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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Das Politische ZVeltaleichgewicht als Ziel des Weltkrieges

reichtums und des Massenelends heraufführen würden. In politischer Hinficht
gäbe es neben den beiden Herrenstaaten nur Sklavenvölker, das Schicksal Indiens,
Irlands, Griechenlands dürfte für ihre Behandlung bezeichnend sein. Daß im
besondern Deutschland im Falle eines englischen Sieges für alle Zeiten völlig
niedergetreten würde, bedarf bei dem grimmigen Haß, bei dem rohen Wesens-
kern unserer Gegner keiner weiteren Ausführung. Auf der anderen Seite schenkt
ein deutscher Sieg der Welt die schon halb verlorene Freiheit zurück. Denn
Deutschland kann keine Weltherrschaft wollen, weil es gar nicht die Mittel hat, eine
solche Herrschaft auszuüben. Nie ist eine finnlosere Lüge in die Welt gesetzt als
die, daß Deutschland nach der Weltherrschaft strebe. Man bedenke die un¬
geheuren Massen, die die in die Wege geleitete Politisierung der Gesamtwelt ins
Leben gerufen hat und weiter rufen wird, man beachte, 'daß neben den Welt¬
staaten England und Amerika, die jetzt nach Einführung der Wehrpflicht einer
noch viel größeren dauernden Machtenfaltung als früher'fähig sind, die Entwick¬
lung einer Mongolenmacht von fast fünfhundert Millionen Seelen mit Riesen¬
schritten vor sich geht. Was Deutschland gegen diese Massen durch seinen Sieg
erstreben und erreichen kann, ist die Herrschaft des Rechts, der Gerechtigkeit und
unter ihrer Herrschaft die selbständige Lebensmöglichkeit einer jeden staatlichen
Gemeinschaft. Recht und Gerechtigkeit werden an letzter Stelle nie durch die Ent¬
scheidung eines einzelnen Staates, geschweige denn eines einzelnen Menschen ge¬
währleistet werden, sondern nnr durch das sorgliche Abwägen gleichgeordneter,
weil gleichgewichtiger Glieder. Das politische Gleichgewicht der Weltstaaten also
ist nötig, damit die Menschheit wieder des Segens der Gerechtigkeit, der Güter
eines gesicherten Friedens teilhaftig werde, und die Schaffung diefes Gleich¬
gewichtes, feine Übertragung gleichsam vom politischen Sehfeld Europas auf das
politische Gesamtgesichtsfeld der Welt ist das letzte Ziel des jetzigen Krieges.

Daß Deutschland dieses Ziel entgegen dem scheinbar unerbittlichen Macht¬
willen seiner Gegner erreichen wird, steht fest zu erwarten. Den Ausschlag im
Kampfe wird endlich doch die Überlegenheit des deutschen Heeres und seiner
Führung, sowie der U-Vootkrieg geben. An jener werden schließlich die Kräfte
unserer Gegner auch an der Westfront erlahmen und zermürben, dieser wird den
Schiffsraum unserer Feinde stetig weiter vermindern, dadurch die Schranke, die
die maßsetzende Natur im Atlantik zwischen Europa und Amerika aufgerichtet hat,
immer mehr für die Hilfe der Union zum entscheidenden Hemmnis werden lassen
und eine hinreichende Ergänzung der feindlichen Machtmittel, sowie ihre glatte
Überführung auf andere Kriegsschauplatze endlich unmöglich machen. Eine
fernere Steigerung aber der feindlichen Kräfte durch Hinzutritt neuer Verbündeter
erscheint ausgeschlossen, es ist kein Staat mehr vorhanden, der sich für England
zu opfern töricht genug wäre. Die kluge Politik Japans, die denErnst der Weltlage
Wohl durchschaut und die Notwendigkeit eines mächtigen Deutschland für seine
eigene Sicherheit nicht verkennt, hat sich feit vier Jahren mit Geschick und Kraft
jeder Einsetzung für die eigentlichen Absichten der Entente entzogen; auch in
Sibirien geht es augenblicklich offenbar nur seine eigenen Wege. Die Neutralen
aber sind'hellsichtig geworden; wenn uns am Anfang des Krieges die Lüge ge¬
schadet hat, so scheint uns an seinem Ende die Wahrheit zu nützen. Nicht nur
die Neutralen Europas, sondern auch die Amerikas begreifen augenscheinlich all¬
mählich, daß auch ihr Schicksal durch deutsches Opferblut entschieden wird. Vor
allem lassen in Amerika die drei führenden Staaten spanischen Ursprunges ebenso
wie ihr europäisches Mutterland ein steigendes Selbstgefühl erkennen und geben
bei uns der Hoffnung Raum, daß im kommenden Zeitalter des politischen Welt¬
gleichgewichtes gegenüber der angelsächsischen Union ein unter sich verbündetes,
starkes lateinisches Amerika als Stütze dieses Gleichgewichtes sich machtvoll ent¬
falten wird.

Vorerst aber gilt es bei uns allein der eigenen Hoffnung, der eigenen
Sorge. Es gilt das Haus zu zimmern, das unsere Zukunft und die unserer
Bundesgenossen tragen und schirmen soll, das Haus Mitteleuropa, das Herz und
den Kern des weißen Erbteiles, dessen einzelne Glieder, wenn sie bei der fort-


Das Politische ZVeltaleichgewicht als Ziel des Weltkrieges

reichtums und des Massenelends heraufführen würden. In politischer Hinficht
gäbe es neben den beiden Herrenstaaten nur Sklavenvölker, das Schicksal Indiens,
Irlands, Griechenlands dürfte für ihre Behandlung bezeichnend sein. Daß im
besondern Deutschland im Falle eines englischen Sieges für alle Zeiten völlig
niedergetreten würde, bedarf bei dem grimmigen Haß, bei dem rohen Wesens-
kern unserer Gegner keiner weiteren Ausführung. Auf der anderen Seite schenkt
ein deutscher Sieg der Welt die schon halb verlorene Freiheit zurück. Denn
Deutschland kann keine Weltherrschaft wollen, weil es gar nicht die Mittel hat, eine
solche Herrschaft auszuüben. Nie ist eine finnlosere Lüge in die Welt gesetzt als
die, daß Deutschland nach der Weltherrschaft strebe. Man bedenke die un¬
geheuren Massen, die die in die Wege geleitete Politisierung der Gesamtwelt ins
Leben gerufen hat und weiter rufen wird, man beachte, 'daß neben den Welt¬
staaten England und Amerika, die jetzt nach Einführung der Wehrpflicht einer
noch viel größeren dauernden Machtenfaltung als früher'fähig sind, die Entwick¬
lung einer Mongolenmacht von fast fünfhundert Millionen Seelen mit Riesen¬
schritten vor sich geht. Was Deutschland gegen diese Massen durch seinen Sieg
erstreben und erreichen kann, ist die Herrschaft des Rechts, der Gerechtigkeit und
unter ihrer Herrschaft die selbständige Lebensmöglichkeit einer jeden staatlichen
Gemeinschaft. Recht und Gerechtigkeit werden an letzter Stelle nie durch die Ent¬
scheidung eines einzelnen Staates, geschweige denn eines einzelnen Menschen ge¬
währleistet werden, sondern nnr durch das sorgliche Abwägen gleichgeordneter,
weil gleichgewichtiger Glieder. Das politische Gleichgewicht der Weltstaaten also
ist nötig, damit die Menschheit wieder des Segens der Gerechtigkeit, der Güter
eines gesicherten Friedens teilhaftig werde, und die Schaffung diefes Gleich¬
gewichtes, feine Übertragung gleichsam vom politischen Sehfeld Europas auf das
politische Gesamtgesichtsfeld der Welt ist das letzte Ziel des jetzigen Krieges.

Daß Deutschland dieses Ziel entgegen dem scheinbar unerbittlichen Macht¬
willen seiner Gegner erreichen wird, steht fest zu erwarten. Den Ausschlag im
Kampfe wird endlich doch die Überlegenheit des deutschen Heeres und seiner
Führung, sowie der U-Vootkrieg geben. An jener werden schließlich die Kräfte
unserer Gegner auch an der Westfront erlahmen und zermürben, dieser wird den
Schiffsraum unserer Feinde stetig weiter vermindern, dadurch die Schranke, die
die maßsetzende Natur im Atlantik zwischen Europa und Amerika aufgerichtet hat,
immer mehr für die Hilfe der Union zum entscheidenden Hemmnis werden lassen
und eine hinreichende Ergänzung der feindlichen Machtmittel, sowie ihre glatte
Überführung auf andere Kriegsschauplatze endlich unmöglich machen. Eine
fernere Steigerung aber der feindlichen Kräfte durch Hinzutritt neuer Verbündeter
erscheint ausgeschlossen, es ist kein Staat mehr vorhanden, der sich für England
zu opfern töricht genug wäre. Die kluge Politik Japans, die denErnst der Weltlage
Wohl durchschaut und die Notwendigkeit eines mächtigen Deutschland für seine
eigene Sicherheit nicht verkennt, hat sich feit vier Jahren mit Geschick und Kraft
jeder Einsetzung für die eigentlichen Absichten der Entente entzogen; auch in
Sibirien geht es augenblicklich offenbar nur seine eigenen Wege. Die Neutralen
aber sind'hellsichtig geworden; wenn uns am Anfang des Krieges die Lüge ge¬
schadet hat, so scheint uns an seinem Ende die Wahrheit zu nützen. Nicht nur
die Neutralen Europas, sondern auch die Amerikas begreifen augenscheinlich all¬
mählich, daß auch ihr Schicksal durch deutsches Opferblut entschieden wird. Vor
allem lassen in Amerika die drei führenden Staaten spanischen Ursprunges ebenso
wie ihr europäisches Mutterland ein steigendes Selbstgefühl erkennen und geben
bei uns der Hoffnung Raum, daß im kommenden Zeitalter des politischen Welt¬
gleichgewichtes gegenüber der angelsächsischen Union ein unter sich verbündetes,
starkes lateinisches Amerika als Stütze dieses Gleichgewichtes sich machtvoll ent¬
falten wird.

Vorerst aber gilt es bei uns allein der eigenen Hoffnung, der eigenen
Sorge. Es gilt das Haus zu zimmern, das unsere Zukunft und die unserer
Bundesgenossen tragen und schirmen soll, das Haus Mitteleuropa, das Herz und
den Kern des weißen Erbteiles, dessen einzelne Glieder, wenn sie bei der fort-


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[0323] Das Politische ZVeltaleichgewicht als Ziel des Weltkrieges reichtums und des Massenelends heraufführen würden. In politischer Hinficht gäbe es neben den beiden Herrenstaaten nur Sklavenvölker, das Schicksal Indiens, Irlands, Griechenlands dürfte für ihre Behandlung bezeichnend sein. Daß im besondern Deutschland im Falle eines englischen Sieges für alle Zeiten völlig niedergetreten würde, bedarf bei dem grimmigen Haß, bei dem rohen Wesens- kern unserer Gegner keiner weiteren Ausführung. Auf der anderen Seite schenkt ein deutscher Sieg der Welt die schon halb verlorene Freiheit zurück. Denn Deutschland kann keine Weltherrschaft wollen, weil es gar nicht die Mittel hat, eine solche Herrschaft auszuüben. Nie ist eine finnlosere Lüge in die Welt gesetzt als die, daß Deutschland nach der Weltherrschaft strebe. Man bedenke die un¬ geheuren Massen, die die in die Wege geleitete Politisierung der Gesamtwelt ins Leben gerufen hat und weiter rufen wird, man beachte, 'daß neben den Welt¬ staaten England und Amerika, die jetzt nach Einführung der Wehrpflicht einer noch viel größeren dauernden Machtenfaltung als früher'fähig sind, die Entwick¬ lung einer Mongolenmacht von fast fünfhundert Millionen Seelen mit Riesen¬ schritten vor sich geht. Was Deutschland gegen diese Massen durch seinen Sieg erstreben und erreichen kann, ist die Herrschaft des Rechts, der Gerechtigkeit und unter ihrer Herrschaft die selbständige Lebensmöglichkeit einer jeden staatlichen Gemeinschaft. Recht und Gerechtigkeit werden an letzter Stelle nie durch die Ent¬ scheidung eines einzelnen Staates, geschweige denn eines einzelnen Menschen ge¬ währleistet werden, sondern nnr durch das sorgliche Abwägen gleichgeordneter, weil gleichgewichtiger Glieder. Das politische Gleichgewicht der Weltstaaten also ist nötig, damit die Menschheit wieder des Segens der Gerechtigkeit, der Güter eines gesicherten Friedens teilhaftig werde, und die Schaffung diefes Gleich¬ gewichtes, feine Übertragung gleichsam vom politischen Sehfeld Europas auf das politische Gesamtgesichtsfeld der Welt ist das letzte Ziel des jetzigen Krieges. Daß Deutschland dieses Ziel entgegen dem scheinbar unerbittlichen Macht¬ willen seiner Gegner erreichen wird, steht fest zu erwarten. Den Ausschlag im Kampfe wird endlich doch die Überlegenheit des deutschen Heeres und seiner Führung, sowie der U-Vootkrieg geben. An jener werden schließlich die Kräfte unserer Gegner auch an der Westfront erlahmen und zermürben, dieser wird den Schiffsraum unserer Feinde stetig weiter vermindern, dadurch die Schranke, die die maßsetzende Natur im Atlantik zwischen Europa und Amerika aufgerichtet hat, immer mehr für die Hilfe der Union zum entscheidenden Hemmnis werden lassen und eine hinreichende Ergänzung der feindlichen Machtmittel, sowie ihre glatte Überführung auf andere Kriegsschauplatze endlich unmöglich machen. Eine fernere Steigerung aber der feindlichen Kräfte durch Hinzutritt neuer Verbündeter erscheint ausgeschlossen, es ist kein Staat mehr vorhanden, der sich für England zu opfern töricht genug wäre. Die kluge Politik Japans, die denErnst der Weltlage Wohl durchschaut und die Notwendigkeit eines mächtigen Deutschland für seine eigene Sicherheit nicht verkennt, hat sich feit vier Jahren mit Geschick und Kraft jeder Einsetzung für die eigentlichen Absichten der Entente entzogen; auch in Sibirien geht es augenblicklich offenbar nur seine eigenen Wege. Die Neutralen aber sind'hellsichtig geworden; wenn uns am Anfang des Krieges die Lüge ge¬ schadet hat, so scheint uns an seinem Ende die Wahrheit zu nützen. Nicht nur die Neutralen Europas, sondern auch die Amerikas begreifen augenscheinlich all¬ mählich, daß auch ihr Schicksal durch deutsches Opferblut entschieden wird. Vor allem lassen in Amerika die drei führenden Staaten spanischen Ursprunges ebenso wie ihr europäisches Mutterland ein steigendes Selbstgefühl erkennen und geben bei uns der Hoffnung Raum, daß im kommenden Zeitalter des politischen Welt¬ gleichgewichtes gegenüber der angelsächsischen Union ein unter sich verbündetes, starkes lateinisches Amerika als Stütze dieses Gleichgewichtes sich machtvoll ent¬ falten wird. Vorerst aber gilt es bei uns allein der eigenen Hoffnung, der eigenen Sorge. Es gilt das Haus zu zimmern, das unsere Zukunft und die unserer Bundesgenossen tragen und schirmen soll, das Haus Mitteleuropa, das Herz und den Kern des weißen Erbteiles, dessen einzelne Glieder, wenn sie bei der fort-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/323>, abgerufen am 22.07.2024.