Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.Politik und Wissenschaft Begehren eines anderen in unverhältnismäßig stärkerer Weise eingefügt, als ihm Also auch hier, auf dem Gebiete der inneren Politik, obwohl mit weniger Das Ergebnis unserer Untersuchung ist demnach voll schmerzlicher Resignation. Der Weg. der unter den Richtzeichen der Idee einer Politik zu gehen ist. Politik und Wissenschaft Begehren eines anderen in unverhältnismäßig stärkerer Weise eingefügt, als ihm Also auch hier, auf dem Gebiete der inneren Politik, obwohl mit weniger Das Ergebnis unserer Untersuchung ist demnach voll schmerzlicher Resignation. Der Weg. der unter den Richtzeichen der Idee einer Politik zu gehen ist. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0247" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/88485"/> <fw type="header" place="top"> Politik und Wissenschaft</fw><lb/> <p xml:id="ID_1074" prev="#ID_1073"> Begehren eines anderen in unverhältnismäßig stärkerer Weise eingefügt, als ihm<lb/> der andere verbunden ist, d. h, die Idee der Politik ist nicht nur nicht als Ziel<lb/> und Richtungspunkt unserer Gedanken beachtet, sondern wird und nutz aus Lebens-<lb/> notwendigkeit heraus mißachtet werden. Das aber ist unbedingt zuzugeben, daß<lb/> in der inneren Politik, einer Gemeinschaft, sei es in der wirtschaftlichen, der<lb/> sozialen, der kulturellen, parteipolitischer und auch der nationalen (letztere, kommt<lb/> sonderlich für Gemische-Nationalstaaten in Frage) mehr als bisher der versöhn¬<lb/> liche Gesichtspunkt der politischen Idee der reinen Gemeinschaft Geltung gewinnen<lb/> müßte. Letzteres wird aber erst dann in Erfüllung gehen können, wenn nicht<lb/> allein eine tiefreichendc soziale und politische Erziehung des Volkskörpers durch¬<lb/> geführt wird, sondern vor allem gesunde Lebensbedingungen für den einzelnen<lb/> geschaffen werden, die es zulassen, daß der wahnwitzige Wettkampf um den gewinn¬<lb/> bringendsten, klingenden Lohn der Arbeit abgeschwächt wird von einer Ablösung<lb/> dieses letzten Arbei'tswerters, des Geldes, durch den gleicherweise lebengewährenden,<lb/> wie unwägbar wertvollen Ertrag der natürlichen Arbeit eines Volkes, die Er¬<lb/> trägnisse der Landarbeit, d. h. Lurch eine immer mehr einsetzende innere Kolonisation<lb/> und einen Abbau unserer, auf Befriedigung zivilisatorischer Bedürfnisse aus-<lb/> gehenden, Uberbedarf erzeugenden Industrialisierung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1075"> Also auch hier, auf dem Gebiete der inneren Politik, obwohl mit weniger<lb/> Einschränkung, ist das Ergebnis, wenn nicht Untergang, Lebensverzicht eines<lb/> großen Teiles der Bevölkerung eintreten sollen, daß die praktische Durchführung<lb/> dieser wissenschaftlichen Grundlegung ohne schwerste Schädigung des sozialen<lb/> Körpers der jeweiligen Politik eine Unmöglichkeit ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1076"> Das Ergebnis unserer Untersuchung ist demnach voll schmerzlicher Resignation.<lb/> Die Grundlagen einer wissenschaftlich geleiteten Politik sind wohl wissenschaftlich<lb/> erfaßbar, Politik kann wohl als Wissenschaft gelten und die Allgemeingültigkeit<lb/> der gefundenen Idee kann nicht geleugnet werden,, aber diese Idee' der Politik als<lb/> Wissenschaft ist nicht anwendbar, darf z. Zt. nicht Wirklichkeit werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1077"> Der Weg. der unter den Richtzeichen der Idee einer Politik zu gehen ist.<lb/> ist der, eine immer weitere Durchdringung der inneren Politik in einer politischen<lb/> Handhabung im Sinne unserer politischen Idee zu versuchen. Vielleicht ist dann<lb/> der Tag einstmals zu erhoffen, an dem es auch möglich sein wird, die äußere<lb/> Politik etwas nach dem Grundsatze der politischen Idee zu handhaben. Das wird<lb/> dann der Fall sein > können, wenn innerhalb aller einzelnen politischen Gemein¬<lb/> schaften,, in den einzelnen Staaten, die politische Idee als maßgebender allgemein¬<lb/> gültiger Zielpunkt der praktischen Anwendung anerkannt würde. > ^</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0247]
Politik und Wissenschaft
Begehren eines anderen in unverhältnismäßig stärkerer Weise eingefügt, als ihm
der andere verbunden ist, d. h, die Idee der Politik ist nicht nur nicht als Ziel
und Richtungspunkt unserer Gedanken beachtet, sondern wird und nutz aus Lebens-
notwendigkeit heraus mißachtet werden. Das aber ist unbedingt zuzugeben, daß
in der inneren Politik, einer Gemeinschaft, sei es in der wirtschaftlichen, der
sozialen, der kulturellen, parteipolitischer und auch der nationalen (letztere, kommt
sonderlich für Gemische-Nationalstaaten in Frage) mehr als bisher der versöhn¬
liche Gesichtspunkt der politischen Idee der reinen Gemeinschaft Geltung gewinnen
müßte. Letzteres wird aber erst dann in Erfüllung gehen können, wenn nicht
allein eine tiefreichendc soziale und politische Erziehung des Volkskörpers durch¬
geführt wird, sondern vor allem gesunde Lebensbedingungen für den einzelnen
geschaffen werden, die es zulassen, daß der wahnwitzige Wettkampf um den gewinn¬
bringendsten, klingenden Lohn der Arbeit abgeschwächt wird von einer Ablösung
dieses letzten Arbei'tswerters, des Geldes, durch den gleicherweise lebengewährenden,
wie unwägbar wertvollen Ertrag der natürlichen Arbeit eines Volkes, die Er¬
trägnisse der Landarbeit, d. h. Lurch eine immer mehr einsetzende innere Kolonisation
und einen Abbau unserer, auf Befriedigung zivilisatorischer Bedürfnisse aus-
gehenden, Uberbedarf erzeugenden Industrialisierung.
Also auch hier, auf dem Gebiete der inneren Politik, obwohl mit weniger
Einschränkung, ist das Ergebnis, wenn nicht Untergang, Lebensverzicht eines
großen Teiles der Bevölkerung eintreten sollen, daß die praktische Durchführung
dieser wissenschaftlichen Grundlegung ohne schwerste Schädigung des sozialen
Körpers der jeweiligen Politik eine Unmöglichkeit ist.
Das Ergebnis unserer Untersuchung ist demnach voll schmerzlicher Resignation.
Die Grundlagen einer wissenschaftlich geleiteten Politik sind wohl wissenschaftlich
erfaßbar, Politik kann wohl als Wissenschaft gelten und die Allgemeingültigkeit
der gefundenen Idee kann nicht geleugnet werden,, aber diese Idee' der Politik als
Wissenschaft ist nicht anwendbar, darf z. Zt. nicht Wirklichkeit werden.
Der Weg. der unter den Richtzeichen der Idee einer Politik zu gehen ist.
ist der, eine immer weitere Durchdringung der inneren Politik in einer politischen
Handhabung im Sinne unserer politischen Idee zu versuchen. Vielleicht ist dann
der Tag einstmals zu erhoffen, an dem es auch möglich sein wird, die äußere
Politik etwas nach dem Grundsatze der politischen Idee zu handhaben. Das wird
dann der Fall sein > können, wenn innerhalb aller einzelnen politischen Gemein¬
schaften,, in den einzelnen Staaten, die politische Idee als maßgebender allgemein¬
gültiger Zielpunkt der praktischen Anwendung anerkannt würde. > ^
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