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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

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Politik und Wissenschaft

Stellung sonnt eine erkenntniskritische Ausgabe ist und das ein logisch bestimmendes
Merkmal darstellt, mit dessen Hilfe allein eine systematische Einteilung ordnender
Betrachtungen möglich wird, ist Macht, als Fähigkeit, auf bestimmte Menschen
einzuwirken, nur in psychologischem Sinn zu erfassen.

Sie hat es in ihrer Eigenart mit einer einwirkenden Verknüpfung von
Menschen miteinander zu tun. Es ist die Einwirkung als solche, die bei ihr den
Allsschlag gib!. Dagegen zeigt die Erwägung der Macht an und für sich noch
gar nichts über den Inhalt dessen an. wofür Macht nun ausgeübt wird. Hieraus
erhellt, daß der erkenntniskritisch herausgeschälte Rechtsgcdanke einerseits und die
psychologisch erwogene Vorstellung der Macht zum andern Teile in der tatsächlichen
Ausgestaltung des sozialen Lebens sich ergänzen müssen

So liegen die verknüpfenden Beziehungen zwischen den beiden unüberbrück¬
baren Polen klar zutage. Aber erst die Macht, die im Sinne eines rechtlichen
Willens vorgeht, ist als solche prinzipiell begründet"). Und "das Recht hat
wiederum die Macht nötig, um sich durchzusetzen"'). DaS Recht braucht Macht
nicht nur als Rechtsquelle,' sondern vor allem als Rechtsschutz. Das liegt schlechthin
in: Wesen des Rechts als eines selbstherrlich-unverletzbar-gültigen Wollens. Daß
in der Welt der Praxis diese Wcsenseigenschaft des Rechts überhaupt erhalten
bleibt, ist lediglich Aufgabe der jeweils geschichtlich bedingten Macht. "Es ist das¬
jenige Mittel einzusetzen, das unter gegebenen Verhältnissen die Verwirklichung
von Recht und Gerechtigkeit am sichersten gewährleistet"'"). Somit wird der Krieg
eine Rechtseinrichtung, taugliches Mittel des Rechtsschutzes und Rechtszwanges,
solange nicht ein besseres schützendes Mittel des Rechtes geschaffen werden wird.
Sowohl im Krieg, als letztem Mittel des Rechtszwanges, als auel im Rechtsleben
des Tages treten die Unzulänglichkeiten und Hemmungen des täglichen Lebens
hervor, die den einzelnen in seinem äußeren und inneren Leben arg beciniräch.
eigen und Schädigungen werden, und die deshalb eine Verwirklichung der politischen
Idee stets verhindern werden und müssen. Das ist die alte menschliche Tragik,
die in dem steten Zwiespalt zwischen Ziel und Hemmung, zwischen ethischer Ziel-
stimmung und Tat liegen wird.

Hier mag eine Zwischenbemerkung eingeschaltet sein über das Verhältnis
von Ethik und Tat, von ethischer Zielstimmung und dem Versuch ihrer Aus¬
führung. Wir haben die letzteren Bezeichnungen sehr sorgfältig gewählt.' ethische
Zielstimmung und Versuch ihrer Ausführung. Unsere Ethik als Wissenschaft hat
bisher fast stets geglaubt, Ethik auf Grund der fertigen Handlung feststellen, aus
der Tat, der getaner Ausführung, die ethische Forderung und Leistung finden zu
können. Dieser Irrtum ist erklärlich aus der geringen psychologischen Grund¬
legung der ethischen Wissenschaft. Die echte, wahre Ethik ist vortatlich. sie liegt
mir der Handlung, Ethik ist keine Lehre, wie das Leben nach irgendeinem meta-
physischen Wert und Ziel -- die dogmatische, die Erfolgsethik und die individua¬
listische Ethik haben solche Werte und Ziele des Handelns -- einzurichten ist,
welche Handlungen der Annäherung an diese Ziele entsprechen, -- Ethik ist etwas,
was der Tat völlig fern liegt, was tiefstinnerlich im Menschen ruht uns schlummert
und in seinem wertvollsten Teile gar nicht --- trotz des Dranges danach -- in
Tat und Wirklichkeit umgesetzt werden kann. Ethik ist Erlebnis, ist Zielstimmung
noch unaussprechlichem menschlichen Werte. Ein kleiner Teil dieser Zielstimmung
kann in unserer Welt dreidimensionaler ErfassungSmöglichkeit zur Tat werden,
die höchsten und tiefsten Werte des menschlichen Wollens können nicht einmal zu
Worten geformt sich verständlichen, begrifflichen Ausdruck verschaffen, geschweige
denn als Handlungen in die Wirklichkeit treten.

Diese Zwischenbemerkung gibt allein schon Wegweiser zur Lösung des Kon¬
fliktes von Jdealpolitik und augenblickspolitischer Notwendigkeit, Sie stellt fest.






7) Stammler, "Recht, und Macht", S. 9 ff.
Stammler, a. a. O,, S. 12.
9) Stammler, a. a. O, S. 14.
"
) Stammler, a. a. O,, S. 20.
Politik und Wissenschaft

Stellung sonnt eine erkenntniskritische Ausgabe ist und das ein logisch bestimmendes
Merkmal darstellt, mit dessen Hilfe allein eine systematische Einteilung ordnender
Betrachtungen möglich wird, ist Macht, als Fähigkeit, auf bestimmte Menschen
einzuwirken, nur in psychologischem Sinn zu erfassen.

Sie hat es in ihrer Eigenart mit einer einwirkenden Verknüpfung von
Menschen miteinander zu tun. Es ist die Einwirkung als solche, die bei ihr den
Allsschlag gib!. Dagegen zeigt die Erwägung der Macht an und für sich noch
gar nichts über den Inhalt dessen an. wofür Macht nun ausgeübt wird. Hieraus
erhellt, daß der erkenntniskritisch herausgeschälte Rechtsgcdanke einerseits und die
psychologisch erwogene Vorstellung der Macht zum andern Teile in der tatsächlichen
Ausgestaltung des sozialen Lebens sich ergänzen müssen

So liegen die verknüpfenden Beziehungen zwischen den beiden unüberbrück¬
baren Polen klar zutage. Aber erst die Macht, die im Sinne eines rechtlichen
Willens vorgeht, ist als solche prinzipiell begründet"). Und „das Recht hat
wiederum die Macht nötig, um sich durchzusetzen"'). DaS Recht braucht Macht
nicht nur als Rechtsquelle,' sondern vor allem als Rechtsschutz. Das liegt schlechthin
in: Wesen des Rechts als eines selbstherrlich-unverletzbar-gültigen Wollens. Daß
in der Welt der Praxis diese Wcsenseigenschaft des Rechts überhaupt erhalten
bleibt, ist lediglich Aufgabe der jeweils geschichtlich bedingten Macht. „Es ist das¬
jenige Mittel einzusetzen, das unter gegebenen Verhältnissen die Verwirklichung
von Recht und Gerechtigkeit am sichersten gewährleistet"'"). Somit wird der Krieg
eine Rechtseinrichtung, taugliches Mittel des Rechtsschutzes und Rechtszwanges,
solange nicht ein besseres schützendes Mittel des Rechtes geschaffen werden wird.
Sowohl im Krieg, als letztem Mittel des Rechtszwanges, als auel im Rechtsleben
des Tages treten die Unzulänglichkeiten und Hemmungen des täglichen Lebens
hervor, die den einzelnen in seinem äußeren und inneren Leben arg beciniräch.
eigen und Schädigungen werden, und die deshalb eine Verwirklichung der politischen
Idee stets verhindern werden und müssen. Das ist die alte menschliche Tragik,
die in dem steten Zwiespalt zwischen Ziel und Hemmung, zwischen ethischer Ziel-
stimmung und Tat liegen wird.

Hier mag eine Zwischenbemerkung eingeschaltet sein über das Verhältnis
von Ethik und Tat, von ethischer Zielstimmung und dem Versuch ihrer Aus¬
führung. Wir haben die letzteren Bezeichnungen sehr sorgfältig gewählt.' ethische
Zielstimmung und Versuch ihrer Ausführung. Unsere Ethik als Wissenschaft hat
bisher fast stets geglaubt, Ethik auf Grund der fertigen Handlung feststellen, aus
der Tat, der getaner Ausführung, die ethische Forderung und Leistung finden zu
können. Dieser Irrtum ist erklärlich aus der geringen psychologischen Grund¬
legung der ethischen Wissenschaft. Die echte, wahre Ethik ist vortatlich. sie liegt
mir der Handlung, Ethik ist keine Lehre, wie das Leben nach irgendeinem meta-
physischen Wert und Ziel — die dogmatische, die Erfolgsethik und die individua¬
listische Ethik haben solche Werte und Ziele des Handelns — einzurichten ist,
welche Handlungen der Annäherung an diese Ziele entsprechen, — Ethik ist etwas,
was der Tat völlig fern liegt, was tiefstinnerlich im Menschen ruht uns schlummert
und in seinem wertvollsten Teile gar nicht —- trotz des Dranges danach — in
Tat und Wirklichkeit umgesetzt werden kann. Ethik ist Erlebnis, ist Zielstimmung
noch unaussprechlichem menschlichen Werte. Ein kleiner Teil dieser Zielstimmung
kann in unserer Welt dreidimensionaler ErfassungSmöglichkeit zur Tat werden,
die höchsten und tiefsten Werte des menschlichen Wollens können nicht einmal zu
Worten geformt sich verständlichen, begrifflichen Ausdruck verschaffen, geschweige
denn als Handlungen in die Wirklichkeit treten.

Diese Zwischenbemerkung gibt allein schon Wegweiser zur Lösung des Kon¬
fliktes von Jdealpolitik und augenblickspolitischer Notwendigkeit, Sie stellt fest.






7) Stammler, „Recht, und Macht", S. 9 ff.
Stammler, a. a. O,, S. 12.
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[0244] Politik und Wissenschaft Stellung sonnt eine erkenntniskritische Ausgabe ist und das ein logisch bestimmendes Merkmal darstellt, mit dessen Hilfe allein eine systematische Einteilung ordnender Betrachtungen möglich wird, ist Macht, als Fähigkeit, auf bestimmte Menschen einzuwirken, nur in psychologischem Sinn zu erfassen. Sie hat es in ihrer Eigenart mit einer einwirkenden Verknüpfung von Menschen miteinander zu tun. Es ist die Einwirkung als solche, die bei ihr den Allsschlag gib!. Dagegen zeigt die Erwägung der Macht an und für sich noch gar nichts über den Inhalt dessen an. wofür Macht nun ausgeübt wird. Hieraus erhellt, daß der erkenntniskritisch herausgeschälte Rechtsgcdanke einerseits und die psychologisch erwogene Vorstellung der Macht zum andern Teile in der tatsächlichen Ausgestaltung des sozialen Lebens sich ergänzen müssen So liegen die verknüpfenden Beziehungen zwischen den beiden unüberbrück¬ baren Polen klar zutage. Aber erst die Macht, die im Sinne eines rechtlichen Willens vorgeht, ist als solche prinzipiell begründet"). Und „das Recht hat wiederum die Macht nötig, um sich durchzusetzen"'). DaS Recht braucht Macht nicht nur als Rechtsquelle,' sondern vor allem als Rechtsschutz. Das liegt schlechthin in: Wesen des Rechts als eines selbstherrlich-unverletzbar-gültigen Wollens. Daß in der Welt der Praxis diese Wcsenseigenschaft des Rechts überhaupt erhalten bleibt, ist lediglich Aufgabe der jeweils geschichtlich bedingten Macht. „Es ist das¬ jenige Mittel einzusetzen, das unter gegebenen Verhältnissen die Verwirklichung von Recht und Gerechtigkeit am sichersten gewährleistet"'"). Somit wird der Krieg eine Rechtseinrichtung, taugliches Mittel des Rechtsschutzes und Rechtszwanges, solange nicht ein besseres schützendes Mittel des Rechtes geschaffen werden wird. Sowohl im Krieg, als letztem Mittel des Rechtszwanges, als auel im Rechtsleben des Tages treten die Unzulänglichkeiten und Hemmungen des täglichen Lebens hervor, die den einzelnen in seinem äußeren und inneren Leben arg beciniräch. eigen und Schädigungen werden, und die deshalb eine Verwirklichung der politischen Idee stets verhindern werden und müssen. Das ist die alte menschliche Tragik, die in dem steten Zwiespalt zwischen Ziel und Hemmung, zwischen ethischer Ziel- stimmung und Tat liegen wird. Hier mag eine Zwischenbemerkung eingeschaltet sein über das Verhältnis von Ethik und Tat, von ethischer Zielstimmung und dem Versuch ihrer Aus¬ führung. Wir haben die letzteren Bezeichnungen sehr sorgfältig gewählt.' ethische Zielstimmung und Versuch ihrer Ausführung. Unsere Ethik als Wissenschaft hat bisher fast stets geglaubt, Ethik auf Grund der fertigen Handlung feststellen, aus der Tat, der getaner Ausführung, die ethische Forderung und Leistung finden zu können. Dieser Irrtum ist erklärlich aus der geringen psychologischen Grund¬ legung der ethischen Wissenschaft. Die echte, wahre Ethik ist vortatlich. sie liegt mir der Handlung, Ethik ist keine Lehre, wie das Leben nach irgendeinem meta- physischen Wert und Ziel — die dogmatische, die Erfolgsethik und die individua¬ listische Ethik haben solche Werte und Ziele des Handelns — einzurichten ist, welche Handlungen der Annäherung an diese Ziele entsprechen, — Ethik ist etwas, was der Tat völlig fern liegt, was tiefstinnerlich im Menschen ruht uns schlummert und in seinem wertvollsten Teile gar nicht —- trotz des Dranges danach — in Tat und Wirklichkeit umgesetzt werden kann. Ethik ist Erlebnis, ist Zielstimmung noch unaussprechlichem menschlichen Werte. Ein kleiner Teil dieser Zielstimmung kann in unserer Welt dreidimensionaler ErfassungSmöglichkeit zur Tat werden, die höchsten und tiefsten Werte des menschlichen Wollens können nicht einmal zu Worten geformt sich verständlichen, begrifflichen Ausdruck verschaffen, geschweige denn als Handlungen in die Wirklichkeit treten. Diese Zwischenbemerkung gibt allein schon Wegweiser zur Lösung des Kon¬ fliktes von Jdealpolitik und augenblickspolitischer Notwendigkeit, Sie stellt fest. 7) Stammler, „Recht, und Macht", S. 9 ff. Stammler, a. a. O,, S. 12. 9) Stammler, a. a. O, S. 14. " ) Stammler, a. a. O,, S. 20.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/244>, abgerufen am 23.07.2024.