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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

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Die Behandlung der Veutschbalten

Die Behandlung der Deutschbalten
Hadubert von

WKW^^DZ o paradox es klingt: die Behandlung der Deutschbalten, die mit uns
eines Stammes sind, die unsere Kultur und einen großen Teil unserer
Geschichte miterlebt haben, sie ist sür den tiefer Blickenden ein noch
" viel Schwierigeres Problem, als die Behandlung des primitiven Letten-
volles. Gerade weil die Gegensätze zwischen dein neuen Reichs- und
dem baltischen Deutschtum innerlicher, ideeller, unendlich viel schwerer
faßbar und verständlich sind: gerade darum liegt in ihnen der Kelln zu ernsten,
ja tragischen Verwicklungen beschlossen. Es soll der Versuch der folgenden Zeilen
sein, die immanente Gefahr des gegenseitigen Verhältnisses von Reichsdeutschen und
Deutschbalten aufzudecken. Meine Ausführungen wollen an ihrem bescheidenen
Teile versuchen, an Mißverständnissen und Konflikten abzuwehren, was sich auf
dem Wege logischer Aufhellung historisch und seelisch bedingter Widersprüche und
Gegensätze verhüten läßt. Das übrige muß der Schule der Erfahrung überlassen
bleiben, die den Ballen, welche in einer wechselvollen Geschichte viel gelitten haben,
auch weiterhin manch seelische Schmerzen nicht ersparen wird.

Ob sich heute wohl in Frankreich Stimmen an die Öffentlichkeit wagen
könnten, die nach altgewohnter Weise den Elsässer als einen Me-Linrö verspotten?
Ich glaube kaum. In der deutschen Presse geht die Hetze gegen die "baltischen
Barone" vergnügt weiter und bis zum Überdruß müssen die wenigen Kenner des
Landes und seiner Bewohner, die es in Deutschland gibt -- meist sind sie selber
gebürtige Ballen und vor die peinliche Aufgabe des ?ro-äomc>-Redens gestellt --,
gegen die grundlegendsten Verkennungen und gegen die gehässigsten Anrempelungen
der Stammesbrüder in der deutschen Ostmark in Wort und Schrift ankämpfen.
Es ist traurig und unendlich beschämend, das in dieser späten Stunde des deutschen
Selbsterhaltungskampfes in der Welt feststellen zu müssen. Aber die Tatsache als
solche ist unbestreitbar. Parteipolitische Vereinseitigung und eine grob quanti¬
tative Betrachtungsweise durchdringen sich: das Ergebnis ist ein noch weite Kreise
der deutschen Öffentlichkeit beherrschendes Gefühl von Kälte und Gleichgültigkeit,
das von den Deutschbalten allenthalben schwer und schmerzlich empfunden wird.

Man sollte meinen, daß die Berührung weiter Schichten unseres Heeres
mit den baltischen Verhältnissen dieser unwürdigen Lage ein Ende gemacht hätte.
Es ist nicht zu verkennen, daß ein wesentlicher Fortschritt dadurch erzielt worden
ist. Der Jubel und die hemmungslose Begeisterung, mit der unsere Truppen in
Kurland, in Riga, in Dorpat und Reval empfangen worden sind, der Anblick der
Leiden, die die baltischen Blutzeugen des Deutschtums durcherlebt haben, die
Erzählungen der Verschleppten, Mißhandelten und Beraubten: all das konnte auf
empfängliche und offene Gemüter seinen tiefen Eindruck nicht verfehlen. Und die
wundervollen Städte des Landes mit ihrer erlesenen Bürgerkultur, die herrlichen,
gepflegten Landsitze des gastfreien Adels, die offenbaren Spuren deutscher Ver¬
waltungsorganisation trotz der darüber gestrichenen russischen Tünche: sie redeten
eine zu deutliche Sprache, als daß der Augenzeuge nun noch auf Grund unan¬
fechtbarer statistischer Tatsachen diesem Land seinen deutschen Charakter absprechen
und es als ein im Grunde lettisches und chemisches Kulturgebiet anerkennen könnte.

Aber schon melden sich die Stimmen der beschränkten Besserwisser auch in
den oberen Schichten unserer Besatzungstruppen und rechnen selbstzufrieden und
überlegen dem Ballen seine "Rückständigkeit" vor: der deutsche Großstädter, der
glaubt, der liebe Gott habe die Welt im Grunde nach dem Bilde von Berlin W.
erschaffen, vermißt in dem idyllischen behaglichen Mitau mit seinen breiten, weit¬
räumiger Holzhäusern den ihm vertrauten Komfort und gibt der Talmigroßstadt
Libau den Vorzug, weil sie Cafe-chantants und überhaupt "Betrieb" habe; der
fleißige Verwaltungsbeamte rümpft über die kürzere und langsamere Arbeit des,


Die Behandlung der Veutschbalten

Die Behandlung der Deutschbalten
Hadubert von

WKW^^DZ o paradox es klingt: die Behandlung der Deutschbalten, die mit uns
eines Stammes sind, die unsere Kultur und einen großen Teil unserer
Geschichte miterlebt haben, sie ist sür den tiefer Blickenden ein noch
« viel Schwierigeres Problem, als die Behandlung des primitiven Letten-
volles. Gerade weil die Gegensätze zwischen dein neuen Reichs- und
dem baltischen Deutschtum innerlicher, ideeller, unendlich viel schwerer
faßbar und verständlich sind: gerade darum liegt in ihnen der Kelln zu ernsten,
ja tragischen Verwicklungen beschlossen. Es soll der Versuch der folgenden Zeilen
sein, die immanente Gefahr des gegenseitigen Verhältnisses von Reichsdeutschen und
Deutschbalten aufzudecken. Meine Ausführungen wollen an ihrem bescheidenen
Teile versuchen, an Mißverständnissen und Konflikten abzuwehren, was sich auf
dem Wege logischer Aufhellung historisch und seelisch bedingter Widersprüche und
Gegensätze verhüten läßt. Das übrige muß der Schule der Erfahrung überlassen
bleiben, die den Ballen, welche in einer wechselvollen Geschichte viel gelitten haben,
auch weiterhin manch seelische Schmerzen nicht ersparen wird.

Ob sich heute wohl in Frankreich Stimmen an die Öffentlichkeit wagen
könnten, die nach altgewohnter Weise den Elsässer als einen Me-Linrö verspotten?
Ich glaube kaum. In der deutschen Presse geht die Hetze gegen die „baltischen
Barone" vergnügt weiter und bis zum Überdruß müssen die wenigen Kenner des
Landes und seiner Bewohner, die es in Deutschland gibt — meist sind sie selber
gebürtige Ballen und vor die peinliche Aufgabe des ?ro-äomc>-Redens gestellt —,
gegen die grundlegendsten Verkennungen und gegen die gehässigsten Anrempelungen
der Stammesbrüder in der deutschen Ostmark in Wort und Schrift ankämpfen.
Es ist traurig und unendlich beschämend, das in dieser späten Stunde des deutschen
Selbsterhaltungskampfes in der Welt feststellen zu müssen. Aber die Tatsache als
solche ist unbestreitbar. Parteipolitische Vereinseitigung und eine grob quanti¬
tative Betrachtungsweise durchdringen sich: das Ergebnis ist ein noch weite Kreise
der deutschen Öffentlichkeit beherrschendes Gefühl von Kälte und Gleichgültigkeit,
das von den Deutschbalten allenthalben schwer und schmerzlich empfunden wird.

Man sollte meinen, daß die Berührung weiter Schichten unseres Heeres
mit den baltischen Verhältnissen dieser unwürdigen Lage ein Ende gemacht hätte.
Es ist nicht zu verkennen, daß ein wesentlicher Fortschritt dadurch erzielt worden
ist. Der Jubel und die hemmungslose Begeisterung, mit der unsere Truppen in
Kurland, in Riga, in Dorpat und Reval empfangen worden sind, der Anblick der
Leiden, die die baltischen Blutzeugen des Deutschtums durcherlebt haben, die
Erzählungen der Verschleppten, Mißhandelten und Beraubten: all das konnte auf
empfängliche und offene Gemüter seinen tiefen Eindruck nicht verfehlen. Und die
wundervollen Städte des Landes mit ihrer erlesenen Bürgerkultur, die herrlichen,
gepflegten Landsitze des gastfreien Adels, die offenbaren Spuren deutscher Ver¬
waltungsorganisation trotz der darüber gestrichenen russischen Tünche: sie redeten
eine zu deutliche Sprache, als daß der Augenzeuge nun noch auf Grund unan¬
fechtbarer statistischer Tatsachen diesem Land seinen deutschen Charakter absprechen
und es als ein im Grunde lettisches und chemisches Kulturgebiet anerkennen könnte.

Aber schon melden sich die Stimmen der beschränkten Besserwisser auch in
den oberen Schichten unserer Besatzungstruppen und rechnen selbstzufrieden und
überlegen dem Ballen seine „Rückständigkeit" vor: der deutsche Großstädter, der
glaubt, der liebe Gott habe die Welt im Grunde nach dem Bilde von Berlin W.
erschaffen, vermißt in dem idyllischen behaglichen Mitau mit seinen breiten, weit¬
räumiger Holzhäusern den ihm vertrauten Komfort und gibt der Talmigroßstadt
Libau den Vorzug, weil sie Cafe-chantants und überhaupt „Betrieb" habe; der
fleißige Verwaltungsbeamte rümpft über die kürzere und langsamere Arbeit des,


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[0028] Die Behandlung der Veutschbalten Die Behandlung der Deutschbalten Hadubert von WKW^^DZ o paradox es klingt: die Behandlung der Deutschbalten, die mit uns eines Stammes sind, die unsere Kultur und einen großen Teil unserer Geschichte miterlebt haben, sie ist sür den tiefer Blickenden ein noch « viel Schwierigeres Problem, als die Behandlung des primitiven Letten- volles. Gerade weil die Gegensätze zwischen dein neuen Reichs- und dem baltischen Deutschtum innerlicher, ideeller, unendlich viel schwerer faßbar und verständlich sind: gerade darum liegt in ihnen der Kelln zu ernsten, ja tragischen Verwicklungen beschlossen. Es soll der Versuch der folgenden Zeilen sein, die immanente Gefahr des gegenseitigen Verhältnisses von Reichsdeutschen und Deutschbalten aufzudecken. Meine Ausführungen wollen an ihrem bescheidenen Teile versuchen, an Mißverständnissen und Konflikten abzuwehren, was sich auf dem Wege logischer Aufhellung historisch und seelisch bedingter Widersprüche und Gegensätze verhüten läßt. Das übrige muß der Schule der Erfahrung überlassen bleiben, die den Ballen, welche in einer wechselvollen Geschichte viel gelitten haben, auch weiterhin manch seelische Schmerzen nicht ersparen wird. Ob sich heute wohl in Frankreich Stimmen an die Öffentlichkeit wagen könnten, die nach altgewohnter Weise den Elsässer als einen Me-Linrö verspotten? Ich glaube kaum. In der deutschen Presse geht die Hetze gegen die „baltischen Barone" vergnügt weiter und bis zum Überdruß müssen die wenigen Kenner des Landes und seiner Bewohner, die es in Deutschland gibt — meist sind sie selber gebürtige Ballen und vor die peinliche Aufgabe des ?ro-äomc>-Redens gestellt —, gegen die grundlegendsten Verkennungen und gegen die gehässigsten Anrempelungen der Stammesbrüder in der deutschen Ostmark in Wort und Schrift ankämpfen. Es ist traurig und unendlich beschämend, das in dieser späten Stunde des deutschen Selbsterhaltungskampfes in der Welt feststellen zu müssen. Aber die Tatsache als solche ist unbestreitbar. Parteipolitische Vereinseitigung und eine grob quanti¬ tative Betrachtungsweise durchdringen sich: das Ergebnis ist ein noch weite Kreise der deutschen Öffentlichkeit beherrschendes Gefühl von Kälte und Gleichgültigkeit, das von den Deutschbalten allenthalben schwer und schmerzlich empfunden wird. Man sollte meinen, daß die Berührung weiter Schichten unseres Heeres mit den baltischen Verhältnissen dieser unwürdigen Lage ein Ende gemacht hätte. Es ist nicht zu verkennen, daß ein wesentlicher Fortschritt dadurch erzielt worden ist. Der Jubel und die hemmungslose Begeisterung, mit der unsere Truppen in Kurland, in Riga, in Dorpat und Reval empfangen worden sind, der Anblick der Leiden, die die baltischen Blutzeugen des Deutschtums durcherlebt haben, die Erzählungen der Verschleppten, Mißhandelten und Beraubten: all das konnte auf empfängliche und offene Gemüter seinen tiefen Eindruck nicht verfehlen. Und die wundervollen Städte des Landes mit ihrer erlesenen Bürgerkultur, die herrlichen, gepflegten Landsitze des gastfreien Adels, die offenbaren Spuren deutscher Ver¬ waltungsorganisation trotz der darüber gestrichenen russischen Tünche: sie redeten eine zu deutliche Sprache, als daß der Augenzeuge nun noch auf Grund unan¬ fechtbarer statistischer Tatsachen diesem Land seinen deutschen Charakter absprechen und es als ein im Grunde lettisches und chemisches Kulturgebiet anerkennen könnte. Aber schon melden sich die Stimmen der beschränkten Besserwisser auch in den oberen Schichten unserer Besatzungstruppen und rechnen selbstzufrieden und überlegen dem Ballen seine „Rückständigkeit" vor: der deutsche Großstädter, der glaubt, der liebe Gott habe die Welt im Grunde nach dem Bilde von Berlin W. erschaffen, vermißt in dem idyllischen behaglichen Mitau mit seinen breiten, weit¬ räumiger Holzhäusern den ihm vertrauten Komfort und gibt der Talmigroßstadt Libau den Vorzug, weil sie Cafe-chantants und überhaupt „Betrieb" habe; der fleißige Verwaltungsbeamte rümpft über die kürzere und langsamere Arbeit des,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/28>, abgerufen am 24.11.2024.