Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Erstes Vierteljahr.Neue Bücher Zuversicht trübt, daß auch Mitteleuropa und seine Politik sich auf der großen Dr. M. H. Lochm Friedrich Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts auf den deutschen Schulen und Universitäten vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gogenwart. Mit be¬ sonderer Rücksicht auf den klassischen Unterricht. Dritte erweiterte Anfluge, herausgegeben und in einem Anhang sortgesetzt von Rudolf Lehmann. Erster Band. Verlag von Weit u. Eomp. Leipzig 1919. Preis geh. 18 M., geb. 22 M. und 25 Prozent Teuerungszuschlag. "Was hat der Mensch vom Leben, als daß er froh sei bei seiner Arbeit?" Neue Bücher Zuversicht trübt, daß auch Mitteleuropa und seine Politik sich auf der großen Dr. M. H. Lochm Friedrich Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts auf den deutschen Schulen und Universitäten vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gogenwart. Mit be¬ sonderer Rücksicht auf den klassischen Unterricht. Dritte erweiterte Anfluge, herausgegeben und in einem Anhang sortgesetzt von Rudolf Lehmann. Erster Band. Verlag von Weit u. Eomp. Leipzig 1919. Preis geh. 18 M., geb. 22 M. und 25 Prozent Teuerungszuschlag. „Was hat der Mensch vom Leben, als daß er froh sei bei seiner Arbeit?" <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0103" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335285"/> <fw type="header" place="top"> Neue Bücher</fw><lb/> <p xml:id="ID_416" prev="#ID_415"> Zuversicht trübt, daß auch Mitteleuropa und seine Politik sich auf der großen<lb/> Weltbühne in Ehren durchsetzen werde. Auf eine Behandlung des Stoffes/ deren<lb/> Schwergewicht nicht in der Darstellung, sondern im Urteil und in der Zielsetzung<lb/> läge, könnte allerdings der Sturz der Ereignisse, die wir in den letzten Monaten<lb/> über uns haben ergehen lassen müssen, unter Umständen völlig umstürzend und<lb/> entwertend einwirken. Vor dieser Gefahr hat sich der Verfasser gefeit, indem er<lb/> sich als reiner Forscher an den Laus der Ereignisse hingab. Es fehlt seinem<lb/> Werke dadurch vielleicht eine gewisse Wärme und eine letzte Tiefe, wir können es<lb/> aber nur begrüßen, daß dies wertvolle Stück zeitgeschichtlicher Forschung dadurch<lb/> verhältnismäßig unbeschädigt diese Zeit des Zusammenbruchs übersteht.</p><lb/> <note type="byline"> Dr. M. H. Lochm</note><lb/> </div> <div n="2"> <head> Friedrich Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts auf den deutschen Schulen<lb/> und Universitäten vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gogenwart. Mit be¬<lb/> sonderer Rücksicht auf den klassischen Unterricht. Dritte erweiterte Anfluge,<lb/> herausgegeben und in einem Anhang sortgesetzt von Rudolf Lehmann.<lb/> Erster Band. Verlag von Weit u. Eomp. Leipzig 1919. Preis geh. 18 M.,<lb/> geb. 22 M. und 25 Prozent Teuerungszuschlag.</head><lb/> <p xml:id="ID_417" next="#ID_418"> „Was hat der Mensch vom Leben, als daß er froh sei bei seiner Arbeit?"<lb/> so schrieb Friedrich Paulsen 1L95, als er die zweite Auflage seiner groß angeleg.<lb/> ton Geschichte des gelehrten Unterrichts seinem Freunde Friedrich Reuter aufs<lb/> neue widmete. Werden wir froh sein können bei unserer Arbeit? so fragen jetzt<lb/> vor allen Männer und Frauen, denen die Bildungsanstalten Heimstätten ihres<lb/> Wirkens sind. Friedrich Paulsen war gewiß kein Reaktionär, ist er es doch ge¬<lb/> wesen, der die Monopolstellung des Gymnasiums gebrochen hat. Schon vor<lb/> 34 Jahren, als die Geschichte des gelehrten Unterrichts zum erstenmal erschien,<lb/> erlaubte Paulsen die geschichtlichen Tatsachen dahin deuten zu können, „daß der<lb/> gelehrte Unterricht bei den modernen Völkern sich immer mehr einen: Zustand an¬<lb/> nähern wird, in welchem er aus den Mitteln der eigenen Erkenntnis und Bil¬<lb/> dung dieser Völker bestritten werden wird." Ans Kosten der alten Sprachen<lb/> würde das Nationale und Moderne sich stärker durchsetzen. Auch das Wachstum<lb/> des Staates auf Kosten der Kirche und der Gemeinde hat er gesehen. Als einen<lb/> Vorzug des Unterrichtswesens in Deutschland von der Universität bis zur Volks¬<lb/> schule pries er a"er. naß es sich in beständiger Wechselwirkung mit allen lebendigen<lb/> Kräften des Volkslebens, nicht zuletzt mit der Kirche, entwickelt habe und er<lb/> glaubte in seiner mannigfaltigen und individuellen Gestaltung ein Widerspie-l des<lb/> Reichtums des deutschen Volkslebens in der Vielheit seiner Glieder zu erkennen.<lb/> Da es zu seiner hohen Blüte, wie es Paniscus Forschungen dartaten, in fort¬<lb/> laufender Entwicklung ohne gewaltsamen Bruch gedeihen war, drängte sich ihm<lb/> der Wunsch auf die Lippen, daß auch in den kommenden Jahrhunderten den deut¬<lb/> schen Universitäten und Schulen die Mannigfaltigkeit und Beweglichkeit erhalten<lb/> bleiben möge. Der deutschen Revolution war es vorbehalten, den gewaltsamen<lb/> Nruch auch in unserem Schulwesen zu vollziehen und die Mannigfaltigkeit zu<lb/> bedrohen. Die Ehrfurcht vor der Vergangenheit, von der Paulsen erfüllt war, hat<lb/> sie als überflüssigen Ballast beiseite geschoben. Wie ein Mahnruf zur Besinnung<lb/> wirkt daher in diesem Augenblick die Neuauflage des prächtigen historischen<lb/> Werkes Friedrich Paniscus. Hatte es einst revolutionierend gewirkt, so mag es<lb/> neuie die gegenieilwe Wirkung baben. Es bat in Rudolf Lelnncmn den berufenen<lb/> Sachwalter ' gefunden, um Miss neue in die Welt eingeführt zu werden. Der<lb/> Text ist in der Hauptsache der gleiche wie in der zwvrten Auflage, er wurde nur<lb/> durch 'Zusätze und Veränderungen, die Paulsen selbst in seinem Handexemplare<lb/> vermerkt hatte, ergänzt, auch wurden das Inhaltsverzeichnis und Register um¬<lb/> gestaltet und erweitert. Paulsen hatte die Absicht gehabt, bei einer Neuauslage<lb/> die jüngste Entwicklung um die zwanzigste Jahrhundertwende in einem Anhang<lb/> neu zu 'behandeln, doch nahm ihm der Tod die Feder aus der Hand. Statt seiner<lb/> hat Rudolf Lehmann dieses Schlußkapitel geschrieben, das bis gegen das Ende des<lb/> ersten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts führt. Der zweite Band liegt jedoch noch nicht</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0103]
Neue Bücher
Zuversicht trübt, daß auch Mitteleuropa und seine Politik sich auf der großen
Weltbühne in Ehren durchsetzen werde. Auf eine Behandlung des Stoffes/ deren
Schwergewicht nicht in der Darstellung, sondern im Urteil und in der Zielsetzung
läge, könnte allerdings der Sturz der Ereignisse, die wir in den letzten Monaten
über uns haben ergehen lassen müssen, unter Umständen völlig umstürzend und
entwertend einwirken. Vor dieser Gefahr hat sich der Verfasser gefeit, indem er
sich als reiner Forscher an den Laus der Ereignisse hingab. Es fehlt seinem
Werke dadurch vielleicht eine gewisse Wärme und eine letzte Tiefe, wir können es
aber nur begrüßen, daß dies wertvolle Stück zeitgeschichtlicher Forschung dadurch
verhältnismäßig unbeschädigt diese Zeit des Zusammenbruchs übersteht.
Dr. M. H. Lochm
Friedrich Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts auf den deutschen Schulen
und Universitäten vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gogenwart. Mit be¬
sonderer Rücksicht auf den klassischen Unterricht. Dritte erweiterte Anfluge,
herausgegeben und in einem Anhang sortgesetzt von Rudolf Lehmann.
Erster Band. Verlag von Weit u. Eomp. Leipzig 1919. Preis geh. 18 M.,
geb. 22 M. und 25 Prozent Teuerungszuschlag.
„Was hat der Mensch vom Leben, als daß er froh sei bei seiner Arbeit?"
so schrieb Friedrich Paulsen 1L95, als er die zweite Auflage seiner groß angeleg.
ton Geschichte des gelehrten Unterrichts seinem Freunde Friedrich Reuter aufs
neue widmete. Werden wir froh sein können bei unserer Arbeit? so fragen jetzt
vor allen Männer und Frauen, denen die Bildungsanstalten Heimstätten ihres
Wirkens sind. Friedrich Paulsen war gewiß kein Reaktionär, ist er es doch ge¬
wesen, der die Monopolstellung des Gymnasiums gebrochen hat. Schon vor
34 Jahren, als die Geschichte des gelehrten Unterrichts zum erstenmal erschien,
erlaubte Paulsen die geschichtlichen Tatsachen dahin deuten zu können, „daß der
gelehrte Unterricht bei den modernen Völkern sich immer mehr einen: Zustand an¬
nähern wird, in welchem er aus den Mitteln der eigenen Erkenntnis und Bil¬
dung dieser Völker bestritten werden wird." Ans Kosten der alten Sprachen
würde das Nationale und Moderne sich stärker durchsetzen. Auch das Wachstum
des Staates auf Kosten der Kirche und der Gemeinde hat er gesehen. Als einen
Vorzug des Unterrichtswesens in Deutschland von der Universität bis zur Volks¬
schule pries er a"er. naß es sich in beständiger Wechselwirkung mit allen lebendigen
Kräften des Volkslebens, nicht zuletzt mit der Kirche, entwickelt habe und er
glaubte in seiner mannigfaltigen und individuellen Gestaltung ein Widerspie-l des
Reichtums des deutschen Volkslebens in der Vielheit seiner Glieder zu erkennen.
Da es zu seiner hohen Blüte, wie es Paniscus Forschungen dartaten, in fort¬
laufender Entwicklung ohne gewaltsamen Bruch gedeihen war, drängte sich ihm
der Wunsch auf die Lippen, daß auch in den kommenden Jahrhunderten den deut¬
schen Universitäten und Schulen die Mannigfaltigkeit und Beweglichkeit erhalten
bleiben möge. Der deutschen Revolution war es vorbehalten, den gewaltsamen
Nruch auch in unserem Schulwesen zu vollziehen und die Mannigfaltigkeit zu
bedrohen. Die Ehrfurcht vor der Vergangenheit, von der Paulsen erfüllt war, hat
sie als überflüssigen Ballast beiseite geschoben. Wie ein Mahnruf zur Besinnung
wirkt daher in diesem Augenblick die Neuauflage des prächtigen historischen
Werkes Friedrich Paniscus. Hatte es einst revolutionierend gewirkt, so mag es
neuie die gegenieilwe Wirkung baben. Es bat in Rudolf Lelnncmn den berufenen
Sachwalter ' gefunden, um Miss neue in die Welt eingeführt zu werden. Der
Text ist in der Hauptsache der gleiche wie in der zwvrten Auflage, er wurde nur
durch 'Zusätze und Veränderungen, die Paulsen selbst in seinem Handexemplare
vermerkt hatte, ergänzt, auch wurden das Inhaltsverzeichnis und Register um¬
gestaltet und erweitert. Paulsen hatte die Absicht gehabt, bei einer Neuauslage
die jüngste Entwicklung um die zwanzigste Jahrhundertwende in einem Anhang
neu zu 'behandeln, doch nahm ihm der Tod die Feder aus der Hand. Statt seiner
hat Rudolf Lehmann dieses Schlußkapitel geschrieben, das bis gegen das Ende des
ersten Jahrzehnts dieses Jahrhunderts führt. Der zweite Band liegt jedoch noch nicht
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