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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

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die Pensionen sind dort bemerkenswerierwcise vorteilhafter als bei uns. Und die
Lehrer in Elsaß-Lothringen? Wenn sie ihre Geholter mit denen ihrer französischen
Kollegen vergleichen? Das Problem ist jedoch viel dieser und übersteigt bei weitem
diese oder jene Einzelresorm. Denn es ist eine inne Welt im Entstehen."

Dies Zugeständnis läßt doch woh! darauf schließen, daß, wenn der Sieges'
launet in Frankreich verebbt ist, auch dort das soziale Problem wieder der Kern-
Punkt allen polnischen Geschehens werden muß. Schon jetzi treten die französischen
Sozialisten, deren nationale Gesinnung im Kriege über jeden Zweifel erhaben
war. mit großer Entschiedenheit gegen jeden ungerechten Frieden, j>de Vergewalti¬
gung Deutschlands auf. Nachdem Deutschland sozialistische Republik geworden ist,
ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, daß sie sich, wenn ihren sozialen Forderungen
nicht freiwillig in weitem Umfange cntgcgingelc.innen wird, mit ihren deutscheu
Parteigenossen zur Bekämpfung des 'Kapitalismus verbunden, Die "Ansteckung",
von der Sembat spricht, führt dann eben auch in Frankreich zum Ausbruch der
sozialen Krankheit.

In England liegen die Dinge nicht viel anders. Der am 22. November
kurz vor den Neuwahlen erfolgte Austritt des Atbeiterminisicrs Clynes aus der
Koaliüonsregierung läßt auf eine stark wachsende Gegnerschaft der englischen
Arbeiter gegen Lloyd Georges imperialistische Regierung schließen. Auch hier
wird man, um die Dinge zuverlässig zu beurteilen und nicht trügerischen Hoff¬
nungen zu erliegen, am besten ein englisches Zeugnis selbst zu Hilfe rufen, das
beweisen mag. wie in England gleichfalls sozialer Zündstoff in Mengen vorhanden
ist. Schon fünf Wochen vor Ausbruch der deutschen Revolution, am 6. Oktober,
schrieb das britische Parlamentsmitglied I. H. Thomas im "Sunday PicNiral",'

"Es ist nicht zu bezweifeln, daß die Haltung der englischen Arbeiter bei
manchen unserer Verbündeten große Besorgnisse erweckt..... Manche Streiks
wurden -- ich zögere nicht, es auszusprechen -- durch Mißgriffe und Fehler der
Regierung hervorgerufen' man denke nur 'an die jüngsten Zwist igkciten der Polizei"
beamien. Andere wieder haben einen völligen Mangel an Methoden und Ver¬
ständnis bei den Behörden enthüllt. Wie war denn der Verlauf der Ereignisse?
Verhandlungen fanden statt, Verhandlungen wurden abgebrochen, der Streik folgte,
und sofort erreichten dje Arbeiter alles, was sie wollten..... Die dauernden
Kapitulationen vor der brutalen Gewalt haben bei den Arbeitern das Gefühl er¬
weckt, der Streik sei der einzige Weg. sich Gerechtigkeit zu verschaffen.. . . Solche
Methoden machen jede friedliche Aussöhnung unmöglich und arbeitn den Bot-
hes ewlsten in die Hände. Es wäre ein Irrtum anzunehmen, daß es in England
keine Bolschewismen gibt. . . . Alle die, welche so -leichthin von den Segnungen
des Bolschewismus reden, vergessen, daß keine Nation unter einem allgemeinen
Zusammenbruch so sehr, wie gerade England, leiden würde. . , . Nach meiner
Ansicht dauert es nicht mehr lange, bis die Arbeiterpartei die herrschende Klasse
in England wird."

Noch deutlicher drückte die vorhandenen sozialen Sorgen Englands Gardiner
in seiner Zeitung "Daily News" aus:

"Niemand, der die geistige Verfassung großer Teile der arbeitenden Klassen
in England und Frankreich kennt, ist sich darüber im unklaren, wie trocken der
Brennstoff ist und wie viel trockener er noch werden wird, wenn erst der Druck
des Krieges nachläßt und die Schwierigkeiten, die Verbitterung und die mit der
Demobilisierung verbundenen Entbehrungen sowie die Übergangswirtschaft in der
Industrie sich fühlbar machen. . . . Kann. Havelock Wilson seine Gewerkschaft
gegen Henderson ausspielen, so können die Eisenbahnarbeiwr, wie Thomas an¬
drohte, den Eisenbahnverkehr auf Kosten der Feinde der Arbeiter lahmlegen."

Im September 1918 war übrigens bereits ein sehr gefährlicher Eisenbahner-
, Streit ausgebrochen, der schließlich nur durch schleunige Nachgiebigkeit der Regierung
beseitigt werden konnte. Auch sonst fanden letzthin Riesenstreiks in so großer Zahl
statt wie nie zuvor in der englischen Geschichte, und überall konnte nur durch
Nachgiebigkeit der Regierung größerem Unheil gesteuert werden.


die Pensionen sind dort bemerkenswerierwcise vorteilhafter als bei uns. Und die
Lehrer in Elsaß-Lothringen? Wenn sie ihre Geholter mit denen ihrer französischen
Kollegen vergleichen? Das Problem ist jedoch viel dieser und übersteigt bei weitem
diese oder jene Einzelresorm. Denn es ist eine inne Welt im Entstehen."

Dies Zugeständnis läßt doch woh! darauf schließen, daß, wenn der Sieges'
launet in Frankreich verebbt ist, auch dort das soziale Problem wieder der Kern-
Punkt allen polnischen Geschehens werden muß. Schon jetzi treten die französischen
Sozialisten, deren nationale Gesinnung im Kriege über jeden Zweifel erhaben
war. mit großer Entschiedenheit gegen jeden ungerechten Frieden, j>de Vergewalti¬
gung Deutschlands auf. Nachdem Deutschland sozialistische Republik geworden ist,
ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, daß sie sich, wenn ihren sozialen Forderungen
nicht freiwillig in weitem Umfange cntgcgingelc.innen wird, mit ihren deutscheu
Parteigenossen zur Bekämpfung des 'Kapitalismus verbunden, Die „Ansteckung",
von der Sembat spricht, führt dann eben auch in Frankreich zum Ausbruch der
sozialen Krankheit.

In England liegen die Dinge nicht viel anders. Der am 22. November
kurz vor den Neuwahlen erfolgte Austritt des Atbeiterminisicrs Clynes aus der
Koaliüonsregierung läßt auf eine stark wachsende Gegnerschaft der englischen
Arbeiter gegen Lloyd Georges imperialistische Regierung schließen. Auch hier
wird man, um die Dinge zuverlässig zu beurteilen und nicht trügerischen Hoff¬
nungen zu erliegen, am besten ein englisches Zeugnis selbst zu Hilfe rufen, das
beweisen mag. wie in England gleichfalls sozialer Zündstoff in Mengen vorhanden
ist. Schon fünf Wochen vor Ausbruch der deutschen Revolution, am 6. Oktober,
schrieb das britische Parlamentsmitglied I. H. Thomas im „Sunday PicNiral",'

„Es ist nicht zu bezweifeln, daß die Haltung der englischen Arbeiter bei
manchen unserer Verbündeten große Besorgnisse erweckt..... Manche Streiks
wurden — ich zögere nicht, es auszusprechen — durch Mißgriffe und Fehler der
Regierung hervorgerufen' man denke nur 'an die jüngsten Zwist igkciten der Polizei»
beamien. Andere wieder haben einen völligen Mangel an Methoden und Ver¬
ständnis bei den Behörden enthüllt. Wie war denn der Verlauf der Ereignisse?
Verhandlungen fanden statt, Verhandlungen wurden abgebrochen, der Streik folgte,
und sofort erreichten dje Arbeiter alles, was sie wollten..... Die dauernden
Kapitulationen vor der brutalen Gewalt haben bei den Arbeitern das Gefühl er¬
weckt, der Streik sei der einzige Weg. sich Gerechtigkeit zu verschaffen.. . . Solche
Methoden machen jede friedliche Aussöhnung unmöglich und arbeitn den Bot-
hes ewlsten in die Hände. Es wäre ein Irrtum anzunehmen, daß es in England
keine Bolschewismen gibt. . . . Alle die, welche so -leichthin von den Segnungen
des Bolschewismus reden, vergessen, daß keine Nation unter einem allgemeinen
Zusammenbruch so sehr, wie gerade England, leiden würde. . , . Nach meiner
Ansicht dauert es nicht mehr lange, bis die Arbeiterpartei die herrschende Klasse
in England wird."

Noch deutlicher drückte die vorhandenen sozialen Sorgen Englands Gardiner
in seiner Zeitung „Daily News" aus:

„Niemand, der die geistige Verfassung großer Teile der arbeitenden Klassen
in England und Frankreich kennt, ist sich darüber im unklaren, wie trocken der
Brennstoff ist und wie viel trockener er noch werden wird, wenn erst der Druck
des Krieges nachläßt und die Schwierigkeiten, die Verbitterung und die mit der
Demobilisierung verbundenen Entbehrungen sowie die Übergangswirtschaft in der
Industrie sich fühlbar machen. . . . Kann. Havelock Wilson seine Gewerkschaft
gegen Henderson ausspielen, so können die Eisenbahnarbeiwr, wie Thomas an¬
drohte, den Eisenbahnverkehr auf Kosten der Feinde der Arbeiter lahmlegen."

Im September 1918 war übrigens bereits ein sehr gefährlicher Eisenbahner-
, Streit ausgebrochen, der schließlich nur durch schleunige Nachgiebigkeit der Regierung
beseitigt werden konnte. Auch sonst fanden letzthin Riesenstreiks in so großer Zahl
statt wie nie zuvor in der englischen Geschichte, und überall konnte nur durch
Nachgiebigkeit der Regierung größerem Unheil gesteuert werden.


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[0239] die Pensionen sind dort bemerkenswerierwcise vorteilhafter als bei uns. Und die Lehrer in Elsaß-Lothringen? Wenn sie ihre Geholter mit denen ihrer französischen Kollegen vergleichen? Das Problem ist jedoch viel dieser und übersteigt bei weitem diese oder jene Einzelresorm. Denn es ist eine inne Welt im Entstehen." Dies Zugeständnis läßt doch woh! darauf schließen, daß, wenn der Sieges' launet in Frankreich verebbt ist, auch dort das soziale Problem wieder der Kern- Punkt allen polnischen Geschehens werden muß. Schon jetzi treten die französischen Sozialisten, deren nationale Gesinnung im Kriege über jeden Zweifel erhaben war. mit großer Entschiedenheit gegen jeden ungerechten Frieden, j>de Vergewalti¬ gung Deutschlands auf. Nachdem Deutschland sozialistische Republik geworden ist, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, daß sie sich, wenn ihren sozialen Forderungen nicht freiwillig in weitem Umfange cntgcgingelc.innen wird, mit ihren deutscheu Parteigenossen zur Bekämpfung des 'Kapitalismus verbunden, Die „Ansteckung", von der Sembat spricht, führt dann eben auch in Frankreich zum Ausbruch der sozialen Krankheit. In England liegen die Dinge nicht viel anders. Der am 22. November kurz vor den Neuwahlen erfolgte Austritt des Atbeiterminisicrs Clynes aus der Koaliüonsregierung läßt auf eine stark wachsende Gegnerschaft der englischen Arbeiter gegen Lloyd Georges imperialistische Regierung schließen. Auch hier wird man, um die Dinge zuverlässig zu beurteilen und nicht trügerischen Hoff¬ nungen zu erliegen, am besten ein englisches Zeugnis selbst zu Hilfe rufen, das beweisen mag. wie in England gleichfalls sozialer Zündstoff in Mengen vorhanden ist. Schon fünf Wochen vor Ausbruch der deutschen Revolution, am 6. Oktober, schrieb das britische Parlamentsmitglied I. H. Thomas im „Sunday PicNiral",' „Es ist nicht zu bezweifeln, daß die Haltung der englischen Arbeiter bei manchen unserer Verbündeten große Besorgnisse erweckt..... Manche Streiks wurden — ich zögere nicht, es auszusprechen — durch Mißgriffe und Fehler der Regierung hervorgerufen' man denke nur 'an die jüngsten Zwist igkciten der Polizei» beamien. Andere wieder haben einen völligen Mangel an Methoden und Ver¬ ständnis bei den Behörden enthüllt. Wie war denn der Verlauf der Ereignisse? Verhandlungen fanden statt, Verhandlungen wurden abgebrochen, der Streik folgte, und sofort erreichten dje Arbeiter alles, was sie wollten..... Die dauernden Kapitulationen vor der brutalen Gewalt haben bei den Arbeitern das Gefühl er¬ weckt, der Streik sei der einzige Weg. sich Gerechtigkeit zu verschaffen.. . . Solche Methoden machen jede friedliche Aussöhnung unmöglich und arbeitn den Bot- hes ewlsten in die Hände. Es wäre ein Irrtum anzunehmen, daß es in England keine Bolschewismen gibt. . . . Alle die, welche so -leichthin von den Segnungen des Bolschewismus reden, vergessen, daß keine Nation unter einem allgemeinen Zusammenbruch so sehr, wie gerade England, leiden würde. . , . Nach meiner Ansicht dauert es nicht mehr lange, bis die Arbeiterpartei die herrschende Klasse in England wird." Noch deutlicher drückte die vorhandenen sozialen Sorgen Englands Gardiner in seiner Zeitung „Daily News" aus: „Niemand, der die geistige Verfassung großer Teile der arbeitenden Klassen in England und Frankreich kennt, ist sich darüber im unklaren, wie trocken der Brennstoff ist und wie viel trockener er noch werden wird, wenn erst der Druck des Krieges nachläßt und die Schwierigkeiten, die Verbitterung und die mit der Demobilisierung verbundenen Entbehrungen sowie die Übergangswirtschaft in der Industrie sich fühlbar machen. . . . Kann. Havelock Wilson seine Gewerkschaft gegen Henderson ausspielen, so können die Eisenbahnarbeiwr, wie Thomas an¬ drohte, den Eisenbahnverkehr auf Kosten der Feinde der Arbeiter lahmlegen." Im September 1918 war übrigens bereits ein sehr gefährlicher Eisenbahner- , Streit ausgebrochen, der schließlich nur durch schleunige Nachgiebigkeit der Regierung beseitigt werden konnte. Auch sonst fanden letzthin Riesenstreiks in so großer Zahl statt wie nie zuvor in der englischen Geschichte, und überall konnte nur durch Nachgiebigkeit der Regierung größerem Unheil gesteuert werden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/239>, abgerufen am 23.07.2024.