" scheint, findet also seine ganz natürliche Erklärung. Ganz sicher muß sich
übrigens Frejlich seiner Sache nicht gewesen sein; denn um die vermeintliche
Ungeheuerlichkeit der preußischen Statistik seinen Lesern ganz eindringlich dar¬
zustellen, greift er zu dem Mittel einer Fälschung. Es war nämlich 1910 ähnlich
wie 1905 — entsprechend einer Forderung, die gerade der oben erwähnte
Statister v. Mayr erhoben hat — neben der oben wiedergegebenen Frage nach
der Muttersprache noch eine Nebenfrage gestellt: „Wenn die Muttersprache nicht
deutsch, ob der deutschen Sprache mächtig?" Frejlich erweckt nun durch seine
Darstellung den Anschein, als wenn alle Personen mit polnischer Muttersprache,
die diese Nebenfrage bejaht haben, von der preußischen Statistik als Personen
mit doppelter Muttersprache gerechnet worden seien; ja er versteigt sich aus¬
drücklich zu der Behauptung, es sei unter anderem die Aufgabe der Landräte,
„die Polen, die erklären, gleichzeitig der deutschen Sprache mächtig zu sein, in
die Kolonnen der Zweisprachigen einzureihen", während doch gerade das Vor¬
handensein der Nebenfrage beweist, daß man die Personen mit doppelter Mutter¬
sprache von denjenigen, die nur die polnische Muttersprache besitzen, aber der
deutschen Sprache mächtig sind, unterscheiden wollte. Daß dieser Zweck auch
erreicht ist. geht aus folgenden Zahlen hervor. Es betrugen 19l0:
in West¬
preußenin
Posenin Ober¬
schlesien
Die Personen mit doppelter Muttersprache (deutsch und
Die Personen mit Polnischer Muttersprache überhaupt
Die Personen mit polnischer Muttersprache, die des19 192
475 863
SVS 71411 796
1 273 890
686 68388 798
1 169 340
766 963
Diese Zahlen lassen erkennen, daß überall, auch in Oberschlesien, die Zahl
der Personen mit doppelter Muttersprache verschwindend gering ist gegenüber den
Personen mit polnischer Muttersprache, die der deutschen Sprache mächtig sind;
die hohe Zahl der letzteren gibt zugleich einen Anhalt dafür, wie groß der Wert
ist, den die Polen selbst der Erlernung der deutschen Sprache beilegen.
Frejlich schließt diesen Teil seiner Darlegungen mit dem Satze: „Es drängt
sich folglich der Schluß auf, daß, die Organisation der amtlichen Statistik in
Preußen und Deutschland, die im allgemeinen musterhaft ist. dies keineswegs ist
auf dem Gebiete der Nationalitätenstatistik"; und er fühlt sich berechtigt, für alle
Landesteile die Zahl der Polen, die die amtliche Statistik nachweist, um 10 bis
15 v. H. zu erhöhen. So ist es ihm natürlich ein Kleines, den Anteil der
polnischen Bevölkerung in Oberschlesien von Höchstens 57 auf 65,7 o. H., den im
Regierungsbezirk Posen von höchstens 67,9 auf 74,1 v. H. usf. hinaufzuschrauben.
Daß seine haltlosen und zum Teil aus Fälschung beruhenden Vorwürfe gegen
die amtliche Statistik ihm hierzu kein Recht geben, ist wohl im vorstehenden klar
genug gezeigt.
Das Bild, das wir von der Methode Frejlichs gegeben haben, würde aber
unvollständig sein, wenn wir nicht noch mit einigen Worten auf die Art ein¬
gingen, auf welche er die immer noch große Zahl der Deutschen, die trotz all'
seiner Täuschungstünste übrig bleibt, ihrer Bedeutung zu entkleiden sucht. In
diesem Bemühen zieht er zunächst von der deutschen Bevölkerung alle Militär¬
personen ab; daß diese fast ausschließlich aus der gleichen Provinz stammen, in
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