Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.Neue Bücher sang mit den soeben behandelten Problemen stehend nur eben angedeutet, auf Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit. . . Man hat angesichts der Neue Bücher Hervorragende Vertreter der deutschen Philosophie betrachten sich als Bruno Bauchs Werke über Immanuel Kant, sowohl das größere Neue Bücher sang mit den soeben behandelten Problemen stehend nur eben angedeutet, auf Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit. . . Man hat angesichts der Neue Bücher Hervorragende Vertreter der deutschen Philosophie betrachten sich als Bruno Bauchs Werke über Immanuel Kant, sowohl das größere <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0108" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/88346"/> <fw type="header" place="top"> Neue Bücher</fw><lb/> <p xml:id="ID_438" prev="#ID_437"> sang mit den soeben behandelten Problemen stehend nur eben angedeutet, auf<lb/> ihre Lösung wird noch viel Mühe verwandt werden müssen.</p><lb/> <p xml:id="ID_439"> Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit. . . Man hat angesichts der<lb/> jüngsten Ereignisse gesagt, das Werk Bismarcks sei im Abbruch begriffen. Ja,<lb/> machen wir uns die Dinge klar ohne Sentimentalität, aber auch ohne frivolen<lb/> Leichtsinn! Unser Heroenzeitalter ist vorüber. Das Haus, das sich ein Genie<lb/> zum Wohnen und Walten einrichtete, bedarf eines Anbaus, nachdem neue<lb/> Besitzer eingezogen sind. Die Verfassung des „kurzlebigen Militärstaätes", wie<lb/> Miquel sie bei ihrem Entstehen genannt hat, muß sich nach einem halben Jahr¬<lb/> hundert den Bedürfnissen einer veränderten Welt anpassen. Auch in der aus¬<lb/> wärtigen Politik haben wir über Bismarck hinaus schauen gelernt. Kein<lb/> redlicher Mann wird deswegen sich über den Meister erhaben dünken, kein<lb/> Geschichtsschreiber es, wie man tendenziös behauptet, wagen, die ganze<lb/> Bismarcksche Epoche nur als einen großen Irrtum zu erklären. Aber niemand<lb/> vermag auch dem Rade der Geschichte in die Speichen zu fallen, wenn heute aber¬<lb/> mals ein „altes" Preußen von einer Stein - Hardenbergischen Reformzeit<lb/><note type="byline"> D</note> abgelöst wird. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Neue Bücher</head><lb/> <p xml:id="ID_440"> Hervorragende Vertreter der deutschen Philosophie betrachten sich als<lb/> Anhänger und Fortbildner der Lehre Kants. Nachdem 50 Jahre lang in zahl¬<lb/> losen Büchern über ihren wissenschastlichen Gehalt gestritten worden ist, dringt<lb/> mehr und mehr die — längst von einzelnen Forschern verkündete — Auffassung<lb/> durch, welche die eigentliche Absicht Kants in der Aufdeckung nicht der Psycho¬<lb/> logischen, sondern der logischen Grundlagen aller gegenständlichen Erkenntnis<lb/> erblickt, daher in der Ergründung von Sinn, Geltung, Bedeutung, Rechts¬<lb/> anspruch, nicht aber von Sein und Entstehung, in der Lösung von axiologischen,<lb/> nicht von ontischen und genetischen Problemen sieht. Diese transzendental-<lb/> philosophische, kritische Auslegung allein läßt Kants Philosophie als wahrhaft<lb/> originale, von einem großen Gedanken getragene Leistung erscheinen, für die ihre<lb/> gewaltige Wirkung zeugt; die eigentümliche geistige Einstellung, die, den Denk¬<lb/> gewohnheiten des "praktischen Lebens und der Naturwissenschaften fremd, für sie<lb/> verlangt wird, macht, neben den bekannten Schwierigkeiten, die Kants Ringen<lb/> um den Ausdruck der für seine Zeit neuen Gedanken hervorruft, zugleich ver¬<lb/> ständlich, daß diese Deutung sich so schwer durchzusetzen vermocht hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_441" next="#ID_442"> Bruno Bauchs Werke über Immanuel Kant, sowohl das größere<lb/> (Verlag von Göschen, Berlin und Leipzig. 1917, 475 S.) als das (in 2. veroess.<lb/> Auflage vorliegende) Büchlein der Sammlung Göschen, werden solche kritische<lb/> Auffassung befestigen. Was schon dieses auf Grund seiner musterhaften<lb/> Erläuterung der viel mißverstcmoenen kritischen Grundbegriffe, fo besonders des<lb/> Apriori und des Transzendentalen, geleistet hat, ist in dem erstgenannten in<lb/> breiterer, dadurch aber nur noch eindringlicherer Auseinandersetzung geboten:<lb/> eine Darstellung des Kantischen Kritizismus als einer großartigen, von der<lb/> Kritik der reinen Vernunft zur Kritik der Urteilskraft sich folgerichtig erweitern¬<lb/> den und vertiefenden Grundlegung der Transzendentalphilosophie. Entscheidend<lb/> für das Gelingen solcher Aufgabe ist einerseits die Bewältigung der terminologisch<lb/> und sachlich schwierige« Begriffe, die Material und Werkzeug des Kantischen<lb/> Gebäudes bilden, anderseits die klare Einsicht in den Bauplan des Ganzen. Beide<lb/> Anforderungen erfüllt Bauch in rühmlicher Weise. Das erstere hat er durch nach-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0108]
Neue Bücher
sang mit den soeben behandelten Problemen stehend nur eben angedeutet, auf
ihre Lösung wird noch viel Mühe verwandt werden müssen.
Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit. . . Man hat angesichts der
jüngsten Ereignisse gesagt, das Werk Bismarcks sei im Abbruch begriffen. Ja,
machen wir uns die Dinge klar ohne Sentimentalität, aber auch ohne frivolen
Leichtsinn! Unser Heroenzeitalter ist vorüber. Das Haus, das sich ein Genie
zum Wohnen und Walten einrichtete, bedarf eines Anbaus, nachdem neue
Besitzer eingezogen sind. Die Verfassung des „kurzlebigen Militärstaätes", wie
Miquel sie bei ihrem Entstehen genannt hat, muß sich nach einem halben Jahr¬
hundert den Bedürfnissen einer veränderten Welt anpassen. Auch in der aus¬
wärtigen Politik haben wir über Bismarck hinaus schauen gelernt. Kein
redlicher Mann wird deswegen sich über den Meister erhaben dünken, kein
Geschichtsschreiber es, wie man tendenziös behauptet, wagen, die ganze
Bismarcksche Epoche nur als einen großen Irrtum zu erklären. Aber niemand
vermag auch dem Rade der Geschichte in die Speichen zu fallen, wenn heute aber¬
mals ein „altes" Preußen von einer Stein - Hardenbergischen Reformzeit
D abgelöst wird.
Neue Bücher
Hervorragende Vertreter der deutschen Philosophie betrachten sich als
Anhänger und Fortbildner der Lehre Kants. Nachdem 50 Jahre lang in zahl¬
losen Büchern über ihren wissenschastlichen Gehalt gestritten worden ist, dringt
mehr und mehr die — längst von einzelnen Forschern verkündete — Auffassung
durch, welche die eigentliche Absicht Kants in der Aufdeckung nicht der Psycho¬
logischen, sondern der logischen Grundlagen aller gegenständlichen Erkenntnis
erblickt, daher in der Ergründung von Sinn, Geltung, Bedeutung, Rechts¬
anspruch, nicht aber von Sein und Entstehung, in der Lösung von axiologischen,
nicht von ontischen und genetischen Problemen sieht. Diese transzendental-
philosophische, kritische Auslegung allein läßt Kants Philosophie als wahrhaft
originale, von einem großen Gedanken getragene Leistung erscheinen, für die ihre
gewaltige Wirkung zeugt; die eigentümliche geistige Einstellung, die, den Denk¬
gewohnheiten des "praktischen Lebens und der Naturwissenschaften fremd, für sie
verlangt wird, macht, neben den bekannten Schwierigkeiten, die Kants Ringen
um den Ausdruck der für seine Zeit neuen Gedanken hervorruft, zugleich ver¬
ständlich, daß diese Deutung sich so schwer durchzusetzen vermocht hat.
Bruno Bauchs Werke über Immanuel Kant, sowohl das größere
(Verlag von Göschen, Berlin und Leipzig. 1917, 475 S.) als das (in 2. veroess.
Auflage vorliegende) Büchlein der Sammlung Göschen, werden solche kritische
Auffassung befestigen. Was schon dieses auf Grund seiner musterhaften
Erläuterung der viel mißverstcmoenen kritischen Grundbegriffe, fo besonders des
Apriori und des Transzendentalen, geleistet hat, ist in dem erstgenannten in
breiterer, dadurch aber nur noch eindringlicherer Auseinandersetzung geboten:
eine Darstellung des Kantischen Kritizismus als einer großartigen, von der
Kritik der reinen Vernunft zur Kritik der Urteilskraft sich folgerichtig erweitern¬
den und vertiefenden Grundlegung der Transzendentalphilosophie. Entscheidend
für das Gelingen solcher Aufgabe ist einerseits die Bewältigung der terminologisch
und sachlich schwierige« Begriffe, die Material und Werkzeug des Kantischen
Gebäudes bilden, anderseits die klare Einsicht in den Bauplan des Ganzen. Beide
Anforderungen erfüllt Bauch in rühmlicher Weise. Das erstere hat er durch nach-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |