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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

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römischen Katholiken, vor allem aber an den bereits Unierten an Gewalttaten
verbrochen hat, nennt sein Buch eine apologetische Studie, eine Verteidigungsschrift;
in Wirklichkeit ist es eine Anklageschrift. Im ersten Kapitel behandelt er das
"dritte Rom" und sein byzantinisches Erbe, die Entwicklung des Cäsaropapismus,
die vollständige Unterordnung der Kirche unter die Staatsgewalt, die Verquickung
von Nationalität und Orthodoxie, die dem Moskal so sehr eins sind, daß er "nur
den als Volksgenossen zu achten vermag, der zugleich ein Rechtgläubiger ist"
(Ein Zar, ein Volk, ein Glaube), den unversöhnlichen und unauslöschlichen Haß
der russischen gegen die römische Kirche, das Lateinertum, das Abendland und
seine Kultur, und endlich ihren Ritualismus und geistestötenden Formalismus,
mit dem sie trotzdem das "gealterte, entartete, gottlose Europa" zu verjüngen ge¬
denkt. Im zweiten bietet er eine gute Übersicht über die Geschichte der Union
der Kleinrussen mit Rom und begründet überzeugend die Verurteilung der pol-
nischerscits andauernd "trotz aller päpstlichen Mahnungen gegenüber den Unierten
betätigten Unduldsamkeit", die ja eine der Ursachen des Untergangs Altpolens ge¬
wesen ist. Im dritten, dem umfangreichsten Kapitel, erzählt er uns mit dankens¬
werter Gründlichkeit den Kampf sämtlicher Zaren Rußlands, von Peter dem Großen
an bis zum Sturz Nikolaus II., gegen die katholische Kirche und macht uns mit
den Mitteln, mit der Hinterhältigkeit, UnWahrhaftigkeit und Brutalität, mit denen
das Ziel der Vernichtung des römischen Katholizismus innerhalb der Grenzen des
Riesenreiches erstrebt wurde, bekannt; das meiste wird den meisten Lesern, da wir
unseren Blick bisher zumeist auf den angeblich kulturell so unendlich hochstehenden
Westen gerichtet hatten, neu sein. Der Schlußabschnitt, erheblich kürzer, kritisiert
Rußlands romfeindliche äußere Politik, seine sogenannte "historische Mission",
Konstantinopel zu erobern, die Balkanchristen M "befreien", "alle slawischen Bäche
in das große (groß-) russische Meer" hineinzuleiten, Österreich-Ungarn zu zer¬
trümmern, im nahen Orient festen Fuß zu fassen, dort das Protektorat über die
Orthodoxen auszuüben, mit der ihm eigenen Zähigkeit durch zielbewußte Propa¬
ganda in Kirche und Schule die dortigen Massen in den Bannkreis der gro߬
russischen Kultur zu ziehen und auch dort den Einfluß der römischen Kirche Z
brechen. -- Wie oben angedeutet, das Buch Mefferts enthält viel Neues, dem
deutschen Leser Unbekanntes; es behandelt außerdem ein Thema von welt¬
historischer Bedeutung. Wird es Rom gelingen, die Bewohner der Länder, die
einst zu Altpolen gehörten, in den Schoß der alleinseeligmachenden Kirche zurück¬
zuführen, desgleichen die Nationalkirchen der Rumänen, Bulgaren, Ukrainer usw.
zum Anschluß an die Union zu bewegen? Die Aussichten sind ihm nach dem Sturz
seines erbittertsten Gegners günstig. Wer über diese Dinge orientiert sein will, für
den kommt die vorliegende Schrift im richtigen Augenblick; er wird sie mit
Professor Kranz reichem Ertrag lesen.


StimtSanschtmnngcn. Quellenstücke, zusammengestellt von Paul Rühlmann.
Teubner.1918. geh. 2 -- M.

Drei Einzelhefte der bekannten "Quellensammlung für den geschichtlichen
Unterricht" von Landeck und Rühlmann sind hier zu einem schmalen Bändchen
vereinigt, das uns die "Geschichte des Staatsgedankens von der Antike bis zur
Gegenwart" gleichsam in gedanklichen Originalbildern vor Augen führen soll.
Staatsgedanke, Staatsanschauung; darunter versteht Rühlmann nicht bloß die
historisch-politische oder juristische oder philosophische Formulierung des Begriffs:
Staat, sondern auch die Gedanken und Anschauungen über die Staats- und
Regierungsformen, das Verhältnis von Staat und Nation, die äußeren Beziehungen
der Staaten, verdeutlicht an Kernstellen der einschlägigen Literatur, also mit einem
Worte: einen Quellenabriß zur Geschichte der politischen Theorien. Bei der Dis¬
ponierung seines Stoffes hat der Verfasser das persönliche Prinzip gewählt, ob-
wohl er eine gewisse Gruppierung der Autoren nach inhaltlichen Rücksichten nicht
umgehen konnte.

Gegen die Art und Weise, wie das geschieht, ist auch für das erste Heft
nichts Erhebliches zu sagen. Die hier gewählten Abschnitte sind folgende: Zunächst
die "Antike": 1) Die Anfänge staatstheoretischen Denkens (Demokrit, Sokrates,


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römischen Katholiken, vor allem aber an den bereits Unierten an Gewalttaten
verbrochen hat, nennt sein Buch eine apologetische Studie, eine Verteidigungsschrift;
in Wirklichkeit ist es eine Anklageschrift. Im ersten Kapitel behandelt er das
„dritte Rom" und sein byzantinisches Erbe, die Entwicklung des Cäsaropapismus,
die vollständige Unterordnung der Kirche unter die Staatsgewalt, die Verquickung
von Nationalität und Orthodoxie, die dem Moskal so sehr eins sind, daß er „nur
den als Volksgenossen zu achten vermag, der zugleich ein Rechtgläubiger ist"
(Ein Zar, ein Volk, ein Glaube), den unversöhnlichen und unauslöschlichen Haß
der russischen gegen die römische Kirche, das Lateinertum, das Abendland und
seine Kultur, und endlich ihren Ritualismus und geistestötenden Formalismus,
mit dem sie trotzdem das „gealterte, entartete, gottlose Europa" zu verjüngen ge¬
denkt. Im zweiten bietet er eine gute Übersicht über die Geschichte der Union
der Kleinrussen mit Rom und begründet überzeugend die Verurteilung der pol-
nischerscits andauernd „trotz aller päpstlichen Mahnungen gegenüber den Unierten
betätigten Unduldsamkeit", die ja eine der Ursachen des Untergangs Altpolens ge¬
wesen ist. Im dritten, dem umfangreichsten Kapitel, erzählt er uns mit dankens¬
werter Gründlichkeit den Kampf sämtlicher Zaren Rußlands, von Peter dem Großen
an bis zum Sturz Nikolaus II., gegen die katholische Kirche und macht uns mit
den Mitteln, mit der Hinterhältigkeit, UnWahrhaftigkeit und Brutalität, mit denen
das Ziel der Vernichtung des römischen Katholizismus innerhalb der Grenzen des
Riesenreiches erstrebt wurde, bekannt; das meiste wird den meisten Lesern, da wir
unseren Blick bisher zumeist auf den angeblich kulturell so unendlich hochstehenden
Westen gerichtet hatten, neu sein. Der Schlußabschnitt, erheblich kürzer, kritisiert
Rußlands romfeindliche äußere Politik, seine sogenannte „historische Mission",
Konstantinopel zu erobern, die Balkanchristen M „befreien", „alle slawischen Bäche
in das große (groß-) russische Meer" hineinzuleiten, Österreich-Ungarn zu zer¬
trümmern, im nahen Orient festen Fuß zu fassen, dort das Protektorat über die
Orthodoxen auszuüben, mit der ihm eigenen Zähigkeit durch zielbewußte Propa¬
ganda in Kirche und Schule die dortigen Massen in den Bannkreis der gro߬
russischen Kultur zu ziehen und auch dort den Einfluß der römischen Kirche Z
brechen. — Wie oben angedeutet, das Buch Mefferts enthält viel Neues, dem
deutschen Leser Unbekanntes; es behandelt außerdem ein Thema von welt¬
historischer Bedeutung. Wird es Rom gelingen, die Bewohner der Länder, die
einst zu Altpolen gehörten, in den Schoß der alleinseeligmachenden Kirche zurück¬
zuführen, desgleichen die Nationalkirchen der Rumänen, Bulgaren, Ukrainer usw.
zum Anschluß an die Union zu bewegen? Die Aussichten sind ihm nach dem Sturz
seines erbittertsten Gegners günstig. Wer über diese Dinge orientiert sein will, für
den kommt die vorliegende Schrift im richtigen Augenblick; er wird sie mit
Professor Kranz reichem Ertrag lesen.


StimtSanschtmnngcn. Quellenstücke, zusammengestellt von Paul Rühlmann.
Teubner.1918. geh. 2 — M.

Drei Einzelhefte der bekannten „Quellensammlung für den geschichtlichen
Unterricht" von Landeck und Rühlmann sind hier zu einem schmalen Bändchen
vereinigt, das uns die „Geschichte des Staatsgedankens von der Antike bis zur
Gegenwart" gleichsam in gedanklichen Originalbildern vor Augen führen soll.
Staatsgedanke, Staatsanschauung; darunter versteht Rühlmann nicht bloß die
historisch-politische oder juristische oder philosophische Formulierung des Begriffs:
Staat, sondern auch die Gedanken und Anschauungen über die Staats- und
Regierungsformen, das Verhältnis von Staat und Nation, die äußeren Beziehungen
der Staaten, verdeutlicht an Kernstellen der einschlägigen Literatur, also mit einem
Worte: einen Quellenabriß zur Geschichte der politischen Theorien. Bei der Dis¬
ponierung seines Stoffes hat der Verfasser das persönliche Prinzip gewählt, ob-
wohl er eine gewisse Gruppierung der Autoren nach inhaltlichen Rücksichten nicht
umgehen konnte.

Gegen die Art und Weise, wie das geschieht, ist auch für das erste Heft
nichts Erhebliches zu sagen. Die hier gewählten Abschnitte sind folgende: Zunächst
die „Antike": 1) Die Anfänge staatstheoretischen Denkens (Demokrit, Sokrates,


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[0114] Neue Bücher römischen Katholiken, vor allem aber an den bereits Unierten an Gewalttaten verbrochen hat, nennt sein Buch eine apologetische Studie, eine Verteidigungsschrift; in Wirklichkeit ist es eine Anklageschrift. Im ersten Kapitel behandelt er das „dritte Rom" und sein byzantinisches Erbe, die Entwicklung des Cäsaropapismus, die vollständige Unterordnung der Kirche unter die Staatsgewalt, die Verquickung von Nationalität und Orthodoxie, die dem Moskal so sehr eins sind, daß er „nur den als Volksgenossen zu achten vermag, der zugleich ein Rechtgläubiger ist" (Ein Zar, ein Volk, ein Glaube), den unversöhnlichen und unauslöschlichen Haß der russischen gegen die römische Kirche, das Lateinertum, das Abendland und seine Kultur, und endlich ihren Ritualismus und geistestötenden Formalismus, mit dem sie trotzdem das „gealterte, entartete, gottlose Europa" zu verjüngen ge¬ denkt. Im zweiten bietet er eine gute Übersicht über die Geschichte der Union der Kleinrussen mit Rom und begründet überzeugend die Verurteilung der pol- nischerscits andauernd „trotz aller päpstlichen Mahnungen gegenüber den Unierten betätigten Unduldsamkeit", die ja eine der Ursachen des Untergangs Altpolens ge¬ wesen ist. Im dritten, dem umfangreichsten Kapitel, erzählt er uns mit dankens¬ werter Gründlichkeit den Kampf sämtlicher Zaren Rußlands, von Peter dem Großen an bis zum Sturz Nikolaus II., gegen die katholische Kirche und macht uns mit den Mitteln, mit der Hinterhältigkeit, UnWahrhaftigkeit und Brutalität, mit denen das Ziel der Vernichtung des römischen Katholizismus innerhalb der Grenzen des Riesenreiches erstrebt wurde, bekannt; das meiste wird den meisten Lesern, da wir unseren Blick bisher zumeist auf den angeblich kulturell so unendlich hochstehenden Westen gerichtet hatten, neu sein. Der Schlußabschnitt, erheblich kürzer, kritisiert Rußlands romfeindliche äußere Politik, seine sogenannte „historische Mission", Konstantinopel zu erobern, die Balkanchristen M „befreien", „alle slawischen Bäche in das große (groß-) russische Meer" hineinzuleiten, Österreich-Ungarn zu zer¬ trümmern, im nahen Orient festen Fuß zu fassen, dort das Protektorat über die Orthodoxen auszuüben, mit der ihm eigenen Zähigkeit durch zielbewußte Propa¬ ganda in Kirche und Schule die dortigen Massen in den Bannkreis der gro߬ russischen Kultur zu ziehen und auch dort den Einfluß der römischen Kirche Z brechen. — Wie oben angedeutet, das Buch Mefferts enthält viel Neues, dem deutschen Leser Unbekanntes; es behandelt außerdem ein Thema von welt¬ historischer Bedeutung. Wird es Rom gelingen, die Bewohner der Länder, die einst zu Altpolen gehörten, in den Schoß der alleinseeligmachenden Kirche zurück¬ zuführen, desgleichen die Nationalkirchen der Rumänen, Bulgaren, Ukrainer usw. zum Anschluß an die Union zu bewegen? Die Aussichten sind ihm nach dem Sturz seines erbittertsten Gegners günstig. Wer über diese Dinge orientiert sein will, für den kommt die vorliegende Schrift im richtigen Augenblick; er wird sie mit Professor Kranz reichem Ertrag lesen. StimtSanschtmnngcn. Quellenstücke, zusammengestellt von Paul Rühlmann. Teubner.1918. geh. 2 — M. Drei Einzelhefte der bekannten „Quellensammlung für den geschichtlichen Unterricht" von Landeck und Rühlmann sind hier zu einem schmalen Bändchen vereinigt, das uns die „Geschichte des Staatsgedankens von der Antike bis zur Gegenwart" gleichsam in gedanklichen Originalbildern vor Augen führen soll. Staatsgedanke, Staatsanschauung; darunter versteht Rühlmann nicht bloß die historisch-politische oder juristische oder philosophische Formulierung des Begriffs: Staat, sondern auch die Gedanken und Anschauungen über die Staats- und Regierungsformen, das Verhältnis von Staat und Nation, die äußeren Beziehungen der Staaten, verdeutlicht an Kernstellen der einschlägigen Literatur, also mit einem Worte: einen Quellenabriß zur Geschichte der politischen Theorien. Bei der Dis¬ ponierung seines Stoffes hat der Verfasser das persönliche Prinzip gewählt, ob- wohl er eine gewisse Gruppierung der Autoren nach inhaltlichen Rücksichten nicht umgehen konnte. Gegen die Art und Weise, wie das geschieht, ist auch für das erste Heft nichts Erhebliches zu sagen. Die hier gewählten Abschnitte sind folgende: Zunächst die „Antike": 1) Die Anfänge staatstheoretischen Denkens (Demokrit, Sokrates,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/114>, abgerufen am 24.11.2024.