Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Bekenntnisse und Selbstbeschuldigungen

Eine Gutsbcsitzerstochter aus der Umgegend von Lüttich berichtet eingehend
über den Schreckenstag des 15. August, wo die, umliegenden Dörfer brannten
und eine größere Abteilung deutscher Soldaten aus ihrem Hof biwakierte: "I^Ions
n'^vous pas en Ä nous plainäre . . . i!s etaient Kien Zentils tous . . . tous
etaient respectueux" (Wir haben uns nicht zu beklagen gehabt ... sie waren
alle sehr artig ... alle waren ehrerbietig).

Von einem Angehörigen des College Se. Louis in Lüttich erfahren wir
unter dem 14. August 1914 über dort einquartierte deutsche Truppen: "tous sont
ires polis et prevenants" (Alle sind sehr höflich und zuvorkommend).

Ein Ordensbruder schreibt aus Maredsous (Provinz Namur) 1. September
1914: "l^Sö ^.Ilenumäs ont ete tief correots, meine eoulants envers nous"
(Die Deutschen sind sehr korrekt, sogar entgegenkommend gegen uns gewesen).

Aus Beverloo ein Notar über deutsche Einquartierung 23. August 1914:
"Alfr n'a ete clermi^e et z'al en les remereiments Kien pits cle ees Messieurs"
(Nichts ist in Unordnung gebracht, und ich empfing lebhaften Dank von diesen Herren).

In Brüssel machte die Sicherheit, in die man sich durch die falschen Sieges¬
nachrichten hatte wiegen lassen, jählings einer wahnwitzigen Panik Platz, als die
angeblich überall geschlagenen Deutschen vor den Toren der Stadt erschienen.
Man sah sich und die Seinen schon von den "Barbaren" gemißhandelt und massakriert.

Doch welches Wunder! Die Gefürchteten zogen durch die Stadt "?vo ^aelit
als eene Kusaie wnuneren" (so sachte wie eine Lümmerherde)! So zu lesen in
einem Brüsseler Brief von: 21. August 1914.

Auf eine belgische Generalsfrau machte die musterhafte Haltung der durch
Brüssel ziehenden deutschen Truppen solchen Eindruck, das; sie sich (20. August 1914)
sogar zu dem ketzerischen Glauben fortreißen ließ: "qu'ils ne sont vraimenr
cruels eme lorsqu'ils sont attaques par les eivils" (daß sie nur grausam sind,
wenn sie von Zivilisten angegriffen weiden).

Völlig irre geworden an ihrem bisherigen, durch die Preßlügen erzeugten
Glauben ruft eine Dame in Elsene (Jxelles, 21. August 1914) aus: "?eut-on
croire que nich Iiommes missi calmes ont ete si den'bares clans ä'autres con-
trees (ear les zoumemix relatent uns toute ä'^troeites qu'ils ont eommises
MS bien loin ä'lei; j'al peine ä le croire). IIs sont des plus aimadles" usw.
(Kann man glauben, daß so ruhige Leute in anderen Gegenden so barbarisch
gewesen sind? Denn die Zeitungen erzählen eine Masse Greuel, die sie nickt sehr
weit von hier begangen haben; es fällt mir schwer zu glauben. Sie sind äußerst
liebenswürdig).

Eine andere Vriefschreiberin^) erklärt -- wie viele andere -- die Zeitungs-
schteibereien kurzweg sür Lügen (21. August 1914): "Ils (d. h. les solckats allem.)
ne sont pas meclilmt ein tont, tout ce qus les zournuux ont ecrit ce ne sont
eme mensonZe, it ne tout 6u asi ä personns czuanä on les laisse dran^uMs"
(Sie sind durchaus nicht böse. Alles was die Zeitungen geschrieben haben, sind
nur Lügen. Sie tun niemand etwas Böses, wenn man sie in Ruhe läßt).

Aus Veirlegem in Ostflandern schreibt (16. September 1914) ein Soldaten-
Vater über die MassendUrchzüge und' Einquartierungen der Deutschen: "rUer
Iredben ?ij ?vo brät zzexvest 6at Iiet niet bster ^ijn Kor" (Hier sind sie so brav
gewesen, daß es nicht besser sein konnte).

Eine sehr vornehme Antwerpener Dame schildert (6. Oktober 1914) das
Verhalten der Deutschen in einem Kloster der Umgegend. Sie seien "si polis
qu'ils mareiraient sur les bas pour ne pas eveiller les comes pensionnaires"
(so höflich, daß sie auf Strümpfen gingen, um die Pensionärinnen nicht zu wecken).

Milde und gerecht mahnt eine Briefschreiberin, die selber die Schrecken des
Krieges kennen gelernt hatte: ,M clitss pas trop as mal cle nos ennemis, car



^) Bezeichnend ist es, daß so viele günstige Urteile von Briefschreiberinnen herrühren.
Die belgischen Frauen übertreffen im allgemeinen die Männer noch an Bitterkeit und Un¬
Versöhnlichkeit des Deutschenhasses. Dadurch gewinnen diese Äußerungen noch an Gewicht.
Bekenntnisse und Selbstbeschuldigungen

Eine Gutsbcsitzerstochter aus der Umgegend von Lüttich berichtet eingehend
über den Schreckenstag des 15. August, wo die, umliegenden Dörfer brannten
und eine größere Abteilung deutscher Soldaten aus ihrem Hof biwakierte: „I^Ions
n'^vous pas en Ä nous plainäre . . . i!s etaient Kien Zentils tous . . . tous
etaient respectueux" (Wir haben uns nicht zu beklagen gehabt ... sie waren
alle sehr artig ... alle waren ehrerbietig).

Von einem Angehörigen des College Se. Louis in Lüttich erfahren wir
unter dem 14. August 1914 über dort einquartierte deutsche Truppen: „tous sont
ires polis et prevenants" (Alle sind sehr höflich und zuvorkommend).

Ein Ordensbruder schreibt aus Maredsous (Provinz Namur) 1. September
1914: „l^Sö ^.Ilenumäs ont ete tief correots, meine eoulants envers nous"
(Die Deutschen sind sehr korrekt, sogar entgegenkommend gegen uns gewesen).

Aus Beverloo ein Notar über deutsche Einquartierung 23. August 1914:
„Alfr n'a ete clermi^e et z'al en les remereiments Kien pits cle ees Messieurs"
(Nichts ist in Unordnung gebracht, und ich empfing lebhaften Dank von diesen Herren).

In Brüssel machte die Sicherheit, in die man sich durch die falschen Sieges¬
nachrichten hatte wiegen lassen, jählings einer wahnwitzigen Panik Platz, als die
angeblich überall geschlagenen Deutschen vor den Toren der Stadt erschienen.
Man sah sich und die Seinen schon von den „Barbaren" gemißhandelt und massakriert.

Doch welches Wunder! Die Gefürchteten zogen durch die Stadt „?vo ^aelit
als eene Kusaie wnuneren" (so sachte wie eine Lümmerherde)! So zu lesen in
einem Brüsseler Brief von: 21. August 1914.

Auf eine belgische Generalsfrau machte die musterhafte Haltung der durch
Brüssel ziehenden deutschen Truppen solchen Eindruck, das; sie sich (20. August 1914)
sogar zu dem ketzerischen Glauben fortreißen ließ: „qu'ils ne sont vraimenr
cruels eme lorsqu'ils sont attaques par les eivils" (daß sie nur grausam sind,
wenn sie von Zivilisten angegriffen weiden).

Völlig irre geworden an ihrem bisherigen, durch die Preßlügen erzeugten
Glauben ruft eine Dame in Elsene (Jxelles, 21. August 1914) aus: „?eut-on
croire que nich Iiommes missi calmes ont ete si den'bares clans ä'autres con-
trees (ear les zoumemix relatent uns toute ä'^troeites qu'ils ont eommises
MS bien loin ä'lei; j'al peine ä le croire). IIs sont des plus aimadles" usw.
(Kann man glauben, daß so ruhige Leute in anderen Gegenden so barbarisch
gewesen sind? Denn die Zeitungen erzählen eine Masse Greuel, die sie nickt sehr
weit von hier begangen haben; es fällt mir schwer zu glauben. Sie sind äußerst
liebenswürdig).

Eine andere Vriefschreiberin^) erklärt — wie viele andere — die Zeitungs-
schteibereien kurzweg sür Lügen (21. August 1914): „Ils (d. h. les solckats allem.)
ne sont pas meclilmt ein tont, tout ce qus les zournuux ont ecrit ce ne sont
eme mensonZe, it ne tout 6u asi ä personns czuanä on les laisse dran^uMs"
(Sie sind durchaus nicht böse. Alles was die Zeitungen geschrieben haben, sind
nur Lügen. Sie tun niemand etwas Böses, wenn man sie in Ruhe läßt).

Aus Veirlegem in Ostflandern schreibt (16. September 1914) ein Soldaten-
Vater über die MassendUrchzüge und' Einquartierungen der Deutschen: „rUer
Iredben ?ij ?vo brät zzexvest 6at Iiet niet bster ^ijn Kor" (Hier sind sie so brav
gewesen, daß es nicht besser sein konnte).

Eine sehr vornehme Antwerpener Dame schildert (6. Oktober 1914) das
Verhalten der Deutschen in einem Kloster der Umgegend. Sie seien „si polis
qu'ils mareiraient sur les bas pour ne pas eveiller les comes pensionnaires"
(so höflich, daß sie auf Strümpfen gingen, um die Pensionärinnen nicht zu wecken).

Milde und gerecht mahnt eine Briefschreiberin, die selber die Schrecken des
Krieges kennen gelernt hatte: ,M clitss pas trop as mal cle nos ennemis, car



^) Bezeichnend ist es, daß so viele günstige Urteile von Briefschreiberinnen herrühren.
Die belgischen Frauen übertreffen im allgemeinen die Männer noch an Bitterkeit und Un¬
Versöhnlichkeit des Deutschenhasses. Dadurch gewinnen diese Äußerungen noch an Gewicht.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0141" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335323"/>
            <fw type="header" place="top"> Bekenntnisse und Selbstbeschuldigungen</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_585"> Eine Gutsbcsitzerstochter aus der Umgegend von Lüttich berichtet eingehend<lb/>
über den Schreckenstag des 15. August, wo die, umliegenden Dörfer brannten<lb/>
und eine größere Abteilung deutscher Soldaten aus ihrem Hof biwakierte: &#x201E;I^Ions<lb/>
n'^vous pas en Ä nous plainäre . . . i!s etaient Kien Zentils tous . . . tous<lb/>
etaient respectueux" (Wir haben uns nicht zu beklagen gehabt ... sie waren<lb/>
alle sehr artig ... alle waren ehrerbietig).</p><lb/>
            <p xml:id="ID_586"> Von einem Angehörigen des College Se. Louis in Lüttich erfahren wir<lb/>
unter dem 14. August 1914 über dort einquartierte deutsche Truppen: &#x201E;tous sont<lb/>
ires polis et prevenants" (Alle sind sehr höflich und zuvorkommend).</p><lb/>
            <p xml:id="ID_587"> Ein Ordensbruder schreibt aus Maredsous (Provinz Namur) 1. September<lb/>
1914: &#x201E;l^Sö ^.Ilenumäs ont ete tief correots, meine eoulants envers nous"<lb/>
(Die Deutschen sind sehr korrekt, sogar entgegenkommend gegen uns gewesen).</p><lb/>
            <p xml:id="ID_588"> Aus Beverloo ein Notar über deutsche Einquartierung 23. August 1914:<lb/>
&#x201E;Alfr n'a ete clermi^e et z'al en les remereiments Kien pits cle ees Messieurs"<lb/>
(Nichts ist in Unordnung gebracht, und ich empfing lebhaften Dank von diesen Herren).</p><lb/>
            <p xml:id="ID_589"> In Brüssel machte die Sicherheit, in die man sich durch die falschen Sieges¬<lb/>
nachrichten hatte wiegen lassen, jählings einer wahnwitzigen Panik Platz, als die<lb/>
angeblich überall geschlagenen Deutschen vor den Toren der Stadt erschienen.<lb/>
Man sah sich und die Seinen schon von den &#x201E;Barbaren" gemißhandelt und massakriert.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_590"> Doch welches Wunder! Die Gefürchteten zogen durch die Stadt &#x201E;?vo ^aelit<lb/>
als eene Kusaie wnuneren" (so sachte wie eine Lümmerherde)! So zu lesen in<lb/>
einem Brüsseler Brief von: 21. August 1914.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_591"> Auf eine belgische Generalsfrau machte die musterhafte Haltung der durch<lb/>
Brüssel ziehenden deutschen Truppen solchen Eindruck, das; sie sich (20. August 1914)<lb/>
sogar zu dem ketzerischen Glauben fortreißen ließ: &#x201E;qu'ils ne sont vraimenr<lb/>
cruels eme lorsqu'ils sont attaques par les eivils" (daß sie nur grausam sind,<lb/>
wenn sie von Zivilisten angegriffen weiden).</p><lb/>
            <p xml:id="ID_592"> Völlig irre geworden an ihrem bisherigen, durch die Preßlügen erzeugten<lb/>
Glauben ruft eine Dame in Elsene (Jxelles, 21. August 1914) aus: &#x201E;?eut-on<lb/>
croire que nich Iiommes missi calmes ont ete si den'bares clans ä'autres con-<lb/>
trees (ear les zoumemix relatent uns toute ä'^troeites qu'ils ont eommises<lb/>
MS bien loin ä'lei; j'al peine ä le croire). IIs sont des plus aimadles" usw.<lb/>
(Kann man glauben, daß so ruhige Leute in anderen Gegenden so barbarisch<lb/>
gewesen sind? Denn die Zeitungen erzählen eine Masse Greuel, die sie nickt sehr<lb/>
weit von hier begangen haben; es fällt mir schwer zu glauben. Sie sind äußerst<lb/>
liebenswürdig).</p><lb/>
            <p xml:id="ID_593"> Eine andere Vriefschreiberin^) erklärt &#x2014; wie viele andere &#x2014; die Zeitungs-<lb/>
schteibereien kurzweg sür Lügen (21. August 1914): &#x201E;Ils (d. h. les solckats allem.)<lb/>
ne sont pas meclilmt ein tont, tout ce qus les zournuux ont ecrit ce ne sont<lb/>
eme mensonZe, it ne tout 6u asi ä personns czuanä on les laisse dran^uMs"<lb/>
(Sie sind durchaus nicht böse. Alles was die Zeitungen geschrieben haben, sind<lb/>
nur Lügen. Sie tun niemand etwas Böses, wenn man sie in Ruhe läßt).</p><lb/>
            <p xml:id="ID_594"> Aus Veirlegem in Ostflandern schreibt (16. September 1914) ein Soldaten-<lb/>
Vater über die MassendUrchzüge und' Einquartierungen der Deutschen: &#x201E;rUer<lb/>
Iredben ?ij ?vo brät zzexvest 6at Iiet niet bster ^ijn Kor" (Hier sind sie so brav<lb/>
gewesen, daß es nicht besser sein konnte).</p><lb/>
            <p xml:id="ID_595"> Eine sehr vornehme Antwerpener Dame schildert (6. Oktober 1914) das<lb/>
Verhalten der Deutschen in einem Kloster der Umgegend. Sie seien &#x201E;si polis<lb/>
qu'ils mareiraient sur les bas pour ne pas eveiller les comes pensionnaires"<lb/>
(so höflich, daß sie auf Strümpfen gingen, um die Pensionärinnen nicht zu wecken).</p><lb/>
            <p xml:id="ID_596" next="#ID_597"> Milde und gerecht mahnt eine Briefschreiberin, die selber die Schrecken des<lb/>
Krieges kennen gelernt hatte: ,M clitss pas trop as mal cle nos ennemis, car</p><lb/>
            <note xml:id="FID_26" place="foot"> ^) Bezeichnend ist es, daß so viele günstige Urteile von Briefschreiberinnen herrühren.<lb/>
Die belgischen Frauen übertreffen im allgemeinen die Männer noch an Bitterkeit und Un¬<lb/>
Versöhnlichkeit des Deutschenhasses.  Dadurch gewinnen diese Äußerungen noch an Gewicht.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0141] Bekenntnisse und Selbstbeschuldigungen Eine Gutsbcsitzerstochter aus der Umgegend von Lüttich berichtet eingehend über den Schreckenstag des 15. August, wo die, umliegenden Dörfer brannten und eine größere Abteilung deutscher Soldaten aus ihrem Hof biwakierte: „I^Ions n'^vous pas en Ä nous plainäre . . . i!s etaient Kien Zentils tous . . . tous etaient respectueux" (Wir haben uns nicht zu beklagen gehabt ... sie waren alle sehr artig ... alle waren ehrerbietig). Von einem Angehörigen des College Se. Louis in Lüttich erfahren wir unter dem 14. August 1914 über dort einquartierte deutsche Truppen: „tous sont ires polis et prevenants" (Alle sind sehr höflich und zuvorkommend). Ein Ordensbruder schreibt aus Maredsous (Provinz Namur) 1. September 1914: „l^Sö ^.Ilenumäs ont ete tief correots, meine eoulants envers nous" (Die Deutschen sind sehr korrekt, sogar entgegenkommend gegen uns gewesen). Aus Beverloo ein Notar über deutsche Einquartierung 23. August 1914: „Alfr n'a ete clermi^e et z'al en les remereiments Kien pits cle ees Messieurs" (Nichts ist in Unordnung gebracht, und ich empfing lebhaften Dank von diesen Herren). In Brüssel machte die Sicherheit, in die man sich durch die falschen Sieges¬ nachrichten hatte wiegen lassen, jählings einer wahnwitzigen Panik Platz, als die angeblich überall geschlagenen Deutschen vor den Toren der Stadt erschienen. Man sah sich und die Seinen schon von den „Barbaren" gemißhandelt und massakriert. Doch welches Wunder! Die Gefürchteten zogen durch die Stadt „?vo ^aelit als eene Kusaie wnuneren" (so sachte wie eine Lümmerherde)! So zu lesen in einem Brüsseler Brief von: 21. August 1914. Auf eine belgische Generalsfrau machte die musterhafte Haltung der durch Brüssel ziehenden deutschen Truppen solchen Eindruck, das; sie sich (20. August 1914) sogar zu dem ketzerischen Glauben fortreißen ließ: „qu'ils ne sont vraimenr cruels eme lorsqu'ils sont attaques par les eivils" (daß sie nur grausam sind, wenn sie von Zivilisten angegriffen weiden). Völlig irre geworden an ihrem bisherigen, durch die Preßlügen erzeugten Glauben ruft eine Dame in Elsene (Jxelles, 21. August 1914) aus: „?eut-on croire que nich Iiommes missi calmes ont ete si den'bares clans ä'autres con- trees (ear les zoumemix relatent uns toute ä'^troeites qu'ils ont eommises MS bien loin ä'lei; j'al peine ä le croire). IIs sont des plus aimadles" usw. (Kann man glauben, daß so ruhige Leute in anderen Gegenden so barbarisch gewesen sind? Denn die Zeitungen erzählen eine Masse Greuel, die sie nickt sehr weit von hier begangen haben; es fällt mir schwer zu glauben. Sie sind äußerst liebenswürdig). Eine andere Vriefschreiberin^) erklärt — wie viele andere — die Zeitungs- schteibereien kurzweg sür Lügen (21. August 1914): „Ils (d. h. les solckats allem.) ne sont pas meclilmt ein tont, tout ce qus les zournuux ont ecrit ce ne sont eme mensonZe, it ne tout 6u asi ä personns czuanä on les laisse dran^uMs" (Sie sind durchaus nicht böse. Alles was die Zeitungen geschrieben haben, sind nur Lügen. Sie tun niemand etwas Böses, wenn man sie in Ruhe läßt). Aus Veirlegem in Ostflandern schreibt (16. September 1914) ein Soldaten- Vater über die MassendUrchzüge und' Einquartierungen der Deutschen: „rUer Iredben ?ij ?vo brät zzexvest 6at Iiet niet bster ^ijn Kor" (Hier sind sie so brav gewesen, daß es nicht besser sein konnte). Eine sehr vornehme Antwerpener Dame schildert (6. Oktober 1914) das Verhalten der Deutschen in einem Kloster der Umgegend. Sie seien „si polis qu'ils mareiraient sur les bas pour ne pas eveiller les comes pensionnaires" (so höflich, daß sie auf Strümpfen gingen, um die Pensionärinnen nicht zu wecken). Milde und gerecht mahnt eine Briefschreiberin, die selber die Schrecken des Krieges kennen gelernt hatte: ,M clitss pas trop as mal cle nos ennemis, car ^) Bezeichnend ist es, daß so viele günstige Urteile von Briefschreiberinnen herrühren. Die belgischen Frauen übertreffen im allgemeinen die Männer noch an Bitterkeit und Un¬ Versöhnlichkeit des Deutschenhasses. Dadurch gewinnen diese Äußerungen noch an Gewicht.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181/141
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181/141>, abgerufen am 05.02.2025.