Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.Frankreich und die Dentschx-vier Weltpolitik, die durch einen gerechten Ausgleich der Interessen jene schwüle Was bezweckt Frankreich mit Polen? Seine sentimentale Hinneigung zu Diese selbe Politik betreibt Frankreich jetzt im Großen. Man kennt die Frankreich und die Dentschx-vier Weltpolitik, die durch einen gerechten Ausgleich der Interessen jene schwüle Was bezweckt Frankreich mit Polen? Seine sentimentale Hinneigung zu Diese selbe Politik betreibt Frankreich jetzt im Großen. Man kennt die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0173" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335355"/> <fw type="header" place="top"> Frankreich und die Dentschx-vier</fw><lb/> <p xml:id="ID_807" prev="#ID_806"> Weltpolitik, die durch einen gerechten Ausgleich der Interessen jene schwüle<lb/> Politische Atmosphäre des Nationalismus beseitigt, die zu immer neuen Ent¬<lb/> ladungen in völkischen, wirtschaftlichen und letztlich doch auch wieder militärischen<lb/> Kämpfen führen muß. Frankreich ist zum Vorkämpfer jenes Militarismus<lb/> geworden, den man in dieser Form unserem Volke immer nur angedichtet hat,<lb/> eines Militarismus, der durch Art und Umfang von strategischen Sicherungen im<lb/> Friedensschluß bereits den Keim zu neuen Kriegen legt. Diese politische Gesinnung<lb/> ist der äußere Gegenpol jener anderen, die in den berühmten vierzehn Punkten<lb/> zum Ausdrucke drin ge, einer Gesinnung, die vom edrlimen Willen zur Ent¬<lb/> spannung der weltpolitischen Lage und zur möglichsten Beseitigung der Konflikt¬<lb/> stoffe getragen wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_808"> Was bezweckt Frankreich mit Polen? Seine sentimentale Hinneigung zu<lb/> dem Lande des edlen Kozoiusko und all der Emigranten, denen Heinrich Heine<lb/> im liberalen Flüchtlingslager Paris begegnete, — diese traditionellen Sym¬<lb/> pathien in allen Ehren: aus ihnen allein erklärt sich selbst in der femininen<lb/> Seele des Franzosen nicht jene Brigantenpolitik, die Frankreich in Osteuropa<lb/> treibt. Der entscheidende Punkt ist die neue Lage, die der Sturz des Zarismus<lb/> geschaffen hat. Die Förderung, die dieser halbasiatische Despotismus im liberalen<lb/> Frankreich gefunden hat, läßt sich weder durch historische Erinnerungen, noch<lb/> durch bloße Gefühle erklären. Hier arbeitete ein mit mathematischer Kälte<lb/> rechnender politischer Verstand. Das Wort von der Erbseindschaft zwischen<lb/> Frankreich und Deutschland, das bei uns, wie alle Kenner des deutschen Lebens<lb/> vor. beni Kriege bestänc>en müssen^ trotz aller gewohnheitsmäßig forlv.it senden<lb/> Sedanfeiern längst zu einer blassen Formel geworden war, dieses Wort hatte und<lb/> hat in Frankreich noch immer voll lebendigen Gesiihlsgehalt. Elsaß-Lothringen<lb/> war keineswegs, wie Frankreich der Welt weismachen will, Anlaß dieser<lb/> politischen Grundeinstellung. Sonst müßte ja mit der Wiedergewinnung dieses<lb/> Landes für das französische Empfinden der Weg zur Wiederversöhnung offen¬<lb/> stehlen. Das Gegenteil ist der Fall. Elsaß-Lothringen war nicht Anlaß, es war<lb/> Symptom und .zugleich hysterisches Reizmittel eines viel tiefer ein¬<lb/> gewurzelten Erbhasses der französischen Nation, die jenseits aller welt¬<lb/> politischen Zwecklaufigkeiteu auf die politische, wirtschaftliche, ja letzten<lb/> Endes auf die seelische Vernichtung Deutschlands ausgeht. Man muß<lb/> Mit Gefangenen gesprochen haben, die die französischen Behandlungsmethoden am<lb/> eigenen Serbe erfahren haben, um die teuflische Durchtriebenheit Frankreichs auf<lb/> diesem Gebiete zu durchschauen. Während England dem deutschen Gefangenen<lb/> im allgemeinen jene Ritterlichkeit entgegengebracht hat, die dem Wehrlosen<lb/> gegenüber für den Gentleman selbstverständlich ist, während selbst der russische<lb/> Tschinownik den deutschen Kriegsgefangenen im allgemeinen nicht viel brutaler<lb/> behandelt hat, als im gegebenen Falle den eigenen Volksgenossen, hat es Frank--<lb/> reich planmäßig auf eine seelische Depravierung der deutschen Kriegsgefangenen<lb/> abgezielt, die nicht nur das Lebensbehagen oder die gesundheitlichen Bedürfnisse,<lb/> nein die seelische Würde, den Kern der Persönlichkeit zu vergiften suchte.</p><lb/> <p xml:id="ID_809" next="#ID_810"> Diese selbe Politik betreibt Frankreich jetzt im Großen. Man kennt die<lb/> schmachvolle Behandlung, die das ritterliche Frankreich den deutschen Unter¬<lb/> händlern, den unglücklichen Vertretern eines nach heldenhafter Abwehr durch<lb/> erdrückende Übermacht besiegten Volkes angedeihen läßt. Mit ewiger Schmach<lb/> hat sich ohne Zweifel im wesentlichen auf französische Einwirkung die Entente<lb/> beladen, indem sie ohne jeden Grund die Blockade aufrecht erhält und damit mit<lb/> der hygienischen Gesundung zugleich die Überwindung jener seelischen<lb/> Erschöpfungskrise unseres Volkes hintanhält, als deren Folgeerscheinung man<lb/> doch wohl "im wesentlichen den Vergnügungstaumel, das Streikfieber und all<lb/> jene in den Bolschewismus mündenden Erscheinungen seelischer Massen¬<lb/> erkrankung wird hundelt müssen, die schwerer auf der Seele der Besten unter uns<lb/> lasten, als die Fortdauer materieller Entbehrungen. Frankreich will uns nicht<lb/> zur seelischen Gesundung kommen lassen. Deshalb kämpft es gegen alle Stimmen<lb/> maßvoller politischer Vernunft um Friedensbedingungen, die diese unerträgliche</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0173]
Frankreich und die Dentschx-vier
Weltpolitik, die durch einen gerechten Ausgleich der Interessen jene schwüle
Politische Atmosphäre des Nationalismus beseitigt, die zu immer neuen Ent¬
ladungen in völkischen, wirtschaftlichen und letztlich doch auch wieder militärischen
Kämpfen führen muß. Frankreich ist zum Vorkämpfer jenes Militarismus
geworden, den man in dieser Form unserem Volke immer nur angedichtet hat,
eines Militarismus, der durch Art und Umfang von strategischen Sicherungen im
Friedensschluß bereits den Keim zu neuen Kriegen legt. Diese politische Gesinnung
ist der äußere Gegenpol jener anderen, die in den berühmten vierzehn Punkten
zum Ausdrucke drin ge, einer Gesinnung, die vom edrlimen Willen zur Ent¬
spannung der weltpolitischen Lage und zur möglichsten Beseitigung der Konflikt¬
stoffe getragen wird.
Was bezweckt Frankreich mit Polen? Seine sentimentale Hinneigung zu
dem Lande des edlen Kozoiusko und all der Emigranten, denen Heinrich Heine
im liberalen Flüchtlingslager Paris begegnete, — diese traditionellen Sym¬
pathien in allen Ehren: aus ihnen allein erklärt sich selbst in der femininen
Seele des Franzosen nicht jene Brigantenpolitik, die Frankreich in Osteuropa
treibt. Der entscheidende Punkt ist die neue Lage, die der Sturz des Zarismus
geschaffen hat. Die Förderung, die dieser halbasiatische Despotismus im liberalen
Frankreich gefunden hat, läßt sich weder durch historische Erinnerungen, noch
durch bloße Gefühle erklären. Hier arbeitete ein mit mathematischer Kälte
rechnender politischer Verstand. Das Wort von der Erbseindschaft zwischen
Frankreich und Deutschland, das bei uns, wie alle Kenner des deutschen Lebens
vor. beni Kriege bestänc>en müssen^ trotz aller gewohnheitsmäßig forlv.it senden
Sedanfeiern längst zu einer blassen Formel geworden war, dieses Wort hatte und
hat in Frankreich noch immer voll lebendigen Gesiihlsgehalt. Elsaß-Lothringen
war keineswegs, wie Frankreich der Welt weismachen will, Anlaß dieser
politischen Grundeinstellung. Sonst müßte ja mit der Wiedergewinnung dieses
Landes für das französische Empfinden der Weg zur Wiederversöhnung offen¬
stehlen. Das Gegenteil ist der Fall. Elsaß-Lothringen war nicht Anlaß, es war
Symptom und .zugleich hysterisches Reizmittel eines viel tiefer ein¬
gewurzelten Erbhasses der französischen Nation, die jenseits aller welt¬
politischen Zwecklaufigkeiteu auf die politische, wirtschaftliche, ja letzten
Endes auf die seelische Vernichtung Deutschlands ausgeht. Man muß
Mit Gefangenen gesprochen haben, die die französischen Behandlungsmethoden am
eigenen Serbe erfahren haben, um die teuflische Durchtriebenheit Frankreichs auf
diesem Gebiete zu durchschauen. Während England dem deutschen Gefangenen
im allgemeinen jene Ritterlichkeit entgegengebracht hat, die dem Wehrlosen
gegenüber für den Gentleman selbstverständlich ist, während selbst der russische
Tschinownik den deutschen Kriegsgefangenen im allgemeinen nicht viel brutaler
behandelt hat, als im gegebenen Falle den eigenen Volksgenossen, hat es Frank--
reich planmäßig auf eine seelische Depravierung der deutschen Kriegsgefangenen
abgezielt, die nicht nur das Lebensbehagen oder die gesundheitlichen Bedürfnisse,
nein die seelische Würde, den Kern der Persönlichkeit zu vergiften suchte.
Diese selbe Politik betreibt Frankreich jetzt im Großen. Man kennt die
schmachvolle Behandlung, die das ritterliche Frankreich den deutschen Unter¬
händlern, den unglücklichen Vertretern eines nach heldenhafter Abwehr durch
erdrückende Übermacht besiegten Volkes angedeihen läßt. Mit ewiger Schmach
hat sich ohne Zweifel im wesentlichen auf französische Einwirkung die Entente
beladen, indem sie ohne jeden Grund die Blockade aufrecht erhält und damit mit
der hygienischen Gesundung zugleich die Überwindung jener seelischen
Erschöpfungskrise unseres Volkes hintanhält, als deren Folgeerscheinung man
doch wohl "im wesentlichen den Vergnügungstaumel, das Streikfieber und all
jene in den Bolschewismus mündenden Erscheinungen seelischer Massen¬
erkrankung wird hundelt müssen, die schwerer auf der Seele der Besten unter uns
lasten, als die Fortdauer materieller Entbehrungen. Frankreich will uns nicht
zur seelischen Gesundung kommen lassen. Deshalb kämpft es gegen alle Stimmen
maßvoller politischer Vernunft um Friedensbedingungen, die diese unerträgliche
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