Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
"In tausend Jungen"

Und das soll kein Kauderwelsch sein, wenn intellektuelle und Gewissens-
ftrebungen in ein Paar Nummern einer Zeitung so gegeneinander laufen, wenn
dazu eine neue Verhandlung aus einer ganz anderen Himmelsrichtung kommt, die
versuchen möchte, in diesem Wust aufzuräumen und die Dinge dahin zu stellen,
wohin sie gehören.

Chamberlains Frage war: Wie kommt es, daß deutsche Zeitungen in dieser
Frage Sein oder Nichtsein oftmals vielmehr mit Argumenten des Auslandes
gegen Deutschland als mit deutschen Argumenten gegen das Ausland zu arbeiten
scheinen? Und Chamberlains Antwort war, seiner ganzen Anschauung gemäß:
Die Juden! Der Mische Geist ist da an der Arbeit. Ja, aber sind alle deutschen
Sozialdemokraten auch Juden? Sind auch sie vom jüdischen Geiste infiziert? --
Er könnte wieder antworten: Weißt du nichts von den Juden Heine, Börne,
Lassalle, Marx? -- Also fragen wir ruhig weiter: Sind denn die deutschen
Ultramontanen --- nicht die katholischen Deutschen -- auch alle von diesem
jüdischen Geiste angesteckt? Und wieder könnte er antworten: Weißt du denn
nichts von meinem Nachweise, daß schon Ignatius von Loyola unter erzjüdischem
Einflüsse stand? Nichts davon, was ich ebenso nachgewiesen habe, daß dieser
jüdische Geist gerade in der römischen Kirche zu einer Auswirkung kam, wie
kaum anderswo?

Also fragen wir noch einmal weiter: Die Demokraten Süddeutschlands,
darunter vielleicht mehr Protestanten, als Katholiken, find die auch alle
jüdischen Geistes voll?

Wir sehen, da stimmt Wohl einiges, aber noch lange nicht alles. Dieser
gemeinsame Nenner "Judentum, jüdischer Geist" reicht nicht aus. Diese ganzen
Erscheinungen gehören mitsamt dem Judentum und dem jüdischen Geiste unter
einen anderen Nenner.

Sehen wir uns um in der Welt und fragen wir: Wo sind -- oder wo
schienen bis zum Kriege die alten Mächte und Völker zu sein und wo die jungen?
Auf die erste Frage wies man da auf die Türkei, Oesterreich, Frankreich, Spanien
hin, Zu den jungen Mächten zählte man die Vereinigten Staaten von Nord¬
amerika, Japan, Deutschland. -- Und England und Rußland? England gehörte
zu den älteren Mächten, die den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht und
unserem Empfinden gemäß schon überschritten hatten, und Rußland war ein
Rätsel. Erscheinungen versinkendem Alters standen dort neben solchen von
rohester Jugend.

Diese Art Kategorifierung war zu einfach, sie wurde den Wirklichkeiten nicht
gerecht. Nahm man z. B. England nur für sich, so mochte die Einstellung noch
einigermaßen angehen. Aber England hatte Kolonien. Außer der Insel England
gab es ein Großbritannien, das sich zum Weltreiche zu erheben strebte.

Und Frankreich? Das hatte doch auch Kolonien. Ja, aber deutlich unter¬
schied sich die französische Kolonisation von der englischen. Frankreichs Kolonisation
war ein großartiges Pläneschmieden, eine intellektuelle Arbeit, aber die großen
Entwürfe zur Ausführung zu bringen, reichte feine Volkskraft nicht aus. Es
blieb bei einem Gerüstbau gewissermaßen, wobei man die Wände mit Lehm¬
fachwerk auszufüllen strebte. Und brachte man bei den englischen Kolonien gar
die Vereinigten Staaten mit in Anschlag, nicht als Bestandteil des werdenden
Weltreiches Großbritannien, Wohl aber als Bestandteil der mit angelsächsischem
Geiste erfüllten Staatsbildungen, so drehte sich das Urteil von einem älteren
England sofort zu den Jungmächten herum. Da stimmte also etwas nicht.

Ebenso Japan. Das war doch kein junges Volk, sondern ein sehr, altes.
Aber auf Grund der japanischen Revolution und Geschichte trat da eine strebende
Neubildung zutage, die alle Zeichen eines jungen Staatsvolkes an der Stirne trug.

Und Deutschland? Was war denn am deutschen Volke jung? Das deutsche
Volk ist doch in der heutigen Welt mit eins der ältesten. Und hier muß eine
Berichtigung unserer geschichtlichen Auffassung eintreten. Jung ist an Deutsch¬
land nur seine nordöstliche Kolonie -- das Königreich Preußen. Aus der Mark
Brandenburg und einem Teile des Koloniallandes des Deutschen Ordens ist es


„In tausend Jungen"

Und das soll kein Kauderwelsch sein, wenn intellektuelle und Gewissens-
ftrebungen in ein Paar Nummern einer Zeitung so gegeneinander laufen, wenn
dazu eine neue Verhandlung aus einer ganz anderen Himmelsrichtung kommt, die
versuchen möchte, in diesem Wust aufzuräumen und die Dinge dahin zu stellen,
wohin sie gehören.

Chamberlains Frage war: Wie kommt es, daß deutsche Zeitungen in dieser
Frage Sein oder Nichtsein oftmals vielmehr mit Argumenten des Auslandes
gegen Deutschland als mit deutschen Argumenten gegen das Ausland zu arbeiten
scheinen? Und Chamberlains Antwort war, seiner ganzen Anschauung gemäß:
Die Juden! Der Mische Geist ist da an der Arbeit. Ja, aber sind alle deutschen
Sozialdemokraten auch Juden? Sind auch sie vom jüdischen Geiste infiziert? —
Er könnte wieder antworten: Weißt du nichts von den Juden Heine, Börne,
Lassalle, Marx? — Also fragen wir ruhig weiter: Sind denn die deutschen
Ultramontanen -— nicht die katholischen Deutschen — auch alle von diesem
jüdischen Geiste angesteckt? Und wieder könnte er antworten: Weißt du denn
nichts von meinem Nachweise, daß schon Ignatius von Loyola unter erzjüdischem
Einflüsse stand? Nichts davon, was ich ebenso nachgewiesen habe, daß dieser
jüdische Geist gerade in der römischen Kirche zu einer Auswirkung kam, wie
kaum anderswo?

Also fragen wir noch einmal weiter: Die Demokraten Süddeutschlands,
darunter vielleicht mehr Protestanten, als Katholiken, find die auch alle
jüdischen Geistes voll?

Wir sehen, da stimmt Wohl einiges, aber noch lange nicht alles. Dieser
gemeinsame Nenner „Judentum, jüdischer Geist" reicht nicht aus. Diese ganzen
Erscheinungen gehören mitsamt dem Judentum und dem jüdischen Geiste unter
einen anderen Nenner.

Sehen wir uns um in der Welt und fragen wir: Wo sind — oder wo
schienen bis zum Kriege die alten Mächte und Völker zu sein und wo die jungen?
Auf die erste Frage wies man da auf die Türkei, Oesterreich, Frankreich, Spanien
hin, Zu den jungen Mächten zählte man die Vereinigten Staaten von Nord¬
amerika, Japan, Deutschland. — Und England und Rußland? England gehörte
zu den älteren Mächten, die den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht und
unserem Empfinden gemäß schon überschritten hatten, und Rußland war ein
Rätsel. Erscheinungen versinkendem Alters standen dort neben solchen von
rohester Jugend.

Diese Art Kategorifierung war zu einfach, sie wurde den Wirklichkeiten nicht
gerecht. Nahm man z. B. England nur für sich, so mochte die Einstellung noch
einigermaßen angehen. Aber England hatte Kolonien. Außer der Insel England
gab es ein Großbritannien, das sich zum Weltreiche zu erheben strebte.

Und Frankreich? Das hatte doch auch Kolonien. Ja, aber deutlich unter¬
schied sich die französische Kolonisation von der englischen. Frankreichs Kolonisation
war ein großartiges Pläneschmieden, eine intellektuelle Arbeit, aber die großen
Entwürfe zur Ausführung zu bringen, reichte feine Volkskraft nicht aus. Es
blieb bei einem Gerüstbau gewissermaßen, wobei man die Wände mit Lehm¬
fachwerk auszufüllen strebte. Und brachte man bei den englischen Kolonien gar
die Vereinigten Staaten mit in Anschlag, nicht als Bestandteil des werdenden
Weltreiches Großbritannien, Wohl aber als Bestandteil der mit angelsächsischem
Geiste erfüllten Staatsbildungen, so drehte sich das Urteil von einem älteren
England sofort zu den Jungmächten herum. Da stimmte also etwas nicht.

Ebenso Japan. Das war doch kein junges Volk, sondern ein sehr, altes.
Aber auf Grund der japanischen Revolution und Geschichte trat da eine strebende
Neubildung zutage, die alle Zeichen eines jungen Staatsvolkes an der Stirne trug.

Und Deutschland? Was war denn am deutschen Volke jung? Das deutsche
Volk ist doch in der heutigen Welt mit eins der ältesten. Und hier muß eine
Berichtigung unserer geschichtlichen Auffassung eintreten. Jung ist an Deutsch¬
land nur seine nordöstliche Kolonie — das Königreich Preußen. Aus der Mark
Brandenburg und einem Teile des Koloniallandes des Deutschen Ordens ist es


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0018" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/88256"/>
          <fw type="header" place="top"> &#x201E;In tausend Jungen"</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_20"> Und das soll kein Kauderwelsch sein, wenn intellektuelle und Gewissens-<lb/>
ftrebungen in ein Paar Nummern einer Zeitung so gegeneinander laufen, wenn<lb/>
dazu eine neue Verhandlung aus einer ganz anderen Himmelsrichtung kommt, die<lb/>
versuchen möchte, in diesem Wust aufzuräumen und die Dinge dahin zu stellen,<lb/>
wohin sie gehören.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_21"> Chamberlains Frage war: Wie kommt es, daß deutsche Zeitungen in dieser<lb/>
Frage Sein oder Nichtsein oftmals vielmehr mit Argumenten des Auslandes<lb/>
gegen Deutschland als mit deutschen Argumenten gegen das Ausland zu arbeiten<lb/>
scheinen? Und Chamberlains Antwort war, seiner ganzen Anschauung gemäß:<lb/>
Die Juden! Der Mische Geist ist da an der Arbeit. Ja, aber sind alle deutschen<lb/>
Sozialdemokraten auch Juden? Sind auch sie vom jüdischen Geiste infiziert? &#x2014;<lb/>
Er könnte wieder antworten: Weißt du nichts von den Juden Heine, Börne,<lb/>
Lassalle, Marx? &#x2014; Also fragen wir ruhig weiter: Sind denn die deutschen<lb/>
Ultramontanen -&#x2014; nicht die katholischen Deutschen &#x2014; auch alle von diesem<lb/>
jüdischen Geiste angesteckt? Und wieder könnte er antworten: Weißt du denn<lb/>
nichts von meinem Nachweise, daß schon Ignatius von Loyola unter erzjüdischem<lb/>
Einflüsse stand? Nichts davon, was ich ebenso nachgewiesen habe, daß dieser<lb/>
jüdische Geist gerade in der römischen Kirche zu einer Auswirkung kam, wie<lb/>
kaum anderswo?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_22"> Also fragen wir noch einmal weiter: Die Demokraten Süddeutschlands,<lb/>
darunter vielleicht mehr Protestanten, als Katholiken, find die auch alle<lb/>
jüdischen Geistes voll?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_23"> Wir sehen, da stimmt Wohl einiges, aber noch lange nicht alles. Dieser<lb/>
gemeinsame Nenner &#x201E;Judentum, jüdischer Geist" reicht nicht aus. Diese ganzen<lb/>
Erscheinungen gehören mitsamt dem Judentum und dem jüdischen Geiste unter<lb/>
einen anderen Nenner.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_24"> Sehen wir uns um in der Welt und fragen wir: Wo sind &#x2014; oder wo<lb/>
schienen bis zum Kriege die alten Mächte und Völker zu sein und wo die jungen?<lb/>
Auf die erste Frage wies man da auf die Türkei, Oesterreich, Frankreich, Spanien<lb/>
hin, Zu den jungen Mächten zählte man die Vereinigten Staaten von Nord¬<lb/>
amerika, Japan, Deutschland. &#x2014; Und England und Rußland? England gehörte<lb/>
zu den älteren Mächten, die den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht und<lb/>
unserem Empfinden gemäß schon überschritten hatten, und Rußland war ein<lb/>
Rätsel. Erscheinungen versinkendem Alters standen dort neben solchen von<lb/>
rohester Jugend.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_25"> Diese Art Kategorifierung war zu einfach, sie wurde den Wirklichkeiten nicht<lb/>
gerecht. Nahm man z. B. England nur für sich, so mochte die Einstellung noch<lb/>
einigermaßen angehen. Aber England hatte Kolonien. Außer der Insel England<lb/>
gab es ein Großbritannien, das sich zum Weltreiche zu erheben strebte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_26"> Und Frankreich? Das hatte doch auch Kolonien. Ja, aber deutlich unter¬<lb/>
schied sich die französische Kolonisation von der englischen. Frankreichs Kolonisation<lb/>
war ein großartiges Pläneschmieden, eine intellektuelle Arbeit, aber die großen<lb/>
Entwürfe zur Ausführung zu bringen, reichte feine Volkskraft nicht aus. Es<lb/>
blieb bei einem Gerüstbau gewissermaßen, wobei man die Wände mit Lehm¬<lb/>
fachwerk auszufüllen strebte. Und brachte man bei den englischen Kolonien gar<lb/>
die Vereinigten Staaten mit in Anschlag, nicht als Bestandteil des werdenden<lb/>
Weltreiches Großbritannien, Wohl aber als Bestandteil der mit angelsächsischem<lb/>
Geiste erfüllten Staatsbildungen, so drehte sich das Urteil von einem älteren<lb/>
England sofort zu den Jungmächten herum. Da stimmte also etwas nicht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_27"> Ebenso Japan. Das war doch kein junges Volk, sondern ein sehr, altes.<lb/>
Aber auf Grund der japanischen Revolution und Geschichte trat da eine strebende<lb/>
Neubildung zutage, die alle Zeichen eines jungen Staatsvolkes an der Stirne trug.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_28" next="#ID_29"> Und Deutschland? Was war denn am deutschen Volke jung? Das deutsche<lb/>
Volk ist doch in der heutigen Welt mit eins der ältesten. Und hier muß eine<lb/>
Berichtigung unserer geschichtlichen Auffassung eintreten. Jung ist an Deutsch¬<lb/>
land nur seine nordöstliche Kolonie &#x2014; das Königreich Preußen. Aus der Mark<lb/>
Brandenburg und einem Teile des Koloniallandes des Deutschen Ordens ist es</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0018] „In tausend Jungen" Und das soll kein Kauderwelsch sein, wenn intellektuelle und Gewissens- ftrebungen in ein Paar Nummern einer Zeitung so gegeneinander laufen, wenn dazu eine neue Verhandlung aus einer ganz anderen Himmelsrichtung kommt, die versuchen möchte, in diesem Wust aufzuräumen und die Dinge dahin zu stellen, wohin sie gehören. Chamberlains Frage war: Wie kommt es, daß deutsche Zeitungen in dieser Frage Sein oder Nichtsein oftmals vielmehr mit Argumenten des Auslandes gegen Deutschland als mit deutschen Argumenten gegen das Ausland zu arbeiten scheinen? Und Chamberlains Antwort war, seiner ganzen Anschauung gemäß: Die Juden! Der Mische Geist ist da an der Arbeit. Ja, aber sind alle deutschen Sozialdemokraten auch Juden? Sind auch sie vom jüdischen Geiste infiziert? — Er könnte wieder antworten: Weißt du nichts von den Juden Heine, Börne, Lassalle, Marx? — Also fragen wir ruhig weiter: Sind denn die deutschen Ultramontanen -— nicht die katholischen Deutschen — auch alle von diesem jüdischen Geiste angesteckt? Und wieder könnte er antworten: Weißt du denn nichts von meinem Nachweise, daß schon Ignatius von Loyola unter erzjüdischem Einflüsse stand? Nichts davon, was ich ebenso nachgewiesen habe, daß dieser jüdische Geist gerade in der römischen Kirche zu einer Auswirkung kam, wie kaum anderswo? Also fragen wir noch einmal weiter: Die Demokraten Süddeutschlands, darunter vielleicht mehr Protestanten, als Katholiken, find die auch alle jüdischen Geistes voll? Wir sehen, da stimmt Wohl einiges, aber noch lange nicht alles. Dieser gemeinsame Nenner „Judentum, jüdischer Geist" reicht nicht aus. Diese ganzen Erscheinungen gehören mitsamt dem Judentum und dem jüdischen Geiste unter einen anderen Nenner. Sehen wir uns um in der Welt und fragen wir: Wo sind — oder wo schienen bis zum Kriege die alten Mächte und Völker zu sein und wo die jungen? Auf die erste Frage wies man da auf die Türkei, Oesterreich, Frankreich, Spanien hin, Zu den jungen Mächten zählte man die Vereinigten Staaten von Nord¬ amerika, Japan, Deutschland. — Und England und Rußland? England gehörte zu den älteren Mächten, die den Höhepunkt ihrer Entwicklung erreicht und unserem Empfinden gemäß schon überschritten hatten, und Rußland war ein Rätsel. Erscheinungen versinkendem Alters standen dort neben solchen von rohester Jugend. Diese Art Kategorifierung war zu einfach, sie wurde den Wirklichkeiten nicht gerecht. Nahm man z. B. England nur für sich, so mochte die Einstellung noch einigermaßen angehen. Aber England hatte Kolonien. Außer der Insel England gab es ein Großbritannien, das sich zum Weltreiche zu erheben strebte. Und Frankreich? Das hatte doch auch Kolonien. Ja, aber deutlich unter¬ schied sich die französische Kolonisation von der englischen. Frankreichs Kolonisation war ein großartiges Pläneschmieden, eine intellektuelle Arbeit, aber die großen Entwürfe zur Ausführung zu bringen, reichte feine Volkskraft nicht aus. Es blieb bei einem Gerüstbau gewissermaßen, wobei man die Wände mit Lehm¬ fachwerk auszufüllen strebte. Und brachte man bei den englischen Kolonien gar die Vereinigten Staaten mit in Anschlag, nicht als Bestandteil des werdenden Weltreiches Großbritannien, Wohl aber als Bestandteil der mit angelsächsischem Geiste erfüllten Staatsbildungen, so drehte sich das Urteil von einem älteren England sofort zu den Jungmächten herum. Da stimmte also etwas nicht. Ebenso Japan. Das war doch kein junges Volk, sondern ein sehr, altes. Aber auf Grund der japanischen Revolution und Geschichte trat da eine strebende Neubildung zutage, die alle Zeichen eines jungen Staatsvolkes an der Stirne trug. Und Deutschland? Was war denn am deutschen Volke jung? Das deutsche Volk ist doch in der heutigen Welt mit eins der ältesten. Und hier muß eine Berichtigung unserer geschichtlichen Auffassung eintreten. Jung ist an Deutsch¬ land nur seine nordöstliche Kolonie — das Königreich Preußen. Aus der Mark Brandenburg und einem Teile des Koloniallandes des Deutschen Ordens ist es

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/18
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/18>, abgerufen am 24.11.2024.