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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr.

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vlcimcu und Flaminganten

er der Vorgesetzte der Oberlehrer und Direktoren wird, er hat betont, daß Ent¬
scheidungen" über Urlaub, Nebenbeschäftigungen und Auswärtswohuen nur aus
sachlichen Gründen heraus erfolgen dürfen, und er hat endlich noch einmal
deutlich darauf hingewiesen, daß die neue Verwaltungsordnung einen Versuch
darstellt. Man erkennt, daß er sich der Bedeutung seines Entgegenkommens den
Städten gegenüber bewußt war und daß er auf loyale Durchführung bei ihnen
hofft. Nur dann werden die Reibungen, die bis jetzt, auch in größeren Städten
so oft erfolgten, aufhören, wenn die Städte, selber mit dem Erlangten zufrieden,
großzügig wie ihre Rechte so auch ihre Pflichten den Schulen gegenüber wahren
und wenn sie den neuen Geist, mit dem der Staat ihnen entgegenkommt, nun
auch ihrerseits betätigen.




Vlamen und Aaminganten
Hans Witte Von Dr.

le Vlamensrage ist eines der verwickeltsten NationalittitsprMeme.
MzM^^W Jn ihr ist soviel Unsicherheit und Schwanken, weil das Planen
selber nicht als geschlossene Einheit zusammensteht. Nichts
Z ist verkehrter als die Meinung, das flämische Voll hätte sich den
der belgischen Regierung wie ein
Mann widersetzt. Diese Maßnahmen hätten nun und nimmer
solchen Erfolg haben können, wenn ihnen nicht große Teile der Bevölkerung lau
und teilnahmlos gegenübergestanden, nicht wenige geborene Manier sogar tätigen
Vorschub geleistet hätten.

Das Ergebnis, über das wir uns keinen Täuschungen hingeben dürfen, ist
denn auch das, daß bei unserem Einmarsch in Belgien das Vlmnenvolk in fort¬
schreitender Verwelschung begriffen war und daß auch jetzt noch -- unter der
deutschen Militärverwaltung und trotz der Abwesenheit der belgischen
Regierung -- starke die Verwelschung fördernde Strömungen an der Arbeit find.

Soll das Mmnentmn gerettet werden, so ist es die höchste Zeit, daß etwas
wirklich Durchgreifendes geschieht. Mit der Errichtung einer flämischen
Universität, mit dem Erlaß von- Schul- und Sprachverordnungen, zumal wenn
-sie nicht streng und rücksichtslos durchgeführt werden, ja selbst mit der Ver¬
waltungstrennung ist es nicht getan, so notwendig und zweckmäßig jeder dieser
Schritte war, wenn nicht gleichzeitig den immer noch vorhandenen übermächtigen
Französiernngsströmungen entschlossen und planmäßig der Boden ab¬
gegraben wird.

Es hat seine Bedenken, daß dieses Werk jetzt im wesentlichen durch uns, die
wir der großen Masse der flämischen Bevölkerung noch immer als "der Feind"
gelten, geleistet werden muß. Aber es geht nun einmal nicht anders. Denn das
Mamentum selber ist schon längst viel zu Wenig Herr seiner eigenen Geschicke, ist
im Innern schon viel zu geschwächt und zerklüftet, um aus eigener Kraft den
Weg zur völkischen Erneuerung wiederfinden und vor allem mit Erfolg auf ihm
beharren zu können.

Es ist nun einmal nicht anders, und jeder, der mit diesen Dingen zu tun
hat, wird sich mit der Übeln Tatsache abfinden müssen, daß die bewußt flämisch
Gesinnten, die sogenannten Flaminganten, innerhalb der flämischen Bevölkerungs¬
masse nur eine Minderheit darstellen. In der überwältigenden Zahl der Gleich¬
gültigen, ja sogar bis in die- Kreise der eigentlichen Flaminganten ist die belgische
Staatsgesinnung entschieden mächtiger als der flämische Volksgedanke. "Wie
kann man sui --.sah spreeken?" hört man wieder und wieder von geborenen
Vlamen, namentlich der städtischen Bevölkerung. "Flämisch ist doch nur ein


vlcimcu und Flaminganten

er der Vorgesetzte der Oberlehrer und Direktoren wird, er hat betont, daß Ent¬
scheidungen" über Urlaub, Nebenbeschäftigungen und Auswärtswohuen nur aus
sachlichen Gründen heraus erfolgen dürfen, und er hat endlich noch einmal
deutlich darauf hingewiesen, daß die neue Verwaltungsordnung einen Versuch
darstellt. Man erkennt, daß er sich der Bedeutung seines Entgegenkommens den
Städten gegenüber bewußt war und daß er auf loyale Durchführung bei ihnen
hofft. Nur dann werden die Reibungen, die bis jetzt, auch in größeren Städten
so oft erfolgten, aufhören, wenn die Städte, selber mit dem Erlangten zufrieden,
großzügig wie ihre Rechte so auch ihre Pflichten den Schulen gegenüber wahren
und wenn sie den neuen Geist, mit dem der Staat ihnen entgegenkommt, nun
auch ihrerseits betätigen.




Vlamen und Aaminganten
Hans Witte Von Dr.

le Vlamensrage ist eines der verwickeltsten NationalittitsprMeme.
MzM^^W Jn ihr ist soviel Unsicherheit und Schwanken, weil das Planen
selber nicht als geschlossene Einheit zusammensteht. Nichts
Z ist verkehrter als die Meinung, das flämische Voll hätte sich den
der belgischen Regierung wie ein
Mann widersetzt. Diese Maßnahmen hätten nun und nimmer
solchen Erfolg haben können, wenn ihnen nicht große Teile der Bevölkerung lau
und teilnahmlos gegenübergestanden, nicht wenige geborene Manier sogar tätigen
Vorschub geleistet hätten.

Das Ergebnis, über das wir uns keinen Täuschungen hingeben dürfen, ist
denn auch das, daß bei unserem Einmarsch in Belgien das Vlmnenvolk in fort¬
schreitender Verwelschung begriffen war und daß auch jetzt noch — unter der
deutschen Militärverwaltung und trotz der Abwesenheit der belgischen
Regierung — starke die Verwelschung fördernde Strömungen an der Arbeit find.

Soll das Mmnentmn gerettet werden, so ist es die höchste Zeit, daß etwas
wirklich Durchgreifendes geschieht. Mit der Errichtung einer flämischen
Universität, mit dem Erlaß von- Schul- und Sprachverordnungen, zumal wenn
-sie nicht streng und rücksichtslos durchgeführt werden, ja selbst mit der Ver¬
waltungstrennung ist es nicht getan, so notwendig und zweckmäßig jeder dieser
Schritte war, wenn nicht gleichzeitig den immer noch vorhandenen übermächtigen
Französiernngsströmungen entschlossen und planmäßig der Boden ab¬
gegraben wird.

Es hat seine Bedenken, daß dieses Werk jetzt im wesentlichen durch uns, die
wir der großen Masse der flämischen Bevölkerung noch immer als „der Feind"
gelten, geleistet werden muß. Aber es geht nun einmal nicht anders. Denn das
Mamentum selber ist schon längst viel zu Wenig Herr seiner eigenen Geschicke, ist
im Innern schon viel zu geschwächt und zerklüftet, um aus eigener Kraft den
Weg zur völkischen Erneuerung wiederfinden und vor allem mit Erfolg auf ihm
beharren zu können.

Es ist nun einmal nicht anders, und jeder, der mit diesen Dingen zu tun
hat, wird sich mit der Übeln Tatsache abfinden müssen, daß die bewußt flämisch
Gesinnten, die sogenannten Flaminganten, innerhalb der flämischen Bevölkerungs¬
masse nur eine Minderheit darstellen. In der überwältigenden Zahl der Gleich¬
gültigen, ja sogar bis in die- Kreise der eigentlichen Flaminganten ist die belgische
Staatsgesinnung entschieden mächtiger als der flämische Volksgedanke. „Wie
kann man sui --.sah spreeken?" hört man wieder und wieder von geborenen
Vlamen, namentlich der städtischen Bevölkerung. „Flämisch ist doch nur ein


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[0101] vlcimcu und Flaminganten er der Vorgesetzte der Oberlehrer und Direktoren wird, er hat betont, daß Ent¬ scheidungen" über Urlaub, Nebenbeschäftigungen und Auswärtswohuen nur aus sachlichen Gründen heraus erfolgen dürfen, und er hat endlich noch einmal deutlich darauf hingewiesen, daß die neue Verwaltungsordnung einen Versuch darstellt. Man erkennt, daß er sich der Bedeutung seines Entgegenkommens den Städten gegenüber bewußt war und daß er auf loyale Durchführung bei ihnen hofft. Nur dann werden die Reibungen, die bis jetzt, auch in größeren Städten so oft erfolgten, aufhören, wenn die Städte, selber mit dem Erlangten zufrieden, großzügig wie ihre Rechte so auch ihre Pflichten den Schulen gegenüber wahren und wenn sie den neuen Geist, mit dem der Staat ihnen entgegenkommt, nun auch ihrerseits betätigen. Vlamen und Aaminganten Hans Witte Von Dr. le Vlamensrage ist eines der verwickeltsten NationalittitsprMeme. MzM^^W Jn ihr ist soviel Unsicherheit und Schwanken, weil das Planen selber nicht als geschlossene Einheit zusammensteht. Nichts Z ist verkehrter als die Meinung, das flämische Voll hätte sich den der belgischen Regierung wie ein Mann widersetzt. Diese Maßnahmen hätten nun und nimmer solchen Erfolg haben können, wenn ihnen nicht große Teile der Bevölkerung lau und teilnahmlos gegenübergestanden, nicht wenige geborene Manier sogar tätigen Vorschub geleistet hätten. Das Ergebnis, über das wir uns keinen Täuschungen hingeben dürfen, ist denn auch das, daß bei unserem Einmarsch in Belgien das Vlmnenvolk in fort¬ schreitender Verwelschung begriffen war und daß auch jetzt noch — unter der deutschen Militärverwaltung und trotz der Abwesenheit der belgischen Regierung — starke die Verwelschung fördernde Strömungen an der Arbeit find. Soll das Mmnentmn gerettet werden, so ist es die höchste Zeit, daß etwas wirklich Durchgreifendes geschieht. Mit der Errichtung einer flämischen Universität, mit dem Erlaß von- Schul- und Sprachverordnungen, zumal wenn -sie nicht streng und rücksichtslos durchgeführt werden, ja selbst mit der Ver¬ waltungstrennung ist es nicht getan, so notwendig und zweckmäßig jeder dieser Schritte war, wenn nicht gleichzeitig den immer noch vorhandenen übermächtigen Französiernngsströmungen entschlossen und planmäßig der Boden ab¬ gegraben wird. Es hat seine Bedenken, daß dieses Werk jetzt im wesentlichen durch uns, die wir der großen Masse der flämischen Bevölkerung noch immer als „der Feind" gelten, geleistet werden muß. Aber es geht nun einmal nicht anders. Denn das Mamentum selber ist schon längst viel zu Wenig Herr seiner eigenen Geschicke, ist im Innern schon viel zu geschwächt und zerklüftet, um aus eigener Kraft den Weg zur völkischen Erneuerung wiederfinden und vor allem mit Erfolg auf ihm beharren zu können. Es ist nun einmal nicht anders, und jeder, der mit diesen Dingen zu tun hat, wird sich mit der Übeln Tatsache abfinden müssen, daß die bewußt flämisch Gesinnten, die sogenannten Flaminganten, innerhalb der flämischen Bevölkerungs¬ masse nur eine Minderheit darstellen. In der überwältigenden Zahl der Gleich¬ gültigen, ja sogar bis in die- Kreise der eigentlichen Flaminganten ist die belgische Staatsgesinnung entschieden mächtiger als der flämische Volksgedanke. „Wie kann man sui --.sah spreeken?" hört man wieder und wieder von geborenen Vlamen, namentlich der städtischen Bevölkerung. „Flämisch ist doch nur ein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_88238/101>, abgerufen am 24.11.2024.