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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

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Wandlungen

Wollte man die Linie innehalten, die der Erlaß vom 30. September an¬
deutet, so konnte auch Art. 11 der R.V. nicht mehr in seiner bisherigen Form
bestehen bleiben. Bei der Schicksalsfrage der Kriegserklärung und des Friedens¬
schlusses muß künftig auch die Gesamtheit des Volkes in aller Form
mitreden dürfen.

Geltendes Recht war, daß der Kaiser -- in seiner Eigenschaft als völker¬
rechtlicher Vertreter des Reichs -- den Kr"g zu erklären und Frieden zu schließen
hatte mit zwei Einschränkungen: bei der Kriegserklärung war die Zustimmung
des Bundesrath erforderlich, außer wenn es sich um einen feindlichen Angriff
handelte') und am Friedensschlüsse war der Reichstag dann beteiligt, wenn die
Friedensverträge Gegenstände der Reichsgesetzgebung berührten, was die Regel
war. Im ersten Falle erfolgte eine Mitlvirkung des Reichstages'nur insofern,
als er bei der Beschlußfassung über die Aufbringung der zur Kriegführung
erforderlichen Mittel die Stimme des deutschen Volkes zu Gehör bringen konnte,
wie wir es am 4. August 1914 erlebt haben. Der am 15. September vom
Bundesrat beschlossene Gesetzentwurf ändert nun Art. 11 der R.V. dahin ab, daß
zur Kriegserklärung auch die Zustimmung des Reichstags erforderlich ist, und
zwar nicht nur gewissermaßen nachträglich wie bisher, sondern a priori; ohne
sein Votum kann, wie es in der Begründung heißt, künftig eine staatsrechtlich
gültige Kriegserklärung überhaupt nicht zustande kommen. Ebenso wird für
jeden die Reichsgesetzgebung berührenden Vertrag, mag es sich um Friedens¬
verträge handeln oder nicht, nunmehr klipp und klar die Zustimmung des
Parlaments obligatorisch gemacht, das völlig gleichberechtigt neben den Bundes¬
rat tritt, während früher hier gemachte Unterscheidungen hinsichtlich der
Mitwirkung beider legislativen Organe "zu einer .Fülle von Streitigkeiten und
Zweifeln Anlaß" gaben.

In Deutschland weiß jeder Mann und jede Frau, daß sich kein Monarch
der ungeheuren Verantwortung, die auf ihm lastete, stärker bewußt sein konnte
als Kaiser Wilhelm in den Julitagen 1914, gerade er aber war es, der neun
Jahre zuvor dem Zaren.geraten hatte, die Entscheidung über den Krieg mit
Japan der Duma vorzulegen, weil es "ganz unmöglich ist, für einen sterblichen
Herrscher, die Verantwortung dafür auf feine eigenen Schultern zu nehmen ohne
die Hilfe und den Rat eines Volkes". Käme es nur auf den lauteren Willen
der Krone an, so hätten wir gewissermaßen auch den Übergang zum Verfassungs¬
staate nicht nötig gehabt!

Bekanntlich gab es nun schon bisher eine Stelle, die legal^die Verantwortung
für die Anordnungen und Verfügungen des Kaisers zu tragen hatte; es ist das
nach Art. 17 der R.V. det Kanzler, das "Verantwortliche Gesamtministerium des
Reichs", wie ihn Labend genannt hat. Aber im Gegensatz zu den meisten
Einzelstaaten fehlte es im "Reich und Preußen an Ausführungsbestimmungen
zum Zwecke einer praktischen Verwirklichung der Einrichtung, so daß man im
Auslande der Ansicht war, der Minister des Deutschen Reiches könne nicht zur
Verantwortung gezogen werden,, und auch heimische Theoretiker diese als
"Phrase" bezeichnet haben. Sicherlich mit Unrecht, denn als politisches Prinzip
ist sie durchaus wirksam gewesen. Nunmehr soll ihr gesetzlicher Ausbau erfolgen,
was also im Gegensatz zu den oben erörterten Wandlungen keine Verfassungs¬
änderung erfordert. Es darf dabei erinnert werden, daß der Übergang zu
parlamentarischer Regierungsweise die Regelung eines hochnotpeinlichen Ver¬
fahrens für die Ministerverantwortlichkeit eigentlich überflüssig macht, da die
strengen Methoden des "imxs^ebiriLQt" anderen Formen, die sich aus dem
Begriff der Parteiregierung ergeben, gewichen sind.

Die schwierige Frage der kaiserlichen Kommandogewalt, der Stellung des
Kriegsministers zu Militärkabinett und Generalstab sei als im engsten Zusammen-



-') In der "Germania" (Ur. 477 und 48S) werden die Dinge völlig ver¬
wirrt und geradezu auf den Kopf gestellt durch die wiederholte Behauptung, nach
Art. ,11 Abs. 2 bedürfe ein deutscher Angriffskrieg der Zustimmung des Bundesrath.
Wandlungen

Wollte man die Linie innehalten, die der Erlaß vom 30. September an¬
deutet, so konnte auch Art. 11 der R.V. nicht mehr in seiner bisherigen Form
bestehen bleiben. Bei der Schicksalsfrage der Kriegserklärung und des Friedens¬
schlusses muß künftig auch die Gesamtheit des Volkes in aller Form
mitreden dürfen.

Geltendes Recht war, daß der Kaiser — in seiner Eigenschaft als völker¬
rechtlicher Vertreter des Reichs — den Kr«g zu erklären und Frieden zu schließen
hatte mit zwei Einschränkungen: bei der Kriegserklärung war die Zustimmung
des Bundesrath erforderlich, außer wenn es sich um einen feindlichen Angriff
handelte') und am Friedensschlüsse war der Reichstag dann beteiligt, wenn die
Friedensverträge Gegenstände der Reichsgesetzgebung berührten, was die Regel
war. Im ersten Falle erfolgte eine Mitlvirkung des Reichstages'nur insofern,
als er bei der Beschlußfassung über die Aufbringung der zur Kriegführung
erforderlichen Mittel die Stimme des deutschen Volkes zu Gehör bringen konnte,
wie wir es am 4. August 1914 erlebt haben. Der am 15. September vom
Bundesrat beschlossene Gesetzentwurf ändert nun Art. 11 der R.V. dahin ab, daß
zur Kriegserklärung auch die Zustimmung des Reichstags erforderlich ist, und
zwar nicht nur gewissermaßen nachträglich wie bisher, sondern a priori; ohne
sein Votum kann, wie es in der Begründung heißt, künftig eine staatsrechtlich
gültige Kriegserklärung überhaupt nicht zustande kommen. Ebenso wird für
jeden die Reichsgesetzgebung berührenden Vertrag, mag es sich um Friedens¬
verträge handeln oder nicht, nunmehr klipp und klar die Zustimmung des
Parlaments obligatorisch gemacht, das völlig gleichberechtigt neben den Bundes¬
rat tritt, während früher hier gemachte Unterscheidungen hinsichtlich der
Mitwirkung beider legislativen Organe „zu einer .Fülle von Streitigkeiten und
Zweifeln Anlaß" gaben.

In Deutschland weiß jeder Mann und jede Frau, daß sich kein Monarch
der ungeheuren Verantwortung, die auf ihm lastete, stärker bewußt sein konnte
als Kaiser Wilhelm in den Julitagen 1914, gerade er aber war es, der neun
Jahre zuvor dem Zaren.geraten hatte, die Entscheidung über den Krieg mit
Japan der Duma vorzulegen, weil es „ganz unmöglich ist, für einen sterblichen
Herrscher, die Verantwortung dafür auf feine eigenen Schultern zu nehmen ohne
die Hilfe und den Rat eines Volkes". Käme es nur auf den lauteren Willen
der Krone an, so hätten wir gewissermaßen auch den Übergang zum Verfassungs¬
staate nicht nötig gehabt!

Bekanntlich gab es nun schon bisher eine Stelle, die legal^die Verantwortung
für die Anordnungen und Verfügungen des Kaisers zu tragen hatte; es ist das
nach Art. 17 der R.V. det Kanzler, das „Verantwortliche Gesamtministerium des
Reichs", wie ihn Labend genannt hat. Aber im Gegensatz zu den meisten
Einzelstaaten fehlte es im "Reich und Preußen an Ausführungsbestimmungen
zum Zwecke einer praktischen Verwirklichung der Einrichtung, so daß man im
Auslande der Ansicht war, der Minister des Deutschen Reiches könne nicht zur
Verantwortung gezogen werden,, und auch heimische Theoretiker diese als
„Phrase" bezeichnet haben. Sicherlich mit Unrecht, denn als politisches Prinzip
ist sie durchaus wirksam gewesen. Nunmehr soll ihr gesetzlicher Ausbau erfolgen,
was also im Gegensatz zu den oben erörterten Wandlungen keine Verfassungs¬
änderung erfordert. Es darf dabei erinnert werden, daß der Übergang zu
parlamentarischer Regierungsweise die Regelung eines hochnotpeinlichen Ver¬
fahrens für die Ministerverantwortlichkeit eigentlich überflüssig macht, da die
strengen Methoden des „imxs^ebiriLQt" anderen Formen, die sich aus dem
Begriff der Parteiregierung ergeben, gewichen sind.

Die schwierige Frage der kaiserlichen Kommandogewalt, der Stellung des
Kriegsministers zu Militärkabinett und Generalstab sei als im engsten Zusammen-



-') In der „Germania" (Ur. 477 und 48S) werden die Dinge völlig ver¬
wirrt und geradezu auf den Kopf gestellt durch die wiederholte Behauptung, nach
Art. ,11 Abs. 2 bedürfe ein deutscher Angriffskrieg der Zustimmung des Bundesrath.
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[0107] Wandlungen Wollte man die Linie innehalten, die der Erlaß vom 30. September an¬ deutet, so konnte auch Art. 11 der R.V. nicht mehr in seiner bisherigen Form bestehen bleiben. Bei der Schicksalsfrage der Kriegserklärung und des Friedens¬ schlusses muß künftig auch die Gesamtheit des Volkes in aller Form mitreden dürfen. Geltendes Recht war, daß der Kaiser — in seiner Eigenschaft als völker¬ rechtlicher Vertreter des Reichs — den Kr«g zu erklären und Frieden zu schließen hatte mit zwei Einschränkungen: bei der Kriegserklärung war die Zustimmung des Bundesrath erforderlich, außer wenn es sich um einen feindlichen Angriff handelte') und am Friedensschlüsse war der Reichstag dann beteiligt, wenn die Friedensverträge Gegenstände der Reichsgesetzgebung berührten, was die Regel war. Im ersten Falle erfolgte eine Mitlvirkung des Reichstages'nur insofern, als er bei der Beschlußfassung über die Aufbringung der zur Kriegführung erforderlichen Mittel die Stimme des deutschen Volkes zu Gehör bringen konnte, wie wir es am 4. August 1914 erlebt haben. Der am 15. September vom Bundesrat beschlossene Gesetzentwurf ändert nun Art. 11 der R.V. dahin ab, daß zur Kriegserklärung auch die Zustimmung des Reichstags erforderlich ist, und zwar nicht nur gewissermaßen nachträglich wie bisher, sondern a priori; ohne sein Votum kann, wie es in der Begründung heißt, künftig eine staatsrechtlich gültige Kriegserklärung überhaupt nicht zustande kommen. Ebenso wird für jeden die Reichsgesetzgebung berührenden Vertrag, mag es sich um Friedens¬ verträge handeln oder nicht, nunmehr klipp und klar die Zustimmung des Parlaments obligatorisch gemacht, das völlig gleichberechtigt neben den Bundes¬ rat tritt, während früher hier gemachte Unterscheidungen hinsichtlich der Mitwirkung beider legislativen Organe „zu einer .Fülle von Streitigkeiten und Zweifeln Anlaß" gaben. In Deutschland weiß jeder Mann und jede Frau, daß sich kein Monarch der ungeheuren Verantwortung, die auf ihm lastete, stärker bewußt sein konnte als Kaiser Wilhelm in den Julitagen 1914, gerade er aber war es, der neun Jahre zuvor dem Zaren.geraten hatte, die Entscheidung über den Krieg mit Japan der Duma vorzulegen, weil es „ganz unmöglich ist, für einen sterblichen Herrscher, die Verantwortung dafür auf feine eigenen Schultern zu nehmen ohne die Hilfe und den Rat eines Volkes". Käme es nur auf den lauteren Willen der Krone an, so hätten wir gewissermaßen auch den Übergang zum Verfassungs¬ staate nicht nötig gehabt! Bekanntlich gab es nun schon bisher eine Stelle, die legal^die Verantwortung für die Anordnungen und Verfügungen des Kaisers zu tragen hatte; es ist das nach Art. 17 der R.V. det Kanzler, das „Verantwortliche Gesamtministerium des Reichs", wie ihn Labend genannt hat. Aber im Gegensatz zu den meisten Einzelstaaten fehlte es im "Reich und Preußen an Ausführungsbestimmungen zum Zwecke einer praktischen Verwirklichung der Einrichtung, so daß man im Auslande der Ansicht war, der Minister des Deutschen Reiches könne nicht zur Verantwortung gezogen werden,, und auch heimische Theoretiker diese als „Phrase" bezeichnet haben. Sicherlich mit Unrecht, denn als politisches Prinzip ist sie durchaus wirksam gewesen. Nunmehr soll ihr gesetzlicher Ausbau erfolgen, was also im Gegensatz zu den oben erörterten Wandlungen keine Verfassungs¬ änderung erfordert. Es darf dabei erinnert werden, daß der Übergang zu parlamentarischer Regierungsweise die Regelung eines hochnotpeinlichen Ver¬ fahrens für die Ministerverantwortlichkeit eigentlich überflüssig macht, da die strengen Methoden des „imxs^ebiriLQt" anderen Formen, die sich aus dem Begriff der Parteiregierung ergeben, gewichen sind. Die schwierige Frage der kaiserlichen Kommandogewalt, der Stellung des Kriegsministers zu Militärkabinett und Generalstab sei als im engsten Zusammen- -') In der „Germania" (Ur. 477 und 48S) werden die Dinge völlig ver¬ wirrt und geradezu auf den Kopf gestellt durch die wiederholte Behauptung, nach Art. ,11 Abs. 2 bedürfe ein deutscher Angriffskrieg der Zustimmung des Bundesrath.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/107>, abgerufen am 25.08.2024.