Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.Neue Bücher Dr. Hermann Meyer: "Frankreichs Kampf um die Macht der Welt" Tübingen. Verlag von I. C. B. Mohr (Paul Siebeck). 1918. 73 S. Preis 2 Mark. "Wer selbst im Glashause sitzt, soll andere nicht mit Steinen werfen". Prsfessor Dr. Lonrad Bornhak Dr. theol. Franz Meffert "Das zarische Rußland und die katholische Kirche" (München-Gladbach 1918! Volksvereins-Verlag 3.60 M). Der sterbende Papst Pius X. faßte die kirchengeschichtliche Bedeutung des Neue Bücher Dr. Hermann Meyer: „Frankreichs Kampf um die Macht der Welt" Tübingen. Verlag von I. C. B. Mohr (Paul Siebeck). 1918. 73 S. Preis 2 Mark. „Wer selbst im Glashause sitzt, soll andere nicht mit Steinen werfen". Prsfessor Dr. Lonrad Bornhak Dr. theol. Franz Meffert „Das zarische Rußland und die katholische Kirche" (München-Gladbach 1918! Volksvereins-Verlag 3.60 M). Der sterbende Papst Pius X. faßte die kirchengeschichtliche Bedeutung des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0113" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/88351"/> <fw type="header" place="top"> Neue Bücher</fw><lb/> </div> <div n="2"> <head> Dr. Hermann Meyer: „Frankreichs Kampf um die Macht der Welt"<lb/> Tübingen. Verlag von I. C. B. Mohr (Paul Siebeck). 1918. 73 S. Preis<lb/> 2 Mark.</head><lb/> <p xml:id="ID_456"> „Wer selbst im Glashause sitzt, soll andere nicht mit Steinen werfen".<lb/> Wiederholt ist aus den Reihen unserer Feinde gegen Deutschland der Vorwurf<lb/> erklungen, Deutschland strebe nach der Weltherrschaft. Da war es wirklich an der<lb/> Zeit, daß die deutsche Publizistik einmal den Spieß umdrehte. Verfasser hat dies<lb/> zunächst einmal gegenüber Frankreich getan und den Nachweis unternommen, daß,<lb/> was immer man auch unter Weltherrschaft verstehen mag, Frankreich wiederholt<lb/> noch ihr gestrebt und sie auch wiederholt ausgeübt hat. Der wirkliche Inhalt der<lb/> Weltherrschaft ist dabei allerdings sehr schwankend. Man kann darunter einmal<lb/> die wirkliche Beherrschung der Welt, wenigstens der bekannten Kulturwelt, eine<lb/> politische Oberherrlichkeit über alle Staaten, andererseits aber bloß die führende<lb/> politische Stellung unter den Staaten Europas verstehen. Mit dem römisch-<lb/> deutschen Kaisertum des Mittelalters war nun allerdings der Anspruch auf die<lb/> Universalmonarchie verbunden, aber es war seit dem Untergange der Hohenstaufen<lb/> zum wesenlosen Schatten herabgesunken. Demgegenüber erhob sich auf nationaler<lb/> Grundlage die französische Monarchie mit dem Ansprüche, in sich die wahre Nach¬<lb/> folge des fränkischen Königtums Karls des Großen zu verkörpern. Frankreich<lb/> betonte damit nicht nur seine Unabhängigkeit von der kaiserlichen Universal¬<lb/> monarchie, sondern nahm selbst eine solche sür sich in Anspruch. Und das blieb<lb/> nicht graue Theorie, sondern die französische Politik suchte die Ansprüche der ko.ro-<lb/> lingischen Monarchie in Deutschland und namentlich in Italien zu verwirklichen.<lb/> Selbst an Versuchen, das Kaisertum als Anhang des karolingischen Königtums für das<lb/> Westfrankenreich zurückzugewinnen, hat es von den Zeiten Franz des Ersten bis zu<lb/> denen Ludwigs des Vierzehnten nicht gefehlt. Die Ziele dieser französischen Weltmacht¬<lb/> stellung bedeuteten doch aber immerhin nur den Anspruch auf eine vorherrschende.<lb/> Stellung in Europa. Eine wirkliche europäische Weltherrschaft, die sich über alle natio¬<lb/> nalen Grenzen erhob, hat erst Napoleon der Erste zielbewußt erstrebt und zeitweise<lb/> verwirklicht. Demgegenüber zog sich Napoleon der Dritte wieder auf das Ziel der bour-<lb/> bonischen Politik zurück, lo. preponciörance legitime ac la, Trance. Und gerade,<lb/> daß diese durch die Schlacht bei Königgrütz für Frankreich verloren ging, war es,<lb/> was die nationale Eitelkeit der Franzosen nicht verwinden konnte. Der Revanche¬<lb/> gedanke geht nicht auf 1871, sondern auf 1866 zurück. Frankreich war es, das<lb/> seit Jahrhunderten nach der Weltherrschaft in der einen oder der anderen Gestalt<lb/> gestrebt hat, und auch der Weltkrieg sollte den Franzosen nicht nur Elsaß-Loth¬<lb/> ringen, sondern vor allem ihre verlorene Weltgeltung wiederbringen. Es ist ein<lb/> besonderes Verdienst des Verfassers, nachgewiesen zu haben, wie dieses Streben<lb/> nach der Weltherrschaft seit Jahrhunderten die französische Politik durchzieht und<lb/> auch das französische Kriegsziel des Weltkrieges ist. Nun fehlt uns noch eine<lb/> ähnliche Schrift für England. Denn nicht den Deutschen ist das Streben nach<lb/> Weltherrschaft eigen, sondern den Engländern und Franzosen.</p><lb/> <note type="byline"> Prsfessor Dr. Lonrad Bornhak</note><lb/> </div> <div n="2"> <head> Dr. theol. Franz Meffert „Das zarische Rußland und die katholische Kirche"<lb/> (München-Gladbach 1918! Volksvereins-Verlag 3.60 M).</head><lb/> <p xml:id="ID_457" next="#ID_458"> Der sterbende Papst Pius X. faßte die kirchengeschichtliche Bedeutung des<lb/> Weltkrieges in die Worte zusammen: Li viuae ig I?u3sia, viuae 1o Zcw'sum. Er<lb/> hätte sagen können und erhoffte vermutlich, was der Verfasser erhofft: Wenn<lb/> Rußland besiegt wird, siegt „Rom", die römisch-katholische Kirche, über „Moskau",<lb/> die grechisch-orthodoxe; wenn das russische „Amel-Rom" zusammenbricht, öffnet<lb/> sich sui „Rom" das Tor nach dem Osten, dem Tüdosten und dem Orient und<lb/> eröffnet sich ihm die Aussicht, daß der größte Teil der Schismatiker sich „für den<lb/> Kulturcmschluß nach Westen und den Kirchenanschluß an Rom" entscheidet.<lb/> Dr. Meffert, der mit Bienenfleiß und ausgebreiteter Velesenheit alles zusammenträgt,<lb/> was das zarische Rußland, der Tschin und die russische Staatskirche in Abwehr<lb/> der Bestrebungen Roms, die Ostslawen für „das römische Dogma unter Bei¬<lb/> behaltung des slawischen Ritus," das heißt für die Union, zu gewinnen, an seinen</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0113]
Neue Bücher
Dr. Hermann Meyer: „Frankreichs Kampf um die Macht der Welt"
Tübingen. Verlag von I. C. B. Mohr (Paul Siebeck). 1918. 73 S. Preis
2 Mark.
„Wer selbst im Glashause sitzt, soll andere nicht mit Steinen werfen".
Wiederholt ist aus den Reihen unserer Feinde gegen Deutschland der Vorwurf
erklungen, Deutschland strebe nach der Weltherrschaft. Da war es wirklich an der
Zeit, daß die deutsche Publizistik einmal den Spieß umdrehte. Verfasser hat dies
zunächst einmal gegenüber Frankreich getan und den Nachweis unternommen, daß,
was immer man auch unter Weltherrschaft verstehen mag, Frankreich wiederholt
noch ihr gestrebt und sie auch wiederholt ausgeübt hat. Der wirkliche Inhalt der
Weltherrschaft ist dabei allerdings sehr schwankend. Man kann darunter einmal
die wirkliche Beherrschung der Welt, wenigstens der bekannten Kulturwelt, eine
politische Oberherrlichkeit über alle Staaten, andererseits aber bloß die führende
politische Stellung unter den Staaten Europas verstehen. Mit dem römisch-
deutschen Kaisertum des Mittelalters war nun allerdings der Anspruch auf die
Universalmonarchie verbunden, aber es war seit dem Untergange der Hohenstaufen
zum wesenlosen Schatten herabgesunken. Demgegenüber erhob sich auf nationaler
Grundlage die französische Monarchie mit dem Ansprüche, in sich die wahre Nach¬
folge des fränkischen Königtums Karls des Großen zu verkörpern. Frankreich
betonte damit nicht nur seine Unabhängigkeit von der kaiserlichen Universal¬
monarchie, sondern nahm selbst eine solche sür sich in Anspruch. Und das blieb
nicht graue Theorie, sondern die französische Politik suchte die Ansprüche der ko.ro-
lingischen Monarchie in Deutschland und namentlich in Italien zu verwirklichen.
Selbst an Versuchen, das Kaisertum als Anhang des karolingischen Königtums für das
Westfrankenreich zurückzugewinnen, hat es von den Zeiten Franz des Ersten bis zu
denen Ludwigs des Vierzehnten nicht gefehlt. Die Ziele dieser französischen Weltmacht¬
stellung bedeuteten doch aber immerhin nur den Anspruch auf eine vorherrschende.
Stellung in Europa. Eine wirkliche europäische Weltherrschaft, die sich über alle natio¬
nalen Grenzen erhob, hat erst Napoleon der Erste zielbewußt erstrebt und zeitweise
verwirklicht. Demgegenüber zog sich Napoleon der Dritte wieder auf das Ziel der bour-
bonischen Politik zurück, lo. preponciörance legitime ac la, Trance. Und gerade,
daß diese durch die Schlacht bei Königgrütz für Frankreich verloren ging, war es,
was die nationale Eitelkeit der Franzosen nicht verwinden konnte. Der Revanche¬
gedanke geht nicht auf 1871, sondern auf 1866 zurück. Frankreich war es, das
seit Jahrhunderten nach der Weltherrschaft in der einen oder der anderen Gestalt
gestrebt hat, und auch der Weltkrieg sollte den Franzosen nicht nur Elsaß-Loth¬
ringen, sondern vor allem ihre verlorene Weltgeltung wiederbringen. Es ist ein
besonderes Verdienst des Verfassers, nachgewiesen zu haben, wie dieses Streben
nach der Weltherrschaft seit Jahrhunderten die französische Politik durchzieht und
auch das französische Kriegsziel des Weltkrieges ist. Nun fehlt uns noch eine
ähnliche Schrift für England. Denn nicht den Deutschen ist das Streben nach
Weltherrschaft eigen, sondern den Engländern und Franzosen.
Prsfessor Dr. Lonrad Bornhak
Dr. theol. Franz Meffert „Das zarische Rußland und die katholische Kirche"
(München-Gladbach 1918! Volksvereins-Verlag 3.60 M).
Der sterbende Papst Pius X. faßte die kirchengeschichtliche Bedeutung des
Weltkrieges in die Worte zusammen: Li viuae ig I?u3sia, viuae 1o Zcw'sum. Er
hätte sagen können und erhoffte vermutlich, was der Verfasser erhofft: Wenn
Rußland besiegt wird, siegt „Rom", die römisch-katholische Kirche, über „Moskau",
die grechisch-orthodoxe; wenn das russische „Amel-Rom" zusammenbricht, öffnet
sich sui „Rom" das Tor nach dem Osten, dem Tüdosten und dem Orient und
eröffnet sich ihm die Aussicht, daß der größte Teil der Schismatiker sich „für den
Kulturcmschluß nach Westen und den Kirchenanschluß an Rom" entscheidet.
Dr. Meffert, der mit Bienenfleiß und ausgebreiteter Velesenheit alles zusammenträgt,
was das zarische Rußland, der Tschin und die russische Staatskirche in Abwehr
der Bestrebungen Roms, die Ostslawen für „das römische Dogma unter Bei¬
behaltung des slawischen Ritus," das heißt für die Union, zu gewinnen, an seinen
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