Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Frankreich und die Deutschpolen

Lage für Deutschland zum Dauerzustand erheben und unser Vaterland durch
fortdauernden außerpolitischen Druck aus der wirtschaftlichen Verelendung in
jene seelische Selbstzerfleischung hineintreiben sollen, deren Anfänge wir bereits
schaudernd erleben.

Hier will Frankreich den Polen eine wichtige Rolle zuerkennen. Der
Zarismus ist gestürzt; galt er schon als merkwürdiges halbasiatisches Monstrum,
als eine Bestie, vor der man Gott sei Dank durch das deutsche Bollwerk gesichert
war, deren Zähmung immer nur halb gelingen wollte, so ist der Bolschewismus
ihm ein Drache aus demselben Stamme, an dessen Zähmbarkeit man verzweifelt
und von dem man im stillen noch immer hofft, daß man ihn durch Absperrung
vom übrigen Europa zum Verenden bringen wird. Der Bolschewismus ist eine
moderne politische Größe, die in die überkommenen politischen Rechenexempel
nicht eingeht, und deshalb solange wie möglich völlig ignoriert wird. Die Stelle
aber, die der Zarismus einnahm, muß neu besetzt werden. Dazu ist Polen
berufen. Auf seinen Deutschenhaß glaubt man sich verlassen zu können, auf seine
seelische Hinneigung zur westlichen Zivilisation ebenfalls. Und die Einlagerung
polnischer Bevölkerung - in kulturell und wirtschaftlich unzweifelhaft deutsches
Gebiet gibt den willkommenen Anlaß, dem Deutschen Reiche auch im Osten
Provinzen abzugliedern, die, wie man in Frankreich natürlich ganz genau weiß,
für seinen Bestand schlechterdings unentbehrlich sind. Die Annexion Danzigs
-- man kann nicht einmal sagen: durch, man muß sagen: für Polen -- gibt den
ebenfalls willkommenen Anlaß, dem nüchternen Briten das polnische Gericht
schmackhaft zu machen. Und die Vorspiegelung, in Großpolen ein Bollwerk gegen
den Bolschewismus zu schaffen, mag sogar dem Amerikaner einleuchten, der nicht
in der Lage ist, die völlige militärische Unbrauchbarkeit der polnischen Nation
durch eigene Kenntnis ihres Charakters nachzuprüfen.

Unterdessen machen die sadistischen Rechenkünstler an der Seine mit ihrem
Lieblingskinde an der Weichsel recht seltsame Erfahrungen. Sie versprechen,
Weisungen nach Warschau zu geben, daß auch die preußisch-polnischen Freischärler
die Feindseligkeiten gegen den deutschen Grenzschutz einstellen sollen, nachdem jene
famose Demarkationslinie unseren Unterhändlern auferlegt ist, und aus Posen
kommt die Antwort, man ließe sich von Warschau gar nichts diktieren. Und Sö
mehren sich die Anzeichen, daß die Deutschpolen dem Traume einer Wieder¬
herstellung Großpolens- im selben Maße zu mißtrauen anfangen, als er sich der
Verwirklichung nähert. Denn Vereinigung mit Kongreßpolen: das bedeutet für
das an Wohlstand, Kultur und Zivilisation dank der vielverketzerten preußischen
Erziehung unendlich überlegene Posen zugleich den Einstrom höchst unerwünschter
und unsympathischer Zeit- und Volksgenossen von außen und den Ausstrom
wohlerworbenen Geldes in die leeren Kassen eines vom Krieg hart mit¬
genommenen zivilisatorisch rückständigen Landes. l?arturlur>.i) montEs: der
Phönix eines herrlichen Polenreiches sollte wiedergeboren werden. Nasostur
riclwuws aus: es taucht der Plan eines Republikchens Posen auf, das zwar aus
Westpreußen und Schlesien allerhand Gebietsteile an sich raffen, das sich
-- theoretisch wenigstens -- natürlich auch mit den anderen polnischen Staaten¬
bildungen eng Verbunden will, das sich aber schon jetzt mit dem Bruderstaat der
Tschecho-Slowaken, mit den litauischen Nachbarn sehr schlecht versteht und das
für die.hochfliegenden Pläne der Franzosen doch auch eine recht dürftige
Gewähr bietet.

Insbesondere gilt das für die Abwehr des Bolschewismus. Ohne Zweifel
sind diese seperatistischen Bestrebungen in Preußisch-Polen nicht zum mindesten
dadurch veranlaßt, daß Kongreßpolen bereits dermaßen bolschewisiert ist, daß die
in Posen herrschenden Nationaldemokraten die Ansteckung des eigenen Landes
von einer allzu engen Bindung fürchten. Sollte vollends, wozu ja heute einige
Gefahr besteht, dank der kurzsichtigen Politik der Entente auch in Deutschland der
Bolschewismus um sich greifen, so ist es ein lächerlicher Gedanke, daß die Republik
Posen zu irgendwie nennenswertem Widerstande in der Lage wäre. Sie wäre
alsdann rettungslos dem Schicksal verfallen, in die allgemeine Bolschewisierung


Frankreich und die Deutschpolen

Lage für Deutschland zum Dauerzustand erheben und unser Vaterland durch
fortdauernden außerpolitischen Druck aus der wirtschaftlichen Verelendung in
jene seelische Selbstzerfleischung hineintreiben sollen, deren Anfänge wir bereits
schaudernd erleben.

Hier will Frankreich den Polen eine wichtige Rolle zuerkennen. Der
Zarismus ist gestürzt; galt er schon als merkwürdiges halbasiatisches Monstrum,
als eine Bestie, vor der man Gott sei Dank durch das deutsche Bollwerk gesichert
war, deren Zähmung immer nur halb gelingen wollte, so ist der Bolschewismus
ihm ein Drache aus demselben Stamme, an dessen Zähmbarkeit man verzweifelt
und von dem man im stillen noch immer hofft, daß man ihn durch Absperrung
vom übrigen Europa zum Verenden bringen wird. Der Bolschewismus ist eine
moderne politische Größe, die in die überkommenen politischen Rechenexempel
nicht eingeht, und deshalb solange wie möglich völlig ignoriert wird. Die Stelle
aber, die der Zarismus einnahm, muß neu besetzt werden. Dazu ist Polen
berufen. Auf seinen Deutschenhaß glaubt man sich verlassen zu können, auf seine
seelische Hinneigung zur westlichen Zivilisation ebenfalls. Und die Einlagerung
polnischer Bevölkerung - in kulturell und wirtschaftlich unzweifelhaft deutsches
Gebiet gibt den willkommenen Anlaß, dem Deutschen Reiche auch im Osten
Provinzen abzugliedern, die, wie man in Frankreich natürlich ganz genau weiß,
für seinen Bestand schlechterdings unentbehrlich sind. Die Annexion Danzigs
— man kann nicht einmal sagen: durch, man muß sagen: für Polen — gibt den
ebenfalls willkommenen Anlaß, dem nüchternen Briten das polnische Gericht
schmackhaft zu machen. Und die Vorspiegelung, in Großpolen ein Bollwerk gegen
den Bolschewismus zu schaffen, mag sogar dem Amerikaner einleuchten, der nicht
in der Lage ist, die völlige militärische Unbrauchbarkeit der polnischen Nation
durch eigene Kenntnis ihres Charakters nachzuprüfen.

Unterdessen machen die sadistischen Rechenkünstler an der Seine mit ihrem
Lieblingskinde an der Weichsel recht seltsame Erfahrungen. Sie versprechen,
Weisungen nach Warschau zu geben, daß auch die preußisch-polnischen Freischärler
die Feindseligkeiten gegen den deutschen Grenzschutz einstellen sollen, nachdem jene
famose Demarkationslinie unseren Unterhändlern auferlegt ist, und aus Posen
kommt die Antwort, man ließe sich von Warschau gar nichts diktieren. Und Sö
mehren sich die Anzeichen, daß die Deutschpolen dem Traume einer Wieder¬
herstellung Großpolens- im selben Maße zu mißtrauen anfangen, als er sich der
Verwirklichung nähert. Denn Vereinigung mit Kongreßpolen: das bedeutet für
das an Wohlstand, Kultur und Zivilisation dank der vielverketzerten preußischen
Erziehung unendlich überlegene Posen zugleich den Einstrom höchst unerwünschter
und unsympathischer Zeit- und Volksgenossen von außen und den Ausstrom
wohlerworbenen Geldes in die leeren Kassen eines vom Krieg hart mit¬
genommenen zivilisatorisch rückständigen Landes. l?arturlur>.i) montEs: der
Phönix eines herrlichen Polenreiches sollte wiedergeboren werden. Nasostur
riclwuws aus: es taucht der Plan eines Republikchens Posen auf, das zwar aus
Westpreußen und Schlesien allerhand Gebietsteile an sich raffen, das sich
— theoretisch wenigstens — natürlich auch mit den anderen polnischen Staaten¬
bildungen eng Verbunden will, das sich aber schon jetzt mit dem Bruderstaat der
Tschecho-Slowaken, mit den litauischen Nachbarn sehr schlecht versteht und das
für die.hochfliegenden Pläne der Franzosen doch auch eine recht dürftige
Gewähr bietet.

Insbesondere gilt das für die Abwehr des Bolschewismus. Ohne Zweifel
sind diese seperatistischen Bestrebungen in Preußisch-Polen nicht zum mindesten
dadurch veranlaßt, daß Kongreßpolen bereits dermaßen bolschewisiert ist, daß die
in Posen herrschenden Nationaldemokraten die Ansteckung des eigenen Landes
von einer allzu engen Bindung fürchten. Sollte vollends, wozu ja heute einige
Gefahr besteht, dank der kurzsichtigen Politik der Entente auch in Deutschland der
Bolschewismus um sich greifen, so ist es ein lächerlicher Gedanke, daß die Republik
Posen zu irgendwie nennenswertem Widerstande in der Lage wäre. Sie wäre
alsdann rettungslos dem Schicksal verfallen, in die allgemeine Bolschewisierung


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0174" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335356"/>
          <fw type="header" place="top"> Frankreich und die Deutschpolen</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_810" prev="#ID_809"> Lage für Deutschland zum Dauerzustand erheben und unser Vaterland durch<lb/>
fortdauernden außerpolitischen Druck aus der wirtschaftlichen Verelendung in<lb/>
jene seelische Selbstzerfleischung hineintreiben sollen, deren Anfänge wir bereits<lb/>
schaudernd erleben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_811"> Hier will Frankreich den Polen eine wichtige Rolle zuerkennen. Der<lb/>
Zarismus ist gestürzt; galt er schon als merkwürdiges halbasiatisches Monstrum,<lb/>
als eine Bestie, vor der man Gott sei Dank durch das deutsche Bollwerk gesichert<lb/>
war, deren Zähmung immer nur halb gelingen wollte, so ist der Bolschewismus<lb/>
ihm ein Drache aus demselben Stamme, an dessen Zähmbarkeit man verzweifelt<lb/>
und von dem man im stillen noch immer hofft, daß man ihn durch Absperrung<lb/>
vom übrigen Europa zum Verenden bringen wird. Der Bolschewismus ist eine<lb/>
moderne politische Größe, die in die überkommenen politischen Rechenexempel<lb/>
nicht eingeht, und deshalb solange wie möglich völlig ignoriert wird. Die Stelle<lb/>
aber, die der Zarismus einnahm, muß neu besetzt werden. Dazu ist Polen<lb/>
berufen. Auf seinen Deutschenhaß glaubt man sich verlassen zu können, auf seine<lb/>
seelische Hinneigung zur westlichen Zivilisation ebenfalls. Und die Einlagerung<lb/>
polnischer Bevölkerung - in kulturell und wirtschaftlich unzweifelhaft deutsches<lb/>
Gebiet gibt den willkommenen Anlaß, dem Deutschen Reiche auch im Osten<lb/>
Provinzen abzugliedern, die, wie man in Frankreich natürlich ganz genau weiß,<lb/>
für seinen Bestand schlechterdings unentbehrlich sind.  Die Annexion Danzigs<lb/>
&#x2014; man kann nicht einmal sagen: durch, man muß sagen: für Polen &#x2014; gibt den<lb/>
ebenfalls willkommenen Anlaß, dem nüchternen Briten das polnische Gericht<lb/>
schmackhaft zu machen. Und die Vorspiegelung, in Großpolen ein Bollwerk gegen<lb/>
den Bolschewismus zu schaffen, mag sogar dem Amerikaner einleuchten, der nicht<lb/>
in der Lage ist, die völlige militärische Unbrauchbarkeit der polnischen Nation<lb/>
durch eigene Kenntnis ihres Charakters nachzuprüfen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_812"> Unterdessen machen die sadistischen Rechenkünstler an der Seine mit ihrem<lb/>
Lieblingskinde an der Weichsel recht seltsame Erfahrungen. Sie versprechen,<lb/>
Weisungen nach Warschau zu geben, daß auch die preußisch-polnischen Freischärler<lb/>
die Feindseligkeiten gegen den deutschen Grenzschutz einstellen sollen, nachdem jene<lb/>
famose Demarkationslinie unseren Unterhändlern auferlegt ist, und aus Posen<lb/>
kommt die Antwort, man ließe sich von Warschau gar nichts diktieren. Und Sö<lb/>
mehren sich die Anzeichen, daß die Deutschpolen dem Traume einer Wieder¬<lb/>
herstellung Großpolens- im selben Maße zu mißtrauen anfangen, als er sich der<lb/>
Verwirklichung nähert. Denn Vereinigung mit Kongreßpolen: das bedeutet für<lb/>
das an Wohlstand, Kultur und Zivilisation dank der vielverketzerten preußischen<lb/>
Erziehung unendlich überlegene Posen zugleich den Einstrom höchst unerwünschter<lb/>
und unsympathischer Zeit- und Volksgenossen von außen und den Ausstrom<lb/>
wohlerworbenen Geldes in die leeren Kassen eines vom Krieg hart mit¬<lb/>
genommenen zivilisatorisch rückständigen Landes. l?arturlur&gt;.i) montEs: der<lb/>
Phönix eines herrlichen Polenreiches sollte wiedergeboren werden. Nasostur<lb/>
riclwuws aus: es taucht der Plan eines Republikchens Posen auf, das zwar aus<lb/>
Westpreußen und Schlesien allerhand Gebietsteile an sich raffen, das sich<lb/>
&#x2014; theoretisch wenigstens &#x2014; natürlich auch mit den anderen polnischen Staaten¬<lb/>
bildungen eng Verbunden will, das sich aber schon jetzt mit dem Bruderstaat der<lb/>
Tschecho-Slowaken, mit den litauischen Nachbarn sehr schlecht versteht und das<lb/>
für die.hochfliegenden Pläne der Franzosen doch auch eine recht dürftige<lb/>
Gewähr bietet.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_813" next="#ID_814"> Insbesondere gilt das für die Abwehr des Bolschewismus. Ohne Zweifel<lb/>
sind diese seperatistischen Bestrebungen in Preußisch-Polen nicht zum mindesten<lb/>
dadurch veranlaßt, daß Kongreßpolen bereits dermaßen bolschewisiert ist, daß die<lb/>
in Posen herrschenden Nationaldemokraten die Ansteckung des eigenen Landes<lb/>
von einer allzu engen Bindung fürchten. Sollte vollends, wozu ja heute einige<lb/>
Gefahr besteht, dank der kurzsichtigen Politik der Entente auch in Deutschland der<lb/>
Bolschewismus um sich greifen, so ist es ein lächerlicher Gedanke, daß die Republik<lb/>
Posen zu irgendwie nennenswertem Widerstande in der Lage wäre. Sie wäre<lb/>
alsdann rettungslos dem Schicksal verfallen, in die allgemeine Bolschewisierung</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0174] Frankreich und die Deutschpolen Lage für Deutschland zum Dauerzustand erheben und unser Vaterland durch fortdauernden außerpolitischen Druck aus der wirtschaftlichen Verelendung in jene seelische Selbstzerfleischung hineintreiben sollen, deren Anfänge wir bereits schaudernd erleben. Hier will Frankreich den Polen eine wichtige Rolle zuerkennen. Der Zarismus ist gestürzt; galt er schon als merkwürdiges halbasiatisches Monstrum, als eine Bestie, vor der man Gott sei Dank durch das deutsche Bollwerk gesichert war, deren Zähmung immer nur halb gelingen wollte, so ist der Bolschewismus ihm ein Drache aus demselben Stamme, an dessen Zähmbarkeit man verzweifelt und von dem man im stillen noch immer hofft, daß man ihn durch Absperrung vom übrigen Europa zum Verenden bringen wird. Der Bolschewismus ist eine moderne politische Größe, die in die überkommenen politischen Rechenexempel nicht eingeht, und deshalb solange wie möglich völlig ignoriert wird. Die Stelle aber, die der Zarismus einnahm, muß neu besetzt werden. Dazu ist Polen berufen. Auf seinen Deutschenhaß glaubt man sich verlassen zu können, auf seine seelische Hinneigung zur westlichen Zivilisation ebenfalls. Und die Einlagerung polnischer Bevölkerung - in kulturell und wirtschaftlich unzweifelhaft deutsches Gebiet gibt den willkommenen Anlaß, dem Deutschen Reiche auch im Osten Provinzen abzugliedern, die, wie man in Frankreich natürlich ganz genau weiß, für seinen Bestand schlechterdings unentbehrlich sind. Die Annexion Danzigs — man kann nicht einmal sagen: durch, man muß sagen: für Polen — gibt den ebenfalls willkommenen Anlaß, dem nüchternen Briten das polnische Gericht schmackhaft zu machen. Und die Vorspiegelung, in Großpolen ein Bollwerk gegen den Bolschewismus zu schaffen, mag sogar dem Amerikaner einleuchten, der nicht in der Lage ist, die völlige militärische Unbrauchbarkeit der polnischen Nation durch eigene Kenntnis ihres Charakters nachzuprüfen. Unterdessen machen die sadistischen Rechenkünstler an der Seine mit ihrem Lieblingskinde an der Weichsel recht seltsame Erfahrungen. Sie versprechen, Weisungen nach Warschau zu geben, daß auch die preußisch-polnischen Freischärler die Feindseligkeiten gegen den deutschen Grenzschutz einstellen sollen, nachdem jene famose Demarkationslinie unseren Unterhändlern auferlegt ist, und aus Posen kommt die Antwort, man ließe sich von Warschau gar nichts diktieren. Und Sö mehren sich die Anzeichen, daß die Deutschpolen dem Traume einer Wieder¬ herstellung Großpolens- im selben Maße zu mißtrauen anfangen, als er sich der Verwirklichung nähert. Denn Vereinigung mit Kongreßpolen: das bedeutet für das an Wohlstand, Kultur und Zivilisation dank der vielverketzerten preußischen Erziehung unendlich überlegene Posen zugleich den Einstrom höchst unerwünschter und unsympathischer Zeit- und Volksgenossen von außen und den Ausstrom wohlerworbenen Geldes in die leeren Kassen eines vom Krieg hart mit¬ genommenen zivilisatorisch rückständigen Landes. l?arturlur>.i) montEs: der Phönix eines herrlichen Polenreiches sollte wiedergeboren werden. Nasostur riclwuws aus: es taucht der Plan eines Republikchens Posen auf, das zwar aus Westpreußen und Schlesien allerhand Gebietsteile an sich raffen, das sich — theoretisch wenigstens — natürlich auch mit den anderen polnischen Staaten¬ bildungen eng Verbunden will, das sich aber schon jetzt mit dem Bruderstaat der Tschecho-Slowaken, mit den litauischen Nachbarn sehr schlecht versteht und das für die.hochfliegenden Pläne der Franzosen doch auch eine recht dürftige Gewähr bietet. Insbesondere gilt das für die Abwehr des Bolschewismus. Ohne Zweifel sind diese seperatistischen Bestrebungen in Preußisch-Polen nicht zum mindesten dadurch veranlaßt, daß Kongreßpolen bereits dermaßen bolschewisiert ist, daß die in Posen herrschenden Nationaldemokraten die Ansteckung des eigenen Landes von einer allzu engen Bindung fürchten. Sollte vollends, wozu ja heute einige Gefahr besteht, dank der kurzsichtigen Politik der Entente auch in Deutschland der Bolschewismus um sich greifen, so ist es ein lächerlicher Gedanke, daß die Republik Posen zu irgendwie nennenswertem Widerstande in der Lage wäre. Sie wäre alsdann rettungslos dem Schicksal verfallen, in die allgemeine Bolschewisierung

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181/174
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181/174>, abgerufen am 06.02.2025.