Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.Der unverdiente Wertzuwachs an Grund und Boden unter den neuen Verhältnissen Ihm fällt Vielmehr der Wertzuwachs in den Schoß wie ein Lotteriegewinn. Bei Dieser Wertzuwachs kommt aber nur dem augenblicklichen Besitzer zugute. Es ist klar, daß wir gerade jetzt das allerdringendste Interesse haben, solche Wenn je einmal, so stehen wir jetzt auf den: Standpunkt, daß unverdiente Bis jetzt hat man nun geglaubt, dem unverdienten Wertzuwachs dadurch Der unverdiente Wertzuwachs an Grund und Boden unter den neuen Verhältnissen Ihm fällt Vielmehr der Wertzuwachs in den Schoß wie ein Lotteriegewinn. Bei Dieser Wertzuwachs kommt aber nur dem augenblicklichen Besitzer zugute. Es ist klar, daß wir gerade jetzt das allerdringendste Interesse haben, solche Wenn je einmal, so stehen wir jetzt auf den: Standpunkt, daß unverdiente Bis jetzt hat man nun geglaubt, dem unverdienten Wertzuwachs dadurch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0061" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335243"/> <fw type="header" place="top"> Der unverdiente Wertzuwachs an Grund und Boden unter den neuen Verhältnissen</fw><lb/> <p xml:id="ID_236" prev="#ID_235"> Ihm fällt Vielmehr der Wertzuwachs in den Schoß wie ein Lotteriegewinn. Bei<lb/> ländlichen Grundstücken ist es ähnlich. Die gesteigerte Nachfrage nach landwirt-<lb/> schaftlichen Produkten und die damit zusammenhängende Preissteigerung für diese<lb/> Produkte hat die landwirtschaftliche Rente und damit den Bodenwert in die<lb/> Höhe getrieben. Verbesserte Verkehrseinrichtungen, Bahn- und Kanalbauien usw.<lb/> wirken in derselben Richtung.</p><lb/> <p xml:id="ID_237"> Dieser Wertzuwachs kommt aber nur dem augenblicklichen Besitzer zugute.<lb/> Schon der nächste Nachfolger kann von der Wertsteigerung seinerseits keinen<lb/> Nutzen mehr ziehen. Denn bei jedem Besitzwechsel wird der bis dahin eingetretene<lb/> Wertzuwachs liquidiert in der Höhe des Kaufpreises beim Eigentumsübergang<lb/> unter Lebenden und in der Höhe des Übernahmepreises beim Erbgang. Der<lb/> neue Besitzer nutz also für den gestiegenen Wert vollen Gegenwert leisten, sei es<lb/> in Form von Barzahlung oder durch Übernahme von Hypotheken und Kauf¬<lb/> preisrestschulden. Für ihn bleibt nur der Zwang durch erhöhten Nutzen, höhere<lb/> Mieter und gestiegene Preise sür die Produkte, den erhöhten Kapitalaufwaud zu<lb/> verzinsen und herauszuwirtschaften. Schon in der Hand des nächsten Besitzers<lb/> äußert sich der Wertzuwachs als Erhöhung der Produktionskosten. Zu der<lb/> Zuwendung unverdienter Gewinne an einzelne gesellt sich der Nachteil höherer<lb/> Mieter und Lebensmittclpreise für die Allgemeinheit. Bei industriellen Anlagen<lb/> ist es nicht anders. Auch hier führt die Wertsteigerung des Bodens, auf dem<lb/> die Industrie sich ansiedeln will, zu erhöhter Kapitalinvestition, ohne gleichzeitige<lb/> Erhöhung der Produktion, also zu erhöhten Unkosten für unproduktive Zwecke.</p><lb/> <p xml:id="ID_238"> Es ist klar, daß wir gerade jetzt das allerdringendste Interesse haben, solche<lb/> Wirkungen zu vermeiden.</p><lb/> <p xml:id="ID_239"> Wenn je einmal, so stehen wir jetzt auf den: Standpunkt, daß unverdiente<lb/> Gewinne unmoralische Gewinne sind und dem einzelnen nicht zukommen. Wenn<lb/> je einmal, haben wir jetzt Anlaß, jeder durch die Umstände nicht unbedingt ge-<lb/> ootenen Verteuerung von Mieter und Lebensmitteln entgegen zu treten und der<lb/> Industrie jede vermeidbare Verteuerung der Produktion zu ersparen. Besonders<lb/> bei der Landwirtschaft ist Gefahr im Verzug. Durch die ungeheure Steigerung<lb/> der landwirschaftlichen Grundrente, welche der Krieg gebracht hat, ist eine außer-<lb/> ordentliche Steigerung der Bodenwerte bereits eingetreten. Auch in der Land¬<lb/> wirtschaft hat, abgesehen vom augenblicklichen Besitzer, niemand ein Interesse an<lb/> dieser Wertsteigernng. Auch für die Landwirtschaft bedeutet der unverdiente Wert¬<lb/> zuwachs letzten Endes eine Verteuerung der Produktion ohne Gegenwert und<lb/> zugleich, wenn nicht alsbald eingegriffen wird, eine Verewigung der unnatürlichen<lb/> Preissteigerung für Lebensmittel, die während der Kriegszeit eingetreten ist. Wir<lb/> haben gesehen, daß der Wertzuwachs dem Vorbesitzer vom Nachfolger in dem<lb/> erhöhten Kauf- bezw. Übernahmepreis voll bezahlt werden muß. Falls es nicht<lb/> gelingt durch Wegnahme des unverdienten Wertzuwachses dem vorzubeugen, wird<lb/> in der Form erhöhter Lebensmittelpreise die Gesamtheit für alle Folgezeit diesen<lb/> Zuwachs verzinsen und amortisieren müssen. Die so notwendige Senkung der<lb/> Lebensinittelpreise wird beim nächsten Besitzer durch semen erhöhten Erwerbungs-<lb/> aufwand unmöglich. Die Landwirtschaft als solche hat daran kein Interesse, im<lb/> Gegenteil, die durch solche unproduktiven Faktoren bedingte Preissteigerung er¬<lb/> schwert ihr die Erlangung der Gegenleistung für wirklich produktive Aufwendungen<lb/> und für unvermeidbare Steigerungen der tatsächlichen Produktionskosten (Löhne,<lb/> Materialkosten usw.). Aber auch schon der einfache Gedanke, daß der ganze<lb/> Wertzuwachs die nächste Generation in Form höherer Schulden belastet, muß bei<lb/> der Landwirtschaft dafür sprechen, daß auch sie den unverdienten Wertzuwachs<lb/> als solchen verurteilt. .., ^ ^ ^ ^ ^</p><lb/> <p xml:id="ID_240" next="#ID_241"> Bis jetzt hat man nun geglaubt, dem unverdienten Wertzuwachs dadurch<lb/> entgegenwirken zu können, daß man ihn zu einem nicht unerheblichen Teil für<lb/> die Allgemeinheit in Anspruch nimmt in Form von Wertzuwachssteuer, Anlieger--<lb/> beitrügen u. dergl. Man hat aber das Übel dadurch nur vergrößert, da es dem<lb/> Gutsbesitzer gelang, gestützt auf die ihm günstige Konjunktur, die den Wert-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0061]
Der unverdiente Wertzuwachs an Grund und Boden unter den neuen Verhältnissen
Ihm fällt Vielmehr der Wertzuwachs in den Schoß wie ein Lotteriegewinn. Bei
ländlichen Grundstücken ist es ähnlich. Die gesteigerte Nachfrage nach landwirt-
schaftlichen Produkten und die damit zusammenhängende Preissteigerung für diese
Produkte hat die landwirtschaftliche Rente und damit den Bodenwert in die
Höhe getrieben. Verbesserte Verkehrseinrichtungen, Bahn- und Kanalbauien usw.
wirken in derselben Richtung.
Dieser Wertzuwachs kommt aber nur dem augenblicklichen Besitzer zugute.
Schon der nächste Nachfolger kann von der Wertsteigerung seinerseits keinen
Nutzen mehr ziehen. Denn bei jedem Besitzwechsel wird der bis dahin eingetretene
Wertzuwachs liquidiert in der Höhe des Kaufpreises beim Eigentumsübergang
unter Lebenden und in der Höhe des Übernahmepreises beim Erbgang. Der
neue Besitzer nutz also für den gestiegenen Wert vollen Gegenwert leisten, sei es
in Form von Barzahlung oder durch Übernahme von Hypotheken und Kauf¬
preisrestschulden. Für ihn bleibt nur der Zwang durch erhöhten Nutzen, höhere
Mieter und gestiegene Preise sür die Produkte, den erhöhten Kapitalaufwaud zu
verzinsen und herauszuwirtschaften. Schon in der Hand des nächsten Besitzers
äußert sich der Wertzuwachs als Erhöhung der Produktionskosten. Zu der
Zuwendung unverdienter Gewinne an einzelne gesellt sich der Nachteil höherer
Mieter und Lebensmittclpreise für die Allgemeinheit. Bei industriellen Anlagen
ist es nicht anders. Auch hier führt die Wertsteigerung des Bodens, auf dem
die Industrie sich ansiedeln will, zu erhöhter Kapitalinvestition, ohne gleichzeitige
Erhöhung der Produktion, also zu erhöhten Unkosten für unproduktive Zwecke.
Es ist klar, daß wir gerade jetzt das allerdringendste Interesse haben, solche
Wirkungen zu vermeiden.
Wenn je einmal, so stehen wir jetzt auf den: Standpunkt, daß unverdiente
Gewinne unmoralische Gewinne sind und dem einzelnen nicht zukommen. Wenn
je einmal, haben wir jetzt Anlaß, jeder durch die Umstände nicht unbedingt ge-
ootenen Verteuerung von Mieter und Lebensmitteln entgegen zu treten und der
Industrie jede vermeidbare Verteuerung der Produktion zu ersparen. Besonders
bei der Landwirtschaft ist Gefahr im Verzug. Durch die ungeheure Steigerung
der landwirschaftlichen Grundrente, welche der Krieg gebracht hat, ist eine außer-
ordentliche Steigerung der Bodenwerte bereits eingetreten. Auch in der Land¬
wirtschaft hat, abgesehen vom augenblicklichen Besitzer, niemand ein Interesse an
dieser Wertsteigernng. Auch für die Landwirtschaft bedeutet der unverdiente Wert¬
zuwachs letzten Endes eine Verteuerung der Produktion ohne Gegenwert und
zugleich, wenn nicht alsbald eingegriffen wird, eine Verewigung der unnatürlichen
Preissteigerung für Lebensmittel, die während der Kriegszeit eingetreten ist. Wir
haben gesehen, daß der Wertzuwachs dem Vorbesitzer vom Nachfolger in dem
erhöhten Kauf- bezw. Übernahmepreis voll bezahlt werden muß. Falls es nicht
gelingt durch Wegnahme des unverdienten Wertzuwachses dem vorzubeugen, wird
in der Form erhöhter Lebensmittelpreise die Gesamtheit für alle Folgezeit diesen
Zuwachs verzinsen und amortisieren müssen. Die so notwendige Senkung der
Lebensinittelpreise wird beim nächsten Besitzer durch semen erhöhten Erwerbungs-
aufwand unmöglich. Die Landwirtschaft als solche hat daran kein Interesse, im
Gegenteil, die durch solche unproduktiven Faktoren bedingte Preissteigerung er¬
schwert ihr die Erlangung der Gegenleistung für wirklich produktive Aufwendungen
und für unvermeidbare Steigerungen der tatsächlichen Produktionskosten (Löhne,
Materialkosten usw.). Aber auch schon der einfache Gedanke, daß der ganze
Wertzuwachs die nächste Generation in Form höherer Schulden belastet, muß bei
der Landwirtschaft dafür sprechen, daß auch sie den unverdienten Wertzuwachs
als solchen verurteilt. .., ^ ^ ^ ^ ^
Bis jetzt hat man nun geglaubt, dem unverdienten Wertzuwachs dadurch
entgegenwirken zu können, daß man ihn zu einem nicht unerheblichen Teil für
die Allgemeinheit in Anspruch nimmt in Form von Wertzuwachssteuer, Anlieger--
beitrügen u. dergl. Man hat aber das Übel dadurch nur vergrößert, da es dem
Gutsbesitzer gelang, gestützt auf die ihm günstige Konjunktur, die den Wert-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |