Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.Zur Neugestaltung des Deutschen Volksstaates von einem Württembergs! ' -I. ^^^M^Ä^W einem Menschen in Deutschland ist es je eingefallen, während des Ein Haupthindernis dafür ist gefallen: die dynastischen Monarchien, das Dies ist der oberste Gesichtspunkt politischer Einsicht, von dem wir, nicht Württemberg ist eine Festung. Eine schwer zu erobernde Festung im Grenzboten I 1919 S
Zur Neugestaltung des Deutschen Volksstaates von einem Württembergs! ' -I. ^^^M^Ä^W einem Menschen in Deutschland ist es je eingefallen, während des Ein Haupthindernis dafür ist gefallen: die dynastischen Monarchien, das Dies ist der oberste Gesichtspunkt politischer Einsicht, von dem wir, nicht Württemberg ist eine Festung. Eine schwer zu erobernde Festung im Grenzboten I 1919 S
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[Abbildung]
Zur Neugestaltung des Deutschen Volksstaates
von einem Württembergs! '
-I.
^^^M^Ä^W einem Menschen in Deutschland ist es je eingefallen, während des
MM< M Krieges irgendwie auf die politische Uneinigkeit der Franzosen
KI MWßA u. a. in dem Sinne zu spekulieren, wie sie und ihre Verbündeten
es uns gegenüber getan haben; keiner hat bei uns daran gedacht,
irgendeinen Teil von Frankreich oder Italien abtrünnig zu
machen, um so unsere Gegner zu schwächen. Wir Deutsche da¬
gegen sind in diesem Sinne stark bearbeitet worden, und befinden uns nun selbst in
einem Wirrwarr von Erwägungen, die auf freiwillige Abtrennung, Sonder¬
bestrebungen, sogar Anlehnung an Frankreich hinzielen, und idie zeigen, daß
unsere Feinde uns besser kannten, als wir selbst; Bestrebungen, die ferner zeigen,
wo unsere Schwäche tatsächlich liegt. Diese Lehre sollte nunmehr gelernt werden!
Wenn wir unseren Enkeln und Urenkeln ein festes Haus bauen wollen, so ist
jetzt die Zeit gekommen, wo wir das tun müssen, was unseren Feinden i.^ un¬
angenehm wäre, nämlich zu wirklicher Einheit, zu sozusagen rücksichtsloser Ein¬
heit kommen.
Ein Haupthindernis dafür ist gefallen: die dynastischen Monarchien, das
halbmittelalterliche Deutschland sind in diesem Sinne nicht mehr. Auch in diesem
Punkte müssen wir radikal und freudig umlernen, uns klar werden, daß diese
Monarchien mit ihrem ganzen Apparat und den vielen durch sie bedingten Rei-
bungsflächen unserer wirklichen Nationaleinheit überaus schädlich waren, unser
rein deutsches Bewußtsein schwer beeinträchtigt haben; nicht nur vor 1871, son¬
dern — darüber gibt es gar keinen Zweifel — auch danach! Denken wir uns also
diese Hemmnisse — alle persönlichen Sympathien gern in Ehren! — auch wirklich
weg! Denken wir uns Deutschland wirklich ohne sie, und erfassen wir dann die
Vorstellung einer Einheit, die keinem Feinde durch ein bloßes Scheindasein, wie
bisher, Angriffs- und Ansatzpunkte zur Trennung mehr bieten kann!
Dies ist der oberste Gesichtspunkt politischer Einsicht, von dem wir, nicht
su unseren egoistischen Wünschen und ererbten Anschauungen und Gewohn¬
heiten haftend, sondern weitsichtig und ohne Egoismus in die ferne Zukunft
denkend, ausgehen müssen, der Gesichtspunkt, dem wir praktisch radikale Opfer
bringen müssen.
Württemberg ist eine Festung. Eine schwer zu erobernde Festung im
Deutschen Reich! Schwer zu erobern für andere Deutsche, weil von hohem Wall
umgeben, — politisch wie seelisch. Darum ist es aber auch besonders schwierig,
hier zu Lande für eme enogültige und daher radikale Änderung der bisherigen
Politischen Grundgestaltung Deutschlands das Wort zu ergreifen. Und doch muß
es sein. Es ist nationale Pflicht, zu sagen, daß die Stunde für eine durchgreifende
Grenzboten I 1919 S
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