Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.Wozu brauchen wir die deutschen Volksräte? Werk. Selbst die ersten Geistlichen, die hierher gekommen sind, die das Der Pole wird indessen in diesem Augenblick kaum dazu gezwungen Hier in der Provinz Posen haben wir zwei große Aufgaben, die über Wozu brauchen wir die deutschen Volksräte? Werk. Selbst die ersten Geistlichen, die hierher gekommen sind, die das Der Pole wird indessen in diesem Augenblick kaum dazu gezwungen Hier in der Provinz Posen haben wir zwei große Aufgaben, die über <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0200" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335382"/> <fw type="header" place="top"> Wozu brauchen wir die deutschen Volksräte?</fw><lb/> <p xml:id="ID_898" prev="#ID_897"> Werk. Selbst die ersten Geistlichen, die hierher gekommen sind, die das<lb/> katholische Christentum hierher getragen haben, das .waren deutsche Mönche.<lb/> Den Netzedistrikt urbar gemacht, die Sümpfe, die von der Eisenbahn bis weit<lb/> an die Berge südlich gingen, trocken gelegt und in ein fruchtbares Land um¬<lb/> gewandelt, das haben wir gemacht, das haben die deutschen Kolonisten, das<lb/> haben Ihre Väter und Großväter gemacht. Die Kanäle hat der große König<lb/> Friedrich der Zweite angelegt, die ganzen Eisenbahnanlagen, das Genossenschafts¬<lb/> wesen und Schulwesen, unsere wunderbare Eisenbahn, unsere wunderbare Post,<lb/> unser wundervolles Gericht, wer hat das gemacht? Das ist deutsche Arbeit,<lb/> deutscher Geist, deutscher Fleiß, das ist nicht polnische Kultur. Die polnische<lb/> Kultur können Sie sehen in Galizien. Da hat der Pole sich frei entwickelt.<lb/> Wer von Ihnen in Galizien gewesen ist, und viele Tausende von uns<lb/> haben das Land kennen gelernt, der wird es mir bestätigen, daß es da ver¬<lb/> flucht anders aussieht als bei uns. Dort war das polnische Volk frei. Da<lb/> war keine russische Herrschaft, sondern da war polnische Herrschaft; sie hat dort<lb/> nichts zuwege gebracht. Sie hat den polnischen Bauern unterdrückt. Wir<lb/> haben in Posen auf zehntausend Seelen einen Analphabeten, in Galizien gibt<lb/> es auf hundert Seelen einige vierzig. Das ist polnische Wirtschaft und das<lb/> ist deutsche Kultur. Es wird gesagt, wir hätten die Polen hier schlecht be¬<lb/> handelt und unterdrückt. Ich leugne es gar nicht; wir, d. h. die preußische<lb/> Regierung, hätte in manchen Dingen glimpflicher mit den Polen umspringen<lb/> können, aber nur mit den Polen allein? Haben Sie, haben wir nicht alle<lb/> unter dem Zentralismus und Bureaukratismus und zuletzt unter der Kriegs¬<lb/> wirtschaft gelitten? Gewiß, wir sind auch harte Herren gewesen, wir haben<lb/> eine harte Faust, aber wir haben sie reich gemacht, wir haben sie befähigt, sich<lb/> diese Organisation zu schaffen, die wir jetzt an ihnen bewundern müssen, die<lb/> nationale. Wir haben ihnen einen Mittelstand geschaffen durch Schulzwang<lb/> und einen glänzenden Aufstieg in der Wirtschaft. Wenn Sie nach Warschau<lb/> gehen, werden Sie in bürgerlichen Familien fast nur deutsche und jüdische Namen<lb/> finden und kaum einen Polen. In Preußisch-Polen sehen Sie die Entwicklung,<lb/> die der preußische Staat den Polen gegeben hat. Sie ist so außerordentlich,<lb/> daß die Polen sich, gestützt auf sie, stark genug fühlen, uns aus dem eigenen<lb/> Lande zu jagen. Wir brauchen uns nichts vorzuwerfen und nichts vorwerfen<lb/> zu lassen. Sind wir hart gewesen, so waren wir auch treu und ehrlich und<lb/> wollen es auch weiterhin bleiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_899"> Der Pole wird indessen in diesem Augenblick kaum dazu gezwungen<lb/> werden können, eine besondere Achtung vor uns an den Tag zu legen. Das,<lb/> was um uns her vorgeht, die Streiks im ganzen deutschen Reich, diese Un¬<lb/> bändigkeit in einzelnen Gebieten, diese Selbstherrlichkeit und die Schwäche anderer¬<lb/> seits der Regierungsorgane, die machen ein so klägliches Bild, daß man wirk¬<lb/> lich niemanden veranlassen kann, davor Achtung zu haben. Die Achtung<lb/> können nur Sie ihm beibringen im Laufe der Zeit durch eine entsprechende<lb/> Organisation, durch Zusammenschluß und durch Arbeit am Volk. Werfen Sie<lb/> die kulturlosen Schlacken des Sozialismus, vor allen Dingen den Internatio¬<lb/> nalismus zur Tür hinaus und begnügen Sie sich mit dem Edlen und Guten,<lb/> was er enthält. — Erinnern Sie sich, daß Sie alle Deutsche sind, Sie alle:<lb/> die Arbeiter, mittleren und hohen Beamten. Bauern und Majoratsbesitzer und<lb/> daß Sie Rechte an einander haben und Pflichten!</p><lb/> <p xml:id="ID_900" next="#ID_901"> Hier in der Provinz Posen haben wir zwei große Aufgaben, die über<lb/> den Augenblick hinaus Sie alle beschäftigen werden. Die eine Aufgabe, die<lb/> sich uns allen täglich entgegendrängt, das ist die Wiederherstellung einer ge-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0200]
Wozu brauchen wir die deutschen Volksräte?
Werk. Selbst die ersten Geistlichen, die hierher gekommen sind, die das
katholische Christentum hierher getragen haben, das .waren deutsche Mönche.
Den Netzedistrikt urbar gemacht, die Sümpfe, die von der Eisenbahn bis weit
an die Berge südlich gingen, trocken gelegt und in ein fruchtbares Land um¬
gewandelt, das haben wir gemacht, das haben die deutschen Kolonisten, das
haben Ihre Väter und Großväter gemacht. Die Kanäle hat der große König
Friedrich der Zweite angelegt, die ganzen Eisenbahnanlagen, das Genossenschafts¬
wesen und Schulwesen, unsere wunderbare Eisenbahn, unsere wunderbare Post,
unser wundervolles Gericht, wer hat das gemacht? Das ist deutsche Arbeit,
deutscher Geist, deutscher Fleiß, das ist nicht polnische Kultur. Die polnische
Kultur können Sie sehen in Galizien. Da hat der Pole sich frei entwickelt.
Wer von Ihnen in Galizien gewesen ist, und viele Tausende von uns
haben das Land kennen gelernt, der wird es mir bestätigen, daß es da ver¬
flucht anders aussieht als bei uns. Dort war das polnische Volk frei. Da
war keine russische Herrschaft, sondern da war polnische Herrschaft; sie hat dort
nichts zuwege gebracht. Sie hat den polnischen Bauern unterdrückt. Wir
haben in Posen auf zehntausend Seelen einen Analphabeten, in Galizien gibt
es auf hundert Seelen einige vierzig. Das ist polnische Wirtschaft und das
ist deutsche Kultur. Es wird gesagt, wir hätten die Polen hier schlecht be¬
handelt und unterdrückt. Ich leugne es gar nicht; wir, d. h. die preußische
Regierung, hätte in manchen Dingen glimpflicher mit den Polen umspringen
können, aber nur mit den Polen allein? Haben Sie, haben wir nicht alle
unter dem Zentralismus und Bureaukratismus und zuletzt unter der Kriegs¬
wirtschaft gelitten? Gewiß, wir sind auch harte Herren gewesen, wir haben
eine harte Faust, aber wir haben sie reich gemacht, wir haben sie befähigt, sich
diese Organisation zu schaffen, die wir jetzt an ihnen bewundern müssen, die
nationale. Wir haben ihnen einen Mittelstand geschaffen durch Schulzwang
und einen glänzenden Aufstieg in der Wirtschaft. Wenn Sie nach Warschau
gehen, werden Sie in bürgerlichen Familien fast nur deutsche und jüdische Namen
finden und kaum einen Polen. In Preußisch-Polen sehen Sie die Entwicklung,
die der preußische Staat den Polen gegeben hat. Sie ist so außerordentlich,
daß die Polen sich, gestützt auf sie, stark genug fühlen, uns aus dem eigenen
Lande zu jagen. Wir brauchen uns nichts vorzuwerfen und nichts vorwerfen
zu lassen. Sind wir hart gewesen, so waren wir auch treu und ehrlich und
wollen es auch weiterhin bleiben.
Der Pole wird indessen in diesem Augenblick kaum dazu gezwungen
werden können, eine besondere Achtung vor uns an den Tag zu legen. Das,
was um uns her vorgeht, die Streiks im ganzen deutschen Reich, diese Un¬
bändigkeit in einzelnen Gebieten, diese Selbstherrlichkeit und die Schwäche anderer¬
seits der Regierungsorgane, die machen ein so klägliches Bild, daß man wirk¬
lich niemanden veranlassen kann, davor Achtung zu haben. Die Achtung
können nur Sie ihm beibringen im Laufe der Zeit durch eine entsprechende
Organisation, durch Zusammenschluß und durch Arbeit am Volk. Werfen Sie
die kulturlosen Schlacken des Sozialismus, vor allen Dingen den Internatio¬
nalismus zur Tür hinaus und begnügen Sie sich mit dem Edlen und Guten,
was er enthält. — Erinnern Sie sich, daß Sie alle Deutsche sind, Sie alle:
die Arbeiter, mittleren und hohen Beamten. Bauern und Majoratsbesitzer und
daß Sie Rechte an einander haben und Pflichten!
Hier in der Provinz Posen haben wir zwei große Aufgaben, die über
den Augenblick hinaus Sie alle beschäftigen werden. Die eine Aufgabe, die
sich uns allen täglich entgegendrängt, das ist die Wiederherstellung einer ge-
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