Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.N?a-> muß der Westen für den Grenzschutz des Gödens tun? haltlos war. Mit instinktiver Erkenntnis der Notwendigkeit unserer Eigen¬ Wir dürfen nicht durch Federstriche organisch zusammengewachsene Wirt¬ Die viel geschmähte Berliner Regierung sucht diesen Erfordernissen unserer Unser eigener Nohstoffmarkt muß sich in Zukunft ebenso wie in den N?a-> muß der Westen für den Grenzschutz des Gödens tun? haltlos war. Mit instinktiver Erkenntnis der Notwendigkeit unserer Eigen¬ Wir dürfen nicht durch Federstriche organisch zusammengewachsene Wirt¬ Die viel geschmähte Berliner Regierung sucht diesen Erfordernissen unserer Unser eigener Nohstoffmarkt muß sich in Zukunft ebenso wie in den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0106" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335288"/> <fw type="header" place="top"> N?a-> muß der Westen für den Grenzschutz des Gödens tun?</fw><lb/> <p xml:id="ID_424" prev="#ID_423"> haltlos war. Mit instinktiver Erkenntnis der Notwendigkeit unserer Eigen¬<lb/> macht hat sich die gesamte Bevölkerung des deutschen Ostens dieser Forderung<lb/> zur Verfügung gestellt und denkt gar nicht mehr daran, in Klassenkampf und<lb/> Brudermord ihre kostbaren Kräfte aufzubrauchen.</p><lb/> <p xml:id="ID_425"> Wir dürfen nicht durch Federstriche organisch zusammengewachsene Wirt¬<lb/> schaftsgebilde zertrennen, nur weil die einzelnen Teile glauben, unter den<lb/> augenblicklichen Bedingungen Vorteile daraus ziehen zu können. Auch die<lb/> sozialisierten Staatsbetriebe, die Staatsindustrie der Zukunft, brauchen einen<lb/> kaufkräftigen Markt, gerade dieser muß im Osten gewonnen werden. England<lb/> und Amerika werden trotz aller gegenseitigen Versprechungen das tatsächlich bei<lb/> ihnen liegende Seehandelsmonopol nur für ihre Interessen auszunutzen wissen,<lb/> und selbst unsere Oualitätsindustrie wird aus dem Seewege mit diesen Mächten<lb/> nicht konkurrieren können, will sie nicht ihre Angestellten durch Unterbietung<lb/> der Preise auf Hungerlöhne Herabdrücken. Daran wird such nichts die Tat¬<lb/> sache ändern, daß später der allmächtige Staat diese Löhne festsetzt. Der<lb/> Sozialismus herrscht nun einmal nicht in der ganzen Welt, fondern nur in<lb/> einzelnen Teilen, und diese Teile müssen sich den wirtschaftlichen Bedingungen<lb/> des ausländischen Großkapitalismus oder sonstigen nichtsozialistischen Wirtschafts¬<lb/> formen wohl oder übel anpassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_426"> Die viel geschmähte Berliner Regierung sucht diesen Erfordernissen unserer<lb/> zukünftigen Volkswirtschaft in Hinblick auf eine kräftige Politik im Osten<lb/> Rechnung zu tragen. Nicht die Existenz des polnischen Staates als solche wird<lb/> bekämpft, sondern die ungesunden Machtgelüste der polnischen Maximalisten.<lb/> Die bolschewistischen Umtriebe in Kongreßpolen haben die innere Haltlosigkeit<lb/> des polnischen Staates zu klar bewiesen, als daß man diesen als einen ver¬<lb/> tragsfähigen Gegner und späteren Bundesgenossen betrachten könnte. Wir<lb/> brauchen sehr wohl gute Beziehungen zum Osten. Wir wünschen sogar ein<lb/> gutes Einvernehmen mit dem zukünftigen russischen Staate, mag er sich<lb/> innerlich gestalten wie er will; nur bekämpfen wir mit aller Schärfe überstürzte<lb/> SozialisierungsMaßnahmen im außerdeutschen Osten, die diese geschwächten<lb/> Wirtschastsgebilde dem eindringenden westeuropäischen und amerikanischen<lb/> Kapitalismus ausliefern würden. Wir hatten in den letzten Kriegsjahren<lb/> Aussicht versprechende Verbindungen über Polen und die Ukraine hin mit<lb/> Südrußland und Kaukasien angeknüpft; wir erwarten auch heute sür unsere<lb/> neu aufgebaute Volkswirtschaft reiche Austauschmöglichkeiten mit diesen noch<lb/> nicht industrialisierten und landwirtschaftlich außerordentlich ertragsfähigen Ge¬<lb/> bieten. Nach Errichtung des englisch-amerikanischen Schiffahrtsmonopols bleibt<lb/> uns eben nur noch der Landweg. Mit Hilfe einer im Rahmen des gesamten Or¬<lb/> ganismus wohl durchdachten staatlichen Eisenbahntarifpolitik läßt sich die Ausfuhr<lb/> von Jndustrieerzeugnissen auf dem Landwege ebenso künstlich bewerkstelligen wie<lb/> die Einfuhr von Agrarprodukten und Rohstoffen für unsere Verarbeitungsindustrie.</p><lb/> <p xml:id="ID_427"> Unser eigener Nohstoffmarkt muß sich in Zukunft ebenso wie in den<lb/> Kriegsjahren nach Möglichkeit freihalten von willkürlichen Maßnahmen der<lb/> jeweiligen weltbeherrschenden Machthaber. Wir können dem Auslande für das,<lb/> was wir notwendig brauchen, insbesondere an Lebensmitteln, nur noch hoch¬<lb/> wertige Jndustrieprodukte liefern, und wir müssen uns auf deren Herstellung<lb/> allein beschränken. Das aber bedeutet eben eine Brotlosmachung sür ungezählte<lb/> Deutsche, die anderweit untergebracht werden müssen und deshalb bedenke<lb/> Deutschlands Westen Deutschlands Osten. Hier liegt Einigendes, nicht Trennendes;<lb/> hier verwirklichen sich die wiederaufbauenden, die wiederanknüpfenden Ideen.<lb/> Sie stehen und fallen mit der Erhaltung unserer östlichen Provinzen. Deshalb:<lb/> denkt an den Grenzschutz Ost!</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0106]
N?a-> muß der Westen für den Grenzschutz des Gödens tun?
haltlos war. Mit instinktiver Erkenntnis der Notwendigkeit unserer Eigen¬
macht hat sich die gesamte Bevölkerung des deutschen Ostens dieser Forderung
zur Verfügung gestellt und denkt gar nicht mehr daran, in Klassenkampf und
Brudermord ihre kostbaren Kräfte aufzubrauchen.
Wir dürfen nicht durch Federstriche organisch zusammengewachsene Wirt¬
schaftsgebilde zertrennen, nur weil die einzelnen Teile glauben, unter den
augenblicklichen Bedingungen Vorteile daraus ziehen zu können. Auch die
sozialisierten Staatsbetriebe, die Staatsindustrie der Zukunft, brauchen einen
kaufkräftigen Markt, gerade dieser muß im Osten gewonnen werden. England
und Amerika werden trotz aller gegenseitigen Versprechungen das tatsächlich bei
ihnen liegende Seehandelsmonopol nur für ihre Interessen auszunutzen wissen,
und selbst unsere Oualitätsindustrie wird aus dem Seewege mit diesen Mächten
nicht konkurrieren können, will sie nicht ihre Angestellten durch Unterbietung
der Preise auf Hungerlöhne Herabdrücken. Daran wird such nichts die Tat¬
sache ändern, daß später der allmächtige Staat diese Löhne festsetzt. Der
Sozialismus herrscht nun einmal nicht in der ganzen Welt, fondern nur in
einzelnen Teilen, und diese Teile müssen sich den wirtschaftlichen Bedingungen
des ausländischen Großkapitalismus oder sonstigen nichtsozialistischen Wirtschafts¬
formen wohl oder übel anpassen.
Die viel geschmähte Berliner Regierung sucht diesen Erfordernissen unserer
zukünftigen Volkswirtschaft in Hinblick auf eine kräftige Politik im Osten
Rechnung zu tragen. Nicht die Existenz des polnischen Staates als solche wird
bekämpft, sondern die ungesunden Machtgelüste der polnischen Maximalisten.
Die bolschewistischen Umtriebe in Kongreßpolen haben die innere Haltlosigkeit
des polnischen Staates zu klar bewiesen, als daß man diesen als einen ver¬
tragsfähigen Gegner und späteren Bundesgenossen betrachten könnte. Wir
brauchen sehr wohl gute Beziehungen zum Osten. Wir wünschen sogar ein
gutes Einvernehmen mit dem zukünftigen russischen Staate, mag er sich
innerlich gestalten wie er will; nur bekämpfen wir mit aller Schärfe überstürzte
SozialisierungsMaßnahmen im außerdeutschen Osten, die diese geschwächten
Wirtschastsgebilde dem eindringenden westeuropäischen und amerikanischen
Kapitalismus ausliefern würden. Wir hatten in den letzten Kriegsjahren
Aussicht versprechende Verbindungen über Polen und die Ukraine hin mit
Südrußland und Kaukasien angeknüpft; wir erwarten auch heute sür unsere
neu aufgebaute Volkswirtschaft reiche Austauschmöglichkeiten mit diesen noch
nicht industrialisierten und landwirtschaftlich außerordentlich ertragsfähigen Ge¬
bieten. Nach Errichtung des englisch-amerikanischen Schiffahrtsmonopols bleibt
uns eben nur noch der Landweg. Mit Hilfe einer im Rahmen des gesamten Or¬
ganismus wohl durchdachten staatlichen Eisenbahntarifpolitik läßt sich die Ausfuhr
von Jndustrieerzeugnissen auf dem Landwege ebenso künstlich bewerkstelligen wie
die Einfuhr von Agrarprodukten und Rohstoffen für unsere Verarbeitungsindustrie.
Unser eigener Nohstoffmarkt muß sich in Zukunft ebenso wie in den
Kriegsjahren nach Möglichkeit freihalten von willkürlichen Maßnahmen der
jeweiligen weltbeherrschenden Machthaber. Wir können dem Auslande für das,
was wir notwendig brauchen, insbesondere an Lebensmitteln, nur noch hoch¬
wertige Jndustrieprodukte liefern, und wir müssen uns auf deren Herstellung
allein beschränken. Das aber bedeutet eben eine Brotlosmachung sür ungezählte
Deutsche, die anderweit untergebracht werden müssen und deshalb bedenke
Deutschlands Westen Deutschlands Osten. Hier liegt Einigendes, nicht Trennendes;
hier verwirklichen sich die wiederaufbauenden, die wiederanknüpfenden Ideen.
Sie stehen und fallen mit der Erhaltung unserer östlichen Provinzen. Deshalb:
denkt an den Grenzschutz Ost!
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