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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

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nicht möglich. Mit diesem Vermögen werden die Pfarrer zum größten Teil be¬
soldet, werden die Kirchen gebaut und erhalten und alle anderen kirchlichen Be¬
dürfnisse nach Möglichkeit bezahlt. Allerdings ist meines Wissens eine Statistik
des kirchlichen Gesamtvermögens an Ländereien, Kapitalien und Berechtigungen
noch nicht erschienen; unmöglich würde sie nicht sein, und irgend ein Interesse an
einer Verheimlichung besteht nicht. Im Gegenteil würde sich zeigen, daß die
evangelische Kirche keine "reiche" Kirche ist. Sonst würde sie wahrhaftig nicht zu
dem Mittel der Kirchensteuern gr'eifen und nicht auf einen Beitrag des Staates
angewiesen sein. Die Kirchensteuern sind aber notwendig; über 7i/> Prozent der
Kirchensteuern jeder Gemeinde werden in die Allgemeine Kasse der Landeskirche
abgeliefert, damit die leistungsschwachen Gemeinden eine Beihilfe zu ihren kirch¬
lichen Bedürfnissen bekommen, über diese Kirchensteuer wird in jeder Synode
genaue Auskunft gegeben, nur im dringendsten Fall entschließt man sich zur Er¬
höhung von Kirchensteuern. -- Die Staatsbeihilse beträgt also nur einen, aber
bis jetzt notwendigen Teil zu den allgemeinen kirchlichen Kosten. Im Etat des
preußischen Kultusministeriums vom Jahre 1914 betrug die Gesamtausgabe:
281,1 Millionen; davon sielen allein auf die Volksschulen'180,89 Millionen, auf
die Universitäten 18,3 Millionen, auf die höheren Lehranstalten 22,75 Millionen,
auf die evangelische Landeskirche 25,5 Millionen, aus die katholische Kirche
9,5 Millionen; nimmt man dazu noch einen Teil der Beträge für Kultus und
Unterricht gemeinsam, der im ganzen sich auf 5,4 Millionen Mark beläuft, für die
evangelische Kirche hinzu, so war der Staatsbeitrag für die Landeskirche ungefähr
26 Millionen. In dieser Höhe steht er-erst seit dem Jahre 1908. Damals wurde er
um 11 Millionen Mark erhöht, um die Gehälter der evangelischen Pfarrer nur
annähernd in Einklang mit den sonstigen Gehaltserhöhungen der Beamten zu
bringen. Bis dahin betrug der Staatsbeitrag rund 14^2 Millionen Mark. Nur
durch diesen Staatsbeitrag ist es bisher möglich gewesen, das Durchschnittsgehalt
eines preußischen Pfarrers nach 24 Dienstjahren auf den Höchstbetrag von
K000 Mark zu bringen. Bis zum Jahre 1908 waren es 4300 Mark; und vorher
noch viel weniger. Der Lebensunterhalt eines Pfarrers ist im ganzen auch heute
noch sehr bescheiden. Dieser Betrag des Staates war nicht bloß in der An¬
schauung begründet, daß die Pflege der Religion eine Pflicht des "Kulturstaates"
sei, -- sondern folgte auch aus der Überzeugung, daß der Staat bei der Säkulari¬
sierung vieler Kirchengüter im Jahre 1810 die feierliche Verpflichtung über¬
nommen hat, für ausreichende kirchliche Pflege seinerseits zu sorgen. Mag man
auch über die Tragweite des § 4 des maßgebenden Ediktes des Königs von
Preußen vom 30. Oktober 1810 verschieden urteilen können, -- zweifellos dürfte
sein, daß die heutige Leistung des Staates noch keine erschöpfende Erfüllung der
damals übernommenen Verpflichtungen bedeutet. Von einer unbegründeten,
gänzlich freiwilligen Gabe des Staates an die Kirche kann für Sachverständige
Leine Rede sein. Es ist allerdings zu bedauern, daß die evangelische Kirche es
längst nicht so gut wie die katholische Kirche verstanden hat, ihre Ansprüche an
den Staat genau zu fixieren und durchzusetzen. Man darf auch darauf hin¬
weisen, daß der Beitrag des Staates an die Kirche um das vier- bis fünffache
von dem übertroffen wird,' was die Kirche an Kosten dem Staat abnimmt dnrch
die von ihr begründeten und erhaltenen Anstalten der Barmherzigkeit und sozia¬
len Hilfsbereitschaft. Die Kirche übt diese Nächstenliebe von Herzen gern und
würde sich kaum dvzn entschließen, sich notgedrungen auf die eigentliche religiöse
Seelenpflege zu beschränken, aber sie erwartet vom Staat ein gerechtes Verständ¬
nis und eine Anerkennung der Gegenseitigkeit der Leistungen. -- Würde die
Kirche auf ihr Vermögen und ihre Kirchensteuern allein angewiesen sein, so
könnte der Staat noch 'so weit gehen, wie er es in der feindseligen Trennung in
Frankreich getan hat; er könnte Kirchengut konfiszieren und die Kirchensteuer un¬
möglich machen, so daß die Kirche verarmte und lediglich auf private Barmherzig¬
keit angewiesen wäre. Doch ist von der jetzigen Regierung eine so brutale Knebe¬
lung der Kirche labgelehnt. Das Recht der Besteuerung der Kirchengemeinde
wird also Wohl bleiben. Trotzdem ist damit zu rechnen, daß infolge einer erneu-


nicht möglich. Mit diesem Vermögen werden die Pfarrer zum größten Teil be¬
soldet, werden die Kirchen gebaut und erhalten und alle anderen kirchlichen Be¬
dürfnisse nach Möglichkeit bezahlt. Allerdings ist meines Wissens eine Statistik
des kirchlichen Gesamtvermögens an Ländereien, Kapitalien und Berechtigungen
noch nicht erschienen; unmöglich würde sie nicht sein, und irgend ein Interesse an
einer Verheimlichung besteht nicht. Im Gegenteil würde sich zeigen, daß die
evangelische Kirche keine „reiche" Kirche ist. Sonst würde sie wahrhaftig nicht zu
dem Mittel der Kirchensteuern gr'eifen und nicht auf einen Beitrag des Staates
angewiesen sein. Die Kirchensteuern sind aber notwendig; über 7i/> Prozent der
Kirchensteuern jeder Gemeinde werden in die Allgemeine Kasse der Landeskirche
abgeliefert, damit die leistungsschwachen Gemeinden eine Beihilfe zu ihren kirch¬
lichen Bedürfnissen bekommen, über diese Kirchensteuer wird in jeder Synode
genaue Auskunft gegeben, nur im dringendsten Fall entschließt man sich zur Er¬
höhung von Kirchensteuern. — Die Staatsbeihilse beträgt also nur einen, aber
bis jetzt notwendigen Teil zu den allgemeinen kirchlichen Kosten. Im Etat des
preußischen Kultusministeriums vom Jahre 1914 betrug die Gesamtausgabe:
281,1 Millionen; davon sielen allein auf die Volksschulen'180,89 Millionen, auf
die Universitäten 18,3 Millionen, auf die höheren Lehranstalten 22,75 Millionen,
auf die evangelische Landeskirche 25,5 Millionen, aus die katholische Kirche
9,5 Millionen; nimmt man dazu noch einen Teil der Beträge für Kultus und
Unterricht gemeinsam, der im ganzen sich auf 5,4 Millionen Mark beläuft, für die
evangelische Kirche hinzu, so war der Staatsbeitrag für die Landeskirche ungefähr
26 Millionen. In dieser Höhe steht er-erst seit dem Jahre 1908. Damals wurde er
um 11 Millionen Mark erhöht, um die Gehälter der evangelischen Pfarrer nur
annähernd in Einklang mit den sonstigen Gehaltserhöhungen der Beamten zu
bringen. Bis dahin betrug der Staatsbeitrag rund 14^2 Millionen Mark. Nur
durch diesen Staatsbeitrag ist es bisher möglich gewesen, das Durchschnittsgehalt
eines preußischen Pfarrers nach 24 Dienstjahren auf den Höchstbetrag von
K000 Mark zu bringen. Bis zum Jahre 1908 waren es 4300 Mark; und vorher
noch viel weniger. Der Lebensunterhalt eines Pfarrers ist im ganzen auch heute
noch sehr bescheiden. Dieser Betrag des Staates war nicht bloß in der An¬
schauung begründet, daß die Pflege der Religion eine Pflicht des „Kulturstaates"
sei, — sondern folgte auch aus der Überzeugung, daß der Staat bei der Säkulari¬
sierung vieler Kirchengüter im Jahre 1810 die feierliche Verpflichtung über¬
nommen hat, für ausreichende kirchliche Pflege seinerseits zu sorgen. Mag man
auch über die Tragweite des § 4 des maßgebenden Ediktes des Königs von
Preußen vom 30. Oktober 1810 verschieden urteilen können, — zweifellos dürfte
sein, daß die heutige Leistung des Staates noch keine erschöpfende Erfüllung der
damals übernommenen Verpflichtungen bedeutet. Von einer unbegründeten,
gänzlich freiwilligen Gabe des Staates an die Kirche kann für Sachverständige
Leine Rede sein. Es ist allerdings zu bedauern, daß die evangelische Kirche es
längst nicht so gut wie die katholische Kirche verstanden hat, ihre Ansprüche an
den Staat genau zu fixieren und durchzusetzen. Man darf auch darauf hin¬
weisen, daß der Beitrag des Staates an die Kirche um das vier- bis fünffache
von dem übertroffen wird,' was die Kirche an Kosten dem Staat abnimmt dnrch
die von ihr begründeten und erhaltenen Anstalten der Barmherzigkeit und sozia¬
len Hilfsbereitschaft. Die Kirche übt diese Nächstenliebe von Herzen gern und
würde sich kaum dvzn entschließen, sich notgedrungen auf die eigentliche religiöse
Seelenpflege zu beschränken, aber sie erwartet vom Staat ein gerechtes Verständ¬
nis und eine Anerkennung der Gegenseitigkeit der Leistungen. — Würde die
Kirche auf ihr Vermögen und ihre Kirchensteuern allein angewiesen sein, so
könnte der Staat noch 'so weit gehen, wie er es in der feindseligen Trennung in
Frankreich getan hat; er könnte Kirchengut konfiszieren und die Kirchensteuer un¬
möglich machen, so daß die Kirche verarmte und lediglich auf private Barmherzig¬
keit angewiesen wäre. Doch ist von der jetzigen Regierung eine so brutale Knebe¬
lung der Kirche labgelehnt. Das Recht der Besteuerung der Kirchengemeinde
wird also Wohl bleiben. Trotzdem ist damit zu rechnen, daß infolge einer erneu-


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[0325] nicht möglich. Mit diesem Vermögen werden die Pfarrer zum größten Teil be¬ soldet, werden die Kirchen gebaut und erhalten und alle anderen kirchlichen Be¬ dürfnisse nach Möglichkeit bezahlt. Allerdings ist meines Wissens eine Statistik des kirchlichen Gesamtvermögens an Ländereien, Kapitalien und Berechtigungen noch nicht erschienen; unmöglich würde sie nicht sein, und irgend ein Interesse an einer Verheimlichung besteht nicht. Im Gegenteil würde sich zeigen, daß die evangelische Kirche keine „reiche" Kirche ist. Sonst würde sie wahrhaftig nicht zu dem Mittel der Kirchensteuern gr'eifen und nicht auf einen Beitrag des Staates angewiesen sein. Die Kirchensteuern sind aber notwendig; über 7i/> Prozent der Kirchensteuern jeder Gemeinde werden in die Allgemeine Kasse der Landeskirche abgeliefert, damit die leistungsschwachen Gemeinden eine Beihilfe zu ihren kirch¬ lichen Bedürfnissen bekommen, über diese Kirchensteuer wird in jeder Synode genaue Auskunft gegeben, nur im dringendsten Fall entschließt man sich zur Er¬ höhung von Kirchensteuern. — Die Staatsbeihilse beträgt also nur einen, aber bis jetzt notwendigen Teil zu den allgemeinen kirchlichen Kosten. Im Etat des preußischen Kultusministeriums vom Jahre 1914 betrug die Gesamtausgabe: 281,1 Millionen; davon sielen allein auf die Volksschulen'180,89 Millionen, auf die Universitäten 18,3 Millionen, auf die höheren Lehranstalten 22,75 Millionen, auf die evangelische Landeskirche 25,5 Millionen, aus die katholische Kirche 9,5 Millionen; nimmt man dazu noch einen Teil der Beträge für Kultus und Unterricht gemeinsam, der im ganzen sich auf 5,4 Millionen Mark beläuft, für die evangelische Kirche hinzu, so war der Staatsbeitrag für die Landeskirche ungefähr 26 Millionen. In dieser Höhe steht er-erst seit dem Jahre 1908. Damals wurde er um 11 Millionen Mark erhöht, um die Gehälter der evangelischen Pfarrer nur annähernd in Einklang mit den sonstigen Gehaltserhöhungen der Beamten zu bringen. Bis dahin betrug der Staatsbeitrag rund 14^2 Millionen Mark. Nur durch diesen Staatsbeitrag ist es bisher möglich gewesen, das Durchschnittsgehalt eines preußischen Pfarrers nach 24 Dienstjahren auf den Höchstbetrag von K000 Mark zu bringen. Bis zum Jahre 1908 waren es 4300 Mark; und vorher noch viel weniger. Der Lebensunterhalt eines Pfarrers ist im ganzen auch heute noch sehr bescheiden. Dieser Betrag des Staates war nicht bloß in der An¬ schauung begründet, daß die Pflege der Religion eine Pflicht des „Kulturstaates" sei, — sondern folgte auch aus der Überzeugung, daß der Staat bei der Säkulari¬ sierung vieler Kirchengüter im Jahre 1810 die feierliche Verpflichtung über¬ nommen hat, für ausreichende kirchliche Pflege seinerseits zu sorgen. Mag man auch über die Tragweite des § 4 des maßgebenden Ediktes des Königs von Preußen vom 30. Oktober 1810 verschieden urteilen können, — zweifellos dürfte sein, daß die heutige Leistung des Staates noch keine erschöpfende Erfüllung der damals übernommenen Verpflichtungen bedeutet. Von einer unbegründeten, gänzlich freiwilligen Gabe des Staates an die Kirche kann für Sachverständige Leine Rede sein. Es ist allerdings zu bedauern, daß die evangelische Kirche es längst nicht so gut wie die katholische Kirche verstanden hat, ihre Ansprüche an den Staat genau zu fixieren und durchzusetzen. Man darf auch darauf hin¬ weisen, daß der Beitrag des Staates an die Kirche um das vier- bis fünffache von dem übertroffen wird,' was die Kirche an Kosten dem Staat abnimmt dnrch die von ihr begründeten und erhaltenen Anstalten der Barmherzigkeit und sozia¬ len Hilfsbereitschaft. Die Kirche übt diese Nächstenliebe von Herzen gern und würde sich kaum dvzn entschließen, sich notgedrungen auf die eigentliche religiöse Seelenpflege zu beschränken, aber sie erwartet vom Staat ein gerechtes Verständ¬ nis und eine Anerkennung der Gegenseitigkeit der Leistungen. — Würde die Kirche auf ihr Vermögen und ihre Kirchensteuern allein angewiesen sein, so könnte der Staat noch 'so weit gehen, wie er es in der feindseligen Trennung in Frankreich getan hat; er könnte Kirchengut konfiszieren und die Kirchensteuer un¬ möglich machen, so daß die Kirche verarmte und lediglich auf private Barmherzig¬ keit angewiesen wäre. Doch ist von der jetzigen Regierung eine so brutale Knebe¬ lung der Kirche labgelehnt. Das Recht der Besteuerung der Kirchengemeinde wird also Wohl bleiben. Trotzdem ist damit zu rechnen, daß infolge einer erneu-

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/325>, abgerufen am 25.08.2024.