Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
. Auf neuen Wegen

einzelne Zimmer ist wiederum in seinen Ausmaßen hierdurch bestimmt, denn ob
größer oder kleiner, immer muß eine bestimmte Anzahl Matten untergebracht
werden können. Auf diese Weise ist letzten Endes das ganze Haus in seinen
Ausmaßen festgelegt, denn auch für Balken, verschiebbare Trennwände, Fenster¬
rahmen ergeben sich so Einheltsabmessungen. Man > kann sagen, daß das
japanische Haus wie aus einer Spielzeugschachtel aus denselben Elementen auf¬
gebaut ist, je nach der Größe sind mehr oder weniger der Bausteine verwendet.
Auf joden Fall hat es der Architekt im Entwurf, der Zimmermann in der
Zurichtung der Hölzer und der Bauhandwerker im Ausbau sehr einfach. Derselbe
Teil und derselbe Handgriff wiederholen sich bei.jedem Neubau immer wieder.

Es ist hier also die Schematisierung bis zum äußersten getrieben, und doch
wird man in einer japanischen Stadt nicht den Eindruck der Gleichheit der
Häuser haben. Es gibt trotzdem noch soviel Möglichkeiten der Abänderung und
Ausstattung, daß kein Haus dem anderen genau gleicht. Also die Furcht, die
Vereinheitlichung könne bald zuweit getrieben werden, ist nicht begründet.

Vollkommen ungelöst sind die Probleme der Lagerung, Bewegung und
Verteilung der Nahrungsmittel. Da wir bisher nicht in'Gedanken für das Volks,
ganze zu denken gewohnt waren, so war es jedem einzelnen überlassen, wie er
Kohl, Kartoffeln, Rüben, Getreide usw. durch den Winter hindurch lagern und
verwerten wollte. Ganz neue Woge müssen hier beschritten werden. Durch das
Verderben der eingemieteten Kartoffeln gehen jedes Jahr an 200 Millionen Mark
verloren, ganz abgesehen davon, daß beinahe 29 Millionen Menschen von dieser
Menge den Jahresbedarf an Kartoffeln decken könnten. Vermeidet man also
diesen Verlust durch Verfaulen, so kann von derselben Flächeneinheit, welche jetzt
für den Kartoffelanbau zur Verfügung steht, eine viel größere Menschenmenge
ernährt werden. Der Geldverlust ist bisher verschmerzt worden. Aber den
Gewinn an Boden zu anderer Nutzung können wir in Zukunft nicht missen. Die
schon vor dem Kriege begonnene Anlage von Trocknungsanstalten muß über das
ganze Land ausgebant werden. Noch etwas kommt hinzu. Beim Trocknen der
Kartoffeln entfernt man das Wasser, welches nichts nützt, und unerwünschter
Ballast ist. Gelingt es nun, nur die Hälfte unserer Kartoffelernte als getrocknete
Flocken zu verwenden, so sind 20 Millionen Kubikmeter Masser im Jahre weniger
hin und her zu fahren, das sind nach jetzigen: Ausmaß 2 Millionen Eisenbahn-
Wogen voll. Die Frachten werden gespart und wiederum die .stohlen zur Fort¬
schaffung dieser Eisenbahnwagen. So greift eines immer in das andere ein. Es
kommt in der Zukuuftswirtschaft nicht so sehr darauf an, welcher Geldbetrag wird
erspart, sondern darauf, kann eine neue Maßnahme oder Anordnung dazu fuhren,
Rohstoffe, d. h. völkisches Eigentum zu sparen, oder Boden, Betriebsmittel und
menschliche Arbeit für besseres Schaffen freizumachen.

Hier wiederum ist nur ein Beispiel herausgegriffen, um den Weg zu weisen,
der möglich ist. Bei der Mehrzahl der landwirtschaftlichen Erzeugnisse lassen sich
ähnliche Möglichkeiten ohne jede technische Schwierigkeiten ausführen. Die
Hemmung liegt lediglich im Willen und Verstehen des einzelnen. Zu den
wichtigsten Aufgaben des neuen Staates wird es gehören, Aufklärung und
Belehrung in die Massen zu bringen.

Ungeheure weitere und fruchtbare Aufgaben bietet die Industrialisierung
der Landwirtschaft. Die Fachleute sind sich einig darüber, daß unsere Erde das
deutsche Volk ernähren und zum großen Teil auch kleiden kann, wenn die Land¬
wirtschaft wissenschaftlich, im GenMinsinn und mit allen Errungenschaften der
Technik betrieben wird. Die Schaffung der Einrichtungen hierzu wird Hundert¬
tausend": von Arbeitern dauernd Beschäftigung und Unterhalt gewähre!?.
Ernährer wir uns im Lande selbst, so werden nach dem jetzigen Kurs bis zu
10 Milliarden Mark im Jahr erspart, die wir als Tribut dem Ausland
zahlen müssen.

Nur wenige Schlaglichter konnten auf den Stand der Dinge geworfen
werden, um darzutun, daß an allen Ecken und Enden mit frischem Mute zugepackt
werden kann; trotz unserer ungeheuren Verschuldung würde es durch diese richtig
geleitete Sozialtsierung möglich sein, in absehbarer Zeit erträgliche Verhältnisse


. Auf neuen Wegen

einzelne Zimmer ist wiederum in seinen Ausmaßen hierdurch bestimmt, denn ob
größer oder kleiner, immer muß eine bestimmte Anzahl Matten untergebracht
werden können. Auf diese Weise ist letzten Endes das ganze Haus in seinen
Ausmaßen festgelegt, denn auch für Balken, verschiebbare Trennwände, Fenster¬
rahmen ergeben sich so Einheltsabmessungen. Man > kann sagen, daß das
japanische Haus wie aus einer Spielzeugschachtel aus denselben Elementen auf¬
gebaut ist, je nach der Größe sind mehr oder weniger der Bausteine verwendet.
Auf joden Fall hat es der Architekt im Entwurf, der Zimmermann in der
Zurichtung der Hölzer und der Bauhandwerker im Ausbau sehr einfach. Derselbe
Teil und derselbe Handgriff wiederholen sich bei.jedem Neubau immer wieder.

Es ist hier also die Schematisierung bis zum äußersten getrieben, und doch
wird man in einer japanischen Stadt nicht den Eindruck der Gleichheit der
Häuser haben. Es gibt trotzdem noch soviel Möglichkeiten der Abänderung und
Ausstattung, daß kein Haus dem anderen genau gleicht. Also die Furcht, die
Vereinheitlichung könne bald zuweit getrieben werden, ist nicht begründet.

Vollkommen ungelöst sind die Probleme der Lagerung, Bewegung und
Verteilung der Nahrungsmittel. Da wir bisher nicht in'Gedanken für das Volks,
ganze zu denken gewohnt waren, so war es jedem einzelnen überlassen, wie er
Kohl, Kartoffeln, Rüben, Getreide usw. durch den Winter hindurch lagern und
verwerten wollte. Ganz neue Woge müssen hier beschritten werden. Durch das
Verderben der eingemieteten Kartoffeln gehen jedes Jahr an 200 Millionen Mark
verloren, ganz abgesehen davon, daß beinahe 29 Millionen Menschen von dieser
Menge den Jahresbedarf an Kartoffeln decken könnten. Vermeidet man also
diesen Verlust durch Verfaulen, so kann von derselben Flächeneinheit, welche jetzt
für den Kartoffelanbau zur Verfügung steht, eine viel größere Menschenmenge
ernährt werden. Der Geldverlust ist bisher verschmerzt worden. Aber den
Gewinn an Boden zu anderer Nutzung können wir in Zukunft nicht missen. Die
schon vor dem Kriege begonnene Anlage von Trocknungsanstalten muß über das
ganze Land ausgebant werden. Noch etwas kommt hinzu. Beim Trocknen der
Kartoffeln entfernt man das Wasser, welches nichts nützt, und unerwünschter
Ballast ist. Gelingt es nun, nur die Hälfte unserer Kartoffelernte als getrocknete
Flocken zu verwenden, so sind 20 Millionen Kubikmeter Masser im Jahre weniger
hin und her zu fahren, das sind nach jetzigen: Ausmaß 2 Millionen Eisenbahn-
Wogen voll. Die Frachten werden gespart und wiederum die .stohlen zur Fort¬
schaffung dieser Eisenbahnwagen. So greift eines immer in das andere ein. Es
kommt in der Zukuuftswirtschaft nicht so sehr darauf an, welcher Geldbetrag wird
erspart, sondern darauf, kann eine neue Maßnahme oder Anordnung dazu fuhren,
Rohstoffe, d. h. völkisches Eigentum zu sparen, oder Boden, Betriebsmittel und
menschliche Arbeit für besseres Schaffen freizumachen.

Hier wiederum ist nur ein Beispiel herausgegriffen, um den Weg zu weisen,
der möglich ist. Bei der Mehrzahl der landwirtschaftlichen Erzeugnisse lassen sich
ähnliche Möglichkeiten ohne jede technische Schwierigkeiten ausführen. Die
Hemmung liegt lediglich im Willen und Verstehen des einzelnen. Zu den
wichtigsten Aufgaben des neuen Staates wird es gehören, Aufklärung und
Belehrung in die Massen zu bringen.

Ungeheure weitere und fruchtbare Aufgaben bietet die Industrialisierung
der Landwirtschaft. Die Fachleute sind sich einig darüber, daß unsere Erde das
deutsche Volk ernähren und zum großen Teil auch kleiden kann, wenn die Land¬
wirtschaft wissenschaftlich, im GenMinsinn und mit allen Errungenschaften der
Technik betrieben wird. Die Schaffung der Einrichtungen hierzu wird Hundert¬
tausend«: von Arbeitern dauernd Beschäftigung und Unterhalt gewähre!?.
Ernährer wir uns im Lande selbst, so werden nach dem jetzigen Kurs bis zu
10 Milliarden Mark im Jahr erspart, die wir als Tribut dem Ausland
zahlen müssen.

Nur wenige Schlaglichter konnten auf den Stand der Dinge geworfen
werden, um darzutun, daß an allen Ecken und Enden mit frischem Mute zugepackt
werden kann; trotz unserer ungeheuren Verschuldung würde es durch diese richtig
geleitete Sozialtsierung möglich sein, in absehbarer Zeit erträgliche Verhältnisse


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0300" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/88539"/>
          <fw type="header" place="top"> .  Auf neuen Wegen</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1342" prev="#ID_1341"> einzelne Zimmer ist wiederum in seinen Ausmaßen hierdurch bestimmt, denn ob<lb/>
größer oder kleiner, immer muß eine bestimmte Anzahl Matten untergebracht<lb/>
werden können. Auf diese Weise ist letzten Endes das ganze Haus in seinen<lb/>
Ausmaßen festgelegt, denn auch für Balken, verschiebbare Trennwände, Fenster¬<lb/>
rahmen ergeben sich so Einheltsabmessungen. Man &gt; kann sagen, daß das<lb/>
japanische Haus wie aus einer Spielzeugschachtel aus denselben Elementen auf¬<lb/>
gebaut ist, je nach der Größe sind mehr oder weniger der Bausteine verwendet.<lb/>
Auf joden Fall hat es der Architekt im Entwurf, der Zimmermann in der<lb/>
Zurichtung der Hölzer und der Bauhandwerker im Ausbau sehr einfach. Derselbe<lb/>
Teil und derselbe Handgriff wiederholen sich bei.jedem Neubau immer wieder.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1343"> Es ist hier also die Schematisierung bis zum äußersten getrieben, und doch<lb/>
wird man in einer japanischen Stadt nicht den Eindruck der Gleichheit der<lb/>
Häuser haben. Es gibt trotzdem noch soviel Möglichkeiten der Abänderung und<lb/>
Ausstattung, daß kein Haus dem anderen genau gleicht. Also die Furcht, die<lb/>
Vereinheitlichung könne bald zuweit getrieben werden, ist nicht begründet.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1344"> Vollkommen ungelöst sind die Probleme der Lagerung, Bewegung und<lb/>
Verteilung der Nahrungsmittel. Da wir bisher nicht in'Gedanken für das Volks,<lb/>
ganze zu denken gewohnt waren, so war es jedem einzelnen überlassen, wie er<lb/>
Kohl, Kartoffeln, Rüben, Getreide usw. durch den Winter hindurch lagern und<lb/>
verwerten wollte. Ganz neue Woge müssen hier beschritten werden. Durch das<lb/>
Verderben der eingemieteten Kartoffeln gehen jedes Jahr an 200 Millionen Mark<lb/>
verloren, ganz abgesehen davon, daß beinahe 29 Millionen Menschen von dieser<lb/>
Menge den Jahresbedarf an Kartoffeln decken könnten. Vermeidet man also<lb/>
diesen Verlust durch Verfaulen, so kann von derselben Flächeneinheit, welche jetzt<lb/>
für den Kartoffelanbau zur Verfügung steht, eine viel größere Menschenmenge<lb/>
ernährt werden. Der Geldverlust ist bisher verschmerzt worden. Aber den<lb/>
Gewinn an Boden zu anderer Nutzung können wir in Zukunft nicht missen. Die<lb/>
schon vor dem Kriege begonnene Anlage von Trocknungsanstalten muß über das<lb/>
ganze Land ausgebant werden. Noch etwas kommt hinzu. Beim Trocknen der<lb/>
Kartoffeln entfernt man das Wasser, welches nichts nützt, und unerwünschter<lb/>
Ballast ist. Gelingt es nun, nur die Hälfte unserer Kartoffelernte als getrocknete<lb/>
Flocken zu verwenden, so sind 20 Millionen Kubikmeter Masser im Jahre weniger<lb/>
hin und her zu fahren, das sind nach jetzigen: Ausmaß 2 Millionen Eisenbahn-<lb/>
Wogen voll. Die Frachten werden gespart und wiederum die .stohlen zur Fort¬<lb/>
schaffung dieser Eisenbahnwagen. So greift eines immer in das andere ein. Es<lb/>
kommt in der Zukuuftswirtschaft nicht so sehr darauf an, welcher Geldbetrag wird<lb/>
erspart, sondern darauf, kann eine neue Maßnahme oder Anordnung dazu fuhren,<lb/>
Rohstoffe, d. h. völkisches Eigentum zu sparen, oder Boden, Betriebsmittel und<lb/>
menschliche Arbeit für besseres Schaffen freizumachen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1345"> Hier wiederum ist nur ein Beispiel herausgegriffen, um den Weg zu weisen,<lb/>
der möglich ist. Bei der Mehrzahl der landwirtschaftlichen Erzeugnisse lassen sich<lb/>
ähnliche Möglichkeiten ohne jede technische Schwierigkeiten ausführen. Die<lb/>
Hemmung liegt lediglich im Willen und Verstehen des einzelnen. Zu den<lb/>
wichtigsten Aufgaben des neuen Staates wird es gehören, Aufklärung und<lb/>
Belehrung in die Massen zu bringen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1346"> Ungeheure weitere und fruchtbare Aufgaben bietet die Industrialisierung<lb/>
der Landwirtschaft. Die Fachleute sind sich einig darüber, daß unsere Erde das<lb/>
deutsche Volk ernähren und zum großen Teil auch kleiden kann, wenn die Land¬<lb/>
wirtschaft wissenschaftlich, im GenMinsinn und mit allen Errungenschaften der<lb/>
Technik betrieben wird. Die Schaffung der Einrichtungen hierzu wird Hundert¬<lb/>
tausend«: von Arbeitern dauernd Beschäftigung und Unterhalt gewähre!?.<lb/>
Ernährer wir uns im Lande selbst, so werden nach dem jetzigen Kurs bis zu<lb/>
10 Milliarden Mark im Jahr erspart, die wir als Tribut dem Ausland<lb/>
zahlen müssen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1347" next="#ID_1348"> Nur wenige Schlaglichter konnten auf den Stand der Dinge geworfen<lb/>
werden, um darzutun, daß an allen Ecken und Enden mit frischem Mute zugepackt<lb/>
werden kann; trotz unserer ungeheuren Verschuldung würde es durch diese richtig<lb/>
geleitete Sozialtsierung möglich sein, in absehbarer Zeit erträgliche Verhältnisse</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0300] . Auf neuen Wegen einzelne Zimmer ist wiederum in seinen Ausmaßen hierdurch bestimmt, denn ob größer oder kleiner, immer muß eine bestimmte Anzahl Matten untergebracht werden können. Auf diese Weise ist letzten Endes das ganze Haus in seinen Ausmaßen festgelegt, denn auch für Balken, verschiebbare Trennwände, Fenster¬ rahmen ergeben sich so Einheltsabmessungen. Man > kann sagen, daß das japanische Haus wie aus einer Spielzeugschachtel aus denselben Elementen auf¬ gebaut ist, je nach der Größe sind mehr oder weniger der Bausteine verwendet. Auf joden Fall hat es der Architekt im Entwurf, der Zimmermann in der Zurichtung der Hölzer und der Bauhandwerker im Ausbau sehr einfach. Derselbe Teil und derselbe Handgriff wiederholen sich bei.jedem Neubau immer wieder. Es ist hier also die Schematisierung bis zum äußersten getrieben, und doch wird man in einer japanischen Stadt nicht den Eindruck der Gleichheit der Häuser haben. Es gibt trotzdem noch soviel Möglichkeiten der Abänderung und Ausstattung, daß kein Haus dem anderen genau gleicht. Also die Furcht, die Vereinheitlichung könne bald zuweit getrieben werden, ist nicht begründet. Vollkommen ungelöst sind die Probleme der Lagerung, Bewegung und Verteilung der Nahrungsmittel. Da wir bisher nicht in'Gedanken für das Volks, ganze zu denken gewohnt waren, so war es jedem einzelnen überlassen, wie er Kohl, Kartoffeln, Rüben, Getreide usw. durch den Winter hindurch lagern und verwerten wollte. Ganz neue Woge müssen hier beschritten werden. Durch das Verderben der eingemieteten Kartoffeln gehen jedes Jahr an 200 Millionen Mark verloren, ganz abgesehen davon, daß beinahe 29 Millionen Menschen von dieser Menge den Jahresbedarf an Kartoffeln decken könnten. Vermeidet man also diesen Verlust durch Verfaulen, so kann von derselben Flächeneinheit, welche jetzt für den Kartoffelanbau zur Verfügung steht, eine viel größere Menschenmenge ernährt werden. Der Geldverlust ist bisher verschmerzt worden. Aber den Gewinn an Boden zu anderer Nutzung können wir in Zukunft nicht missen. Die schon vor dem Kriege begonnene Anlage von Trocknungsanstalten muß über das ganze Land ausgebant werden. Noch etwas kommt hinzu. Beim Trocknen der Kartoffeln entfernt man das Wasser, welches nichts nützt, und unerwünschter Ballast ist. Gelingt es nun, nur die Hälfte unserer Kartoffelernte als getrocknete Flocken zu verwenden, so sind 20 Millionen Kubikmeter Masser im Jahre weniger hin und her zu fahren, das sind nach jetzigen: Ausmaß 2 Millionen Eisenbahn- Wogen voll. Die Frachten werden gespart und wiederum die .stohlen zur Fort¬ schaffung dieser Eisenbahnwagen. So greift eines immer in das andere ein. Es kommt in der Zukuuftswirtschaft nicht so sehr darauf an, welcher Geldbetrag wird erspart, sondern darauf, kann eine neue Maßnahme oder Anordnung dazu fuhren, Rohstoffe, d. h. völkisches Eigentum zu sparen, oder Boden, Betriebsmittel und menschliche Arbeit für besseres Schaffen freizumachen. Hier wiederum ist nur ein Beispiel herausgegriffen, um den Weg zu weisen, der möglich ist. Bei der Mehrzahl der landwirtschaftlichen Erzeugnisse lassen sich ähnliche Möglichkeiten ohne jede technische Schwierigkeiten ausführen. Die Hemmung liegt lediglich im Willen und Verstehen des einzelnen. Zu den wichtigsten Aufgaben des neuen Staates wird es gehören, Aufklärung und Belehrung in die Massen zu bringen. Ungeheure weitere und fruchtbare Aufgaben bietet die Industrialisierung der Landwirtschaft. Die Fachleute sind sich einig darüber, daß unsere Erde das deutsche Volk ernähren und zum großen Teil auch kleiden kann, wenn die Land¬ wirtschaft wissenschaftlich, im GenMinsinn und mit allen Errungenschaften der Technik betrieben wird. Die Schaffung der Einrichtungen hierzu wird Hundert¬ tausend«: von Arbeitern dauernd Beschäftigung und Unterhalt gewähre!?. Ernährer wir uns im Lande selbst, so werden nach dem jetzigen Kurs bis zu 10 Milliarden Mark im Jahr erspart, die wir als Tribut dem Ausland zahlen müssen. Nur wenige Schlaglichter konnten auf den Stand der Dinge geworfen werden, um darzutun, daß an allen Ecken und Enden mit frischem Mute zugepackt werden kann; trotz unserer ungeheuren Verschuldung würde es durch diese richtig geleitete Sozialtsierung möglich sein, in absehbarer Zeit erträgliche Verhältnisse

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/300
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/300>, abgerufen am 24.11.2024.