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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.

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Im Ramxf um Tirol

6. Diese Landeseinheit blieb ununterbrochen bis in die Gegenwart, ausge¬
nommen die Jahre 1809--13, wo sie durch durch die Gewalt Napoleons zerschlagen
wurde, aber die damals gezogene Grenze erwies sich als unhaltbar in Verwaltung
und Wirtschaft.

7. Das deutsche Südtirol ist geschlossen von Deutschen bewohnt, die sich
durch Sprache und Kultur scharf von den Italienern abheben. In dem in
Punkt 5 genannten Bezirkshauptmannschaften wohnen 2l5 3W Deutsche, 9431
Ladiner und nur 7047, also 3 Prozent Italiener, meist Arbeiter und Handwerker.
Auch in Bozen befinden sich nur 6 Prozent Italiener, während in Trient über
10 Prozent Deutsche leben.

Die Ladiner bilden nach Artung und Svrciche einen eigenen Volksstamm,
und haben sich aus wirtschaftlichen und vöttijcyen Gründen jeoerzeit gegen Ver¬
einigung mit den Italienern ausgesprochen.

8. Das deutsche Südtirol würde durch die Abtretung an Italien wirtschaft¬
lich ruiniert werden (Wein. Obstbau und Fremdenverkehr).

9. Ein dauernder Friede würde durch die Abtretung einer so großen Anzahl
überzeugter Deutscher unmöglich werden (Kämpfe 1809).

Erliinternngen:

Niemals ist der Kamm der Zentralalpen die Nordgrenze
Italiens gewesen, nicht einmal in der römischen Kaiserzeit, als Italien seinen
größten Umfang erreicht hat. Damals lief Italiens Grenze von der Elschenge bei
Meran quer bis zur Eisackenge südlich von Klausen. Was nördlich dieser Linie
lag, gehörte zur Provinz Nhnthien. Im sechsten Jahrhundert wurde diese Grenze
von den in den Alpen einwandernden Bayern durchbrochen. Sie besetzten das
Etsch- und Eisacktal bis südlich von Bozen, das damals deutsch geworden ist. Die
einwandernden Bayern drängten bald die romanische Bevölkerung Rhäthiens und
des von ihnen besetzten Bozener Gebietes in die Nebentäler des Eisack zurück und
besiedelten die öde gelegenen Hochtäler und Bergrücken, so daß das Land seit dem
zehnten und elften Jahrhunderte im heutige" Umfange bis auf den obersten
Vintschgau, in dem sich Romanen noch bis ins vierzehnte und fünfzehnte Jahr¬
hundert hielten, gänzlich zu einem deutschen geworden ist. Die Grafschaft im
Eisacktale wurde 1027 vom deutschen Kaiser Konrad dem Zweiten dem Bistum
Brixen verliehen, die Grafschaften Vintschgau und Bozen dem Bistum Trient, das
im Jahre 952 mit dem deutschen Reiche vereinigt worden war. Die Bischöfe
verliehen diese Grafschaften an Vasallen weiter. Den Grafen von Vintschgau,
oder wie sie sich seit dem zwölften Jahrhundert nannten, den Grafen von Tirol
gelang es im dreizehnten Jahrhundert, die übrigen Grafschaften im Gebiete des
heutigen Deutschtirol in ihrer Hand zu vereinigen, ja selbst in Welschtirol festen
Fuß zu fassin und damit die heutige Grafschaft Tirol zu begründen. Im Jahre
1363 wurde Tirol von den Hcibsburgern erworben und zugleich durch Vertrag
das Bisium Trient dauernd an Tirol gebunden, so daß die Grafen von Tirol
in diesem Bistum wie gewohnheitsgemäß in den wenigen Gerichten, aus denen
sich der weltliche Herrschaftsbezirk des Bistums Brixen zusammensetzte, die wichtigsten
Hoheitsrechte ausübten. Im Jahre 1803 wurden infolge des Reichsdeputations-
Hauptschlusses die beiden Bistümer völlig mit der Grafschaft Trient vereinigt.

Reiches deutsches Leben blühte im Mittelalter in dem deutscheu Südtirol.
Seine Burgen und seine Städte waren der Sitz eines zahlreichen Adels und einer
rührigen Bürgerschaft. Vielleicht lag hier die Heimat Walthers von der Vogelweide,
sicher die der Minnesänger Liutold von Süden und Oswald von Wolkenstein und
des Niklas Vintler. Mit Szenen aus Tristan und Isolde und anderen höfischen
Epen ist das Schloß Runkelstein bei Bozen geziert. So stand das Land in enger
Beziehung zum deutschen Geistesleben des Mittelalters. Sein Recht und seine
Wirtschaft waren und blieben deutsch und grundverschieden von dem angrenzenden
welschen Nachbargebiet. Auch die Gegenreformation blieb ohne Einfluß auf die
geistigen lebhaften Beziehungen Bozens zu den süddeutschen Handelsstädten. Aus
dem freien Tiroler Bauernstande aber ist Andreas Hofer, der Held vom Passeier,
hervorgegangen, auch er in seiner Hünenhaftigkeit, Biederkeit, seinem Gottvertrauen


Im Ramxf um Tirol

6. Diese Landeseinheit blieb ununterbrochen bis in die Gegenwart, ausge¬
nommen die Jahre 1809—13, wo sie durch durch die Gewalt Napoleons zerschlagen
wurde, aber die damals gezogene Grenze erwies sich als unhaltbar in Verwaltung
und Wirtschaft.

7. Das deutsche Südtirol ist geschlossen von Deutschen bewohnt, die sich
durch Sprache und Kultur scharf von den Italienern abheben. In dem in
Punkt 5 genannten Bezirkshauptmannschaften wohnen 2l5 3W Deutsche, 9431
Ladiner und nur 7047, also 3 Prozent Italiener, meist Arbeiter und Handwerker.
Auch in Bozen befinden sich nur 6 Prozent Italiener, während in Trient über
10 Prozent Deutsche leben.

Die Ladiner bilden nach Artung und Svrciche einen eigenen Volksstamm,
und haben sich aus wirtschaftlichen und vöttijcyen Gründen jeoerzeit gegen Ver¬
einigung mit den Italienern ausgesprochen.

8. Das deutsche Südtirol würde durch die Abtretung an Italien wirtschaft¬
lich ruiniert werden (Wein. Obstbau und Fremdenverkehr).

9. Ein dauernder Friede würde durch die Abtretung einer so großen Anzahl
überzeugter Deutscher unmöglich werden (Kämpfe 1809).

Erliinternngen:

Niemals ist der Kamm der Zentralalpen die Nordgrenze
Italiens gewesen, nicht einmal in der römischen Kaiserzeit, als Italien seinen
größten Umfang erreicht hat. Damals lief Italiens Grenze von der Elschenge bei
Meran quer bis zur Eisackenge südlich von Klausen. Was nördlich dieser Linie
lag, gehörte zur Provinz Nhnthien. Im sechsten Jahrhundert wurde diese Grenze
von den in den Alpen einwandernden Bayern durchbrochen. Sie besetzten das
Etsch- und Eisacktal bis südlich von Bozen, das damals deutsch geworden ist. Die
einwandernden Bayern drängten bald die romanische Bevölkerung Rhäthiens und
des von ihnen besetzten Bozener Gebietes in die Nebentäler des Eisack zurück und
besiedelten die öde gelegenen Hochtäler und Bergrücken, so daß das Land seit dem
zehnten und elften Jahrhunderte im heutige» Umfange bis auf den obersten
Vintschgau, in dem sich Romanen noch bis ins vierzehnte und fünfzehnte Jahr¬
hundert hielten, gänzlich zu einem deutschen geworden ist. Die Grafschaft im
Eisacktale wurde 1027 vom deutschen Kaiser Konrad dem Zweiten dem Bistum
Brixen verliehen, die Grafschaften Vintschgau und Bozen dem Bistum Trient, das
im Jahre 952 mit dem deutschen Reiche vereinigt worden war. Die Bischöfe
verliehen diese Grafschaften an Vasallen weiter. Den Grafen von Vintschgau,
oder wie sie sich seit dem zwölften Jahrhundert nannten, den Grafen von Tirol
gelang es im dreizehnten Jahrhundert, die übrigen Grafschaften im Gebiete des
heutigen Deutschtirol in ihrer Hand zu vereinigen, ja selbst in Welschtirol festen
Fuß zu fassin und damit die heutige Grafschaft Tirol zu begründen. Im Jahre
1363 wurde Tirol von den Hcibsburgern erworben und zugleich durch Vertrag
das Bisium Trient dauernd an Tirol gebunden, so daß die Grafen von Tirol
in diesem Bistum wie gewohnheitsgemäß in den wenigen Gerichten, aus denen
sich der weltliche Herrschaftsbezirk des Bistums Brixen zusammensetzte, die wichtigsten
Hoheitsrechte ausübten. Im Jahre 1803 wurden infolge des Reichsdeputations-
Hauptschlusses die beiden Bistümer völlig mit der Grafschaft Trient vereinigt.

Reiches deutsches Leben blühte im Mittelalter in dem deutscheu Südtirol.
Seine Burgen und seine Städte waren der Sitz eines zahlreichen Adels und einer
rührigen Bürgerschaft. Vielleicht lag hier die Heimat Walthers von der Vogelweide,
sicher die der Minnesänger Liutold von Süden und Oswald von Wolkenstein und
des Niklas Vintler. Mit Szenen aus Tristan und Isolde und anderen höfischen
Epen ist das Schloß Runkelstein bei Bozen geziert. So stand das Land in enger
Beziehung zum deutschen Geistesleben des Mittelalters. Sein Recht und seine
Wirtschaft waren und blieben deutsch und grundverschieden von dem angrenzenden
welschen Nachbargebiet. Auch die Gegenreformation blieb ohne Einfluß auf die
geistigen lebhaften Beziehungen Bozens zu den süddeutschen Handelsstädten. Aus
dem freien Tiroler Bauernstande aber ist Andreas Hofer, der Held vom Passeier,
hervorgegangen, auch er in seiner Hünenhaftigkeit, Biederkeit, seinem Gottvertrauen


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[0122] Im Ramxf um Tirol 6. Diese Landeseinheit blieb ununterbrochen bis in die Gegenwart, ausge¬ nommen die Jahre 1809—13, wo sie durch durch die Gewalt Napoleons zerschlagen wurde, aber die damals gezogene Grenze erwies sich als unhaltbar in Verwaltung und Wirtschaft. 7. Das deutsche Südtirol ist geschlossen von Deutschen bewohnt, die sich durch Sprache und Kultur scharf von den Italienern abheben. In dem in Punkt 5 genannten Bezirkshauptmannschaften wohnen 2l5 3W Deutsche, 9431 Ladiner und nur 7047, also 3 Prozent Italiener, meist Arbeiter und Handwerker. Auch in Bozen befinden sich nur 6 Prozent Italiener, während in Trient über 10 Prozent Deutsche leben. Die Ladiner bilden nach Artung und Svrciche einen eigenen Volksstamm, und haben sich aus wirtschaftlichen und vöttijcyen Gründen jeoerzeit gegen Ver¬ einigung mit den Italienern ausgesprochen. 8. Das deutsche Südtirol würde durch die Abtretung an Italien wirtschaft¬ lich ruiniert werden (Wein. Obstbau und Fremdenverkehr). 9. Ein dauernder Friede würde durch die Abtretung einer so großen Anzahl überzeugter Deutscher unmöglich werden (Kämpfe 1809). Erliinternngen: Niemals ist der Kamm der Zentralalpen die Nordgrenze Italiens gewesen, nicht einmal in der römischen Kaiserzeit, als Italien seinen größten Umfang erreicht hat. Damals lief Italiens Grenze von der Elschenge bei Meran quer bis zur Eisackenge südlich von Klausen. Was nördlich dieser Linie lag, gehörte zur Provinz Nhnthien. Im sechsten Jahrhundert wurde diese Grenze von den in den Alpen einwandernden Bayern durchbrochen. Sie besetzten das Etsch- und Eisacktal bis südlich von Bozen, das damals deutsch geworden ist. Die einwandernden Bayern drängten bald die romanische Bevölkerung Rhäthiens und des von ihnen besetzten Bozener Gebietes in die Nebentäler des Eisack zurück und besiedelten die öde gelegenen Hochtäler und Bergrücken, so daß das Land seit dem zehnten und elften Jahrhunderte im heutige» Umfange bis auf den obersten Vintschgau, in dem sich Romanen noch bis ins vierzehnte und fünfzehnte Jahr¬ hundert hielten, gänzlich zu einem deutschen geworden ist. Die Grafschaft im Eisacktale wurde 1027 vom deutschen Kaiser Konrad dem Zweiten dem Bistum Brixen verliehen, die Grafschaften Vintschgau und Bozen dem Bistum Trient, das im Jahre 952 mit dem deutschen Reiche vereinigt worden war. Die Bischöfe verliehen diese Grafschaften an Vasallen weiter. Den Grafen von Vintschgau, oder wie sie sich seit dem zwölften Jahrhundert nannten, den Grafen von Tirol gelang es im dreizehnten Jahrhundert, die übrigen Grafschaften im Gebiete des heutigen Deutschtirol in ihrer Hand zu vereinigen, ja selbst in Welschtirol festen Fuß zu fassin und damit die heutige Grafschaft Tirol zu begründen. Im Jahre 1363 wurde Tirol von den Hcibsburgern erworben und zugleich durch Vertrag das Bisium Trient dauernd an Tirol gebunden, so daß die Grafen von Tirol in diesem Bistum wie gewohnheitsgemäß in den wenigen Gerichten, aus denen sich der weltliche Herrschaftsbezirk des Bistums Brixen zusammensetzte, die wichtigsten Hoheitsrechte ausübten. Im Jahre 1803 wurden infolge des Reichsdeputations- Hauptschlusses die beiden Bistümer völlig mit der Grafschaft Trient vereinigt. Reiches deutsches Leben blühte im Mittelalter in dem deutscheu Südtirol. Seine Burgen und seine Städte waren der Sitz eines zahlreichen Adels und einer rührigen Bürgerschaft. Vielleicht lag hier die Heimat Walthers von der Vogelweide, sicher die der Minnesänger Liutold von Süden und Oswald von Wolkenstein und des Niklas Vintler. Mit Szenen aus Tristan und Isolde und anderen höfischen Epen ist das Schloß Runkelstein bei Bozen geziert. So stand das Land in enger Beziehung zum deutschen Geistesleben des Mittelalters. Sein Recht und seine Wirtschaft waren und blieben deutsch und grundverschieden von dem angrenzenden welschen Nachbargebiet. Auch die Gegenreformation blieb ohne Einfluß auf die geistigen lebhaften Beziehungen Bozens zu den süddeutschen Handelsstädten. Aus dem freien Tiroler Bauernstande aber ist Andreas Hofer, der Held vom Passeier, hervorgegangen, auch er in seiner Hünenhaftigkeit, Biederkeit, seinem Gottvertrauen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335181/122>, abgerufen am 05.02.2025.