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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

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Der 8-Stundentcig -- ein nationales Unglück

abhängig von technischen Erfindungen und neuen Methoden der Arbeitsweise
(Aroeüsteilung usw.). Auch liest man nichts davon, dasz diejenigen, die den Acht"
stundentag als die größte Ermngenschast der Revolution preisen, gleichzeitig sich
um die Erhöhung der Leistungsfähigkeit unserer Produktion Gedanken machen
und nach einer Lösung des Problems der Arbeitskonzentration suchen.

Es hat den Anschein, als ob ihr Kampf lediglich der Schädigung des Kapi¬
tals gilt, und sie vergessen ganz dabei, daß sie den am allermeisten schädigen,
dem ihre Fürsorge gilt oder in dessen Interesse sie zu handeln glauben, nämlich
den Arbeuerl Denn die Früge des Achtstundentages und der Arbeitslöhne ist nicht
nur eine Frage, die zwischen Kapitalisten und Arbeitern auszufechten ist, sondern
eine Frage der Lebensfähigkeit der ganzen Nation. In der Praxis prägt sich
die Folge des Achtstundentages heute'so aus: Nehmen wir das Beispiel- einer
mittleren Fabrik, die mit einem Kapital von einer Million Mark arbeitet, dabei
600 Arbeiter beschäftigt und diesen im Jahre 1.4 Millionen Mark Arbeitslöhne
zahlte. Die Fabrik hat als Aktiengesellschaft in den letzten Jahren 25> Prozent Dipl°
derbe verteilt. Das Beispiel beruht also aus durchschnittlichen Kncgsverhältnissen
-- obwohl mancher Unternehmer anders darüber denken wird. Unter den neuen
Verhältnissen wird die Fabrik nicht dieselben Einnahmen haben wie früher, sondern
nur V- der Waren liefern können. Die Unkosten werden auch dadurch erhöht,
das; das Betriebsinaterial des Unternehmens nicht in gleicher Weise ausgenutzt
werden kann, dafür hat sie aber für diese geringere Proouküon, gesetzt den Fall,
dasz keine Steigerung des Durchschnittslohnes erfolgt, 280000 Mark Löhne mehr
an ihre Arbeiter zu zahlen. Sie wird also schon der Arbeitslöhne wegen mit
Unterbilanz arbeiten und bald Reserven und Betriebskapital aufgezehrt haben.
Der Zusammenbruch dieser Betriebe läßt sich mathematisch errechnen.

Wären wir nun ein geschlossener Wirtschaftsstnat, d. h. könnten wir uus
mit allem, was wir benötigen, selbst versorgen, und wären nicht im Nohstoff-
und Leben-mittelbezug vom Auslande abhängig und müßten wir diese bezogenen
Güter nicht mit Arbeit, d. h, mit Waren vergüten, so würde dieses Experiment,
so gefährlich es auch ist, doch nicht diese grundeinschneidende Bedeutung haben,
die es unter den obwaltenden Umständen hat, wo jedermann im Volke weiß, daß
wir, um leben zu können, auf den Export von Gütern angewiesen sind.

Die Preise, die wir sür unsere Produkte erhalten, werden nicht durch die
innere Marktlage, sondern durch die allgemeine Weltmarklslage bestimmt. Wir
können daher nicht die Preise nach unserem Belieben, sondern nur nach der inter¬
nationalen Konkurrenz einrichten. Wird diese nun in Zukunft auch so teuer
arbeiten wie wir, sodaß wir konknrrenzsähig bleiben, oder wird sie uns in den
Preisen unterbieten? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, denn wir wissen
noch nicht, wie sich die Produktionsverhältnisse in den Ländern, die unsere
Konkurrenten auf dem Weltmarkte darstellen, nach dem Kriege gestalten werden.
Sicher ist aber jedem, der die Verhältnisse nüchtern beurteilt, und der sich nicht
mit schönen Redensarten begnügt -- weil sie zeitgemäß sind -- daß ein ungeheurer
Konkurrenzkampf einsetzen wird. Dieser wird sür uns um so schwerer sein, weil
wir im Vergleich zur Zeit vor dem Kriege im Rohstoffbezuge behindert und benach¬
teiligt sind. Unsere Feinde werden uns auch nach dem Kriege so viel als möglich
zu schädigen versuchen, das heißt doch mit anderen Worten, daß wir, um konkurrenz¬
fähig zu bleiben, lediglich mit unserer Arbeitsmenge und mit der Qualität unserer
Arbeit konkurrieren können. Wenn niam ein Optimist ist, so wird man beim Nach-,
denken über diese Frugen zu dem Schlüsse kommen, daß jede Verringerung unserer
Arbeitsleistung eine Gefahr für unser nationales Lebeir bedeutet; und wenn
man mit weniger Hoffnung in die Zukunft sieht, so steht die Katastrophe schon
an der Wand geschrieben. Diese heißt Arbeitslosigkeit.

Wenn auch nicht auf allen Gebieten, so steht es doch sest, daß wir auf
vielen Gebieten infolge der Arbeitsverringerung konkurrenzunfähig werden, weil
wir einfach die internationalen Preise nicht halten und unterbieten können, sind
wir doch schon sowieso etwa um einunddreiviertel Millionen der leistungsfähigsten


Der 8-Stundentcig — ein nationales Unglück

abhängig von technischen Erfindungen und neuen Methoden der Arbeitsweise
(Aroeüsteilung usw.). Auch liest man nichts davon, dasz diejenigen, die den Acht»
stundentag als die größte Ermngenschast der Revolution preisen, gleichzeitig sich
um die Erhöhung der Leistungsfähigkeit unserer Produktion Gedanken machen
und nach einer Lösung des Problems der Arbeitskonzentration suchen.

Es hat den Anschein, als ob ihr Kampf lediglich der Schädigung des Kapi¬
tals gilt, und sie vergessen ganz dabei, daß sie den am allermeisten schädigen,
dem ihre Fürsorge gilt oder in dessen Interesse sie zu handeln glauben, nämlich
den Arbeuerl Denn die Früge des Achtstundentages und der Arbeitslöhne ist nicht
nur eine Frage, die zwischen Kapitalisten und Arbeitern auszufechten ist, sondern
eine Frage der Lebensfähigkeit der ganzen Nation. In der Praxis prägt sich
die Folge des Achtstundentages heute'so aus: Nehmen wir das Beispiel- einer
mittleren Fabrik, die mit einem Kapital von einer Million Mark arbeitet, dabei
600 Arbeiter beschäftigt und diesen im Jahre 1.4 Millionen Mark Arbeitslöhne
zahlte. Die Fabrik hat als Aktiengesellschaft in den letzten Jahren 25> Prozent Dipl°
derbe verteilt. Das Beispiel beruht also aus durchschnittlichen Kncgsverhältnissen
— obwohl mancher Unternehmer anders darüber denken wird. Unter den neuen
Verhältnissen wird die Fabrik nicht dieselben Einnahmen haben wie früher, sondern
nur V- der Waren liefern können. Die Unkosten werden auch dadurch erhöht,
das; das Betriebsinaterial des Unternehmens nicht in gleicher Weise ausgenutzt
werden kann, dafür hat sie aber für diese geringere Proouküon, gesetzt den Fall,
dasz keine Steigerung des Durchschnittslohnes erfolgt, 280000 Mark Löhne mehr
an ihre Arbeiter zu zahlen. Sie wird also schon der Arbeitslöhne wegen mit
Unterbilanz arbeiten und bald Reserven und Betriebskapital aufgezehrt haben.
Der Zusammenbruch dieser Betriebe läßt sich mathematisch errechnen.

Wären wir nun ein geschlossener Wirtschaftsstnat, d. h. könnten wir uus
mit allem, was wir benötigen, selbst versorgen, und wären nicht im Nohstoff-
und Leben-mittelbezug vom Auslande abhängig und müßten wir diese bezogenen
Güter nicht mit Arbeit, d. h, mit Waren vergüten, so würde dieses Experiment,
so gefährlich es auch ist, doch nicht diese grundeinschneidende Bedeutung haben,
die es unter den obwaltenden Umständen hat, wo jedermann im Volke weiß, daß
wir, um leben zu können, auf den Export von Gütern angewiesen sind.

Die Preise, die wir sür unsere Produkte erhalten, werden nicht durch die
innere Marktlage, sondern durch die allgemeine Weltmarklslage bestimmt. Wir
können daher nicht die Preise nach unserem Belieben, sondern nur nach der inter¬
nationalen Konkurrenz einrichten. Wird diese nun in Zukunft auch so teuer
arbeiten wie wir, sodaß wir konknrrenzsähig bleiben, oder wird sie uns in den
Preisen unterbieten? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, denn wir wissen
noch nicht, wie sich die Produktionsverhältnisse in den Ländern, die unsere
Konkurrenten auf dem Weltmarkte darstellen, nach dem Kriege gestalten werden.
Sicher ist aber jedem, der die Verhältnisse nüchtern beurteilt, und der sich nicht
mit schönen Redensarten begnügt — weil sie zeitgemäß sind — daß ein ungeheurer
Konkurrenzkampf einsetzen wird. Dieser wird sür uns um so schwerer sein, weil
wir im Vergleich zur Zeit vor dem Kriege im Rohstoffbezuge behindert und benach¬
teiligt sind. Unsere Feinde werden uns auch nach dem Kriege so viel als möglich
zu schädigen versuchen, das heißt doch mit anderen Worten, daß wir, um konkurrenz¬
fähig zu bleiben, lediglich mit unserer Arbeitsmenge und mit der Qualität unserer
Arbeit konkurrieren können. Wenn niam ein Optimist ist, so wird man beim Nach-,
denken über diese Frugen zu dem Schlüsse kommen, daß jede Verringerung unserer
Arbeitsleistung eine Gefahr für unser nationales Lebeir bedeutet; und wenn
man mit weniger Hoffnung in die Zukunft sieht, so steht die Katastrophe schon
an der Wand geschrieben. Diese heißt Arbeitslosigkeit.

Wenn auch nicht auf allen Gebieten, so steht es doch sest, daß wir auf
vielen Gebieten infolge der Arbeitsverringerung konkurrenzunfähig werden, weil
wir einfach die internationalen Preise nicht halten und unterbieten können, sind
wir doch schon sowieso etwa um einunddreiviertel Millionen der leistungsfähigsten


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[0319] Der 8-Stundentcig — ein nationales Unglück abhängig von technischen Erfindungen und neuen Methoden der Arbeitsweise (Aroeüsteilung usw.). Auch liest man nichts davon, dasz diejenigen, die den Acht» stundentag als die größte Ermngenschast der Revolution preisen, gleichzeitig sich um die Erhöhung der Leistungsfähigkeit unserer Produktion Gedanken machen und nach einer Lösung des Problems der Arbeitskonzentration suchen. Es hat den Anschein, als ob ihr Kampf lediglich der Schädigung des Kapi¬ tals gilt, und sie vergessen ganz dabei, daß sie den am allermeisten schädigen, dem ihre Fürsorge gilt oder in dessen Interesse sie zu handeln glauben, nämlich den Arbeuerl Denn die Früge des Achtstundentages und der Arbeitslöhne ist nicht nur eine Frage, die zwischen Kapitalisten und Arbeitern auszufechten ist, sondern eine Frage der Lebensfähigkeit der ganzen Nation. In der Praxis prägt sich die Folge des Achtstundentages heute'so aus: Nehmen wir das Beispiel- einer mittleren Fabrik, die mit einem Kapital von einer Million Mark arbeitet, dabei 600 Arbeiter beschäftigt und diesen im Jahre 1.4 Millionen Mark Arbeitslöhne zahlte. Die Fabrik hat als Aktiengesellschaft in den letzten Jahren 25> Prozent Dipl° derbe verteilt. Das Beispiel beruht also aus durchschnittlichen Kncgsverhältnissen — obwohl mancher Unternehmer anders darüber denken wird. Unter den neuen Verhältnissen wird die Fabrik nicht dieselben Einnahmen haben wie früher, sondern nur V- der Waren liefern können. Die Unkosten werden auch dadurch erhöht, das; das Betriebsinaterial des Unternehmens nicht in gleicher Weise ausgenutzt werden kann, dafür hat sie aber für diese geringere Proouküon, gesetzt den Fall, dasz keine Steigerung des Durchschnittslohnes erfolgt, 280000 Mark Löhne mehr an ihre Arbeiter zu zahlen. Sie wird also schon der Arbeitslöhne wegen mit Unterbilanz arbeiten und bald Reserven und Betriebskapital aufgezehrt haben. Der Zusammenbruch dieser Betriebe läßt sich mathematisch errechnen. Wären wir nun ein geschlossener Wirtschaftsstnat, d. h. könnten wir uus mit allem, was wir benötigen, selbst versorgen, und wären nicht im Nohstoff- und Leben-mittelbezug vom Auslande abhängig und müßten wir diese bezogenen Güter nicht mit Arbeit, d. h, mit Waren vergüten, so würde dieses Experiment, so gefährlich es auch ist, doch nicht diese grundeinschneidende Bedeutung haben, die es unter den obwaltenden Umständen hat, wo jedermann im Volke weiß, daß wir, um leben zu können, auf den Export von Gütern angewiesen sind. Die Preise, die wir sür unsere Produkte erhalten, werden nicht durch die innere Marktlage, sondern durch die allgemeine Weltmarklslage bestimmt. Wir können daher nicht die Preise nach unserem Belieben, sondern nur nach der inter¬ nationalen Konkurrenz einrichten. Wird diese nun in Zukunft auch so teuer arbeiten wie wir, sodaß wir konknrrenzsähig bleiben, oder wird sie uns in den Preisen unterbieten? Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, denn wir wissen noch nicht, wie sich die Produktionsverhältnisse in den Ländern, die unsere Konkurrenten auf dem Weltmarkte darstellen, nach dem Kriege gestalten werden. Sicher ist aber jedem, der die Verhältnisse nüchtern beurteilt, und der sich nicht mit schönen Redensarten begnügt — weil sie zeitgemäß sind — daß ein ungeheurer Konkurrenzkampf einsetzen wird. Dieser wird sür uns um so schwerer sein, weil wir im Vergleich zur Zeit vor dem Kriege im Rohstoffbezuge behindert und benach¬ teiligt sind. Unsere Feinde werden uns auch nach dem Kriege so viel als möglich zu schädigen versuchen, das heißt doch mit anderen Worten, daß wir, um konkurrenz¬ fähig zu bleiben, lediglich mit unserer Arbeitsmenge und mit der Qualität unserer Arbeit konkurrieren können. Wenn niam ein Optimist ist, so wird man beim Nach-, denken über diese Frugen zu dem Schlüsse kommen, daß jede Verringerung unserer Arbeitsleistung eine Gefahr für unser nationales Lebeir bedeutet; und wenn man mit weniger Hoffnung in die Zukunft sieht, so steht die Katastrophe schon an der Wand geschrieben. Diese heißt Arbeitslosigkeit. Wenn auch nicht auf allen Gebieten, so steht es doch sest, daß wir auf vielen Gebieten infolge der Arbeitsverringerung konkurrenzunfähig werden, weil wir einfach die internationalen Preise nicht halten und unterbieten können, sind wir doch schon sowieso etwa um einunddreiviertel Millionen der leistungsfähigsten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/319>, abgerufen am 22.07.2024.