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Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr.

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Levolkerungsxolitik oder Geburtenpolitik?

hohen Geburtennummern mit ihrer größeren Sterblichkeit ausfallen. So betrugen
in Berlin von den ehelichen Kindern

die Erstgeborenen 1880 bis 18°/° aller Kinder ^
1906 aber 33°/" "
°
die 4. bis 6. Geborenen 1880 32/o "
'1906 nur noch 20°/g "

Demnach ist der Geburtenrückgang selbst mit eine Ursache der Verminderung
unserer Säuglingssterblichkeit.

Man kann also nur durch einen unmittelbaren Verstoß gegen die Logik in
der Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit ein Mittel gegen den fortschreitenden
Rückgang der Geburten erblicken. Solange man in der "Bevölkerungspolitik"
eine Politik der Bekämpfung des Geburtenrückgangs, also eine Politik der Geburten-
Vermehrung sah, war also die Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit, so erstrebens¬
wert sie sonst sein mag, durchaus keine Forderung der Bevölkerungspolitik.
"

Aber es liegt wohl in dem Ausdruck "Bevölkerungspolitik selbst begründet,
daß der durch ihn begrenzte Begriff allmählich immer verwaschener werden mußte.
Es würde deshalb ein zweckloses Beginnen sein, wenn man den Begriff der Be¬
völkerungspolitik in seine ursprünglichen Grenzen zurückverweisen wollte. Um so
notwendiger aber erscheint es uns, das, was die Bevölkerungspolitik ehemals
eigentlich leisten wollte und was nun immer mehr in den Hintergrund gedrängt
wird, in einen klaren Ausdruck zusammenzufassen. Wenn wir die Lebensgefahr
erkannt haben, die unserem Volke durch den Geburtenrückgang droht, und wenn
wir es für notwendig halten, gegen diese ernsteste Bedrohung alle guten Mächte
aufzurufen, so wollen wir unsere Blicke auf den Kernpunkt der Frage richten und
unsere Bestrebungen als solche zur Hebung der Geburtenzahl, also als geburten¬
politische Bestrebungen bezeichnen. Ich habe mich schon seit Jahr und Tag be-
müht, den charakterlosen und abgegriffenem Ausdruck "Bevölkerungspolitik" durch
das unmißverständliche Wort "Geburtenpolitik" zu ersetzen.*) Denn vor allen
Dingen muß man sich doch klar darüber sein, was man will. Will man ganz
allgemein und auf alle möglichen Weisen günstig auf die Bevölkerung einwirken,
so kann man mit Recht von Bevölkerungspolitik sprechen; man soll aber nicht
dabei vergessen, daß es gefährlich ist, zwölferlei auf einmal zu wollen. Will man
andererseits den Geburtenrückgang bekämpfen, das heißt die Verminderung der
Geburten aufhalten und in eine Vermehrung umwandeln, so kann nur die Ge-
burtenpolitik die Fahne sein, unter der man sich zur Rettung des bedrängten
Vaterlandes zu sammeln hat.

Die Geburtenpolitik ist also der gegebene Begriff, um alle Mittel, die sich
zielbewußt gegen den Geburtenrückgang wenden, znsannnenzufassen. Die Geburten-
Politik strebt danach, die fortschreitende, einer Katastrophe zutreibende Verminde¬
rung der ehelichen Geburten aufzuhalten, sie strebt danach, die eheliche Geburten¬
zahl zu vermehren. Bei dem Geburtenrückgang handelt es sich aber nicht nur
um die Bedrohung unserer Volkszahl (Quantität), sondern auch um die Gefährdung
der guten durchschnittlichen Beschaffenheit (Qualität) unseres Volkes. Denn die
Geburtenverhütung, die die Ursache des Geburtenrückganges ist, wird bekanntlich
viel tatkräftiger und erfolgreicher von solchen Bevölkeiungskreisen betrieben, die
im allgemeinen eine überdurchschnittliche Tüchtigkeit aufweisen, als von solchen,
die nur eine sehr geringe Zahl besonders tüchtiger Erbstämme enthalten. (Näheres
darüber findet man in meiner oben erwähnten Broschüre.) Man hat deshalb
eine quantitative Bevölkerungspolitik von einer qualitativen unterschieden, will
heißen: eine quantitative Geburtenpolitik von einer qualitativen. Eine rein quan¬
titative Geburtenpolitik kann natürlich nicht unser eigentliches Ziel sein: denn
Menschen wird es immer geben; das, worauf es ankommt, ist, daß die Menschen



') H. W. Siemers, "Deutsche Geburtenpolitik", in "Deutsche Politik". Weimar 1916.
Jahrg. 1, Heft 44. H, W. Siemers. "Die biologischen Grundlagen der Rassenhygiene und
der'Bevölkerungspolitik". München 19t7. Mit 8 Abbildungen ' (80 S.). Preis 1.80 Mk.
Grenzboien III t"18 2
Levolkerungsxolitik oder Geburtenpolitik?

hohen Geburtennummern mit ihrer größeren Sterblichkeit ausfallen. So betrugen
in Berlin von den ehelichen Kindern

die Erstgeborenen 1880 bis 18°/° aller Kinder ^
1906 aber 33°/» „
°
die 4. bis 6. Geborenen 1880 32/o „
'1906 nur noch 20°/g „

Demnach ist der Geburtenrückgang selbst mit eine Ursache der Verminderung
unserer Säuglingssterblichkeit.

Man kann also nur durch einen unmittelbaren Verstoß gegen die Logik in
der Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit ein Mittel gegen den fortschreitenden
Rückgang der Geburten erblicken. Solange man in der „Bevölkerungspolitik"
eine Politik der Bekämpfung des Geburtenrückgangs, also eine Politik der Geburten-
Vermehrung sah, war also die Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit, so erstrebens¬
wert sie sonst sein mag, durchaus keine Forderung der Bevölkerungspolitik.
"

Aber es liegt wohl in dem Ausdruck „Bevölkerungspolitik selbst begründet,
daß der durch ihn begrenzte Begriff allmählich immer verwaschener werden mußte.
Es würde deshalb ein zweckloses Beginnen sein, wenn man den Begriff der Be¬
völkerungspolitik in seine ursprünglichen Grenzen zurückverweisen wollte. Um so
notwendiger aber erscheint es uns, das, was die Bevölkerungspolitik ehemals
eigentlich leisten wollte und was nun immer mehr in den Hintergrund gedrängt
wird, in einen klaren Ausdruck zusammenzufassen. Wenn wir die Lebensgefahr
erkannt haben, die unserem Volke durch den Geburtenrückgang droht, und wenn
wir es für notwendig halten, gegen diese ernsteste Bedrohung alle guten Mächte
aufzurufen, so wollen wir unsere Blicke auf den Kernpunkt der Frage richten und
unsere Bestrebungen als solche zur Hebung der Geburtenzahl, also als geburten¬
politische Bestrebungen bezeichnen. Ich habe mich schon seit Jahr und Tag be-
müht, den charakterlosen und abgegriffenem Ausdruck „Bevölkerungspolitik" durch
das unmißverständliche Wort „Geburtenpolitik" zu ersetzen.*) Denn vor allen
Dingen muß man sich doch klar darüber sein, was man will. Will man ganz
allgemein und auf alle möglichen Weisen günstig auf die Bevölkerung einwirken,
so kann man mit Recht von Bevölkerungspolitik sprechen; man soll aber nicht
dabei vergessen, daß es gefährlich ist, zwölferlei auf einmal zu wollen. Will man
andererseits den Geburtenrückgang bekämpfen, das heißt die Verminderung der
Geburten aufhalten und in eine Vermehrung umwandeln, so kann nur die Ge-
burtenpolitik die Fahne sein, unter der man sich zur Rettung des bedrängten
Vaterlandes zu sammeln hat.

Die Geburtenpolitik ist also der gegebene Begriff, um alle Mittel, die sich
zielbewußt gegen den Geburtenrückgang wenden, znsannnenzufassen. Die Geburten-
Politik strebt danach, die fortschreitende, einer Katastrophe zutreibende Verminde¬
rung der ehelichen Geburten aufzuhalten, sie strebt danach, die eheliche Geburten¬
zahl zu vermehren. Bei dem Geburtenrückgang handelt es sich aber nicht nur
um die Bedrohung unserer Volkszahl (Quantität), sondern auch um die Gefährdung
der guten durchschnittlichen Beschaffenheit (Qualität) unseres Volkes. Denn die
Geburtenverhütung, die die Ursache des Geburtenrückganges ist, wird bekanntlich
viel tatkräftiger und erfolgreicher von solchen Bevölkeiungskreisen betrieben, die
im allgemeinen eine überdurchschnittliche Tüchtigkeit aufweisen, als von solchen,
die nur eine sehr geringe Zahl besonders tüchtiger Erbstämme enthalten. (Näheres
darüber findet man in meiner oben erwähnten Broschüre.) Man hat deshalb
eine quantitative Bevölkerungspolitik von einer qualitativen unterschieden, will
heißen: eine quantitative Geburtenpolitik von einer qualitativen. Eine rein quan¬
titative Geburtenpolitik kann natürlich nicht unser eigentliches Ziel sein: denn
Menschen wird es immer geben; das, worauf es ankommt, ist, daß die Menschen



') H. W. Siemers, „Deutsche Geburtenpolitik", in „Deutsche Politik". Weimar 1916.
Jahrg. 1, Heft 44. H, W. Siemers. „Die biologischen Grundlagen der Rassenhygiene und
der'Bevölkerungspolitik". München 19t7. Mit 8 Abbildungen ' (80 S.). Preis 1.80 Mk.
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[0029] Levolkerungsxolitik oder Geburtenpolitik? hohen Geburtennummern mit ihrer größeren Sterblichkeit ausfallen. So betrugen in Berlin von den ehelichen Kindern die Erstgeborenen 1880 bis 18°/° aller Kinder ^ 1906 aber 33°/» „ ° die 4. bis 6. Geborenen 1880 32/o „ '1906 nur noch 20°/g „ Demnach ist der Geburtenrückgang selbst mit eine Ursache der Verminderung unserer Säuglingssterblichkeit. Man kann also nur durch einen unmittelbaren Verstoß gegen die Logik in der Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit ein Mittel gegen den fortschreitenden Rückgang der Geburten erblicken. Solange man in der „Bevölkerungspolitik" eine Politik der Bekämpfung des Geburtenrückgangs, also eine Politik der Geburten- Vermehrung sah, war also die Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit, so erstrebens¬ wert sie sonst sein mag, durchaus keine Forderung der Bevölkerungspolitik. " Aber es liegt wohl in dem Ausdruck „Bevölkerungspolitik selbst begründet, daß der durch ihn begrenzte Begriff allmählich immer verwaschener werden mußte. Es würde deshalb ein zweckloses Beginnen sein, wenn man den Begriff der Be¬ völkerungspolitik in seine ursprünglichen Grenzen zurückverweisen wollte. Um so notwendiger aber erscheint es uns, das, was die Bevölkerungspolitik ehemals eigentlich leisten wollte und was nun immer mehr in den Hintergrund gedrängt wird, in einen klaren Ausdruck zusammenzufassen. Wenn wir die Lebensgefahr erkannt haben, die unserem Volke durch den Geburtenrückgang droht, und wenn wir es für notwendig halten, gegen diese ernsteste Bedrohung alle guten Mächte aufzurufen, so wollen wir unsere Blicke auf den Kernpunkt der Frage richten und unsere Bestrebungen als solche zur Hebung der Geburtenzahl, also als geburten¬ politische Bestrebungen bezeichnen. Ich habe mich schon seit Jahr und Tag be- müht, den charakterlosen und abgegriffenem Ausdruck „Bevölkerungspolitik" durch das unmißverständliche Wort „Geburtenpolitik" zu ersetzen.*) Denn vor allen Dingen muß man sich doch klar darüber sein, was man will. Will man ganz allgemein und auf alle möglichen Weisen günstig auf die Bevölkerung einwirken, so kann man mit Recht von Bevölkerungspolitik sprechen; man soll aber nicht dabei vergessen, daß es gefährlich ist, zwölferlei auf einmal zu wollen. Will man andererseits den Geburtenrückgang bekämpfen, das heißt die Verminderung der Geburten aufhalten und in eine Vermehrung umwandeln, so kann nur die Ge- burtenpolitik die Fahne sein, unter der man sich zur Rettung des bedrängten Vaterlandes zu sammeln hat. Die Geburtenpolitik ist also der gegebene Begriff, um alle Mittel, die sich zielbewußt gegen den Geburtenrückgang wenden, znsannnenzufassen. Die Geburten- Politik strebt danach, die fortschreitende, einer Katastrophe zutreibende Verminde¬ rung der ehelichen Geburten aufzuhalten, sie strebt danach, die eheliche Geburten¬ zahl zu vermehren. Bei dem Geburtenrückgang handelt es sich aber nicht nur um die Bedrohung unserer Volkszahl (Quantität), sondern auch um die Gefährdung der guten durchschnittlichen Beschaffenheit (Qualität) unseres Volkes. Denn die Geburtenverhütung, die die Ursache des Geburtenrückganges ist, wird bekanntlich viel tatkräftiger und erfolgreicher von solchen Bevölkeiungskreisen betrieben, die im allgemeinen eine überdurchschnittliche Tüchtigkeit aufweisen, als von solchen, die nur eine sehr geringe Zahl besonders tüchtiger Erbstämme enthalten. (Näheres darüber findet man in meiner oben erwähnten Broschüre.) Man hat deshalb eine quantitative Bevölkerungspolitik von einer qualitativen unterschieden, will heißen: eine quantitative Geburtenpolitik von einer qualitativen. Eine rein quan¬ titative Geburtenpolitik kann natürlich nicht unser eigentliches Ziel sein: denn Menschen wird es immer geben; das, worauf es ankommt, ist, daß die Menschen ') H. W. Siemers, „Deutsche Geburtenpolitik", in „Deutsche Politik". Weimar 1916. Jahrg. 1, Heft 44. H, W. Siemers. „Die biologischen Grundlagen der Rassenhygiene und der'Bevölkerungspolitik". München 19t7. Mit 8 Abbildungen ' (80 S.). Preis 1.80 Mk. Grenzboien III t»18 2

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 77, 1918, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341907_333844/29>, abgerufen am 22.07.2024.